Wallisertiitsch

di alemannisch Sprooch vo de Walliser im Wallis, im Gegesatz dezue; Walsertiitsch > d Sproch vo de Walser (i de Gebiet usserhalb vom Wallis)
Dialäkt: Wallisertiitsch

Wallisertitsch isch dr Dialäkt va nu Tiitschschwiizer im Kanton Wallis; är gcheert zer heeggschtalemannischu Dialäktgruppu. Walsertitsch isch dr Dialäkt va nu Walliser Sidler – du Walser – im Aostatal, im Piemont und im Tessiin (lüeg Südwalserisch), im Bündnerland, im Liechtuschteinischu und im Vorarlbäärg.

Allgimeins

D Schpraachgränza zum französischspraachigu Unnerwallis geit nöördlich vam Rottu dum Bach Raspille zwischu Sidärs un Salgesch naa und südlich vam Rottu isch schi im Pfynwald.

Ds Wallisertitscha het än eiguni Grammatik und eiguni Weerter, wa vill wie Althochtiitsch teenunt. Öi d Intonation isch andersch wa dii vam Schwiizertitschu im Mittelland, was ma uf du frankoprovenzaalisch Ifluss cha zruggfieru.[1] Ds Wallisertitsch isch darum fer Lit va andre Eerter nummu schweer z verstaa.

Mit dum Wallisertitschu engg verwandt isch der Dialekt vanu Walser, wa im 13. und 14. Jahrhunnert üsum Wallis üsgwandrut sind und an vilu Eerter im Alpurüüm Sidlige gigrindut hent. Da zellt mu öi nu hitu Walliser- oder äbu Walsertitsch.

Ds Wallisertitscha het schi aber sit dazumaal starch wiiterentwicklut; en Walliser isch iner rästlichu Schwiz aber no hitu nit immer ganz eifach z verstaa.

Wichtigeri oder bekannteri Autooru vam Walliser- old Walsertitschu sind zum Bispil: Irene Alby, Conni Allemann, Pietro Axerio, Anna Maria Bacher, Georg Fient, Peter Guler, Rolf Hermann, Christian Hew, Otto Paul Hold, Erika Hössli, Ludwig Imesch, Maria Ettlin-Janka, Luzi Jenny, Erich Jordan, Josef Jörger, Andreas Kindschi, Martin Kindschi, Bernadette Lerjen-Sarbach, Elisabeth Mani-Heldstab, Erwin Monterin, Hans Plattner, Martin Schmid, Peter Schmid, Hannes Taugwalder, Hans Valär, Louis Zumstein, Margrith Ladner-Frei.[2]

Werter

  • Üsserschwiz („Ausserschweiz“) brüücht mu fer d Schwiz usserhalb vam Kanton Wallis. Du Schwizer, wa nit üsum Wallis schtammund, seit mu Üsserschwizer („Ausserschweizer“) oder hienta öi Grüezini, wil das iner ubrigu Titschschwiz verbreitet Grüesswoort „Grüezi“ im Wallis nit gibrüüchts chunt. Umgcheert seit mu wäder z Friburg, nu z Bääru, nu z Solothuru „grüezi“, sondern eener „grüessech“, aber d meischtu Walliser sägunt dene gliich öi „Grüezini“. Z Visp säguntsch nu öi nu „Chrütggagger“.
  • embrüüf oder obschi(g) «hinauf»
  • emapcha oder embricha oder embri oder nitschi(g) «hinunter»
  • hirme (obers Oberwallis) oder liwwe (unners Oberwallis) «sich ausruhen»
  • tullu oder brillu oder flännu «weinen»
  • Tschifra «aus Holz geflochtener Rückentragekorb zum Materialtransport»
  • Buttitschifra «BH»
  • Abärellu «April»
  • d Wägschta «die Schönste»
  • der Geifetsch «der Morgennebel»
  • der Riiffo oder Riiffu «der Morgentau»
  • di Poort oder di Poorta oder ds Tiri «die Tür»
  • ds Ginschet «die Türklinke»
  • di Tili, di Tälli oder ds Plafond oder öi t Welbi «die Decke eines Raumes»
  • ds Rispli «der Bleistift»
  • Wer het iischum Neeschi di Zigubuschi an du Bidil gepfigot? «wer hat unserer Ziege den Kürbiskern an den Bauch gespuckt?»
  • Där Güägu a ner Welbi mottut schi, «der Käfer an der Decke bewegt sich»
  • Ich la mi nit la vergeyku! «ich lasse mich nicht verarschen!»
  • Ich müess no bis am Frontag uf miine Etro wartu, «ich muss noch bis am Donnerstag auf meinen Onkel warten»
  • Ich han mi trumpiert, «ich habe mich geirrt»
  • In dem Hiischi isch sichär dr Boozu dri … äs booznut währli, «in dem Haus geistert es bestimmt»
  • Chasch mär sus bitte z Sii lägge, «kannst Du mich bitte daran erinnern»
  • Das isch ä Nol / ä Göich, «das ist ein dummer Kerl»
  • En Tschiffreta Päglete der Tschuggu embricha triibu, «einen Korb voller Holzstücke den Felsen hinunter werfen»
  • Wier hei Miisch in iischum Hiischi, «wir haben Mäuse in unserem Haus»
  • Was fer en cheibu Siäch, «welch listiger Bursche»
  • Tummä Siäch, «dummer Kerl»

Forme

Substantiv

D eltru Lit brüüchunt no hittu as Kasussischteem, wa dem vam Aalthochtiitsch gliichot. Nid alli Forme geend aber üf ds aalta Tiitsch zrügg, s git oi Iifliss vam Frankoprovenzalisch, bsunnersch ds -e im Plural vannu schwachu Substantivu.

Wer bringe daa as Biispil va mu starchu Maskulinum mit Artikel, a mu schwachu Femininum mit Artikel un a mu starchu Neutrum mit Artikel – Forme, wa d Elise Wipf vor uber hunnert Jaaru fer Vischpertäärbinu zämugstellt het.[3] Lüüt dr Fides Zimmermann redund d Altu hittu no so, numma dr Genitiv ischt starch zrügg-ggangu.[4]

EinzahlmännlichwiiblichsächlichMehrzahlmännlichwiiblichsächlich
Nominativdr Tagdi Zungads JaarNominativdi Tagadi Zunged Jaar
Genitivds Tagschdr Zungu(n)ds JaarschGenitivdr Tagodr Zungodr Jaaro
Dativdum Tagdr Zungu(n)dum JaarDativdun Tagu(n)dun Zungu(n)du Jaaru(n)
Akkusativdun, dr Tagdi Zungu(n), Zunga[5]ds JaarAkkusativdi Tagadi Zunged Jaar

Dun Genitiv brüücht mu zum Exempel i zweier Jaaro «zweier Jahre», an alle Siitun dr Chilchu «an allen Seiten der Kirche», as steit an dsh Attusch Willu «es hängt vom Vater ab» und ich ha ro/ru drii «Ich habe ihrer drei».

Adjektiv

Di Adjektivdeklination gseet z Täärbinu lüüt dr Elisa Wipf asoo üs:[6]

Grundform: jung ‘jung’

Staarchi Flexion:

EinzahlmännlichwiiblichsächlichMehrzahlmännlichwiiblichsächlich
NominativjungejungijungsNominativjungijungijungi
GenitivjungsjungerjungsGenitivjungerjungerjunger
DativjungumjungerjungumDativjungejungejunge
Akkusativjunge, jungu(n)jungijungsAkkusativjungijungijungi

Schwachi Flexion:

EinzahlmännlichwiiblichsächlichMehrzahlmännlichwiiblichsächlich
NominativjungojungajungaNominativjungu(n)jungu(n)jungu(n)
Genitivjungu(n)jungu(n)jungu(n)Genitivjungojungojungo
Dativjungu(n)jungu(n)jungu(n)Dativjungu(n)jungu(n)jungu(n)
Akkusativjungu(n), jungojungajungaAkkusativjungu(n)jungu(n)jungu(n)

Andersch wan im Hoochtiitsch chunt s Adjektiv im Wallis öi i prädikativer Stellig flektiert: dr Maa isch aalte, d Fröi isch aalti, ds Chind isch jungs.

Verbe

Wie im Althoochtiitsch gchennt s Wallisertiitsch vier Konjugatione. Lüüt dr Elisa Wipf teent das z Täärbinu asoo:[7]

Infinitiv3. Präsens SingularPartizip PerfektInfinitiv3. Präsens SingularPartizip Perfekt
staarchi Konjugationsingu ‘singen’singtgsunguvgl. althoochtiitschsingansingitgisungan
1. schwachi Konjugationsetzu ‘setzen’setztgsetztvgl. althoochtiitschsetzensetzitgisetzit
2. schwachi Konjugationzaalu ‘zahlen’zaalotgizaalotvgl. althoochtiitschzalōnzalōtgizalōt
3. schwachi Konjugationspare ‘sparen’sparetgsparetvgl. althoochtiitschsparēnsparētgisparēt

Im Leetschntaal chomund d Infinitiva no tiitlicher gschäidu.[8]

leetschntaalerischa Infinitivalthoochtiitscha Infinitiv
staarchi Konjugationsingnsingan
1. schwachi Konjugationsetznsetzen
2. schwachi Konjugationzaaluzalōn
3. schwachi Konjugationsparäsparēn
brauchen = brüüchu
ich brüüchu
dü brüüchsch
är brüücht
wier brüüche/brüüchä
ier brüüched/brüüchäd
schi brüüchund
stehen = staa
ich staa
dü steisch
är steit
wier stää/stee
ier stäät/steet
schi stäänt/steent
gehen = ga
ich gaa
dü geisch
är geit
wier gä/ge
ier gäät/geet
schi gänt/gent
haben = ha
ich hä/ha
dü hesch
är het
wiär hey
ier heit
schi heind/hend

Teggschta

  • Mundart vam Leetschntal

Am Moorgnd, nuch im Maannischiin (wen nuch dr Maann schiint), geid dr Puir an ds Maad (San meejn). Zi Säggschän (Um säggschi) weckt r schini Froiw us hertm Schlaaf. Schi schtreeld schich, tretschud ds Haar und geid imbriin inn fiischtrn (fiischtrri) Chäldr gan Aichn, Chees und Härdepfl (r)reichn. Dernaa reisudsch (grächudsch) ds Früäschtuck (früher: ds Niächtrru). Schi trüchnd Milchkaffee und ässnd Aichnbrood dr zuä (Brood und Aichn drzuä). De faad d streng Arbeit vam Heiwun (d streng Heiwärarbeit) aan. Mu muäs zeerscht d Madä zettn, speetr zämmrächu(n), illeggn und in dr Schiir mumm bid dr Gablun zrzettn. Widr Aabnd heicht dr Maan ä Riggchorb (äs Rrääf, ä Rriggablun) än d Aggslun und Seid imbruif uf d Alpu(n). Da ischt nuch Seng Uistag. D Murmdä pfiiffund, d Alpuroosn bliäjnd schoon, abr äs hed nuch Loiwischnee inn Gräbmi (inn Gräbun, älter: inn Chrachun) (wörtlich übertragen: abr äs liggnd nuch Rräschtä va Lloiwinun inn Gräbun); wan äs hed im Wintr vil und of gschniid und giguxud. Da obmäna iss jetz flott (hipsch)! Dr Puir ischt abr miädä choon und setzd schich äs Schutzlin ufn Vorschtuäl (ufn Baich) fr z liiwän und äs Pfüffätlin z rreikn.

Am Morget, we nu der Maanet schiint, geit der Püür uf d Matta fer ga z määje. Ds Heiw ischt jetz ripfs. Äm säggschi weckt är schiini Fröw, wa nu teif gschlaafe het. Schi sträälet ds Haar, macht en Tschügge und geit de ine finschter Chäuwer embri. Schii geit da ga Äiche, Chääs und Häärpfel reiche und grächet de iner Chuchi ds Früeschtuck. Schii triichent Miuchkaffe und ässent Äichebrot derzüe. Dernaa faad d schwäär Heiwerarbeit a. Zeerscht mües me ga d Made woorbe, dernaa ga zämmeräche und de ds Heiw in d Schiir trääge und da wider zette. Gäge Abed nimmt der Püür d Tschiffera uf de Rigg und geit uf d Aupa embrüf. Da obena isch nu Langsi. D Murmete pfiiffent, d Auperoose bliejent schoo, aber ine Gräbe liggent nu Räschte va Löwine; äs het im Winter e Hüüfe gschnit und aupot ggugset. Hibsch isch es jetzt hie obena. Der Püür ischtaber mieda. Är setztschi nu es Schutzji ufs Bäichji fer z kirme und es Piiffetji z röüke.

Literatur

Gsamtdarstellige

Weerterbiächer

  • Werner Bellwald unter Mitarbeit von Hans Kalbermatten und Ignaz Bellwald: Dikki Suppa: Buchstabe A. 220 Wörter. Ein Dialektwörterbuch aus dem Lötschental (Wallis). Eigenverlag, Blatten 2020.
  • Alois Grichting: Wallissertitschi Weerter. Rotten 1998
  • Georg Julen: Wörterbuch der Zermatter Mundart. 2. Aufl. HotälliVerlag, Zermatt 1989.
  • Rita Kuonen: Wallisertiitsch Wort für Wort. Sprachführer, epubli GmbH, Berlin 2011, ISBN 978-3-86931-789-2.
  • Fides Zimmermann-Heinzmann: Die Mundart von Visperterminen wie sie im Jahr 2000 von der älteren Generation gesprochen wurde. Bearb. und hrsg. von P. E. Heinzmann. Visperterminen 2000 (online).

Einzelundersüöchige

  • Gabriela Bart: Possessivkonstruktionen im Schweizerdeutschen mit besonderer Berücksichtigung des possessiven Genitivs im Lötschental VS. Dissertation Universität Zürich 2020.
  • Walter Henzen: Zur Abschwächung der Nachtonvokale im Höchstalemannischen. In: Teuthonista 5 (1929) 105–156.
  • Walter Henzen: Der Genitiv im heutigen Wallis. In: Beiträge zur Geschichte der deutschen Sprache und Literatur 56 (1931) 91–138.
  • Walter Henzen: Fortleben der alten schwachen Konjugationsklassen im Lötschental. In: Beiträge zur Geschichte der deutschen Sprache und Literatur 64 (1940) 271–308.
  • William G. Moulton: Swiss German Dialect and Romance Patois. Yale University Dissertation, Baltimore 1941 (Supplement to Language Vol. 17, No. 4, October–December 1941).
  • Marius Zemp: Eine Eigenheit der walliserdeutschen Intonation: Default L+M*+H in Aussagesätzen. I: Zeitschrift für Dialektologie und Linguistik 85, 2018, S. 205–233.

Weblink

Füessnote