Degeto Film

gemeinsame Filmeinkaufsorganisation der ARD
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Die Degeto Film GmbH (kurz Degeto, auch ARD Degeto; Kunstwort aus Deutsche Gesellschaft für Ton und Bild)[3] ist die gemeinsame Filmeinkaufsorganisation der ARD. Sie hat ihren Sitz in Frankfurt am Main auf einem Nebengelände des Hessischen Rundfunks (HR) und beschäftigt 89 Mitarbeiter. Ihre Gesellschafter sind die Landesrundfunkanstalten der ARD bzw. deren Werbetöchter.

Degeto Film

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RechtsformGmbH
Gründung1928
SitzFrankfurt am Main, Deutschland
Leitung
Mitarbeiterzahl94[2]
Umsatz16,45 Mio. EUR[2]
BrancheUnterhaltungsindustrie
Websitewww.degeto.de
Stand: 31. Dezember 2020

Aufsichtsratsvorsitzender ist seit September 2022 Florian Hager als Nachfolger von Patricia Schlesinger.

Aufgaben in der ARD

Die ARD Degeto erwirbt fiktionale Programme für das ARD-Gemeinschaftsprogramm Das Erste, die Dritten Programme der Landesrundfunkanstalten (BR, HR, MDR, NDR, Radio Bremen, RBB, SR, SWR, WDR), 3sat, ARTE sowie für One und die weiteren ARD-Spartenkanäle. Die Programmbeschaffung erfolgt durch Auftrags- und Koproduktionen sowie Lizenzkäufe von Spiel- bzw. Fernsehfilmen und Serien in redaktioneller Verantwortung. Daneben leistet die Degeto vertragstechnische und administrative Dienstleistungen für ARD-Gemeinschaftsproduktionen und -Anstaltsbeschaffungen. Ihr obliegt auch die Verwaltung der Programmbestände und deren Bereitstellung für die ARD. 2021 lieferte die ARD Degeto an die Programme 733.774 Sendeminuten für 10.453 Sendetermine.[4]

Geschichte

Das Unternehmen wurde 1928 als Deutsche Gesellschaft für Ton und Film e. V. gegründet und produzierte und vertrieb in den 1930er und 1940er Jahren Propagandafilme für die Reichsregierung Hitlers.[5] Es firmierte seit 1937 als Degeto–Kulturfilm G.m.b.H., ab 1942 als Degeto Film GmbH. Nach der Reaktivierung 1952 durch das Land Nordrhein-Westfalen und den Hessischen Rundfunk war das Unternehmen ab 1954 zunächst im Besitz der Werbung im Rundfunk GmbH, einem Tochterunternehmen des hr, und wurde 1959 von den ARD-Anstalten gemeinschaftlich übernommen.[6]

Die Degeto erwirbt für ihre Gesellschafter Lizenzen an Fernsehsendungen aller Art, insbesondere Spielfilmen und Serien. Dazu werden auch Sendungen kofinanziert, Produktionsbeteiligungen geleistet, Eigenproduktionen hergestellt und Synchronisationen ausländischer Produktionen in Auftrag gegeben. Hierfür steht der Degeto von ihren Gesellschaftern ein jährliches Budget von zurzeit (Stand 2017) rund 400 Millionen Euro zur Verfügung.[7]

Die Degeto war Vertragspartner und Auftraggeber für die Produktion der Sendungen Harald Schmidt ab 2004 im Ersten und Gottschalk Live im Jahr 2012.[8]

Seit Mai 2021 leitet Thomas Schreiber als Geschäftsführer die Degeto Film GmbH.[9][10] Frühere Geschäftsführer waren Christine Strobl (Juli 2012 bis April 2021), Gerhard Schneider (April 2016 bis März 2019)[11], Bettina Reitz (Mai 2011 bis Mai 2012), Hans-Wolfgang Jurgan (Juli 2001 bis November 2011), Jörn Klamroth (Mai 2002 bis März 2011), Klaus Lackschéwitz (Juli 1994 bis Dezember 1999),[12] Peter T. Heimes (Juli 1988 bis September 1994)[13] und Hans-Joachim Wack (1954 bis Dezember 1988)[14].

Der Jahresüberschuss des Unternehmens in den zurückliegenden Geschäftsjahren betrug in den Jahren[15]

  • 2011: 0 242.539 Euro Gewinn
  • 2012: 0 765.506 Euro Verlust
  • 2013: 1.249.074 Euro Gewinn
  • 2014: 0 748.748 Euro Verlust
  • 2015: 0 161.896 Euro Verlust
  • 2016: 1.264.055 Euro Gewinn
  • 2017: 0 200.587 Euro Gewinn
  • 2018: 0 318.161 Euro Gewinn
  • 2019: 0 323.533 Euro Gewinn
  • 2020: 0 400.505 Euro Gewinn

Kritik

In der Medienkritik wurde gelegentlich auch von einer Degetoisierung oder Degetosierung gesprochen. So beklagte 2006 der Bundesverband Regie (BVR) eine „Degetoisierung“ der Fernsehkultur beim Intendanten des MDR. Eigentlich sei die Degeto für den Einkauf von Filmlizenzen verantwortlich, wandte sich aber seit etwa dem Jahre 2000 zunehmend der Fernsehproduktion zu. Nach Ansicht des BVR sei „die allgemeine inhaltliche und ästhetische Verflachung des Programms mit den Interessen der Degeto verbunden, die mittelbar ein Interesse an einer allgemeinen Trivialisierung [hat] und [der] damit verbunden Depolitisierung des Programms zuarbeitet.“[16] Der Fernsehkritiker Torsten Körner sagte etwa anlässlich der Verleihung des Bert-Donnepp-Preis 2009: „Statt Menschen sehen wir viel zu oft brave Landschaften, pilcherisierte Täler und degetosierte Wälder“.[17]

Die FAZ nannte 2005 Degeto auch als „heimliche Supermacht des Kitschfilms“, die aufgrund des Quotendrucks durch die privaten Sender entstand. So ließ der ARD-Fernsehfilmkoordinator Jürgen Kellermeier „ein Manifest erarbeiten, das von den Programmdirektoren der anderen Anstalten im Jahr 2000 abgenickt wurde“. Eine Filmproduktion solle demnach „attraktiv, unterhaltsam und/oder interessant/relevant (möglichst generationenübergreifend)“ sein. Für Titel galt die Vorgabe „einladend, anziehend, mit attraktivem und interessantem Assoziationsfeld“. Wichtig seien „Emotionalität“ und eine Erzählweise, die „unkompliziert, einfach, klar, auf keinen Fall verwirrend“ sein dürfe. Außerdem seien „Hauptdarsteller mit möglichst hohem Bekanntheitsgrad“ einzusetzen, die sich in einem „attraktiven, zumindest interessanten, nicht abstoßenden Milieu“ zu bewegen haben. Als Negativbeispiel wird in der Kritik häufig die Serie Das Traumhotel (2004–2014) herangezogen.[18]

Produktionen mit Degeto-Beteiligung (Auswahl)

TitelJahr
14 Tage lebenslänglich1997
Agathe kann’s nicht lassen2005–2007
Alles Verbrecher – Eiskalte Liebe2014
Alles was recht ist2008
Aufbruch ins Ungewisse2017
Babylon Berlin2017
Berlin 362009
Berlin, Berlin2002
Bis nichts mehr bleibt2010
Die Bräuteschule 19582007
Buddenbrooks2008
Cloud Atlas2012
Dämmerung über Burma2015
Das Ende ist mein Anfang2010
Das Haus der Lerchen2007
Das Traumhotel2003–2014
Das Verschwinden2017
Der Baader Meinhof Komplex2008
Der Besuch der alten Dame2008
Der fast perfekte Mann2013
Der Medicus2013
Der Tote aus Nordermoor2006
Der Untergang2004
Der Wunschbaum2004
Deutschland privat – Im Land der bunten Träume2007
Die Alpenklinik2005–2010
Die Bartholomäusnacht1994
Die Flucht2007
Die göttliche Sophie2009
Die Inselärztin2018–2020
Die kommenden Tage2010
Die Landärztin2005–2013
Die Päpstin2009
Die Sache mit der Wahrheit2014
Donna Leon2000–2019
Familie Sonnenfeld2005–2009
Gier2010
Haltet die Welt an2010
Heimat 3 – Chronik einer Zeitenwende2004
Henri 42010
Ich trag dich bis ans Ende der Welt2010
Im Angesicht des Verbrechens2010
In aller Freundschaft1998
Klimt2006
Klinik unter Palmen1996–2003
Kommissar LaBréa2009–2010
Käpt’n Blaubär – Der Film1999
Land and Freedom1995
Liebe am Fjord – Das Meer der Frauen2011
Louis van Beethoven2020
Manderlay2005
Mankells Wallander2005–2013
Mein Sohn Helen2015
Mein Weg zu Dir2003
Mord in bester Gesellschaft2007–2013
Mord mit Aussicht2007–2014
Mr. Nobody2009
Pfarrer Braun2003–2013
Pik & Amadeus – Freunde wider Willen2006
Plötzlich Opa2006
Polizeiruf 110(einige Folgen)
Praxis mit Meerblick2017–2020
Rumpelstilzchen2009
Russisch Roulette2012
Schicksalstage in Bangkok2009
Schiller2005
So ein Schlamassel2009
Tatort(einige Folgen)
Terror – Ihr Urteil2016
tschick2016
Unter weißen Segeln2004–2005
Vision – Aus dem Leben der Hildegard von Bingen2009
Von ganzem Herzen2009
Wer zu lieben wagt2010
Wüstenblume2009

Literatur

  • Rolf Aurich: Die Degeto und der Staat. Kulturfilm und Fernsehen zwischen Weimar und Bonn. edition text + kritik, München 2018.
  • Nicolas Henning Bräuer: Von ersten Filmen zu Filmen im Ersten. Die Geschichte der Degeto und wie sie zur Spielfilmzentrale der ARD wurde. In: Rundfunk und Geschichte 47 (2021), 1–2, S. 68–83.

Weblinks

Commons: ARD Degeto – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

50° 8′ 15,4″ N, 8° 40′ 49,1″ O