2-Methyltetrahydrofuran

chemische Verbindung, Lösungsmittelaltenative zu THF

2-Methyltetrahydrofuran (2-MTHF) ist ein organisches Lösungsmittel und gehört zur Stoffklasse der cyclischen Ether.

Strukturformel
Strukturformel von 2-Methyltetrahydrofuran
Strukturformel ohne Stereochemie
Allgemeines
Name2-Methyltetrahydrofuran
Andere Namen
  • Methyltetrahydrofuran
  • Tetrahydro-2-methylfuran
  • 2-Methyloxolan
SummenformelC5H10O
Kurzbeschreibung

farblose Flüssigkeit mit etherischem Geruch[1]

Externe Identifikatoren/Datenbanken
CAS-Nummer
  • 96-47-9 (Racemat)
  • 63798-12-9 [(S)-(+)-Enantiomer]
  • 63798-13-0 [(R)-(–)-Enantiomer]
EG-Nummer202-507-4
ECHA-InfoCard100.002.281
PubChem7301
ChemSpider7028
WikidataQ209444
Eigenschaften
Molare Masse86,13 g·mol−1
Aggregatzustand

flüssig

Dichte

0,85 g·cm−3 (Racemat)[1]

Schmelzpunkt

−136 °C (Racemat)[1]

Siedepunkt

80 °C (Racemat)[1]

Dampfdruck
  • 136 hPa (20 °C) (Racemat)[1]
  • 345 hPa (50 °C) (Racemat)[1]
  • 595 hPa (65 °C) (Racemat)[1]
Löslichkeit

leicht in Wasser (140 g·l−1 bei 20 °C) (Racemat)[2]

Brechungsindex

1,4059 (21 °C)[3]

Sicherheitshinweise
GHS-Gefahrstoffkennzeichnung[1]
GefahrensymbolGefahrensymbolGefahrensymbol

Gefahr

H- und P-SätzeH: 225​‐​302​‐​315​‐​318
EUH: 019
P: 210​‐​280​‐​301+312+330​‐​305+351+338+310​‐​370+378​‐​403+235[1]
Toxikologische Daten

4500 mg·kg−3 (LD50Kaninchentransdermal)[4]

Soweit möglich und gebräuchlich, werden SI-Einheiten verwendet.
Wenn nicht anders vermerkt, gelten die angegebenen Daten bei Standardbedingungen (0 °C, 1000 hPa). Brechungsindex: Na-D-Linie, 20 °C

Gewinnung und Darstellung

2-Methyltetrahydrofuran entsteht als Nebenprodukt bei der industriellen Produktion von Furfurylalkohol aus Furfural.[5] Es kann auch durch eine Nickel-katalysierte Hydrierung von 2-Methylfuran hergestellt werden.[5] Dieses kann aus dem durch Aufarbeitung pflanzlicher Pentosen zugänglichen Furfural gewonnen werden, so dass die Herstellung von 2-Methyltetrahydrofuran insgesamt aus nachwachsenden Rohstoffen erfolgen kann.

Ein neueres Verfahren geht über die Zyklisierung und Hydrierung von Levulinsäure, die ebenfalls aus Kohlenhydraten gewonnen werden kann.[5][6]Alle kommerziellen Herstellprozesse ergeben das Racemat. Eine Enantiomerentrennung kann chromatographisch an chiralen stationären Phasen mit überkritischen Medien erfolgen.[7][8] Die Synthese des (S)-(+)-2-Methyltetrahydrofurans gelingt durch die Hydrierung von 2-Methylfuran mittels chiraler Rhodiumkomplex-Katalysatoren.[9]

Eigenschaften

Stereochemie

Die Verbindung enthält ein Stereozentrum und kann somit in Form zweier Enantiomere auftreten. Praktische Bedeutung hat allerdings nur das Racemat.

(R)-Enantiomer (links), (S)-Enantiomer (rechts)

Physikalische Eigenschaften

2-Methyltetrahydrofuran ist eine farblose, niedrigviskose Flüssigkeit mit charakteristischem Geruch. Der Siedepunkt bei Normaldruck beträgt 80,3 °C. Die Dampfdruckfunktion ergibt sich nach Antoine entsprechend log10(P) = A−(B/(T+C)) (P in kPa, T in °C) mit A = 5,95009, B = 1175,51 und C = 217.80.[10][11] Die folgende Tabelle gibt einen Überblick über wichtige thermodynamische Eigenschaften.

Zusammenstellung der wichtigsten thermodynamischen Eigenschaften
EigenschaftTypWert [Einheit]Bemerkungen
Wärmekapazitätcp156,89 J·mol−1·K−1 (25 °C)[12]
1,82 J·g−1·K−1 (25 °C)[12]
Kritische TemperaturTc537 K[13][14]
Kritischer Druckpc37,6763 bar[13][14]
Kritisches VolumenVc0,267 l·mol−1[13][14]
Kritische Dichteρc0,3226 g·ml−1[14]
Azentrischer Faktorωc0,300[14]
VerdampfungsenthalpieΔVH0
ΔVH
34,0 kJ·mol−1[15]
30,43 kJ·mol−1[16]

am Siedepunkt

Die Temperaturabhängigkeit der Verdampfungsenthalpie lässt sich entsprechend der vereinfachten Watsongleichung ΔVH=A·(1−Tr)nVH in kJ/mol, Tr =(T/Tc) reduzierte Temperatur) mit A = 45,7503 kJ/mol, n = 0,38 und Tc = 537,0 K im Temperaturbereich zwischen 136 K und 537 K beschreiben.[16]

Mit einem Wassergehalt von 10,6 Ma% bildet die Verbindung ein bei 71 °C siedendes Azeotrop. Weitere azeotrop siedende Gemische werden mit Methanol, Ethanol, 1-Propanol und 2-Propanol gebildet.[2]

Azeotrope mit verschiedenen Lösungsmitteln[2]
LösungsmittelMethanolEthanol1-Propanol2-PropanolWasser
Gehalt Methyltetrahydrofuranin Ma%4366998289,4
Siedepunktin °C62,874,479,57771

Bei 20 °C lösen sich in 100 g Wasser 14 g Methyltetrahydrofuran, umgekehrt lösen sich 4 g Wasser in 100 g Methyltetrahydrofuran.[2] Die Löslichkeit von Wasser in 2-Methyltetrahydrofuran ändert sich nur wenig mit steigender Temperatur. Dagegen sinkt die Löslichkeit von Methyltetrahydrofuran in Wasser mit steigender Temperatur.[17]

Löslichkeiten im System 2-Methyltetrahydrofuran - Wasser[18][17]
Temperaturin °C0,09,519,329,539,650,160,770,6
Löslichkeit von Wasser in Methyltetrahydrofuranin Ma%4,04,14,14,24,34,44,65,0
Löslichkeit von Methyltetrahydrofuran in Wasserin Ma%21,017,814,411,49,27,86,66,0

Sicherheitstechnische Kenngrößen

2-Methyltetrahydrofuran bildet leicht entzündliche Dampf-Luft-Gemische. Die Verbindung hat einen Flammpunkt unterhalb von −12 °C.[19][1] Der Explosionsbereich liegt zwischen 1,5 Vol.‑% als untere Explosionsgrenze (UEG) und 8,9 Vol.‑% als obere Explosionsgrenze (OEG).[20][17] Eine Korrelation der Explosionsgrenzen mit der Dampfdruckfunktion ergibt einen unteren Explosionspunkt von −15 °C sowie einen oberen Explosionspunkt von 18 °C. Die Sauerstoffgrenzkonzentration liegt bei 100 °C bei 9,4 Vol%.[21] Die Zündtemperatur beträgt 270 °C.[20][17] Der Stoff fällt somit in die Temperaturklasse T3.

Chemische Eigenschaften

2-Methyltetrahydrofuran neigt in Gegenwart von Luft wie viele andere Ether zur Bildung von Peroxiden.[1] Die Geschwindigkeit der Peroxidbildung ist ähnlich der von Tetrahydrofuran.[2] Das handelsübliche Produkt enthält Butylhydroxytoluol als Stabilisator. Gegenüber Säuren ist es wesentlich stabiler als Tetrahydrofuran.[2]

Verwendung

2-Methyltetrahydrofuran wird als Lösungsmittelaltenative zum Tetrahydrofuran besonders bei metallorganischen Reaktionen gesehen.[2] Zum einen besitzt es auch bei niedrigen Temperaturen wie −70 °C mit 1,85 cp eine niedrige Viskosität[22], zum anderen kann der Temperaturbereich bis zum höheren Siedepunkt von 80 °C genutzt werden.[2] Da die Verbindung beim Abkühlen unterhalb des Schmelzpunktes glasartig erstarrt, kann es als Lösungsmittel bei spektroskopischen Untersuchungen bei −196 °C genutzt werden.[23] Eine Verwendung als Verschnittkomponente in Motorenbenzin wurde in den USA erfolgreich getestet.[11] In der organischen Chemie wird es als Reaktant für die Herstellung N-substituierter 2-Methylpyrrolidine verwendet.[11]

Einzelnachweise