Azodicarbonsäurediethylester

chemische Verbindung

Azodicarbonsäurediethylester, meist mit DEAD(Diethylazodicarboxylat) abgekürzt, ist ein wichtiges Reagenz für die Mitsunobu-Reaktion, kann aber vielfältig eingesetzt werden.

Strukturformel
Strukturformel von Azodicarbonsäurediethylester
Allgemeines
NameAzodicarbonsäurediethylester
Andere Namen
  • Diazendicarbonsäure-diethylester
  • Diethylazodiformiat
  • Diethylazodicarboxylat
  • DAD
  • DEAD
  • Ethyl(NE)-N-ethoxycarbonyliminocarbamat
  • Ethyl(NZ)-N-ethoxycarbonyliminocarbamat (IUPAC)
SummenformelC6H10N2O4
Kurzbeschreibung

orangefarbene Flüssigkeit[1]

Externe Identifikatoren/Datenbanken
CAS-Nummer1972-28-7
EG-Nummer217-821-7
ECHA-InfoCard100.016.202
PubChem5462977
ChemSpider4510444
WikidataQ423738
Eigenschaften
Molare Masse174,15 g·mol−1
Aggregatzustand

flüssig

Dichte

1,11 g·cm−3[2]

Siedepunkt

211–217 °C[1]

Löslichkeit

mischbar mit Dichlormethan, Diethylether und Toluol[2]

Brechungsindex

1,4210 (20 °C)[2]

Sicherheitshinweise
GHS-Gefahrstoffkennzeichnung[2]
Gefahrensymbol

Achtung

H- und P-SätzeH: 302​‐​332​‐​315​‐​319​‐​335
P: 301+330+331​‐​302+352[2]
Soweit möglich und gebräuchlich, werden SI-Einheiten verwendet. Wenn nicht anders vermerkt, gelten die angegebenen Daten bei Standardbedingungen. Brechungsindex: Na-D-Linie, 20 °C

Herstellung

Die Herstellung erfolgt über Derivate des Hydrazins, die durch geeignete Mittel dehydriert werden. Eine Möglichkeit ist die Oxidation mittels rauchender Salpetersäure.[3] Die Reaktion gelingt auch unter Verwendung von Chlor als Oxidationsmittel.[4]

Chemische Eigenschaften, Sicherheit

DEAD ist toxisch, stoß- und lichtempfindlich und thermisch instabil. Die Verbindung ist explosionsgefährlich im Sinne des Sprengstoffgesetzes und ist dort der Stoffgruppe A zugeordnet.[5] Im Stahlhülsentest reagiert die Substanz mit einem Grenzdurchmesser von 20 mm äußerst heftig.[6] Die Schlagempfindlichkeit beträgt nur 4 J.[6] Im Bleiblocktest wird eine Ausdehnung von 33 ml/10 g beobachtet.[6] Oberhalb von 100 °C findet eine stark exotherme Zersetzung mit einer Zersetzungswärme von −1466 kJ·kg−1 bzw. −255 kJ·mol−1 statt.[6] Kommerziell ist es deshalb meist in gelöster Form, beispielsweise in Toluol, erhältlich. Als Reinstoff darf DEAD in den USA nicht versandt werden. Bedingt durch diese Sicherheitsrisiken ging die Verwendung von DEAD zurück, es wird meist durch das stabilere Diisopropylazodicarboxylat (DIAD) ersetzt.

Beim Destillieren kann DEAD explodieren. Geeignete Sicherheitsvorkehrungen sind zu treffen. Direkte Lichtquellen sollen abgeschirmt werden.[4]

Verwendung

Mitsunobu-Reaktion

Das klassische Anwendungsgebiet von DEAD ist die Mitsunobu-Reaktion, die der Synthese von Estern, Ethern, Aminen und Thioethern aus Alkoholen dient.

Verwendung des Azodicarbonsäurediethylesters in der Mitsunobu-Reaktion

Enophil

Ein weiterer Anwendungsbereich von DEAD ist die Verwendung als Enophil beispielsweise in En-Reaktionen.[7]

Azodicarbonsäurediethylester als Enophil

Dienophil

Auch die Verwendung als Dienophil ist in der Literatur beschrieben. So gelang beispielsweise die Synthese von Bicyclo[2.1.0]pentan ausgehend von Cyclopentadien und DEAD.[8]

Michael-Akzeptor

Die Azogruppe in DEAD ist auch ein Michael-Akzeptor. In Gegenwart von Kupfer­katalysatoren addiert DEAD an β-Ketoester zu den entsprechenden Hydrazinderivaten.[9]

DEAD als Michael-Akzeptor

Auf ähnliche Weise katalysiert Cu(II) auch die Substitution von Boronsäure­estern in fast quantitativer Ausbeute.[10]

DEAD als Michael-Akzeptor bei der Substitution von Boronsäureestern

Synthese von Pyrrazolin-Derivaten

DEAD kann auch zur Synthese von Heterocyclen eingesetzt werden. So können Pyrrazolin­derivate durch Kondensation an α,β-ungesättigte Ketone erhalten werden.[11]:

DEAD bei der Synthese von Pyrrazolin-Derivaten

Literatur

  • Clayden, Greeves, Warren & Wothers: Organic Chemistry. Oxford University Press, August 2004, ISBN 0-19-850346-6
  • O. Mitsunobu, M. Wada, T. Sano: Stereospecific and stereoselective reactions. I. Preparation of amines from alcohols in J. Am. Chem. Soc. 94 (1972) 679–680, doi:10.1021/ja00757a085.
  • R. F. C. Brown, W. R. Jackson, T. D. McCarthy: Potential routes to flavan-3-ols, part 2: The Mitsunobu reactions of para-oxygenated benzylic alcohols in Tetrahedron 50 (1994) 5469–5488, doi:10.1016/S0040-4020(01)80702-X. (Methodenentwicklung)
  • O. Mitsunobu: The Use of Diethyl Azodicarboxylate and Triphenylphosphine in Synthesis and Transformation of Natural Products in Synthesis 1981, 1–28, doi:10.1055/s-1981-29317. (Übersicht)

Einzelnachweise