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Gini-Koeffizient (in %) der Verteilung der verfügbaren Einkommen (Weltbank, 2014)

Die Einkommensverteilung in Deutschland betrachtet die Verteilung der Einkommen in Deutschland. Die personelle Einkommensverteilung betrachtet, wie das Einkommen einer Volkswirtschaft auf einzelne Personen oder Gruppen (z. B. Privathaushalte) verteilt ist. Bei der Deutung statistischer Daten ist die unterschiedliche Verwendung des Begriffs Einkommen zu beachten, weil dabei zwischen Bruttoeinkommen, Einkünften, zu versteuerndem Einkommen und Nettoeinkommen oder verfügbarem Einkommen unterschieden werden muss.

Im Jahr 2016 betrug der Gini-Koeffizient in Deutschland 0,295[1], dies ist weltweit der geringste Wert einer großen Volkswirtschaft. Die Einkommen sind im Verhältnis also eher gleich verteilt. Der mittlere Bruttostundenlohn betrug 2010 12,84 Euro. Die 10 % der Arbeitnehmer mit dem höchsten Stundenlohn erhielten 2010 27,77 Euro oder mehr, die 10 % mit dem geringsten Stundenlohn 5,05 Euro oder weniger.[2]Am 31. Oktober 2018 wurde von der deutschen Bundesregierung beschlossen, den Mindestlohn von aktuell 8,84 Euro auf 9,19 Euro ab dem 1. Januar 2019 zu erhöhen und ab 2020 auf 9,35 Euro.[3]

Methoden zur Darstellung

Markteinkommen und verfügbares Einkommen

Es können zwei Arten der Einkommensverteilung voneinander unterschieden werden:

  • Verteilung der Markteinkommen: Primäre Einkommensverteilung, d. h. Einkommen aus Erwerbstätigkeit, Geschäftstätigkeit, Vermietung, Kapital vor Steuern und Abgaben.
  • Verteilung der verfügbaren Einkommen: Sekundäre Einkommensverteilung, d. h. nach direkten Steuern, Sozialabgaben und inklusive öffentlicher (z. B. Sozialhilfe, Arbeitslosengeld) und privater (z. B. Unterhalt) Transfers.

Der Vergleich beider Einkommensverteilungen lässt Rückschlüsse auf den Grad der Umverteilung durch den Staat zu.

Darstellung mit dem Gini-Koeffizienten

Die Einkommensverteilung wird am häufigsten mit dem Gini-Koeffizienten angegeben. Ein Gini-Koeffizient von 0 entspricht einer absoluten Gleichverteilung der Einkommen, bei einem von Wert 1 läge dagegen eine Situation der absoluten Ungleichheit vor, in der ein Haushalt über das gesamte Einkommen verfügt.

Der Gini-Koeffizient des Markteinkommens betrug im Jahr 2015 etwa 0,504; derjenige des verfügbaren Einkommens 0,293.[4] Das verfügbare oder sekundäre Einkommen entspricht dem Markt- bzw. primären Einkommen zuzüglich der Renten und anderer Transferzahlungen (z. B. Kindergeld, Krankengeld, Arbeitslosengeld) sowie geldwerter Vorteile[5] abzüglich der geleisteten Einkommensteuern und Sozialbeiträge. Diese Werte wurden auf Basis des SOEP berechnet. Dies erklärt die Diskrepanzen zu den Eurostat-Werten in der Tabelle, welche auf EU-SILC basieren. Im Vergleich mit anderen Industrieländern gehört Deutschland damit im Bezug auf das Markteinkommen zu den Ländern mit leicht überdurchschnittlicher Ungleichheit. Hinsichtlich der Ungleichheit der verfügbaren Einkommen liegt Deutschland im Mittelfeld, weist aber unter den großen Volkswirtschaften den geringsten Wert auf.[6]

Verfügbares Einkommen

Eurostat-Daten für Deutschland
JahrGini-Koeffizient[7]
19850,26
20000,27
20050,26
20080,302
20090,291
20100,293
20110,290
20120,283
20130,297
20140,307
20150,301
20160,295
20170,291

Reiht man die Personen, deren verfügbares Einkommen untersucht wird, in einer Reihe nach der jeweiligen Einkommenshöhe auf, so ist das mittlere Einkommen dasjenige Einkommen, das in der Mitte der Reihe liegt. Das mittlere Einkommen ist gegenüber dem Durchschnittseinkommen robuster gegenüber statistischen Verzerrungen. Eine große Differenz zwischen mittlerem und durchschnittlichem Einkommen weist auf eine stark ungleiche Verteilung der Einkommen hin.

Das mittlere verfügbare Einkommen betrug in Deutschland 2013 pro Person 1.345 Euro, das Nettoäquivalenzeinkommen 1.957 Euro.

Die folgende Tabelle zeigt die Situation bei den Nettoäquivalenzeinkommen der 39,3 Millionen deutschen Haushalte in 2013. In der oberen Zeile sind die Personen aufsteigend nach der Höhe des monatlichen Nettoäquivalenzeinkommens sortiert. Diese Personen wurden dann in 10-%-Gruppen eingeteilt (Dezile). Die untere Zeile zeigt die Höhe des Einkommens des jeweiligen Dezils. Die zweite Spalte bedeutet zum Beispiel, dass die untersten 10 % im Mittel 826 Euro pro Monat verdienen. Und die letzte Spalte zeigt, dass die obersten 10 % 4.329 Euro verdienen[8].

Anteil der Personen (%) an allen Personen102030405060708090100
Nettoäquivalenzeinkommen(€)8261.1421.3991.6301.8472.0702.3322.6593.1564.329

Markteinkommen

Zur Berechnung des Gini-Koeffizienten wird auch die Steuerstatistik herangezogen.

Einkommensteuerstatistik Deutschland[9]
JahrGini-Koeffizient[10]QuantileQuelle
19950,42218destatis[11]
20040,45322destatis[12]
20140,53222destatis[13]

In der Einkommensteuerstatistik des Statistischen Bundesamtes wurden im Jahr 1995 nur Angaben für Westdeutschland publiziert.[11] Damals ergab sich aus ihr ein Gini-Koeffizient von 42,2 % für alle auf 18 Quantile aufgeteilten positiven Brutto-Einkommen. Der vergleichbare Gini-Koeffizient lag für die 22 Quantile (untersuchten Gruppen) der Einkommensteuerstatistik für das ganze Bundesgebiet im Jahr 2001 bei 47,9 %, im Jahr 2003 bei 45,1 % und im Jahr 2004 bei 45,3 %. Allerdings gibt es im untersten Quantil zwischen 2001 und 2004 eine Differenz von zwei Millionen Steuerpflichtigen. Veränderungen der Steuerstatistik nach Reformen können die Ungleichverteilungsberechnung aus der Steuerstatistik beeinträchtigen.

Die Erhöhung der Zahl der Quantile von 18 auf 22 könnte auch zu einer Erhöhung der daraus errechneten Ungleichverteilungsmaße geführt haben, wenn damit Ungleichverteilungen zutage traten, die zuvor innerhalb der Quantile verborgen waren. Von hoher Intraquantil-Ungleichverteilung betroffen sind hier insbesondere die Quantile an den beiden Enden der Einkommensskala. Die Interquantil-Ungleichverteilung in den Quantilen in der Mitte ist sehr gering, was vermuten lässt, dass dort auch die Intraquantil-Ungleichverteilung klein ist.[14]

Entwicklung der personellen Einkommensverteilung

Seit den 1990er Jahren nimmt die Ungleichheit der Einkommensverteilung in Deutschland zu. Während die Einkommen von Personen im oberen Spektrum seither stetig wachsen, nehmen Bezüge in der unteren Hälfte vorwiegend ab. Das heißt die Hoch- und die Geringverdiener entfernen sich stark von dem mittleren Einkommensbezieher. Die Unternehmens- und Vermögenseinkommen legten im Trend zu, während die Masseneinkommen stagnierten und die niedrigen Erwerbseinkommen gesunken sind.[15]

Die Einkommensungleichheit in Deutschland hat sich nach Angabe der OECD seit 1995 verstärkt und hat zwischen den Jahren 2000 und 2008 stärker zugenommen als in jedem anderen OECD-Land.[16]Die OECD sah für diese Entwicklung in Deutschland als Ursache die Zunahme von Single-Haushalten und Alleinerziehenden. Seitdem ist die Ungleichheit relativ gleich geblieben und geht seit 2014 sogar zurück[7].

Gleichzeitig mit der Einkommensungleichheit steigt die Einkommensarmut.[17]

Lorenzkurve der Verteilung von Einkommen aus Arbeit (grün) in Deutschland im Verhältnis zur blauen Gleichverteilung auf Datenbasis des SOEP für 2005.

Ursachen

Die OECD sah 2008 folgende Ursachen für zunehmende Einkommensungleichheit in Deutschland:[18]

„Die steigende Ungleichheit ist arbeitsmarktinduziert. Einerseits nahm die Spreizung der Löhne und Gehälter seit 1995 drastisch zu – notabene nach einer langen Periode der Stabilität. Andererseits erhöhte sich die Anzahl der Haushalte ohne jedes Erwerbseinkommen auf 19 % – den höchsten Wert innerhalb der OECD. Ebenso ist der Anstieg der Ungleichheit auf Änderungen in der Haushaltsstruktur zurückzuführen, wie etwa die Zunahme von Single-Haushalten und Alleinerziehenden. Trotz anhaltender staatlicher Umverteilung durch Steuern und Transfers erhöhte sich die Kluft zwischen reich und arm. Transfers sind weniger auf Personen mit geringeren Einkommen zielgerichtet als in anderen Ländern.“

In Deutschland, wie auch in anderen Ländern Europas, ist das Einkommen unter anderem regional ungleich verteilt. Jörg Baten und Ralph Hippe (2017)[19] haben herausgefunden, dass ein Grund für diese regionalen Unterschiede innerhalb Europas die landwirtschaftlichen Strukturen im 19. Jahrhundert waren. Ausschlaggebend sei die Größe der Betriebe, welche wiederum von der Bodenbeschaffenheit beeinflusst wurde. In den kleineren Betrieben legten die Bauern größeren Wert darauf, dass ihre Kinder gebildet waren, da sie später den Hof übernehmen würden. Dies war u. a. typisch für Nord- und Nordwesteuropa um 1900. Waren Boden und Klima jedoch günstig für große Weizenfelder und somit Großgrundbesitz, entwickelten sich häufig politische Eliten. Diese wiederum verhinderten den Zugang zu Bildung für ländliche Arbeitnehmer. Die daraus resultierenden Bildungsunterschiede wirkten sich wiederum auf die allgemeine wirtschaftliche Entwicklung und somit auch auf die Einkommen aus.

Statistik

National

Verteilung der zu versteuernden Einkommen in Deutschland 2014 (Personen nach Grundtarif)[20]
Verteilung der zu versteuernden Einkommen in Deutschland 2014 (Paare nach Splittingtarif)[20]

Das Statistische Bundesamt ermittelt in zahlreichen Untersuchungen, die in regelmäßigen Abständen wiederholt werden, das Einkommen der Bevölkerung. Namentlich sind dies die alle fünf Jahre gezogene Einkommens- und Verbrauchsstichprobe (EVS) und die Laufenden Wirtschaftsrechnungen (LWR), die in den übrigen Jahren erstellt werden.[21]Hinzu kommt die vierjährliche Verdienststrukturerhebung (bis 2006 in unregelmäßigen Abständen als Gehalts- und Lohnstrukturerhebung, kurz GLS).[22] Monatliche Einkommen über 18.000 Euro bleiben dabei unberücksichtigt.[23]

Die in Zusammenarbeit mit den Ländern jährlich erstellte Lohn- und Einkommensteuerstatistik (vor 2012 dreijährlich) als Vollerhebung[24] erfasst auch Einkommen über 18.000 Euro.

Die IAB-Beschäftigtenstichprobe (IABS) der Bundesagentur für Arbeit besteht seit 1975 und veröffentlicht auch Mikrodatensätze, die regionale Daten beinhalten. Die Datensätze enthalten Studien auf Basis von Tagesverdiensten von Vollzeitbeschäftigten. Selbstständige, Beamte, Teilzeit- und Niedriglohnbeschäftigte werden bei der IABS nicht erfasst.[25]

Das Sozio-oekonomische Panel (SOEP) ist eine Panel-Befragung, die seit 1984 vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung durchgeführt wird. Es publiziert Stundenlöhne von Arbeitnehmern aller Gruppen und ergänzt diese mit zahlreichen sozioökonomischen Detailinformationen. Nachteilig ist der relativ geringe Stichprobenumfang.[26]

Das Institut Arbeit und Qualifikation der Universität Duisburg-Essen unter dem Titel Sozialpolitik aktuell Tabellen und Grafiken unter anderem zur Einkommensverteilung. Dabei werden diverse der zuvor genannten Erhebungen ausgewertet und zusammengefasst.[27]

International

Die Employment statistics database der OECD ist die Grundlage des jährlich veröffentlichten OECD Employment Outlook. Sie enthält einen großen Datenbestand über Arbeitsmarktergebnisse der OECD-Länder.[28]

Ergebnisse einer europaweiten Verdienststrukturerhebung wurden von dem European Structure of Earnings Survey (SES) bereits 1995 veröffentlicht. Das SES setzt sich aus nationalen statistischen Ämtern zusammen und wertet Daten aus 27 Mitgliedsstaaten der Europäischen Union und zwei Ländern der Europäischen Freihandelszone (EFTA) aus.[29]

Die Internationale Arbeitsorganisation (ILO) stellt ihr Wissen im Arbeitsbereich in der LABORSTA Datenbank mit umfangreichen Arbeitsmarktstatistiken zur Verfügung.[30]

Für weltweit erhobene Daten die World Income Inequality Database (WIID)[31] des World Institute for Development Economics Research (WIDER) der United Nations University (UNU).

Siehe auch

Literaturverzeichnis

Weblinks

Einzelnachweise

Kategorie:EinkommenKategorie:Volkswirtschaftliche GesamtrechnungKategorie:Wirtschafts- und SozialstatistikKategorie:Ungleichheitsforschung