Benutzerin:Leserättin/Frauenwahlrecht in Deutschland

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Einleitung

Der Weg bis zum Frauenwahlrecht im Deutschen Reich

testDas politische System des 18. Jahrhunderts war ständisch geprägt. Vor der Französischen Revolution wurde Gleichheit nicht als Ordnungsprinzip für politische Teilhabe angesehen. So war ein Teil der Bevölkerung über die Standesvertreter in den Landtagen repräsentiert. Auf kommunaler Ebene gab es zudem eine Selbstverwaltung der Gemeindemitglieder, die aber auf Landbesitzer beschränkt war. Frauen waren von der Gemeindeversammlung nicht grundsätzlich ausgeschlossen. Gemeindeämter konnten sie aber nicht übernehmen.[1] Daneben gab es das städtische Bürgerrecht, das am Nachweis eines ehrbaren Gewerbes hing. Auch ein Teil der Frauen hatten dieses Bürgerrecht, entweder ererbt von ihrem Vater oder käuflich oder durch Mitgliedschaft in einer Zunft erworben. Ein großer Teil der Einwohner einer Stadt – Männer wie Frauen – hatten aber keine Bürgerrechte. Mit dem städtischen Bürgerrecht waren kaum politische Entscheidungsrechte verbunden. Soweit diese bestanden, galten sie nur für männliche Bürger. Wirklichen politischen Einfluss hatten nur die männlichen Angehörigen der sogenannten ratsfähigen Familien.[2]

Argumente von Befürwortern und Gegnern des Frauenwahlrechts

Ab Ende des 18. Jahrhunderts gab es einen regen Diskurs um die Teilhabe des Volkes an der politischen Gestaltungsmacht. Dazu gehörte, wer das Volk repräsentieren dürfte wie auch wie diese Repräsentanten bestimmt werden sollten. Die politische Teilhabe des Volkes – oder eines Teils des Volkes – musste erst einmal argumentativ untermauert werden. Für den Aufklärungsphilosophen Christian Wolff (1679–1754) zum Beispiel war 1736 das „Haus“ noch die zentrale Einheit des sozialen Systems. Eine „Hausgesellschaft“ sollte vom „Hausvater“ repräsentiert werden, der in der öffentlichen Arena nicht seine persönlichen, sondern die Interessen seines Hauses vertreten sollte. Die „Hausmutter“ hatte innerhalb des Hauses wichtige Funktionen, sollte aber außerhalb des Hauses nicht in Erscheinung treten. Alle anderen Hausgenossen (Frauen, Kinder, Gesinde) hatten sich dem Hausvater und – innerhalb des Hauses der Hausmutter – unterzuordnen.[3]

Immanuel Kant (1724–1804) löste sich 1793 von der Auffassung der Gesellschaft als Zusammenschluss von „Häusern“. Stattdessen fasste er die Gesellschaft als Zweckverband von Individuen auf, wobei der politische Status des aktiven Bürgers für ihn keineswegs naturrechtlich für jede Person gegeben war. Vielmehr war er an bestimmte Qualifikationen geknüpft, nämlich ökonomische und soziale Selbständigkeit. Ohne dies argumentativ zu begründen, definierte Kant als weitere „natürliche“ Eigenschaft des aktiven Bürgers [erläutern = Bürger mit Wahlrecht?], dass er „kein Weib sei“. Die mangelnde Logik dieser Argumentation wurde durchaus kritisiert, u. a. von Johann Gottlieb Fichte (1762–1814), der ledigen Frauen und Witwen, aber nicht verheirateten, zugestand, Eigentum zu haben, erwerbstätig zu sein und entsprechende politische Rechte zu besitzen und auszuüben. Aber auch Fichte machte eine Einschränkung. Ein staatliches Amt könnte eine Frau nicht ausüben: „Denn sie ist bestimmt zu lieben, und die Liebe kommt ihr von selbst, und hängt nicht von ihrem freien Willen ab.“ Er stellte also die geistige Unabhängigkeit der Frauen in Frage.[4]

Dagegen vertrat der Königsberger Bürgermeister Theodor von Hippel (1741–1796) in seinem 1792 erschienenen Plädoyer Über die bürgerliche Verbesserung der Weiber, dass alle Menschen, auch Frauen, naturrechtlich den Anspruch hätten, politische Rechte auszuüben. Frauen sollte es daher möglich sein, eine aktive Bürgerin zu sein und Staatsämter einnehmen zu können. Seine Forderungen wurden zu seiner Zeit stark rezipiert.[5]

Die Beschränkung des Status des aktiven Bürgers auf die Besitzenden, d. h. das sogenannte Zensuswahlrecht, wurde im 19. Jahrhundert von demokratischen Kräften kritisiert. Das allgemeine Wahlrecht wurde gefordert, wobei dieses – Kant folgend – weiterhin auf Männer beschränkt bleiben sollte. Liberale Gegner dieser Forderung nutzten nun gerade diesen Widerspruch in der Argumentation der Demokraten, um diese Forderung zurückzuweisen. So verwies der Kaufmann David Hansemann 1840 in einer Denkschrift darauf hin, dass die Verfechter gleicher Rechte für alle Männer durchaus Ungleichheiten und Grenzen akzeptieren würden, nämlich die des Geschlechts.[6] Ähnlich argumentierten in den 1860er und 1870er Jahren der Staatsrechtsprofessor Robert Mohl und der Geschichtsprofessor Heinrich von Sybel. Die Einführung des allgemeinen und gleichen Männerwahlrechts müsste rückgängig gemacht bzw. verhindert werden, da die logische Konsequenz die Erweiterung auf Frauen wäre.[7]

Die Vormärz-Demokratin Louise Otto-Peters (1819–1895) forderte dagegen das aktive Stimmrecht für die Frauen ein. 1848 schrieb sie in der von ihr gegründeten Frauen-Zeitung: „Ich fordere diese Stimme für sie auch da, wo es gilt, Vertreter des ganzen Volkes zu wählen – denn wir Frauen sind Teil dieses Volkes. Wenn jetzt aber z. B. ein Wahlgesetz lautet: Alle mündigen Staatsangehörigen sind Wähler – die Frauen aber gleichsam durch eine schweigende Übereinkunft von diesem Recht ausgeschlossen sind, so heißt dies einfach, die Frauen für unmündig zu erklären. Ein Recht, das jetzt den Unwissendsten im Volke zusteht, muß auch für das Weib da sein.“ Otto-Peters führte also das gleiche Argument wie Hansemann an, aber mit einer umgekehrten Zielsetzung. Doch auch für Otto-Peters waren Frauen nicht geeignet, ein Staatsamt zu besetzen.[8]

Auch der Sozialistenführer August Bebel (1840–1913) zog in seinem 1879 erschienenen Buch Die Frau und der Sozialismus einen Vergleich als Argumentation für das Frauenwahlrecht heran: „Sind unsere Frauen unfähiger als die weit tieferstehenden Neger (sic), denen man in Nordamerika die politische Gleichberechtigung zuerkannte? Oder soll eine geistig hochstehende Frau weniger Recht haben als der roheste, ungebildetste Mann; z. B. als ein unwissender, hinterpommerischer Tagelöhner oder ein ultramontaner polnischer Landarbeiter, und nur deshalb, weil der Zufall diese als Männer zur Welt kommen ließ?" Politische Rechte seinen Menschen- und keine Männerrechte.[9]

Die Verteidiger eines auf Männer beschränkten Wahlrechts verteidigten die Einschränkung mit dem Schutz von Ehe und Familie. So argumentierte z. B. der Jurist Carl Welcker (1790–1869) in einem Artikel über die Geschlechterverhältnisse von 1838, dass Männer und Frauen unterschiedliche Aufgaben hätten, die sich aus den physischen Differenzen ableiten würden. Dem Mann obliege die „freiere, ausgedehntere Wirksamkeit in der Außenwelt“, der Frau sei aufgrund ihres Wesens "auf die Fortpflanzung, die Familie, das Haus‘“ beschränkt. In der Ehe seien sie zu einer „untrennbaren Gesamtpersönlichkeit“ verbunden. Frauen verlören durch die Ausübung des Wahlrechts ihre "wahre" Weiblichkeit. Sie würden dann den Mann nicht mehr als Haupt der Familie anerkennen, womit Familie und Gesellschaft gefährdet wären. In ihrem ureigensten Interesse müsste Frauen daher das Wahlrecht verwehrt werden. Im Denken Welckers war der Erhalt des bürgerlichen Familienraums untrennbar mit dem männlichen Politikmonopol verknüpft.[10] Der Kulturhistoriker Wilhelm Heinrich Riehl formulierte 1855 folgerichtig: Der Staat sei "männlichen Geschlechts". Frauen dagegen hätten im "öffentlichen Leben" eine "bloß indirekte, in der Familie vermittelte" Geltung. Sie bedürften keiner eigenen Repräsentation im Staat, denn sie seien bereits im "Organismus der Familie" vertreten, als deren "natürlicher Repräsentant" der Mann anzusehen sei.[11] Diese Sichtweise wurde allgemein geteilt. Noch 1894 beschrieb Meyers Konversations-Lexikon die Geschlechterverteilung in Politik und Gesellschaft mit „Dem Manne der Staat, der Frau die Familie!“[12]

Auch das Argument der Wehrpflicht wurde gegen das Frauenwahlrecht immer wieder angeführt. So schrieb Welcker schon 1838: „Wer den Krieg zu beschließen das Recht haben will, der muß ihn auch zu führen im Stande sein.“ Wahlrecht und Wehrpflicht wurden als zwei Seiten derselben staatsbürgerlichen Medaille definiert. Nach den Kriegen in der Zeit von 1867 bis 1871 gewann das Wehrpflicht-Argument in der Argumentation der Gegner des Frauenwahlrechts die Oberhand, es wurde zur politischen Standardfloskel. August Bebel versuchte es mit dem Hinweis zu entkräften, dass Frauen die künftigen Soldaten gebaren.[13]

Die Schriftstellerin Hedwig Dohm (1831–1919) berief sich 1876 in ihrem Plädoyer Der Frauen Natur und Recht für das Frauenstimmrecht auf die den Frauen „natürlich zukommenden Rechte“. Sie gestand keine sachlichen Gründe zu, das Wahlrecht auf Männer zu beschränken. Sie räumte zwar ein, daß die Gesellschaft ein natürliches politisches Recht einschränken könnte, wenn „dieses Recht sich als unvereinbar erwiese mit der Wohlfahrt des Staatslebens“. Doch forderte sie Beweise für einen solchen „Antagonismus zwischen Staatsleben und Frauenrechten“. Ohne solche Beweise seien die Berechtigung und Notwendigkeit eines allgemeinen Frauenstimmrechts gegeben.[14]

Die Mitglieder des 1902 gegründeten Deutschen Verbands für Frauenstimmrecht, u. a. Anita Augspurg, Lida Gustava Heymann und Minna Cauer, begründeten ihre Forderung nach dem Frauenwahlrecht nicht nur mit dem Naturrecht. Sie führten zudem den Nutzen an, den der Staat von der politischen Mitwirkung der Frauen haben würde. Indem Frauen das Bürgerrecht vorenthalten würde, würde die Gesellschaft wichtige Kapazitäten zu ihrer eigenen Vervollkommnung und Befriedung vergeuden. Gerade im im sozialen Bereich würde der gesellschaftliche Beitrag der Frauen durch die Beschränkung auf die karitative, ehrenamtliche Tätigkeit eingeschränkt. Nur mit dem gleichberechtigten Zugang von Frauen zu öffentlichen Ämtern könnte sich ihr Beitrag voll entfalten. Gerade diese Argumentation machten sich viele karitativen Frauengruppen zu eigen, die der Forderung nach gleichen Rechten für beide Geschlechter und Menschen aller Klassen sonst nicht folgten.[15]

Die Sozialistin Clara Zetkin (1857–1933) bezeichnete die naturrechtliche Begründung des Frauenwahlrechts als „sentimental“. Auch sie argumentierte mit dem Gemeinwohl. Die Gesellschaft würde bereichert, wenn sie Frauen erlaube, „alle geistigen und sittlichen Kräfte unserer Eigenart entsprechend in dem Dienst der Allgemeinheit zu bestätigen.“ Weiterhin führte sie die zunehmende Frauenerwerbsarbeit an. Frauen bräuchten das Wahlrecht, um ihre ökonomischen Interessen verteidigen zu können.[16]

Frauenrechtsbewegung

Die Positionen der politischen Parteien

Das Erreichen des Frauenwahlrechts in Deutschland im internationalen Vergleich

Chronologie in Meilensteinen

JahrDatumMeilenstein
1869Die deutsche Übersetzung von John Stuart Mills Schrift The Subjection of Women, in der er das Frauenwahlrecht fordert, erscheint unter dem Titel Die Hörigkeit der Frau. Das Werk hatte Jenny Hirsch übersetzt.[17]
1870Fanny Lewald befasst sich in den in ihrer Schrift Für und wider die Frauen veröffentlichten Briefen mit dem gleichen Thema. (Schaser 2009, 100)
1875August Bebel beantragt auf dem Arbeiterkongress der Sozialistischen Arbeiterpartei (SAP), das Frauenwahlrecht in das Parteiprogramm mit

aufzunehmen. (Schaser 2009, 100)

1876Hedwig Dohm fordert in ihrer Schrift Der Frauen Natur und Recht das Stimmrecht für Frauen. Der Schlusssatz ihrer Schrift wurde zum geflügelten Wort: "Die Menschenrechte haben kein Geschlecht."[17]
1891Die Sozialdemokratische Partei nimmt die Forderung nach dem Frauenwahlrecht in ihr Programm auf. (Schaser 2009, 100)
1894In Dresden wird die erste Frauenrechtsschutzstelle eröffnet.[18]
Helene Lange und Lily Braun fordern erstmalig in öffentlichen Reden das Frauenwahlrecht.[19]
1896Helene Lange fordert in der Zeitschrift Cosmopolis das Frauenwahlrecht.[19][20]
1902Der Deutsche Verein für Frauenstimmrecht wird gegründet (1903 in Deutscher Verband für Frauenstimmrecht umbenannt).[21]
Der Bund Deutscher Frauenvereine (BDF) nimmt die Forderung nach dem Frauenwahlrecht in sein Programm auf.[21]
1904In Berlin wird die International Woman Suffrage Alliance gegründet.
1905Der Allgemeine Deutsche Frauenverein (ADF) nimmt die Forderung nach dem Frauenwahlrecht in sein Programm auf.
1908Das neue Reichsvereinsgesetz erlaubt auch Frauen die Vereins- und Versammlungsfreiheit. Frauen treten nun (offiziell) in Parteien ein.[22]
191722. SeptemberDer BDF, die Stimmrechtsvereine und die sozialdemokratischen Frauen vereinbaren, künftig gemeinsame Aktionen für das Frauenstimmrecht durchzuführen, die Regierung aber weiterhin getrennt anzusprechen.[23]
191822. AprilIn Berlin findet eine erste gemeinsame Versammlung von BDF, Stimmrechtsvereinen und SPD-Frauen zum Frauenwahlrecht statt. In Anschluss geht eine Deputation zum preußischen Abgeordnetenhaus, um die Forderungen erneut vorzutragen.[23]
2. OktoberDas preußische Herrenhaus beschließt das gleiche Wahlrecht für Männer. Frauen sind weiterhin ausgeschlossen.[23]
25. OktoberFrauen aller wichtigen politischen Frauenorganisationen - Anita Augspurg (Deutscher Frauenstimmrechtsbund), Gertrud Bäumer (BDF), Gertrud Hanna (Arbeiterinnensekretariat der Generalkommission der Freien Gewerkschaften Deutschlands), Lida Gustava Heymann (Deutscher Frauenausschuß für dauernden Frieden), Marie Juchacz (SPD), Helene Lange (für Frauen der FVP), Klara Mende (nationalliberale Frauen), Marie Stritt (Deutscher Reichsverband für Frauenstimmrecht) - unterzeichnen ein Schreiben an den Reichskanzler Max von Baden, in dem dringend eine Audienz wegen der Einführung des Frauenwahlrechts gefordert wird. Das Gespräch kommt nicht zustande.[23]
Anfang NovemberIn Berlin, Hamburg und München finden große Kundgebungen zur Einführung des Frauenwahlrechts statt.[23]
4. NovemberDer BDF legt den Fraktionsführern der Parteien im Reichstag die Denkschrift "Stellung der Frau in der politisch-sozialen Neugestaltung" mit der Aufforderung vor, sofort mit Initiativanträgen die staatsbürgerliche Gleichberechtigung der Frauen herbeizuführen.[23]
7. NovemberVertreter der Mehrheitsparteien des Reichstags und des preußischen Abgeordnetenhauses beschließen, über die Reichsgesetzgebung auch für die Bundesstaaten die Einführung des Wahlrechts für Frauen vom 24. Lebensjahr an einzuführen. Der entsprechende Initiativantrag wurde nach langwierigen Abstimmungen am 9. November unterzeichnet und dem Reichstag zugeleitet. Er wurde vor der Revolution am nächsten Tag nicht mehr bearbeitet.[23]
12. NovemberDer Rat der Volksbeauftragten proklamiert das gleiche, geheime, direkte, allgemeine Wahlrecht für alle Männer und Frauen, die mindestens 20 Jahre alt sind.[23]
30. NovemberDas Reichstagsgesetz für das Frauenwahlrecht tritt in Kraft. (?)
19195. JanuarIn Baden können Frauen erstmals wählen (Landtag).
12. JanuarIn Württemberg können Frauen erstmals wählen (Landtag).
19 JanuarFrauen können erstmals bei der Reichstagswahl wählen. X Frauen werden als Reichstagsabgeordnete gewählt.

Rezeption / Historiographie / Bewertung

Die neuere Forschung hat die Studien zum Frauenwahlrecht in D bis Mitte der 1990er Jahre dafür kritisiert, dass sie implizit oder explizit einen deutschen "Sonderweg" beschrieben hätten. Dabei hätten sie versäumt, die Entwicklung in D mit der in anderen Ländern wirklich zu vergleichen oder hätten Quellen falsch interpretiert. Der postulierte deutsche Sonderweg bestand in vier Aspekten: (Bock 2014, 170-176)

  1. Die ältere Forschung postulierte, dass die deutsche bürgerliche Frauenbewegung den weiblichen Geschlechtscharaktere betont hätten, während im Ausland das Konzept naturrechtlicher Menschenrechte für die Frauen vertreten worden wäre. Im Mittelpunkt der Argumentation der deutschen Frauenbewegung wäre "Geschlechterdifferenz", "Weiblichkeit", "weibliche Eigenart", "Leistung", "Pflicht", "Mutterschaft" und "Mütterlichkeit" gestanden, und nicht "Geschlechtergleichheit", "Freiheit", "Individualismus" und "Rechte", was aber in den "angelsächsischen" Bewegungen der Fall gewesen wäre.
  2. Die Studien zogen eine "scharfe Trennungslinie" zwischen zwei Gruppen der deutschen Frauenbewegung: der liberal-gemäßigten Majorität und der liberal-radikalen Minorität, die gleiche Rechte forderte und sich hierbei auf Aufklärung und Naturrecht bezog.
  3. Auch die Art des Auftretens der Frauenbewegung wurde in der älteren Forschungsliteratur kritisiert, als zögernd, vorsichtig, zurückhaltend und ängstlich, was negativ mit dem "Draufgängertum" der Suffragetten der britischen Frauenwahlrechtsbewegung verglichen wurde. Die Suffragetten stellten aber auch nur eine Minderheit in der britischen Bewegung dar.
  4. Die gemäßigte Mehrheit der Frauenbewegung - anders als die radikale Minorität - hätte erst spät begonnen, das Frauenwahlrecht zu fordern, und wären dem internationalen Stand hinterhergehinkt.
  5. Insgesamt hätte die ältere Forschung einen "tiefen Skeptizismus gegenüber den Mehrheitsfeministinnen" gezeigt und sie nur als "weibliche Version des deutsch-männlichen Bürgertums" aufgefasst und dargestellt.

In Summe wurden die ausländische Entwicklung wie auch die Aktivitäten der radikalen Minorität verklärt, wogegen den deutschen Feministinnen ein Defizit im politischen Denken und Engagement unterstellt wurde, was zudem als Schritt auf dem Weg zu Nationalsozialismus und Holocaust gesehen wurde.

Forschungsfragen

Weimarer Republik

ADF nannte sich in Deutscher Staatsbürgerinnenverband um

Frauenwahlrecht während der Zeit des Nationalsozialismus

Nachkriegszeit

Bundesrepublik Deutschland

Deutsche Demokratische Republik

Frauenwahlrecht nach der Wiedervereinigung

Literatur

Kampf um das Frauenwahlrecht

  • Brigitta Bader-Zaar: Zur Geschichte des Frauenwahlrechts im langen 19. Jahrhundert. Eine international vergleichende Perspektive. In: Ariadne. Nr. 40, 2001, S. 6–13.
  • Gisela Bock: Frauenwahlrecht - Deutschland um 1900 in vergleichender Perspektive. In: Michael Grüttner, Rüdiger Hachtmann, Heinz-Gerhard Haupt (Hrsg.): Geschichte und Emanzipation. Festschrift für Reinhard Rürup. Campus, Frankfurt am Main 1999, ISBN 3-593-36202-3, S. 95–136.
    • Leicht überarbeitet erneut veröffentlicht: Gisela Bock: Das politische Denken des Suffragismus: Deutschland um 1900 im internationalen Vergleich. In: Gisela Bock (Hrsg.): Geschlechtergeschichten der Neuzeit. Ideen, Politik, Praxis (= Kritische Studien zur Geschichtswissenschaft. Nr. 213). Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 2014, ISBN 978-3-525-37033-9, S. 168–203.
  • Bärbel Clemens: Der Kampf um das Frauenstimmrecht in Deutschland. In: Christl Wickert (Hrsg.): Heraus mit dem Frauenwahlrecht. Die Kämpfe der Frauen in Deutschland und England um die politische Gleichberechtigung (= Frauen in Geschichte und Gesellschaft. Nr. 17). Centaurus, Pfaffenweiler 1990, ISBN 3-89085-389-7, S. 51–131.
  • Ute Frevert: "Unser Staat ist männlichen Geschlechts". Zur politischen Topographie der Geschlechter vom 18. bis frühen 20. Jahrhundert. In: Ute Frevert (Hrsg.): "Mann und Weib, und Weib und Mann". Geschlechter-Differenzen in der Moderne. Beck, München 1995, ISBN 3-406-39200-8, S. 61–132, 227–236.
  • Ulrike Ley: Einerseits und andererseits - das Dilemma liberaler Frauenrechtlerinnen in der Politik. Zu den Bedingungen politischer Partizipation von Frauen im Kaiserreich (= Forum Politik & Geschlechterverhältnisse. Nr. 1). Centaurus, Pfaffenweiler 1999, ISBN 3-8255-0229-5.
  • Gisela Notz: "Her mit dem allgemeinen, gleichen Wahlrecht für Mann und Frau!". Die internationale sozialistische Frauenbewegung zu Beginn des 20. Jahrhunderts und der Kampf um das Frauenwahlrecht (= Reihe Gesprächskreis Geschichte. Nr. 80). Friedrich-Ebert-Stiftung, Historisches Forschungszentrum, Bonn 2008, ISBN 978-3-89892-981-3.
  • Ute Rosenbusch: Der Weg zum Frauenwahlrecht in Deutschland (= Schriften zur Gleichstellung der Frau. Nr. 20). Nomos, Baden-Baden 1998, ISBN 3-7890-5473-9.
  • Angelika Schaser: Frauenbewegung in Deutschland 1848-1933. WBG, Darmstadt 2006, ISBN 978-3-534-15210-0, S. 49–58, 147 (Kap. 5).
  • Angelika Schaser: Zur Einführung des Frauenwahlrechts vor 90 Jahren am 12. November 1918. In: Feministische Studien. Band 27, Nr. 1, 1. Januar 2009, ISSN 2365-9920, S. 97–110, doi:10.1515/fs-2009-0109.

Weblinks

Siehe auch

Einzelnachweise