Dobbertiner Einschreibebuch

Das Dobbertiner Einschreibebuch gibt Aufschluss über die als Konventualinnen in das Kloster Dobbertin in Mecklenburg eingeschriebenen, adeligen Jungfrauen und wurde exakt über die Jahre 1696 bis 1918 geführt. Das Dokument aus der Zeit, in der das Kloster ein evangelisches adeliges Damenstift war, enthält auch Informationen zur Geschichte vieler mecklenburgischer Adelsfamilien. In den 222 Jahren ließen 160 der bekanntesten und ältesten Adelsfamilien ihre Töchter im Kloster Dobbertin einschreiben. Das Original des Dobbertiner Einschreibebuches befindet sich im Landeshauptarchiv Schwerin.[1] Die ersten Konventualinnen waren wohl ausschließlich Jungfrauen adeligen Standes.

Erste Seite des Dobbertiner Einschreibebuchs
Letzte Einschreibungen
1735 ins Kloster Dobbertin eingereichter Adelsnachweis für Friederica Charlotta Christina von Drieberg
Ahnentafel aus 1766 für Agnesa Eleonora Louisa von Thun

Die Einschreibungen von Töchtern ratsfähiger Bürgerfamilien der mecklenburgischen Landstädte erfolgten erst ab 1737 auf Listen und endeten 1919.[2]

Adelige Einschreibungen

Als nach der Reformation ab 1572 die Übergabe der mecklenburgischen Klöster an die Ritter- und Landschaft erfolgte, wurde auch das Dobbertiner Kloster zu einem evangelischen, adeligen Damenstift zur christlich ehrbaren Auferziehung inländischer Jungfrauen bestimmt.[3] Die Vorteile dieser Stiftung genossen in den folgenden Jahrhunderten alleinstehende Jungfrauen des Landadels als Konventualinnen, auch Stiftsdamen, Klosterdamen oder Fräulein genannt.

Die Aufnahme der Jungfrauen von Adel und später auch aus den ratsfähigen Bürgerfamilien der Städte war, soweit im Damenstift die Mittel und Plätze reichten, vorerst alleinige Sache der Provisoren und des Küchenmeisters als Finanzbeamten. Aufnahmebedingungen nach der Klosterordnung von 1572 waren unter anderem neben der christlichen Religion und der Jungfräulichkeit noch die adelige Herkunft mit der Beibringung des Ahnennachweises.

Anfangs kauften sich die Frauen oder deren Väter eine Anwartschaft auf einen Klosterplatz. Später wurde das bisherige Einkaufsgeld in ein Einschreibegeld umgewandelt. Dazu steht in der Klosterordnung: „das eine gewisse Anzahl Jungfrauen in die Klöster genommen, welche nach ihrem Vermögen zur Unterhaltung des Klosters auch etwas Geld mit hineinbringen, so sie im Kloster bleiben und sterben würden, alles bei dem Kloster zu verbleiben hat… .“ Im Rechnungsbuch des Klosters Dobbertin von 1491 bis 1872 befinden sich genaue von den Priorinnen und nach der Reformation von den Dominae getätigte Aufzeichnungen und Nachweise zu den Einzahlungen der aufgenommenen Jungfrauen.[4]

Nach 1572 erfolgten die Einschreibungen vorerst auf Listen[5] und in einigen Rechnungsbüchern, die nicht immer vollständig waren. Vorhanden sind im Landeshauptarchiv Schwerin noch Verzeichnisse von 1491 bis 1560 und von 1600 bis 1633 der Priorinnen und Klosterjungfrauen zu Dobbertin.[6] Die Originale befinden sich im Dänischen Reichsarchiv zu Kopenhagen, wo sie dort durch Friedrich Lisch am 17. Mai 1859 abgeschrieben, verglichen und beglaubigt wurden. Darin befinden sich Töchter folgender Adelsfamilien:

Ab 1696 wurde in Dobbertin dann das große in Leder gebundene Einschreibebuch mit einer Nummernfolge geführt, nach der die Klosterplätze zukünftig vergeben wurden. Die letzte Eintragung erfolgte am 26. Januar 1918 unter der Nummer 2066.[7]

Das Recht zur Einschreibung seiner Töchter in das Landeskloster sollte in der Folgezeit zu einem wichtigen Privileg des alten und eingeborenen mecklenburgischen Adels werden.[8]Durch die Einschreibungen sicherten die Eltern ihren Töchtern frühzeitig eine geregelte Altersversorgung. Daher ließen sie schon wenige Tage nach der Geburt die älteste Tochter in Dobbertin, die zweitgeborene im Kloster Malchow und die dritte im Kloster Ribnitz einschreiben. Vor Zeiten der Depeschen und des Telefons war die Anmeldung noch schwierig: Bereits in den Tagen vor der Geburt eines Kindes standen ständig einige gesattelte Reitpferde im Stall des adligen mecklenburgischen Rittergutsbesitzers bereit. Falls ihm eine Tochter geboren wurde, galt es, einen Reitknecht sofort mit der Nachricht abzusenden und das Kind schleunigst beim Küchenmeister im Klosteramt zu Dobbertin eintragen zu lassen. Denn die Reihenfolge der Einschreibungen nahm der Küchenmeister erst nach Vorlage des Einschreibegeldes vor. Oft war die schnelle Einschreibung für die spätere Aufnahme entscheidend, besonders wenn frühere Anwärterinnen heirateten, verstarben oder die Anerkennung der Klosterfähigkeit verweigert wurde. Die Prüfung der Klosterfähigkeit war Sache der Provisoren. Zur Erlangung einer Expektance, der Anwartschaft auf eine Klosterstelle, war der Ahnennachweis beizubringen. Mit der Ahnentafel waren die Geburtsurkunde der Großmutter väterlicherseits und der Großeltern mütterlicherseits vorzulegen. In zweifelhaften Fällen erfolgte die Entscheidung, aber auch die Bestätigung der Klosterfähigkeit immer durch den Landtag.

Wenn ein Klosterplatz frei wurde, konnte nach Aufforderung das nächste eingeschriebene Fräulein nachrücken. In Dobbertin wohnten in der Regel 32 Konventualinnen. Da die vielen Einschreibungen die Zahl der vorhandenen Plätze überstiegen, mussten die Fräuleins nicht selten einige Zeit warten, bis man überhaupt zu einer viertel oder halben Hebung kam, wie man das mühelose Einkommen im Kloster nannte.[9]

Am 22. April 1974 verstarb die am 20. April 1891 auf Burg Schlitz geborene und unter der Nr. 1824 eingeschriebene Elisabeth-Charlotte Gräfin von Bassewitz als letzte in Dobbertin lebende Konventualin des Damenstifts.[10] Sie wurde auf dem historischen Klosterfriedhof beigesetzt.

Bürgerliche/städtische Einschreibungen

Von Bürgertöchtern und deren Aufnahme in den adligen Konvent ist vor 1606 wenig zu erfahren. Auf dem Landtag am 25. Juni 1606 beschwerten sich in Sternberg die Städte beim Herzog, ihre Töchter mögen nicht ausgeschlossen werden, was die Ritterschaft zurückwies.[11] Auch in den noch vorhandenen Rechnungsbüchern sind keine Eintragungen vermerkt.

1696 wurde eine Aufstellung der damals zweiundzwanzig Konventualinnen des Hoch Adelichen Jungfräulein Klosters Dobbertin angefertigt. Ab 1698 wurden dann ausführliche Revisionsprotokolle angefertigt.

Noch 1723 war die Landschaft bei der Besetzung von Klosterstellen ausgeschlossen. Erst durch Landtagsbeschluss am 14. November 1737 in Güstrow kamen die Städte „durch Sonderanteil“ in Dobbertin in den Genuss von drei bürgerlichen/städtischen Klosterstellen zur vollen Hebung.[2][12] 1634 wurde das Gesuch des Lüneburger Pastors Tobias Dornkeills und 1650 das Gesuch Nicolaus Bergmanns als Leibbarbier des Herzogs Adolf Friedrich von Mecklenburg um Aufnahme seiner Schwester Ilselbe ins Kloster abgelehnt.[13] Als außergewöhnlichen Sonderfall wurde aber die 1634 auf dem Landtag zu Sternberg am Judenberg zugesprochene Stelle und Aufnahme der Sternberger Bürgertochter Anna Wolter in das Kloster Dobbertin bezeichnet. Als Tochter des Mecklenburgischen Hofgerichtsrates und Notars Ludovici Wolters wurde ihr ohne rechtliche Grundlage die nächste frei werdende Stelle zugesprochen.[14] Nach 1655 kam mit der Jungfer Elisabeth Jams und ab 1685 mit der Jungfer Anna Lukretia Wedemann je eine weitere „Demoiselle“ ins Kloster Dobbertin, über die auf den Landtagen heftig gestritten wurde.

Bis 1919 erfolgten die Einschreibungen nach den gleichen Aufnahmebedingungen und Formalitäten wie bei den adeligen Töchtern, nur ohne Ahnennachweis. In Dobbertin waren bis zu drei Klosterstellen durch bürgerliche Töchter zu besetzen. Sie rangierten aber immer an letzter Stelle unter den 32 Konventualinnen im Klösterlichen Konvent.

Die Töchter von Bürgermeistern und Magistratspersonen kamen aus den Städten Brüel, Bützow, Crivitz, Dömitz, Goldberg, Grabow, Grevesmühlen, Güstrow, Laage, Malchin, Malchow, Neubrandenburg, Neustrelitz, Parchim[15], Rehna, Röbel/Müritz, Sternberg, Teterow, Waren (Müritz), Warin, Schwaan, Schwerin und Tessin.

Im Einschreibebuch verzeichnete Adelsfamilien

Die nachfolgende Tabelle zeigt eine Übersicht über die im Buch eingeschriebenen Adelsgeschlechter mit der Anzahl der eingetragenen Töchter.

Anzahl
der
Eintragungen
von
Töchtern
Adelsfamilie
13von Arenstorff
13von Arnim
13von Barner
65von Bassewitz und Gräfinnen
26von Behr
10von Behr-Nagendanck
2von Below
36von Bernstorff und Gräfinnen
2von Bibow
68von Blücher und Gräfinnen
9von Boddien
1von Biel
1von Böhl
29von Both
5von Bothmer und Gräfinnen
4von Borck(e)
13von Brandenstein und Baronessen
5von Bredow
14von Buch
3von Buchwaldt
188von Bülow
9von Cramon
1von Dessin
36von Dewitz
2von Ditten
5von Döring
4von Dorne
8von Drieberg
16von Engel
1von Eyben
10von Fabrice
9von Ferber
2von Finecke
40von Flotow
6von Forstner
5von Gadow
4von Gamm
11von Gentzkow
4von Gloeden
1von Gülich
4von Grabow
26von Graevenitz
4von Grambow
8von Gundlach
1von Haeseler
2von Hagen
7von Hahn und Gräfinnen
27von Hammerstein und Baronessen
2von Hardenberg und Gräfinnen
3von Heyden
18von Hobe
21von Holstein und Gräfinnen
2von Hopffgarten
5von Jasmund
4von Kahlden
4von Karstedt
25von Kamptz
9von Kardorff
10von Ketelhodt
9von der Kettenburg
1von Keyserlingk
2von Klinggräff
11von dem Knesebeck
6von Knuth
2von Koenemann
27von Kohlhans-Stralendorff
11von Koppelow
3von Koseboth
1von Koss
1von Krackewitz
4von Kruse
2von Ladiges
7von Laffert
9von der Lancken
6von Langen
3von Langermann-Erlenkamp
4von Leers
13von Lehsten
2von Lepel
25von Levetzow
Anzahl
der
Eintragungen
von
Töchtern
Adelsfamilie
8von Linstow
18von Lowtzow
26von Lücken
59von der Lühe
48von Lützow und Baronessen
1von Marschall
20von Mecklenburg
6von Meding
18von Meerheimb und Baronessen
1von Meyenn
3von Möllendorff
16von Moltke
9von Müller
11von Moltzahn
16von Maltzahn
33Baronessen von Maltzahn
20Baronessen von Maltzan
2Gräfinnen von Maltzan
1von Negendanck
1von Normann
107von Oertzen
13von Oldenburg
6von der Osten
6von Passow
1von Peccatel
4von Petersdorff
19von Pentz
1von Perkentin
56von Plessen und Baronessen
10von Plüskow
18von Preen
27von Pressentin
8von Pritzbuer
13von Quitzow
7von Raben
5von Rantzau
16von Raven
20von Restorff
1von Reventlow (Reventlau)
14von Rieben
7Gräfinnen von Rittberg
4von Rodde
32von Rohr
1von Saldern
31von Schack
4von Scheel
2von Schencken
5von Scheve
8von Schlieffen
22von Schuckmann
2Gräfinnen von der Schulenburg
6Gräfinnen von Schwerin
2von Schwichelt
7von Sperling
4von Spörcken
1von Staffeldt
11von Stenglin
1von Stern
2von Stensloff
7von Storch
8von Thomstorff
7von Thun
3von Tornow
1von Treuenfels
14von Vieregge (Viereck)
1von Vogelsang
15von Voß und Gräfinnen
1von Wackerbarth
13von Waldow
4von Walsleben
7von Wangelin
5von Warburg
6von Warnstedt
21von Weltzien
4von Wenckstern
1von Wendessen
13von Wickede
24von Winterfeld
18von Zepelin/Zeppelin
23von Zülow

Literatur

  • Karl von Kamptz: Über die Teilnahme an adlichen Klosterstellen in Deutschland, besonders in Mecklenburg. Berlin 1844.
  • Eduard Viereck: Die Rechtsverhältnisse der vier mecklenburgischen Jungfrauenklöster nach ihrer geschichtlichen Entwicklung, 2 Teile in einem Band, Berlin 1875.
  • S. Ewar: Ein Mecklenburgisches Damenstift. In: Über Land und Meer. Allgemeine Illustrierte Zeitschrift, Bd. 51 (1884), Nr. 1–26, S. 419–421.
  • C. Karsten: Das Damenkloster Dobbertin. In: Haus und Welt. Heft 49, 3. September 1910, Leipzig 1910, S. 11–14.
  • Horst Alsleben: Das wichtigste Dokument zur Aufnahme ins Kloster: Horst Alsleben über das Einschreibebuch. (Teil 14) In: SVZ Lübz - Goldberg - Plau, 3. Dezember 1999.
  • Das Einschreibebuch des Klosters Dobbertin eine wichtige familiäre geschichtliche Quelle. In: Oertzen-Blätter. Bd. 43, 2000, Nr. 61, S. 12–13.
  • Horst Alsleben: Das Einschreibebuch: Dokument zur Aufnahme in das Kloster. SVZ Mecklenburg-Magazin. 2000, Nr. 6, S. 22.
  • Axel Attula: Dekorationen für Damen. Evangelische Damenstifte Norddeutschlands und ihre Orden. Schwerin 2011, ISBN 978-3-940207-21-0.
  • Horst Alsleben: Der Dobbertiner Konvent - Eine christliche Gemeinschaft im Herzogtum Mecklenburg-Schwerin. In: Kloster Dobbertin, Geschichte - Bauen - Leben. In: Beiträge zur Kunstgeschichte und Denkmalpflege in Mecklenburg-Vorpommern, Band 2, Schwerin 2012, S. 53–63. ISBN 978-3-935770-35-4.
  • Horst Alsleben: Parchimer Töchter im Kloster Dobbertin. In: PÜTT 2019. Schriftenreihe des Heimatbundes e. V. Parchim in Mecklenburg. Parchim 2019, S. 8–11.

Quellen

Ungedruckte Quellen

  • Kirchenbücher Dobbertin 1674–1804, 1805–1905.
  • Kirchenbuch der Gemeinde Dobbertin 1906–2012
  • Landeshauptarchiv Schwerin (LHAS)
    • LHAS 3.2-3/1 Landeskloster/Klosteramt Dobbertin Aufnahmevoraussetzungen Nr. 83, 85, 243, 246. Anwartschaften und Einschreibungen 1660, 1696–1921 Nr. 223–226, 241–249, 252–262, 315–324. Klosterlisten Nr. 86–89, 212–272. Natural- und Geldeinkünfte der Konventualinnen Nr. 389–391. Ahnentafeln einzelner Adelsfamilien Nr. 281–295.
    • LHAS 3.121. 2b Mecklenburgische Landstände mit dem Engeren Ausschuß
  • Horst Alsleben: Alphabetisches Verzeichnis zum Dobbertiner Einschreibebuch. Schwerin 2012.
  • Stadtarchiv Ribnitz Kloster Dobbertin D 46, D 50.
  • Sterbebuch Dobbertin im Amt Goldberg 1876–1954.

Historische Quellen

  • (Groß)Herzoglicher Mecklenburg-Schweriner Staatskalender. Klöster, milde Stiftungen und Wohltätigkeitsanstalten, A. Jungfrauenklöster, Klosteramt Dobbertin. Nr. 1–143. Schwerin 1776–1918.
  • Veränderte Bestimmungen der Landschaft Mecklenburgischen und Wendischen Kreises wegen der Expectanz - Erteilungen auf die Landschaftlichen Stellen in den drei Landesklöstern. Bürgermeister und Rat der Vorderstädte, Parchim und Güstrow, 3. April 1858.

Weblinks

Einzelnachweise