Pellsche Gleichung

Als Pellsche Gleichung (nach John Pell, 1611–1685) bezeichnet man eine diophantische Gleichung der Form

6 ganzzahlige Lösungen der Pellsche Gleichung für

mit positiv ganzzahligem .

Ist eine Quadratzahl, so besitzt die Gleichung offenbar nur die trivialen Lösungen . Andernfalls gibt es unendlich viele Lösungen, die man mit Hilfe der Kettenbruchentwicklung von bestimmen kann. Die verwandten Gleichungen und werden oft ebenfalls Pellsche Gleichungen genannt.

Die Gleichung wird John Pell fälschlicherweise zugeschrieben. Korrekter wäre die Bezeichnung Fermatsche Gleichung.[1][2]

Die Gleichung war schon Brahmagupta und Bhaskara II. bekannt. Die Lösung dieser Gleichung war als Problem von Pierre de Fermat in einem Brief an Bernard Frénicle de Bessy gestellt worden und 1657 als Problem veröffentlicht. Pell befasste sich nie mit der Lösung der Gleichung. Brouncker fand einige Lösungen (veröffentlicht im Commercium epistolicum of John Wallis 1658). Leonhard Euler stieß auf die Lösung von Brouncker in der lateinischen Ausgabe des Treatise of Algebra von John Wallis und benannte die Gleichung fälschlich nach Pell.[3][4] Euler veröffentlichte zuerst 1732 über die Pell-Gleichung und fand später die Verbindung mit Kettenbrüchen (veröffentlicht 1765), die im Grunde schon hinter der Lösung von Brouncker steckt. Joseph-Louis Lagrange befasste sich nach Euler ausführlich mit der Gleichung und gab als Erster einen Beweis, dass es für jedes eine Lösung gibt, wobei Fermat möglicherweise auch einen Beweis hatte.[5]

Algebraische Zahlentheorie

Das Auffinden aller Lösungen ist für spezielle äquivalent dazu, die Einheiten des Ganzheitsrings des reellquadratischen Zahlkörpers zu finden. Nach dem Dirichletschen Einheitensatz hat die Einheitengruppe den Rang 1, d. h., es gibt eine Fundamentaleinheit (oder auch Grundeinheit) mit der sich alle Lösungen als darstellen lassen.

Beispielsweise ist für die Einheit eine Fundamentaleinheit und man kann die anderen Lösungen

aus ihr erzeugen.

Lösungen

Lösung mit Hilfe der Kettenbruchentwicklung

Die Kettenbruchentwicklung einer quadratisch irrationalen Zahl ist unendlich und periodisch. hat die Kettenbruchentwicklung (siehe Periodische Kettenbrüche). Sei

mit ganzzahligen , dann ist die kleinste Lösung der verallgemeinerten Pellschen Gleichung . Die anderen Lösungen lassen sich wie erwähnt daraus konstruieren.[6] Auch alle weiteren

mit lösen .

Die negative Pellsche Gleichung hat genau dann eine Lösung, wenn die Kettenbruchentwicklung von eine ungerade Periode hat. Eine notwendige, aber nicht hinreichende Bedingung dafür ist, dass die Summe von zwei Quadratzahlen ist.[7]

Das ist für 1, 2, 5, 10, 13, 17, 26, 29, 37, 41, 50, 53, 58, 61, 65, 73, 74, 82, 85, 89, 97, ... der Fall (siehe Folge A031396 in OEIS).

Beispiel

hat die Kettenbruchentwicklung

Bricht man die Entwicklung jeweils an der Stelle ab, so erhält man beginnend mit

und findet an den Stellen und die Lösungen

 von   und
 von  .

Weiter stellt man fest, dass für jedes Element der abgebrochenen Kettenbruchentwicklung der Länge eine Lösung einer Pellschen Gleichung mit rechter Seite ist, die Näherungsbrüche dazwischen lösen die Gleichung mit und .

Generieren weiterer Lösungen

Ist eine Lösung bekannt, so lassen sich weitere Lösungen daraus bestimmen. Es gelten die rekursiven Gleichungen

Dies ergibt sich aus dem Koeffizientenvergleich aus der Gleichung .

Das kann auch mit einer Matrizenmultiplikation dargestellt werden. Es gilt

Auf diese Weise können aus der kleinsten Lösung alle weiteren Lösungen bestimmt werden.[8]

Die Lösungen können auch mit folgenden expliziten Formeln berechnet werden:[9]

Beispiel

Die Pellsche Gleichung für hat die kleinste Lösung . Die nächsten drei Lösungen berechnen sich dann wie folgt:

Spezialfälle

Für spezielle lässt sich die kleinste Lösung von auf einfache Weise explizit bestimmen. Im Folgenden sei eine ganze Zahl mit .

  • :
  • :
  • :
  • :
  • :

Außerdem ergeben sich für folgende die kleinsten Lösungen

  • : für
  • :
  • :
  • :

Das sind Verallgemeinerungen der oben genannten Lösungsformeln.

Tabelle der Fundamentaleinheiten für die Pellsche Gleichung

Hier eine Tabelle der kleinsten Lösungen (Fundamentaleinheiten) von mit . Ist ein Quadrat gibt es nur die trivialen Lösungen .

Die Werte von und bilden die Folgen A002350[10] und A002349[11] in OEIS.

nxy
1triviale Lösung
232
321
4triviale Lösung
594
652
783
831
9triviale Lösung
10196
11103
1272
13649180
14154
1541
16triviale Lösung
17338
18174
1917039
2092
215512
2219742
23245
2451
25triviale Lösung
265110
27265
2812724
2998011820
30112
311520273
32173
nxy
33234
34356
3561
36triviale Lösung
377312
38376
39254
40193
412049320
42132
433482531
4419930
4516124
46243353588
47487
4871
49triviale Lösung
509914
51507
5264990
53662499100
5448566
558912
56152
5715120
58196032574
5953069
60314
611766319049226153980
62638
6381
64triviale Lösung
nxy
6512916
66658
67488425967
68334
697775936
7025130
713480413
72172
732281249267000
743699430
75263
76577996630
7735140
78536
79809
8091
81triviale Lösung
8216318
83829
84556
8528576930996
86104051122
87283
8819721
8950000153000
90192
911574165
921151120
93121511260
942143295221064
95394
96495
nxy
97628096336377352
989910
99101
100triviale Lösung
10120120
10210110
10322752822419
104515
105414
106320800513115890
10796293
1081351130
10915807067198624915140424455100
110212
11129528
11212712
1131204353113296
114102596
1151126105
1169801910
11764960
11830691728254
11912011
120111
121triviale Lösung
12224322
12312211
1244620799414960
12593024983204
12644940
1274730624419775
12857751

Verallgemeinerung

Eine verallgemeinerte Pellsche Gleichung ist eine diophantische Gleichung der Form

wobei eine positive ganze Zahl, aber keine Quadratzahl und eine ganze Zahl ungleich 0 ist. Um diese Gleichung vollständig zu lösen, muss als vorbereitender Schritt eine Lösung dieser Gleichung und außerdem die kleinste Lösung der entsprechenden (normierten) Pellschen Gleichung bekannt sein. Dann kann man unendlich viele weitere Lösungen von darstellen als

Es gelten also die rekursiven Gleichungen

Für kann es sein, dass die verallgemeinerte Pellsche Gleichung keine Lösungen besitzt, im Gegensatz zum schon betrachteten Fall . Dies lässt sich oft mithilfe der Division mit Rest beweisen.

Um alle Lösungen der verallgemeinerten Pellsche Gleichung zu bestimmen, reicht es, endlich viele Lösungen in einem bestimmten Bereich zu finden und daraus mithilfe der rekursiven Gleichungen alle weiteren Lösungen zu berechnen. Für diese endlich viele Lösungen gilt

mit .[12]

Beispiel

Gesucht sind die Lösungen der Gleichung

Dafür wird die kleinste Lösung der Gleichung bestimmt. Diese lautet . Also ist , , . Es müssen zunächst die Lösungen mit bestimmt werden. Das sind , , und . Daraus ergeben sich mithilfe der Rekursion alle Lösungen. Aus und erhält man

, , , , , ...
, , , , , ...

Aus und ergeben sich die gleichen Lösungen mit umgekehrtem Vorzeichen.

Anwendungsbeispiele

Quadratzahlen und Dreieckszahlen

16 Münzen bilden ein Quadrat.
10 Münzen bilden ein Dreieck.

Eine bestimmte Anzahl 1-Euro-Münzen kann sowohl in Form eines Quadrats als auch in Form eines Dreiecks angeordnet werden. Die Bilder rechts veranschaulichen das. Für welche Anzahl von Münzen ist das möglich?

Die gesuchte Anzahl muss sowohl eine Dreieckszahl als auch eine Quadratzahl sein. Daraus erhält man die äquivalenten Gleichungen

Die Substitutionen und ergeben die Pellsche Gleichung

Die kleinste Lösung ist . Aus den rekursiven Gleichungen

erhält man die weiteren Lösungen. Die ersten vier Lösungen mit der entsprechenden Anzahl von Münzen zeigt die folgende Tabelle.[13]

ixiyinmAnzahl der Münzen
032111
217128636
4997049351225
657740828820441616

Hausnummern

An einer Straße befinden sich Häuser mit den ungeraden Hausnummern . Die Häuser sind von links nach rechts durchnummeriert. Eines dieser Häuser ist weiß. Die Summe der Hausnummern links vom weißen Haus ist gleich der Summe der Hausnummern rechts vom weißen Haus. Für welche Anzahl von Häusern ist das möglich? Welche Hausnummer hat dann das weiße Haus?

Hat das weiße Haus die Hausnummer , dann ist die Summe der Häuser links davon gleich der Summe der Häuser rechts davon:

Jede Quadratzahl ist die Summe der ersten ungeraden natürlichen Zahlen. Also ist diese Gleichung äquivalent zu

Die Substitutionen und ergeben die negative Pellsche Gleichung

Die kleinste Lösung ist . Aus den rekursiven Gleichungen

erhält man die weiteren Lösungen. Die ersten vier Lösungen mit der Anzahl von Häusern, der größten Hausnummer und der Hausnummer des weiße Hauses zeigt die folgende Tabelle.

iHausnummer weißes HausAnzahl der Häusergrößte Hausnummer
xi = 2 · m − 1yi = n2 · n − 1
0111
2759
4412957
6239169337

Das Rinderproblem des Archimedes

Bei der Lösung des Rinderproblems des Archimedes stößt man (wenn man geschickt rechnet) auf die Pellsche Gleichung zum Parameter , die als Minimallösung

hat. Für das Rinderproblem braucht man allerdings nicht die Minimallösung, sondern die kleinste Lösung, bei der ein Vielfaches von ist.

Alternativ dazu kann man für die Pellsche Gleichung mit Parameter die Minimallösung (jetzt ohne Nebenbedingung) suchen, die von folgender Größenordnung ist:

Nicht zufällig ist , wodurch numerisch der Zusammenhang zwischen den Minimallösungen der beiden Pellschen Gleichungen hergestellt ist.

Für das Rinderproblem selbst ist als Zwischenergebnis die Zahl von Belang. Das Endergebnis ist das -Fache davon, also ca. .[1]

Rechtwinklige Dreiecke und pythagoreische Tripel

Gesucht sind die rechtwinkligen Dreiecke mit ganzzahligen Seitenlängen, wo die Kathetenlängen eine bestimmte Differenz haben. Diese Seitenlängen sind sogenannte pythagoreische Tripel mit besonderen Eigenschaften.

Ist die Differenz der Kathetenlängen, dann sind die ganzzahligen Seitenlängen der rechtwinkligen Dreiecke die pythagoreischen Tripel der Form . Nach dem Satz des Pythagoras gilt dann

Die Substitutionen und ergeben die verallgemeinerte Pellsche Gleichung

Die kleinste Lösung der Gleichung ist .

Für den Fall ist die einzige positive Basislösung der verallgemeinerten Pellschen Gleichung mit , , . Die weiteren Lösungen mit den entsprechenden Seitenlängen der rechtwinkligen Dreiecke sind

ixi = 2 · a + 1yi = caa + 1
01101
17534
241292021
3239169119120

Für ist . Daher gehört diese Lösung zu keinem Dreieck. Die Seitenlängen der gesuchten rechtwinkligen Dreiecke sind (3, 4, 5), (20, 21, 29), (119, 120, 169), ... Das sind die rechtwinkligen Dreiecke, wo die Kathetenlängen die Differenz haben. Für sind die Lösungen der verallgemeinerten Pellsche Gleichung die entsprechenden Vielfachen. Für die Differenz zum Beispiel ergeben sich die rechtwinkligen Dreiecke mit den Seitenlängen (18, 24, 30), (120, 126, 174), (714, 720, 1014), ...

Für hat die verallgemeinerte Pellsche Gleichung mehrere Basislösungen, darunter , und . Daraus ergeben sich alle weiteren positiven Lösungen und, wenn alle positiv, die entsprechenden Seitenlängen der rechtwinkligen Dreiecke:

ixi = 2 · a + 7yi = caa + 7ixi = 2 · a + 7yi = caa + 7ixi = 2 · a + 7yi = caa + 7
0−15−43015−3407707
1171351212317815149352128
210373485521379765722287203140147
36014252973043799565396403316731183833840

Zerlegungen gleichseitiger Dreiecke

Das gleichseitige Dreieck mit der Seitenlänge a wird in zwei Dreiecke mit den ganzzahligen Seitenlängen s, t, a und a − s, a, t zerlegt. Das Dreieck mit den Seitenlängen h, k, t ist rechtwinklig.

Gesucht sind gleichseitige Dreiecke, die in zwei Teildreiecke mit ganzzahligen Seitenlängen zerlegt werden können.

Ist die Seitenlänge und die Höhe des gleichseitigen Dreiecks, ist die Länge der Strecke, die das gleichseitige Dreieck teilt, und sind und die Längen der geteilten Seite, dann bildet die Höhe zusammen mit der Teilungsstrecke und einer Strecke der Länge ein rechtwinkliges Dreieck, wobei die Hypotenusenlänge ist. Die Abbildung rechts zeigt das.

Nach dem Satz des Pythagoras und wegen gilt dann

Die Substitutionen und ergeben die verallgemeinerte Pellsche Gleichung

Die kleinste Lösung der Gleichung ist .

Für den Fall ist die einzige positive Basislösung der verallgemeinerten Pellschen Gleichung mit , , . Die weiteren Lösungen mit die entsprechenden Seitenlänge des gleichseitigen Dreiecks und die Seitenlängen und der zwei Teildreiecke sind

ixi = tyi = a/2as = a/2 − 1a − s
021202
174835
22615301416
397561125557

Für sind die Lösungen der verallgemeinerten Pellsche Gleichung die entsprechenden Vielfachen.

Für den Fall hat die verallgemeinerte Pellsche Gleichung mehrere Basislösungen, darunter , und . Daraus ergeben sich alle weiteren positiven Lösungen und, wenn alle positiv, die entsprechenden Seitenlängen des gleichseitigen Dreiecks und der zwei Teildreiecke:

ixi = tyi = a/2as = a/2 − 11a − sixi = tyi = a/2as = a/2 − 11a − sixi = tyi = a/2as = a/2 − 11a − s
01100−111101348−715014510−616
12211220221382142103214324481335
27744883355213980160699121589118280102
328616533015417635182995982883103589340680329351

Literatur

  • H. W. Lenstra Jr.: Solving the Pell Equation, Notices of the American Mathematical Society, Band 49, Heft 2, 2002, S. 182–192, online (PDF; 237 kB).
  • M. J. Jacobson Jr., H. C. Williams: Solving the Pell Equation, CMS Books in Mathematics, Springer 2009, ISBN 978-0-387-84922-5
  • Leonard Dickson: History of the theory of numbers, Washington D.C.: Carnegie Institution, 1920, Kapitel 12 (zur Geschichte der Pellschen Gleichung)

Weblinks

Einzelnachweise