Raphia

Gattung der Familie Palmengewächse (Arecaceae)
(Weitergeleitet von Raffia)

Raphia ist eine Gattung der Palmengewächse (Arecaceae). Die Arten sind vorwiegend im tropischen Afrika beheimatet. Die Blätter von Raphia regalis gelten mit bis zu 25 m Länge als die größten im Pflanzenreich.

Raphia

Raphia australis, Habitus

Systematik
Ordnung:Palmenartige (Arecales)
Familie:Palmengewächse (Arecaceae)
Unterfamilie:Calamoideae
Tribus:Lepidocaryeae
Untertribus:Raphiinae
Gattung:Raphia
Wissenschaftlicher Name der Untertribus
Raphiinae
H.Wendl.
Wissenschaftlicher Name der Gattung
Raphia
P.Beauv.

Merkmale

Die Vertreter sind mächtige, stammlose oder baumförmige Palmen. Die Stämme stehen einzeln oder in Gruppen und sind bewehrt. Die Palmen sind monözisch und blühen nur einmal (hapaxanth).

Die Chromosomenzahl beträgt 2n = 28.

Blätter

Die Blätter sind sehr groß, gefiedert und verbleiben nach dem Absterben an der Pflanze. Die Blattscheide ist unbewehrt. Sie zerfällt mit der Zeit in schmale Streifen oder teils in schwarze Fasern (Piassava genannt). Der Blattstiel ist kurz bis sehr lang, unbewehrt und meist an der Oberseite nahe der Basis tief gefurcht. Die Fiederblättchen sind einfach gefaltet, linealisch, zahlreich und stehen derart, dass sie dem Blatt ein fiederiges Aussehen verleihen. Am Blattrand und an der Mittelrippe sind sie mit kurzen Stacheln versehen.

Blütenstände

Die Blütenstände sind zweifach verzweigt. Mehrere entstehen gleichzeitig in den Achseln der obersten wenigen Blätter. Sie stehen entweder zwischen den Blättern (intrafoliar) und sind hängend, oder sie stehen oberhalb der Blätter (suprafoliar) und bilden eine aufrechte, massive zusammengesetzte Infloreszenz. Der Blütenstandsstiel ist kurz. Das Vorblatt ist röhrig, zweikielig und hat eine enge bis aufgeblasene Scheide. Es gibt mehrere Hochblätter am Blütenstandsstiel. Die Blütenstandsachse ist wesentlich länger als der -stiel. Die Hochblätter stehen an der Achse in zwei oder vier Reihen, sind röhrig und tragen meist einen Seitenzweig erster Ordnung. Diese sind zurückgebogen oder abstehend und tragen ein zweikieliges, röhriges Vorblatt und in zwei oder vier Reihen röhrige Hochblätter, von denen jedes, außer dem Vorblatt und einem bis wenigen untersten Hochblättern, eine blütentragende Achse (Rachilla) trägt.

Die Hochblätter der Rachilla stehen ebenfalls in zwei oder vier Reihen. Im unteren Viertel bis zwei Dritteln der Länge stehen in den Hochblättern eine weibliche Blüte und zwei Brakteolen. Im oberen Bereich tragen sie eine männliche Blüte mit einer einzelnen Brakteole.

Blüten

Die männlichen Blüten haben einen röhrigen Kelch mit drei flachen Lappen. Die Krone reicht weit über den Kelch hinaus, glänzt leicht und ist an der Basis verwachsen. Die drei Lappen sind lange, dreieckig und leicht stachelartig. Die sechs bis 30 Staubblätter haben schmale Staubfäden, die getrennt stehen oder zu einer Röhre vereint sind. Die Antheren sind lange und pfeilförmig.

Der Pollen ist ellipsoidisch und bisymmetrisch. Die Keimöffnung ist ein distaler Sulcus, meist deutlich kürzer als die lange Achse. Die längste Achse misst 17 bis 35 Mikrometer.

Die weiblichen Blüten reichen manchmal nicht vollständig aus ihren Tragblättern heraus. Der Kelch ist röhrig, die Krone nicht immer länger als der Kelch. Sie ist etwa zur Hälfte röhrig und hat drei dreieckige Lappen. Die Staminodien bilden einen epipetalen Ring mit 6 bis 16 Zähnen, auf denen die flachen, kurzen, leeren Antheren stehen. Das Gynoeceum ist dreifächrig mit drei Samenanlagen. Es ist eiförmig bis konisch, der Griffel ist kurz und trägt eine dreilappige Narbe. Die Fächertrennung ist unvollständig, die Samenanlagen sitzen basal und sind anatrop.

Früchte und Samen

Frucht von Raphia taedigera
Fruchtstand von Raphia farinifera

Die Frucht ist meist groß, elliptisch und enthält einen Samen. Das Exokarp trägt senkrechte Reihen von großen, nach hinten weisenden Schuppen. Das Mesokarp ist dick, mehlig und ölreich. Das Endokarp ist nicht ausdifferenziert. Der Samen hat eine trockene Samenschale, das Endosperm weist wenige tiefe Furchen auf.

Verbreitung und Standorte

Die meisten Arten sind in Afrika beheimatet, wo sie in den feuchteren Gebieten von Äquatorialafrika und Madagaskar vorkommen. Die eine Art auf Madagaskar wurde möglicherweise vom Menschen eingeführt. Eine Art, Raphia taedigera, kommt im tropischen Amerika vor.

Die meisten Arten wachsen in Sumpfland. Raphia regalis wächst an Hängen in feuchtem tropischem Regenwald.

Raphia farinifera im Mosambik

Systematik

Die Gattung Raphia wird innerhalb der Familie Arecaceae in die Unterfamilie Calamoideae, Tribus Lepidocaryeae und Subtribus Raphiinae gestellt. Sie ist der einzige Vertreter der Subtribus. Sie ist die Schwestergruppe der Subtribus Mauritiinae. Die Monophylie der Gattung wurde nicht untersucht (Stand 2008). Der Gattungsname Raphia leitet sich vom madagassischen Vernakularnamen rofia ab.

In der World Checklist of Selected Plant Families der Royal Botanic Gardens, Kew werden folgende Arten anerkannt:[1]

  • Raphia africana Otedoh: Die Heimat ist das südöstliche Nigeria und Kamerun.[1]
  • Raphia australis Oberm. & Strey: Die Heimat reicht von Mosambik bis Südafrika.[1]
  • Raphia farinifera (Gaertn.) Hyl.: Sie ist im tropischen Afrika und auf Madagaskar weitverbreitet.[1]
  • Raphia gabonica: Kamga Die Heimat ist das zentrale Gabun.[2]
  • Raphia gentiliana De Wild.: Die Heimat ist die Zentralafrikanische Republik und Zaire.[1]
  • Raphia hookeri G.Mann & H.Wendl.: Sie ist vom tropischen Westafrika bis Angola verbreitet.[1]
  • Raphia laurentii De Wild.: Die Heimat reicht von der südlichen Zentralafrikanischen Republik bis Angola.[1]
  • Raphia longiflora G.Mann & H.Wendl.: Die Heimat reicht von Nigeria bis Zaire.[1]
  • Raphia mambillensis Otedoh: Die Heimat reicht von Nigeria bis zum südlichen Sudan.[1]
  • Raphia mannii Becc.: Die Heimat ist das südliche Nigeria und Bioko.[1]
  • Raphia matombe De Wild.: Die Heimat reicht von der angolanischen Exklave Cabinda bis zur südlichen Demokratischen Republik Kongo.[1]
  • Raphia monbuttorum Drude: Sie ist in zwei Varietäten vom westlich-zentralen tropischen Afrika bis Nigeria und zum südlichen Sudan verbreitet.[1]
  • Raphia palma-pinus (Gaertn.) Hutch.: Sie ist mit zwei Unterarten vom tropischen Westafrika bis zum tropischen Zentralafrika verbreitet:
    • Raphia palma-pinus subsp. nodostachys Otedoh: Sie kommt im westlichen tropischen Afrika vor.[1]
    • Raphia palma-pinus subsp. palma-pinus: Sie kommt im westlichen und westlich-zentralen tropischen ASfrika vor.[1]
  • Raphia regalis Becc.: Die Heimat reicht vom südlichen Nigeria bis Angola.[1]
  • Raphia rostrata Burret: Sie ist im westlich-zentralen tropischen Afrika verbreitet.[1]
  • Raphia ruwenzorica Otedoh: Die Heimat reicht von der östlichen Demokratischen Republik Kongo bis Burundi.[1]
  • Raphia sese De Wild.: Die Heimat ist die Demokratischen Republik Kongo.[1]
  • Raphia sudanica A.Chev.: Die Heimat reicht vom westlichen tropischen Afrika bis zum Kongogebiet.[1]
  • Raphia taedigera (Mart.) Mart.: Sie ist von Nigeria bis Kamerun und von Mittelamerika bis ins nordwestliche Kolumbien und nach Brasilien verbreitet.[1]
  • Raphia textilis Welw.: Sie ist vom tropischen Westafrika bis Angola verbreitet.[1]
  • Raphia vinifera P.Beauv.: Sie ist im tropischen West- und Zentralafrika verbreitet.[1]
  • Raphia zamiana Kamga: Die 2018 erstbeschriebene Palme kommt im südlichen Kamerun und im westlichen Gabun vor.[2]

Nutzung

Herstellung von Seilen aus Raffiafasern

Einige Arten haben in Afrika einige wirtschaftliche Bedeutung. Aus den Fiederblättchen werden Raffiafasern gewonnen, die lokal für eine Fülle von Gegenständen verarbeitet werden, wie Körben und Seilen. Sie werden auch als Gartenschnüre und als Webmaterial exportiert.

Die Blattstiele einiger Arten werden wie Bambus im Haus- und Möbelbau verwendet (daher auch die Bezeichnung Bambuspalme). Die Blattspreiten dienen zum Dachdecken. Wegen ihrer Festigkeit und Elastizität werden im zentralen Afrika aus den Blattstielen Lamellen für Lamellophone wie das Timbrh in Kamerun hergestellt.

Durch Anzapfen der Sprossspitze wird Palmwein gewonnen. Aus dem Mesokarp einiger Arten wird Öl zum Kochen gewonnen. Samen und Stamm-Apex werden manchmal gegessen. Die Früchte einiger Arten werden als Fischgift verwendet.

Belege

  • John Dransfield, Natalie W. Uhl, Conny B. Asmussen, William J. Baker, Madeline M. Harley, Carl E. Lewis: Genera Palmarum. The Evolution and Classification of Palms. Zweite Auflage, Royal Botanic Gardens, Kew 2008, ISBN 978-1-84246-182-2, S. 155 ff.

Einzelnachweise

Weblinks

Commons: Raphia – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien