Rennrodel-Europameisterschaften 1992

Die 33. Rennrodel-Europameisterschaften fanden 1992 im deutschen Winterberg statt. Die von der Fédération Internationale de Luge de Course veranstalteten kontinentalen Titelkämpfe wurden vom 10. bis zum 12. Januar 1992 ausgetragen. Erstmal gingen bei einer Rennrodel-EM, bedingt durch die Auflösung der Sowjetunion, Athleten für den lettischen Rennrodel-Verband an den Start. Letztmalig gingen Athleten für die Tschechoslowakei an den Start, zum 1. Januar 1993 wurde dieses Land in die Slowakei und Tschechien aufgeteilt. Entgegen vorheriger Ankündigungen nahmen Sportler aus Russland und Bulgarien nicht teil. Im Hinblick auf die Vorbereitungen für die Olympischen Rodelwettbewerbe in Albertville nahmen auch Gaststarter aus Asien und Australien an den Wettbewerben teil. Aus deutscher Sicht war es die erste Europameisterschaft mit einem gesamtdeutschen Team, welches aber bereits im Vorjahr an gleicher Stelle bei den Weltmeisterschaften ein furioses Debüt gegeben hatte.

Rennrodel-Europameisterschaften 1992
MännerFrauen
Sieger
EinsitzerDeutschland Rene FriedlDeutschland Susi Erdmann
DoppelsitzerItalien Raffl/Huber
TeamstaffelDeutschland Deutschland

Es gab Wettbewerbe in den Einsitzern für Männer und Frauen, in Doppelsitzern für Männer sowie mit der Staffel. Abgesehen vom letzten Wettbewerb wurden alle Wettbewerbe in zwei Läufen entschieden. Die erfolgreichste Mannschaft war mit Abstand das deutsche Team, welches drei von vier Titeln gewann.

Frauen

Für den Start waren insgesamt nur 17 Sportlerinnen aus sieben Nationen gemeldet, von denen alle die beiden Läufe absolvierten.

Bis auf die Italienerin Gerda Weissensteiner, die noch einen zu Saisonbeginn erlittenen Bänderriss auskurierte, war von den drei führenden Rodelnationen Deutschland, Österreich und Italien das stärkst Aufgebot am Start. Besondere Bedeutung erlangte die EM im deutschen Lager, da neben den bereits für Olympia gesetzten Rodlerinnen Gabriele Kohlisch und Titelverteidigerin sowie amtierender Weltmeisterin Susi Erdmann der dritte Olympiastartplatz zwischen Sylke Otto, Team-Europameisterin von 1990 und Jana Bode, WM-Dritte des Vorjahres, ausgefahren wurde. Darüber hinaus war vom österreichischen Verband mit dem ehemaligen DDR-Trainer Klaus-Michael Bonsack ein neuer Auswahltrainer verpflichtet worden, der vor allem im Frauenbereich im laufenden Weltcup schon Erfolge verzeichnen konnte. Somit gehörten vor allem auch die Neuner-Schwestern zum Favoritenkreis.

Nach dem ersten Lauf schien sich die Favoritenstellung von Weltmeisterin Susi Erdmann zu bestätigen. Sie führte vor Angelika Neuner und Jana Bode, während Sylke Otto nur den sechsten Platz belegte. Doch im zweiten Lauf fuhr Otto letztlich Laufbestzeit und schlug damit die bis dahin vor ihr liegende Jana Bode im Kampf um den letzten Olympiastartplatz. Ottos Zeit war in der Endabrechnung so schnell, das Susi Erdmann sogar noch um ihren Titel fürchten musste und mit nur sieben Tausendstel Vorsprung diesen letztlich knapp verteidigte. Angelika Neuner lag am Ende auch nur acht tausendstel hinter Sylke Otto, konnte so die erste EM-Medaille im Frauenbereich für Österreich seit 1977 feiern.[1]

Datum: 10. Januar 1992

PlatzSportlerLandGesamtzeit[1]
1Susi ErdmannDeutschland  Deutschland1:23.232
2Sylke OttoDeutschland  Deutschland1:23.239
+0.007
3Angelika NeunerOsterreich  Österreich1:23.251
+0.019
4Jana BodeDeutschland  Deutschland1:23.266
+0.034
5Doris NeunerOsterreich  Österreich1:23.322
+0.083
6Gabriele KohlischDeutschland  Deutschland1:23.423
+0.184
7Andrea TagwerkerOsterreich  Österreich
8Natalie ObkircherItalien  Italien
9Evija SchulzeLettland  Lettland
10Petra MatechovaTschechoslowakei  Tschechoslowakei
11Iluta GaileLettland  Lettland
12Michaela DonalovaTschechoslowakei  Tschechoslowakei
13Mária JasenčákováTschechoslowakei  Tschechoslowakei
14Diane OgleAustralien  Australien
15Anna OrlovaLettland  Lettland
16Corina TerecoasaRumänien  Rumänien
17Anja PlaiknerItalien  Italien

Doppelsitzer Männer

An den Start gingen 14 Doppelsitzer, von denen alle die 2 Durchgänge absolvierten.

Nach der Auflösung des Titelverteidiger-Doppels Hoffmann/Pietzsch durch den Rücktritt von Jochen Pietzsch lag nun im deutschen Lager die Favoritenbürde bei den amtierenden Weltmeistern Krauße/Behrendt. Hinzu kam mit dem Duo Mankel/Rudolph als Vizeweltmeister ein weiterer Titelfavorit aus Deutschland. Allerdings hatte sich der italienische Verband mittlerweile auch Know-how in Gestalt des ehemaligen DDR-Auswahltrainers Walther Jentzsch geholt. Speziell im Doppel zeigte sich daraufhin eine fast schon beängstigende Dominanz der beiden Duos Raffl/Huber und Brugger/Huber, die bis dahin alle vier-Weltcups gewonnen hatten, davon drei mit einem Doppelsieg.

Diese Dominanz zeigte sich bereits nach dem ersten Lauf, nach dem beide italienischen Duos in Führung lagen und diese auch im zweiten Lauf verteidigten. Den Bronzerang sicherten sich Krauße/Behrendt vor dem Schlitten aus Österreich. Wenige Wochen später gab es bei Olympia allerdings einen deutschen Doppelerfolg, Krause/Behrendt wurden vor Mankel/Rudolph Olympiasieger.

Datum: 10. Januar 1992

PlatzSportlerLandGesamtzeit[1]
1Hansjörg Raffl
Norbert Huber
Italien  Italien1:22.312
2Kurt Brugger
Wilfried Huber
Italien  Italien1:22.526
+0.214
3Stefan Krauße
Jan Behrendt
Deutschland  Deutschland1:22.632
+0.330
4Gerhard Gleirscher
Markus Schmidt
Osterreich  Österreich1:22.782
+0.480
5Yves Mankel
Thomas Rudolph
Deutschland  Deutschland1:22.793
+0.489
6Norbert Laimegger
Harald Pescosta
Italien  Italien1:23.277
+0.973
7Norbert Rosenberger
Rudolf Größwang
Deutschland  Deutschland1:23.604
+1.1500
8Petr Urban
Jan Kohoutek
Tschechoslowakei  Tschechoslowakei
9Aivars Polis
Roberts Sucharevs
Lettland  Lettland
10Hans Kohala
Carl Lindquist
Schweden  Schweden
11Ioan Apostol
Liviu Cepoi
Rumänien  Rumänien
12Leszek Szareijko
Adrian Przechewka
Polen  Polen
13Yves Boyer
Frederic Bertrand
Frankreich  Frankreich
14Tommy Brissman
Jonas Regnell
Schweden  Schweden

Männer

Nach dem Saisonverlauf im Weltcup lief es auf einen Zweikampf zwischen Markus Prock aus Österreich und Titelverteidiger Georg Hackl hinaus, teilten beide sich doch bis dahin die ersten Plätze in den schon absolvierten Weltcup-Rennen. Allerdings war mit Arnold Huber aus Italien auch der amtierende Weltmeister am Start, Bruder Norbert, bereits Doppel-Europameister, war auch im Einzel in medaillenwürdiger Form. Im deutschen Team hatte Bundestrainer Sepp Lenz neben Olympiasieger Jens Müller den Team-Europameister von 1990 Rene Friedl und einen schon fast auf das Abstellgleis geschobenen Athleten nominiert. Völlig überraschend hatte Karsten Albert in der Woche vor der EM die Deutsche Meisterschaft gewonnen und war somit für die EM nominiert worden.

Allerdings konnte der Friedrichrodaer, der eigentlich schon vom Leistungssport Abschied genommen hatte, diesen Erfolg nicht erneut wiederholen und wurde am Ende 13. An der Spitze überraschte dafür ein anderer Rodler aus Friedrichroda. Rene Friedl, mittlerweile zum BSC Winterberg gewechselt, war mit der Hausbahn gut vertraut und fuhr im ersten Läufen Bestzeit. Dahinter platzierten sich zunächst Georg Hackl und Jens Müller vor Norbert Huber. Der Italiener konnte sich jedoch im zweiten Lauf mit Bestzeit noch auf den Silberrang vorschieben, Rene Friedl war aber der Europameistertitel nicht mehr zu nehmen. Mitfavorit Markus Prock belegte einen eher enttäuschenden den sechsten Platz.

Datum: 11. Januar 1992

PlatzSportlerLandGesamtzeit[2]
1René FriedlDeutschland  Deutschland1:43.072
2Norbert HuberItalien  Italien1:43.214
+0.142
3Georg HacklDeutschland  Deutschland1:43.282
+0.210
4Jens MüllerDeutschland  Deutschland1:43.359
+0.287
5Oswald HaselriederItalien  Italien1:43.421
+0.349
6Markus ProckOsterreich  Österreich
7Arnold HuberItalien  Italien
8Gerhard PlankensteinerItalien  Italien
9Robert ManzenreiterOsterreich  Österreich
10Markus SchmidtOsterreich  Österreich
11Mikael HolmSchweden  Schweden
12Kazuhiko TakamatsuJapan  Japan
13Karsten AlbertDeutschland  Deutschland1:44.537
+1.365
14Otto MayreggerOsterreich  Österreich
15Anders SöderbergSchweden  Schweden
16Agris ElertsLettland  Lettland
17Jozef SkvarekTschechoslowakei  Tschechoslowakei
18Petr UrbanTschechoslowakei  Tschechoslowakei
19Jan KohoutekTschechoslowakei  Tschechoslowakei
20Olivier FraiseFrankreich  Frankreich
21Juris VovchokaLettland  Lettland
22Yves BoyerFrankreich  Frankreich
23Pablo Garcia MunozSpanien  Spanien
24Ioan ApostolRumänien  Rumänien
25Mathias EhrlundSchweden  Schweden
26Reto GillySchweiz  Schweiz
27Nick OvettVereinigtes Konigreich  Vereinigtes Königreich
28Tommy BrissmanSchweden  Schweden
29Keith YandellVereinigtes Konigreich  Vereinigtes Königreich
30Marco FelderLiechtenstein  Liechtenstein
31Ian Whitehead Vereinigtes Konigreich  Vereinigtes Königreich
32Frederic BertrandFrankreich  Frankreich
33Dawid BugajczykPolen  Polen
34Mike HowardVereinigtes Konigreich  Vereinigtes Königreich
35Jean DoyanFrankreich  Frankreich
36Igor SpiricJugoslawien Sozialistische Föderative Republik  Jugoslawien
37Paul KingstonIrland  Irland
38Erich SchmidSchweiz  Schweiz
39Ismar BiogradlicJugoslawien Sozialistische Föderative Republik  Jugoslawien

Teamrennen

Der letzte EM-Wettbewerb wurde in Einzelrennen ausgetragen, deren einzelne Zeiten in Punkte umgerechnet wurden. Dabei wurden die Punkte bei den Einsitzern in Einer-Schritten, bei den Doppelsitzern allerdings in Zweier-Schritten vergeben. In den Einzelkonkurrenzen gingen zwei Starter pro Team in die Wertungen ein. Am Start waren nur 9 Teams. Zuerst gingen die Männer ins Rennen, anschließend die Frauen-Einsitzer und als letztes die Doppelsitzer.

Nach den beiden Titeln in den Einzelrennen lag die Favoritenbürde nicht überraschend beim deutschen Team, wenngleich speziell Team Österreich nicht zu unterschätzen war. Dies zeigte sich auch im Teamwettbewerb, wo sich Team Deutschland mit Team Österreich einen harten Wettstreit lieferte, den am Ende wohl das bessere Doppel entschied. Team Italien konnte den Ausfall von Gerda Weissensteiner nicht kompensieren und belegte den Bronzerang. Dem lettischen Team gelang auf Anhieb der vierte Platz, die Balten zeigten damit erstmals ihr Potential in einer großen Meisterschaft.

Datum: 12. Januar 1992

PlatzLandSportlerGesamtpunktzahl[3]
1Deutschland  DeutschlandGeorg Hackl
René Friedl
Susi Erdmann
Sylke Otto
Mankel/Rudolph
142
2Osterreich  ÖsterreichMarkus Prock
Robert Manzenreiter
Angelika Neuner
Andrea Tagwerker
Gleirscher/Schmidt
135
3Italien  ItalienNorbert Huber
Oswald Haselrieder
Natalie Obkircher
Anja Plaikner
Raffl/Huber
130
4Lettland  LettlandAgris Elerts
Juris Vovchoks
Evija Schulze
Anna Orlova
Polis/Sucharevs
117
5Tschechoslowakei  TschechoslowakeiPetr Urban
Jozef Skvarek
Mária Jasenčáková
Petra Matěchová
Urban/Kohoutek
104
6Rumänien  Rumänien078
7Bulgarien  Bulgarien059
8Frankreich  Frankreich057
9Schweden  Schweden034

Medaillenspiegel

PlatzLandGoldSilberBronzeGesamt
1Deutschland  Deutschland3126
2Italien  Italien1214
3Osterreich  Österreich0112

Einzelnachweise

Weblinks