Tamsulosin

chemische Verbindung

Tamsulosin ist ein Arzneistoff aus der Klasse der Alpha-Rezeptorenblocker zur Behandlung von Symptomen der benignen Prostatahyperplasie (BPH) und unterliegt der ärztlichen Verschreibungspflicht. Tamsulosin findet als Tamsulosin-Hydrochlorid pharmazeutische Anwendung.

Strukturformel
Strukturformel von Tamsulosin
Allgemeines
FreinameTamsulosin
Andere Namen

(R)-(−)-5-{2-[2-(2-Ethoxyphenoxy)-ethylamino]propyl}-2-methoxy-benzolsulfonamid

SummenformelC20H28N2O5S
Kurzbeschreibung

weißes bis fast weißes Pulver (Tamsulosin·Hydrochlorid)[1]

Externe Identifikatoren/Datenbanken
CAS-Nummer
EG-Nummer (Listennummer)600-716-9
ECHA-InfoCard100.109.780
PubChem129211
ChemSpider114457
DrugBankDB00706
WikidataQ418480
Arzneistoffangaben
ATC-Code

G04CA02

Wirkstoffklasse

Alphablocker

Wirkmechanismus

α1-Adrenozeptor-Antagonist

Eigenschaften
Molare Masse
  • 408,51 g·mol−1(Tamsulosin)
  • 444,97 g·mol−1(Tamsulosin·Hydrochlorid)
Aggregatzustand

fest

Schmelzpunkt

228–230 °C (Tamsulosin·Hydrochlorid)[2]

Löslichkeit

schwer löslich in Wasser, leicht löslich in Ameisensäure, schwer löslich in Ethanol (Tamsulosin·Hydrochlorid) [3]

Sicherheitshinweise
Bitte die Befreiung von der Kennzeichnungspflicht für Arzneimittel, Medizinprodukte, Kosmetika, Lebensmittel und Futtermittel beachten
GHS-Gefahrstoffkennzeichnung[4]

Hydrochlorid

Achtung

H- und P-SätzeH: 302​‐​315​‐​319​‐​335
P: 261​‐​305+351+338[4]
Toxikologische Daten

650 mg·kg−1 (LD50Ratteoral, Hydrochlorid)[4]

Soweit möglich und gebräuchlich, werden SI-Einheiten verwendet. Wenn nicht anders vermerkt, gelten die angegebenen Daten bei Standardbedingungen.

Pharmakologie

Anwendungsgebiete und klinische Wirkungen

Tamsulosin ist zur Behandlung von Symptomen des unteren Harntraktes bei der benignen Prostatahyperplasie zugelassen und gilt für diese Indikation als Mittel der ersten Wahl. Es zeigt im Vergleich zu anderen Alphablockern, wie etwa Doxazosin und Alfuzosin, eine geringere Beeinflussung des Blutdruckes (die allerdings nicht immer ausgeschlossen werden kann).

Eine klinische Studie mit Nierenstein-Patienten nach ESWL-Behandlung ergab, dass mit Tamsulosin behandelte Patienten besser in der Lage waren, Steintrümmer auszuscheiden.[5][6]

Bei der Behandlung von Prostatakarzinomen mit Low-Dose-Rate-Brachytherapie werden sogenannte Seeds dauerhaft in die Prostata eingesetzt. In den ersten sechs Monaten nach dem Eingriff sind Harndrang, Dysurie und Polyurie häufig. Durch eine prophylaktische Gabe von Tamsulosin können die urologischen Symptome vermindert werden.[7][8]

Wirkmechanismus

Tamsulosin ist ein Antagonist an α1-Adrenozeptoren. Es zeigt im Gegensatz zu anderen Alphablockern eine vergleichsweise hohe antagonistische Selektivität für prostatische α1A/1L-Adrenozeptoren. Diese Rezeptorselektivität führt einerseits zu einer Relaxation der glatten Muskulatur des Blasenhalses, der Harnröhre und der Prostata, verbunden mit einem erleichterten Harnabfluss und wird andererseits mit einer geringeren Nebenwirkungsrate in Verbindung gebracht.

Da die alpha-Blockade geschlechtsunspezifisch zur Relaxation der glatten Muskulatur führt, verbessert sie auch bei Frauen den Urinfluss, was in Studien nachgewiesen werden konnte.[9] Dennoch lautet die zugelassene Indikation von Tamsulosin weiterhin „Behandlung von Symptomen des unteren Harntraktes (LUTS) bei der benignen Prostatahyperplasie“ und die Anwendung bei Frauen, die unter Harnretention assoziiert mit Verengungen von Blase und Harnröhre leiden, ist ein Off-Label-Use.

Nebenwirkungen

Trotz der Prostataselektivität dieses Alphablockers können häufig (1 bis 10 %) Schwindel und gelegentlich (< 1 %) Hypotonie und orthostatische Beschwerden auftreten; häufig werden auch Ejakulationsstörungen (retrograde Ejakulation) beobachtet. Durch eine Dosisanpassung kann in vielen Fälle eine Ejakulationsstörung vermieden werden.[10] Selten kann es zu einer vaskulär bedingten Synkope kommen, einem plötzlichen Kräfteverlust mit Bewusstlosigkeit, ferner zu gelegentlichen bis seltenen unspezifischen Beschwerden des Magen-Darm-Traktes, wie Übelkeit, Durchfall oder Verstopfungen.[11] In der Augenheilkunde wurde über einen Zusammenhang mit dem intraoperativen „floppy-iris-syndrome“ bei Katarakt-Operationen berichtet.[12]

Wechselwirkungen

Klinisch relevante Wechselwirkungen sind nicht bekannt.

Handelsnamen

Monopräparate

Aglandin (A), Alna (D, A), Flomax (USA), Omnic (D), Omix (CH), Pradif (CH), Prostacure (D), Prostadil (D), Prostalitan (D), Tamsublock (D), Stichtulosin (A), Tadin (D), zahlreiche Generika (D, A, CH)

Literatur

  • Lyseng-Williamson, K.A. (2002): Tamsulosin: an update of its role in the management of lower urinary tract symptoms. In: Drugs. 62(1):135-167. PMID 11790159

Einzelnachweise