Straßenradsport-Weltmeisterschaften 2022

Straßenradsport-Weltmeisterschaften 2022
VeranstalterUnion Cycliste Internationale
SportartStraßenradsport
GastgeberAustralien Wollongong
Datum18.–25. September 2022
Teilnehmende Nationen70
Wettbewerbe13
Offizielle Websitewollongong2022.com.au
Flandern 2021Glasgow 2023

Die Straßenradsport-Weltmeisterschaften 2022 wurden vom 18. bis 25. September 2022 in der australischen Stadt Wollongong ausgetragen, einem Ort mit rund 260.000 Einwohnern in New South Wales.

Szene aus dem Straßenrennen der Junioren

Es wurden elf Entscheidungen ausgefahren, darunter erstmals in der Geschichte der Weltmeisterschaften auch in der Kategorie Frauen U23. Die Fahrerinnen der Elite und der U23 starteten sowohl im Zeitfahren als auch im Straßenrennen gemeinsam. Die U23-Fahrerinnen nahmen so gleichzeitig an der Elite-Wertung als auch an einer gesonderten U23-Wertung teil.[1]

Beteiligung

Ursprünglich meldeten 80 Mitgliedsverbände der UCI ihre Teilnahme an. Aus verschiedenen Gründen konnten jedoch nicht alle tatsächlich an den Start gehen, so dass sich letztlich 642 Sportler aller Altersklassen aus 70 Ländern beteiligten.[2] Hinzu kamen die Mannschaften des World Cycling Centres, Neukaledoniens und Tahitis, die in der Mixed-Staffel antraten.[3] Die beiden letzteren sind zwar assoziierte Mitglieder des Ozeanischen Radsportverbands, gehören der UCI aber nicht direkt an, sondern über den französischen Radsportverband, ihre Sportler hätten also normalerweise in der Nationalmannschaft Frankreichs antreten müssen. Außerdem beteiligten sich Bangladesch, Samoa, die Vereinigten Arabischen Emirate sowie der Vatikan[4] erstmals an der Straßen-WM.

Umgekehrt waren die Weltmeisterschaften auch von einer Reihe Absagen betroffen. Ein Grund bestand in den generell gestiegenen Reisekosten nach der Covid-Krise in Verbindung mit der Austragung im fernen Australien. Die Mannschaft Irlands sagte ihre Teilnahme aus diesem Grund komplett ab,[5] die Neuseelands schickte ein stark reduziertes Aufgebot, da ihre besten Profis üblicherweise in Europa tätig sind.[6] Weitere Fahrer mussten ihre Teilnahme dem Kampf um die WorldTour-Lizenzen opfern, die nach Ende der Saison gemäß dem Stand der Weltrangliste neu vergeben wurden. Mehrere „abstiegsgefährdete“ Teams sahen sich daher außerstande, ihre Fahrer freizustellen.[7] Die Mannschaften von Russland und Belarus waren wegen des Kriegs in der Ukraine von der Teilnahme ausgeschlossen.

Zeitplan

Start und Ziel der Rundkurse lagen am Strand von Wollongong. Die Elite-Straßenrennen starteten in Helensburgh im Norden (blau) und gingen über den Mount Keira (rot)
Südlich von Helensburgh führte die Rennstrecke über die Sea Cliff Bridge
DatumZeit (MESZ)KlasseDistanz (km)RundenHöhenmeterWeltmeister(in) 2022Weltmeister(in) 2021
Einzelzeitfahren
Sonntag, 18. September1:35Frauen Elite34,22 × CC312Niederlande  Ellen van DijkNiederlande  Ellen van Dijk
Frauen U23Italien  Vittoria Guazzininicht ausgetragen
5:40Männer Elite34,22 × CC312Norwegen Tobias FossItalien Filippo Ganna
Montag, 19. September5:20Männer U2328,82 × CC264Norwegen  Søren WærenskjoldDanemark Johan Price-Pejtersen
Dienstag, 20. September1:30Juniorinnen14,11 × CC132Vereinigtes Konigreich Zoe BäckstedtRussland Aljona Iwantschenko
5:20Junioren28,82 × CC264Vereinigtes Konigreich Joshua TarlingDanemark Gustav Wang
Mannschaftszeitfahren
Mittwoch, 21. September6:20Mixed-Staffel28,2je 1 × CC264Schweiz  SchweizDeutschland  Deutschland
Straßenrennen
Freitag, 23. September0:15Junioren135,68 × MP2016Deutschland  Emil HerzogNorwegen Per Strand Hagenes
5:00Männer U23169,810 × MP2520Kasachstan  Jewgeni FedorowItalien Filippo Baroncini
Samstag, 24. September0:00Juniorinnen67,24 × MP1008Vereinigtes Konigreich  Zoe BäckstedtVereinigtes Konigreich  Zoe Bäckstedt
4:25Frauen Elite164,3HW, 1× MKL
+ 6 × MP
2433Niederlande  Annemiek van VleutenItalien Elisa Balsamo
Frauen U23Neuseeland  Niamh Fisher-Blacknicht ausgetragen
Sonntag, 25. September2:15Männer Elite266,9HW, 1× MKL
+ 12 × MP
3945Belgien  Remco EvenepoelFrankreich Julian Alaphilippe

CC=City Circuit (17,1 km), HW=Helensburgh–Wollongong (27,7 km), MKL = Mount Keira Loop (34,2 km), MP = City Circuit mit Mount Pleasant (17,1 km)

Die Zeiten sind im Format Mitteleuropäische Sommerzeit (MESZ) angegeben. Der Zeitunterschied zu Wollongong (AEST) beträgt −8 Stunden, sprich: 8 Uhr in Deutschland sind 16 Uhr in Wollongong.

Kurs

Die Einzel- und Mannschafts-Zeitfahren wurden auf einem Kurs in Wollongong ausgetragen, wobei die Elite bei den Männern und Frauen eine kleine Zusatzschleife im Norden der Stadt drehte (City Circuit = 17,1 km). Ein Teil der Strecke führte entlang der Pazifik-Küste, wo sich auch das Ziel der verschiedenen Rennen befand.

Die Straßenrennen der Juniorinnen und Junioren sowie der Männer-U23 nutzten denselben Rundkurs, erweitert um eine Schleife zum Vorort Mount Pleasant, die mit 100 Höhenmetern und bis zu 14 % Steigung die Haupt-Schwierigkeit des Rennens darstellte. Die Rennen der Elite – Frauen und Männer – starteten in Helensburgh, fuhren bis Wollongong am Meer entlang, um eine Runde über den Mount Keira (473 Meter hoch) und anschließend mehrfach über den innerstädtischen Rundkurs inklusive Mount Pleasant zu drehen.[8]

Resultate

Mixed-Staffel

PlatzLandFahrerFahrerinnenZeit (min)
1Schweiz  SchweizMauro Schmid
Stefan Küng
Stefan Bissegger
Elise Chabbey
Marlen Reusser
Nicole Koller
33:47,17
(50,080 km/h)
2Italien  ItalienEdoardo Affini
Matteo Sobrero
Filippo Ganna
Elisa Longo Borghini
Elena Cecchini
Vittoria Guazzini
+ 0:02,92
3Australien  AustralienMichael Matthews
Lucas Plapp
Luke Durbridge
Georgia Baker
Alexandra Manly
Sarah Roy
+ 0:38,40
4Deutschland  DeutschlandMiguel Heidemann
Jannik Steimle
Nikias Arndt
Liane Lippert
Mieke Kröger
Romy Kasper
+ 0:45,89
5Niederlande  NiederlandeBauke Mollema
Mathieu van der Poel
Daan Hoole
Riejanne Markus
Annemiek van Vleuten
Ellen van Dijk
+ 0:51,93
6Danemark  DänemarkMagnus Cort Nielsen
Mikkel Frølich Honoré
Mikkel Bjerg
Julie Leth
Rebecca Koerner
Emma Norsgaard Bjerg
+ 0:58,40
7Frankreich  FrankreichEddy Le Huitouze
Bruno Armirail
Rémi Cavagna
Aude Biannic
Coralie Demay
Juliette Labous
+ 0:58,72
8Belgien  BelgienNathan Van Hooydonck
Quinten Hermans
Pieter Serry
Julie De Wilde
Jesse Vandenbulcke
Valerie Demey
+ 1:49,44
9Polen  PolenMateusz Gajdulewicz
Maciej Bodnar
Kacper Gieryk
Dominika Włodarczyk
Agnieszka Skalniak
Marta Jaskulska
+ 1:51,58
10Spanien  SpanienOier Lazkano
Raúl García Pierna
Iván Romeo
Lourdes Oyarbide
Sandra Alonso
Idoia Eraso
+ 2:43,99
11Osterreich  ÖsterreichTobias Bayer
Sebastian Schönberger
Felix Gall
Christina Schweinberger
Anna Kiesenhofer
Carina Schrempf
+ 3:30,30

Streckenlänge: 2 × 14,1 Kilometer.

Für die Mixed-Staffel gab es keine festgelegten Qualifikations-Kriterien, das Organisationskomitee traf eine Auswahl nach sportlichen Gesichtspunkten, aber auch im Hinblick auf Diversität; so wurden Länder mit eher geringer Radsport-Tradition wie Kap Verde oder Südsudan eingeladen.[9][10] Diese beiden waren letztlich nicht unter den 16 Mannschaften am Start, dafür aber gesonderte Mannschaften Neukaledoniens und Tahitis, die eigentlich zum französischen Verband gehören.

Die mit starken Zeitfahr-Spezialisten vertretene Schweiz setzte sich knapp vor Italien durch. Für Gesprächsstoff sorgte die vom Pech verfolgte niederländische Mannschaft, bei der zunächst Bauke Mollema durch ein Kettenproblem ausfiel und auch noch von einer Möwe attackiert wurde. Beim Start des Frauen-Trios stürzte Annemiek van Vleuten durch ein technisches Problem und zog sich einen Haarriss im Ellenbogen zu.[11][12] Da nur jeweils zwei Fahrer bzw. Fahrerinnen ins Ziel kommen müssen, konnten die Niederlande die Staffel dennoch beenden und waren nur sechs Sekunden langsamer als Titelverteidiger Deutschland, bei denen freilich nur zwei aus der Siegermannschaft von 2021 vertreten waren.[13][14][15]

Frauen Elite

Einzelzeitfahren

RangAthletinZeit (min)
1Niederlande  Ellen van Dijk44:28,60
(46,137 km/h)
2Australien  Grace Brown+ 0:12,73
3Schweiz  Marlen Reusser+ 0:41,68
4Italien  Vittoria Guazzini+ 0:52,11
5Vereinigte Staaten  Leah Thomas+ 1:18,47
6Vereinigte Staaten  Kristen Faulkner+ 1:25,45
7Niederlande  Annemiek van Vleuten+ 1:43,02
8Australien  Georgia Baker+ 1:46,44
9Belgien  Lotte Kopecky+ 1:50,13
10Osterreich  Anna Kiesenhofer+ 1:56,82
12Deutschland  Mieke Kröger+ 2:28,63
18Deutschland  Ricarda Bauernfeind+ 3:09,48
26Schweiz  Elena Hartmann+ 5:01,10
Osterreich  Christina SchweinbergerDNS

Streckenlänge: 34,2 Kilometer

Es gingen 42 Fahrerinnen aus 27 Ländern an den Start des Rennens, in dem zugleich die U23-Weltmeisterin ermittelt wurde. Grace Brown startete früh und setzte lange Zeit den Maßstab. Ihre erste Zwischenzeit wurde nur noch von den beiden letzten Fahrerinnen unterboten, Europameisterin Marlen Reusser und Titelverteidigerin Ellen van Dijk. Reusser konnte ihr Tempo auf der zweiten Runde nicht halten und wurde im Ziel Dritte. Van Dijk verteidigte ihren Vorsprung und wurde zum dritten Mal Weltmeisterin dieser Disziplin. Die Olympiasiegerinnen von Tokio, Annemiek van Vleuten und Anna Kiesenhofer, kamen ebenfalls unter die ersten Zehn.[16][17]

Die Österreicherin Christina Schweinberger ging wegen Verdachts auf Corona (ihre Schwester und Zimmernachbarin Kathrin war erkrankt) nicht an den Start.[18]

Straßenrennen

RangAthletinZeit (h)
1Niederlande  Annemiek van Vleuten4:24:25
(37,282 km/h)
2Belgien  Lotte Kopecky+ 0:01
3Italien  Silvia Persicogl. Zeit
4Deutschland  Liane Lippertgl. Zeit
5Danemark  Cecilie Uttrup Ludwiggl. Zeit
6Kuba  Arlenis Sierragl. Zeit
7Frankreich  Juliette Labousgl. Zeit
8Polen  Katarzyna Niewiadomagl. Zeit
9Schweiz  Elise Chabbeygl. Zeit
10Italien  Elisa Longo Borghinigl. Zeit
13Schweiz  Marlen Reusser+ 0:11
20Deutschland  Ricarda Bauernfeind+ 0:13
32Schweiz  Noemi Rüegg+ 4:57
33Osterreich  Carina Schrempfgl. Zeit
57Deutschland  Romy Kasper+ 9:32
63Schweiz  Elena Hartmann+ 12:23
72Deutschland  Franziska Koch+ 15:51
73Luxemburg  Nina Bertongl. Zeit
Schweiz  Nicole KollerDNF
Deutschland  Lea Lin TeutenbergDNF
Deutschland  Mieke KrögerDNF
Osterreich  Christina SchweinbergerDNS
Osterreich  Kathrin SchweinbergerDNS

Streckenlänge: 164,3 Kilometer

Es gingen 126 Fahrerinnen aus 38 Ländern an den Start des Rennens, in dem zugleich die U23-Weltmeisterin ermittelt wurde. Die zu den Favoriten gehörende Niederländerin Demi Vollering sowie die österreichischen Schwestern Schweinberger mussten wegen positiver Covid-Tests verzichten.

Auf dem vorletzten Anstieg bildete sich nach einer Attacke von Liane Lippert eine Spitzengruppe von fünf Fahrerinnen (Lippert, Longo Borghini, Niewiadoma, Uttrup Ludwig sowie Ashleigh Moolman-Pasio). Es kam jedoch keine Kooperation zustande, so dass wieder eine größere Gruppe zusammenkam. Am letzten Anstieg bildete sich dieselbe Fünfergruppe erneut und gewann einen Vorsprung von 20 Sekunden auf eine Gruppe von acht Fahrerinnen. Erneut mangelte es vorne an entschlossener Zusammenarbeit, und zunächst Reusser, die sich in den Dienst ihrer SD-Worx-Teamkameradin, der Sprinterin Kopecky, stellte, dann die zweite Schweizerin Chabbey fuhren das Loch zu. Als die beiden Gruppen unter der Kilometermarke zusammenkamen, fiel das Tempo still. Annemiek van Vleuten, die sich bei einem Sturz im Mannschaftszeitfahren den Ellenbogen angebrochen hatte, attackierte von hinten, ohne dass jemand reagierte, und gewann das Rennen vor einer sichtlich frustrierten Lotte Kopecky.[19][20][21]

Van Vleuten krönte mit der Weltmeisterschaft eine einzigartige Saison, in der sie bereits u. a. den Giro d’Italia Donne, die erstmals ausgetragene Tour de France Femmes und die Madrid Challenge by La Vuelta gewonnen hatte.

Männer Elite

Einzelzeitfahren

RangAthletZeit (min)
1Norwegen  Tobias Foss40:02,78
(51,241 km/h)
2Schweiz  Stefan Küng+ 0:02,95
3Belgien  Remco Evenepoel+ 0:09,16
4Vereinigtes Konigreich  Ethan Hayter+ 0:39,95
5Schweiz  Stefan Bissegger+ 0:46,81
6Slowenien  Tadej Pogačar+ 0:48,13
7Italien  Filippo Ganna+ 0:55,32
8Portugal  Nelson Oliveira+ 0:58,98
9Belgien  Yves Lampaert+ 1:08,84
10Frankreich  Bruno Armirail+ 1:09,24
16Deutschland  Nikias Arndt+ 1:42,50
20Deutschland  Miguel Heidemann+ 2:01,04

Streckenlänge: 34,2 Kilometer

Es gingen 48 Fahrer aus 30 Ländern an den Start, aufgeteilt in vier Wellen. Vor der letzten Welle, in der die meisten Favoriten platziert waren, hielt Europameister Stefan Bissegger die Bestzeit. Als die letzten Fahrer an die erste Zwischenzeit kamen, lagen sechs von ihnen innerhalb von nur vier Sekunden, und alle vor Bissegger: Stefan Küng, Remco Evenepoel, Filippo Ganna, die alle schon WM-Medaillen gewonnen hatten, sowie die jüngeren Talente Tobias Foss, Ethan Hayter und Magnus Sheffield.

Hayter erlitt einen Kettenabsprung, Sheffield stürzte in einer Kurve, und Ganna vermochte das Tempo nicht zu halten. Lag Küng an der zweiten Zwischenzeit noch 11 Sekunden vor Foss, musste er im Ziel dem Überraschungssieger aus Norwegen den Vortritt lassen. Evenepoel errang eine Woche nach seinem Sieg bei der Vuelta die Bronzemedaille.[22][23][24][25]

Straßenrennen

RangAthletZeit (h)
1Belgien  Remco Evenepoel6:16:08
(42,575 km/h)
2Frankreich  Christophe Laporte+ 2:21
3Australien  Michael Matthewsgl. Zeit
4Belgien  Wout van Aertgl. Zeit
5Italien  Matteo Trentingl. Zeit
6Norwegen  Alexander Kristoffgl. Zeit
7Slowakei  Peter Sagangl. Zeit
8Italien  Alberto Bettiolgl. Zeit
9Vereinigtes Konigreich  Ethan Haytergl. Zeit
10Danemark  Mattias Jensengl. Zeit
17Schweiz  Mauro Schmidgl. Zeit
20Schweiz  Stefan Künggl. Zeit
21Luxemburg  Kevin Genietsgl. Zeit
38Schweiz  Silvan Dillier+ 3:01
40Osterreich  Sebastian Schönbergergl. Zeit
45Luxemburg  Bob Jungelsgl. Zeit
52Deutschland  Nikias Arndt+ 3:08
62Osterreich  Tobias Bayer+ 6:11
72Deutschland  Jannik Steimle+ 6:37
88Schweiz  Simon Pellaud+ 11:28
89Schweiz  Fabian Lienhardgl. Zeit
95Luxemburg  Luc Wirtgengl. Zeit
97Osterreich  Felix Gallgl. Zeit
Deutschland  Jonas KochDNF
Deutschland  Miguel HeidemannDNF
Deutschland  Georg ZimmermannDNF
Deutschland  Nico DenzDNF
Schweiz  Stefan BisseggerDNF
Luxemburg  Colin HeiderscheidDNF

Streckenlänge: 266,9 Kilometer

Es gingen 169 Fahrer aus 50 Ländern an den Start. Mit Mathieu van der Poel stieg einer der Favoriten schon nach 30 Kilometern vom Rad, da er nach einem Streit wegen Ruhestörung die Nacht auf der Polizeiwache verbracht und keinen Schlaf bekommen hatte.[26]

Nach einer hektischen Anfangsphase, in der sich das Peloton auf dem Mount Keira zwischenzeitlich geteilt hatte, gab es nach 80 km eine Ausreißergruppe von 16 Fahrern vor einem geschlossenen Peloton. Erstere bekam bis zu sieben Minuten Vorsprung, ansonsten tat sich auf den nächsten 100 km nichts von Belang.

Am fünftletzten Anstieg kam wieder Bewegung ins Rennen. Im Peloton setzte sich eine Gruppe von 20 Fahrern mit Remco Evenepoel, Romain Bardet und Florian Sénéchal ab und stieß eine Runde später zu den Ausreißern. Die übrigen als Favoriten gehandelten Fahrer verblieben im Peloton und spekulierten darauf, die Spitzengruppe später einzuholen. In keiner der beiden Gruppen kam es indes zu echter Zusammenarbeit. Der Vorsprung der Spitzengruppe wuchs dennoch auf zwei Minuten, weil ihre Mitglieder sich ständig attackierten, während das Peloton passiv blieb.

Bei der vorletzten Zieldurchfahrt konnte Evenepoel sich entscheidend absetzen, zunächst mit Alexei Luzenko, den er am folgenden Anstieg abhängte. Das Rennen geriet nun zu einer Demonstration, bei der sein Vorsprung ständig wuchs. Luzenko wurde kurz vor Schluss von anderen Mitgliedern der ursprünglichen Spitzengruppe eingeholt, die den Schlusskilometer im Poker um die Medaillen sehr langsam fuhren. Dies erlaubte dem Peloton, sie noch einzuholen, so dass Laporte und Matthews unverhofft zu Silber und Bronze sprinteten.[27][28]

Evenepoel schaffte auf diese Weise im Alter von 22 Jahren in nur einer Saison drei der größten Erfolge, die ein Rennfahrer erreichen kann: Mit Lüttich-Bastogne-Lüttich gewann er eines der fünf bedeutendsten Eintagesrennen, der so genannten „Monumente“; mit der Vuelta eine große Landesrundfahrt und zusätzlich die Weltmeisterschaft im Straßenrennen. Zuletzt gelang dies Bernard Hinault 1980.

Frauen U23

Die U23-Fahrerinnen starteten in beiden Disziplinen im Feld der Elite und nahmen an deren Wertung teil, hatten aber zugleich ihre eigene Wertung und damit zwei Medaillenchancen auf einmal.

Einzelzeitfahren

RangAthletinZeit (min)
1Italien  Vittoria Guazzini45:20,71
(45,253 km/h)
2Niederlande  Shirin van Anrooij+ 1:48,74
3Deutschland  Ricarda Bauernfeind+ 2:17,37

Streckenlänge: 34,2 Kilometer

Es gingen 11 Fahrerinnen dieser Kategorie an den Start. Vittoria Guazzini verpasste mit dem vierten Platz knapp das Podium der Elite, wurde dafür aber erste U23-Weltmeisterin dieser Disziplin. U23-Europameisterin Shirin van Anrooij belegte den 13. Platz im Klassement. Ricarda Bauernfeind, die als erste Fahrerin die WM eröffnet hatte, kam auf Rang 18 und errang so die Bronzemedaille der U23.[16][29]

Straßenrennen

RangAthletinZeit (h)
1Neuseeland  Niamh Fisher-Black4:24:26
(37,280 km/h)
2Vereinigtes Konigreich  Pfeiffer Georgi+ 0:12
3Deutschland  Ricarda Bauernfeindgl. Zeit

Streckenlänge: 164,3 Kilometer

Es gingen 36 Fahrerinnen dieser Kategorie an den Start. Niamh Fisher-Black kam als Einzige mit der ersten Gruppe ins Ziel und wurde 12. des Elite-Rennens. In der zweiten Gruppe kamen Pfeiffer Georgi als 16., Ricarda Bauernfeind als 20., die Kanadierin Simone Boilard als 22. sowie die Britin Anna Shackley als 26. ins Ziel. 18 Fahrerinnen dieser Kategorie beendeten das Rennen nicht.[19][30]

Männer U23

Einzelzeitfahren

RangAthletZeit (min)
1Norwegen  Søren Wærenskjold34:13,40
(50,492 km/h)
2Belgien  Alec Segaert+ 0:16,34
3Vereinigtes Konigreich  Leo Hayter+ 0:24,16
4Neuseeland  Logan Currie+ 0:33,03
5Deutschland  Michel Heßmann+ 0:39,03
6Danemark  Carl-Frederik Bévort+ 0:39,39
7Frankreich  Eddy Le Huitouze+ 0:50,77
8Spanien  Raúl García Pierna+ 1:02,20
9Tschechien  Mathias Vacek+ 1:03,40
10Italien  Lorenzo Milesi+ 1:04,53
12Schweiz  Fabian Weiss+ 1:15,53
20Deutschland  Hannes Wilksch+ 2:14,35
25Schweiz  Alexandre Balmer+ 2:32,48

Streckenlänge: 28,8 Kilometer
Es gingen 44 Fahrer aus 31 Ländern an den Start, von denen einer das Rennen nicht beendete.

Bévort, Hayter und schließlich Wærenskjold setzen nacheinander neue Bestmarken. Der Sieg Wærenskjolds geriet noch durch den Europameister Segaert in Gefahr, der als vorletzter Starter die beste Zwischenzeit erzielte. Er konnte sein Tempo jedoch nicht halten und errang Silber.[31][32][33]

Straßenrennen

PlatzAthletZeit (h)
1Kasachstan  Jewgeni Fedorow3:57:08
(42,963 km/h)
2Tschechien  Mathias Vacek+ 0:01
3Norwegen  Søren Wærenskjold+ 0:03
4Estland  Madis Mihkelsgl. Zeit
5Niederlande  Olav Kooijgl. Zeit
6Tschechien  Pavel Bittnergl. Zeit
7Australien  Matthew Dinhamgl. Zeit
8Frankreich  Paul Penhoëtgl. Zeit
9Slowenien  Matevž Govekargl. Zeit
10Belgien  Jenno Berckmoesgl. Zeit
11Deutschland  Michel Heßmanngl. Zeit
15Schweiz  Alexandre Balmergl. Zeit
30Deutschland  Maurice Ballerstedt+ 3:34
31Deutschland  Hannes Wilkschgl. Zeit
33Deutschland  Tim Torn Teutenberg+ 3:37
34Luxemburg  Cédric Priesgl. Zeit
37Schweiz  Fabian Weissgl. Zeit
39Schweiz  Nils Brungl. Zeit
49Deutschland  Pierre-Pascal Keup+ 5:43
61Schweiz  Arnaud Tendon+ 9:39
64Deutschland  Jannis Petergl. Zeit
67Luxemburg  Mats Wenzelgl. Zeit
69Deutschland  Felix Engelhardtgl. Zeit
Osterreich  Martin MessnerDNF
Luxemburg  Tom ParquetDNF
Luxemburg  Rafael Pereira MarquesDNF
Luxemburg  Arthur KluckersDNF

Streckenlänge: 169,8 Kilometer
Es gingen 129 der gemeldeten Fahrer aus 43 Nationen an den Start des Rennens über zehn Runden, drei traten nicht an.

Das Rennen fand unter widrigen äußeren Umständen statt, immer wieder ergossen sich heftige Schauer über die Fahrer. Im Anstieg der neunten Runde holte ein stark reduziertes Feld die fünfköpfige Ausreißergruppe ein, bis auf den Franzosen Mathis Le Berre, der verbissen weiterkämpfte. In der Abfahrt bekam er Gesellschaft durch Fedorow und Vacek sowie Alec Segaert, die mit ihm ein neues Spitzenquartett bildeten. Am letzten Anstieg mussten Le Berre und Segaert abreißen lassen, Fedorow und Vacek hielten ihren Vorsprung vor einer Gruppe von 15 Verfolgern. Am Ziel war Vacek mit seinen Kräften am Ende, und Fedorow gewann.[34][35]

Juniorinnen

Einzelzeitfahren

PlatzAthletinLandZeit (min)
1Zoe BäckstedtGroßbritannien  GBR18:26,78
(45,863 km/h)
2Justyna CzaplaDeutschland  GER+ 1:35,58
3Febe JoorisBelgien  BEL+ 1:48,98
4Eliška KvasničkováTschechien  CZE+ 1:49,31
5Anna van der MeidenNiederlande  NED+ 1:50,14
6Elisabeth EbrasEstland  EST+ 1:50,87
7Nienke VinkeNiederlande  NED+ 1:51,56
8Isabelle CarnesAustralien  AUS+ 1:54,55
9Laura Lizette SanderEstland  EST+ 2:00,17
10Isabel SharpGroßbritannien  GBR+ 2:04,87
11Hannah KunzDeutschland  GER+ 2:06,18
14Jette SimonDeutschland  GER+ 2:14,90
18Fiona ZimmermannSchweiz  SUI+ 2:31,94
20Daniela SchmidsbergerOsterreich  AUT+ 2:39,40

Streckenlänge: 14,1 Kilometer
Es starteten 37 Fahrerinnen aus 22 Nationen. Bei den Ergebnissen gab es wenig Überraschungen: Die Vorjahres-Zweite Bäckstedt gewann mit riesigem Abstand, während die Erste und Dritte der Europameisterschaft auf den weiteren Medaillenplätzen landeten.[36][37]

Straßenrennen

PlatzAthletinZeit (h)
1Vereinigtes Konigreich  Zoe Bäckstedt1:47:05
(37,653 km/h)
2Frankreich  Églantine Rayer+ 2:07
3Niederlande  Nienke Vinkegl. Zeit
4Italien  Francesca Pellegrini+ 2:19
5Japan  Maho Kakita+ 2:21
6Polen  Malwina Mulgl. Zeit
7Tschechien  Julia Kopeckygl. Zeit
8Italien  Eleonora Ciaboccogl. Zeit
9Niederlande  Xaydee van Sinaeygl. Zeit
10Frankreich  Alizée Rigauxgl. Zeit
11Schweiz  Noëlle Rüetschigl. Zeit
13Osterreich  Daniela Schmidsbergergl. Zeit
14Deutschland  Jette Simongl. Zeit
15Deutschland  Justyna Czaplagl. Zeit
33Deutschland  Jule Märkl+ 5:06
36Schweiz  Fiona Zimmermann+ 6:04
42Deutschland  Hannah Kunz+ 6:22
55Deutschland  Seána Littbarski-Gray+ 8:38

Streckenlänge: 67,2 Kilometer

Es gingen 72 Fahrerinnen aus 24 Nationen an den Start des Rennens. Bereits beim ersten von vier Anstiegen auf Mount Pleasant konnten nur wenige Fahrerinnen das Tempo von Titelverteidigerin Bäckstedt mitgehen. Auf der Abfahrt setzte sie sich endgültig ab, fuhr einen großen Vorsprung heraus und wurde an ihrem 18. Geburtstag ungefährdet Weltmeisterin. Im Rest des Felds wagte die Niederländerin Vinke bei der letzten Zieldurchfahrt einen Alleingang. Am folgenden Anstieg bekam sie durch Rayer Gesellschaft, die den Zielsprint zur Silbermedaille gewann.[38][39]

Junioren

Einzelzeitfahren

PlatzAthletLandZeit (min)
1Joshua TarlingGroßbritannien  GBR34:59,26
(49,389 km/h)
2Hamish McKenzieAustralien  AUS+ 0:19,19
3Emil HerzogDeutschland  GER+ 0:33,45
4Jan ChristenSchweiz  SUI+ 0:59,52
5Romet PajurEstland  EST+ 1:07,04
6Artem ShmidtVereinigte Staaten  USA+ 1:37,10
7Frank Aron RagiloEstland  EST+ 1:38,46
8Duarte MarivoetBelgien  BEL+ 1:40,63
9Jørgen NordhagenNorwegen  NOR+ 1:41,57
10Thibaud GruelFrankreich  FRA+ 1:41,64
11Mathieu KockelmannLuxemburg  LUX+ 1:44,15
12Louis LeidertDeutschland  GER+ 1:53,86
17Benjamin EckerstorferOsterreich  AUT+ 2:08,74
33Tim ReySchweiz  SUI+ 3:13,66

Streckenlänge: 28,8 Kilometer

Es gingen 52 Fahrer aus 32 Nationen an den Start. Als vierter von ihnen setzte der Australier McKenzie eine Bestzeit und verharrte drei Stunden lang auf dem „Hot Seat“, bevor ihm Tarling als allerletzter Starter den Sieg noch entriss. Der vor ihm startende und ebenfalls favorisierte Belgier Verbrugghe musste kurz vor dem Start das Fahrrad wechseln, weil seine Übersetzung für Junioren nicht zugelassen war, und landete abgeschlagen auf dem 26. Platz.[40][41][42][43]

Straßenrennen

PlatzAthletZeit (h)
1Deutschland  Emil Herzog3:11:07
(42,571 km/h)
2Portugal  António Morgadogl. Zeit
3Belgien  Vlad Van Mechelen+ 0:55
4Frankreich  Paul Magniergl. Zeit
5Vereinigte Staaten  Artem Shmidtgl. Zeit
6Niederlande  Menno Huisinggl. Zeit
7Frankreich  Thibaud Gruelgl. Zeit
8Estland  Frank Aron Ragilogl. Zeit
9Vereinigtes Konigreich  Zachary Walkergl. Zeit
10Tschechien  Pavel Novákgl. Zeit
12Schweiz  Jan Christengl. Zeit
17Osterreich  Benjamin Eckerstorfer+ 2:48
21Luxemburg  Mathieu Kockelmann+ 7:16
29Deutschland  Louis Leidert+ 11:18
32Deutschland  Fabian Wünstel+ 11:50
34Luxemburg  Mil Moranggl. Zeit
43Schweiz  Joël Tinnergl. Zeit
50Deutschland  Mauro Brennergl. Zeit
Deutschland  Matteo GroßDNF
Schweiz  Tim ReyDNF
Schweiz  Ilhan BarhoumiDNF

Streckenlänge: 135,6 Kilometer
Es gingen 106 Fahrer aus 37 Nationen an den Start des Rennens über acht Runden. Zwei der gemeldeten Fahrer aus Neuseeland traten das Rennen nicht an.

Bei Regenwetter kam es schon zu Beginn zu mehreren Stürzen, von denen Favoriten wie die beiden Ersten des Zeitfahrens, Joshua Tarling und Hamish McKenzie, sowie der Niederländer Max van der Meulen betroffen waren; sie sollten im weiteren Verlauf keine Rolle mehr spielen. Es entwickelte sich ein abwechslungsreiches Rennen, mit ständig sich ändernden Gruppen und stetig reduziertem Feld. António Morgado animierte das Rennen mit mehreren Attacken, so bei der letzten Zieldurchfahrt, womit er bis zu 30 Sekunden auf eine Gruppe von zwölf Verfolgern gewann. Auf dem letzten Berg setzte sich Emil Herzog an deren Spitze, hängte sie durch eine gewagte Abfahrt ab und holte Morgado drei Kilometer vor dem Ziel ein. Im langgezogenen Sprint setzte sich Herzog knapp gegen Morgado durch.[44][45]

Aufgebote

Bund Deutscher Radfahrer

Österreichischer Radsport-Verband

Swiss Cycling

Fédération du Sport Cycliste Luxembourgeois

Medaillenspiegel

 Rang LandGoldSilberBronzeGesamt
1Großbritannien  Großbritannien3115
2Niederlande  Niederlande2114
3Norwegen  Norwegen2013
4Belgien  Belgien1236
5Deutschland  Deutschland1135
6Italien  Italien1113
Schweiz  Schweiz1113
8Kasachstan  Kasachstan1001
Neuseeland  Neuseeland1001
10Australien  Australien0224
11Frankreich  Frankreich0202
12Portugal  Portugal0101
Tschechien  Tschechien0101
Total13131339

Weblinks

Commons: UCI-Straßen-Weltmeisterschaften 2022 – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise