Adjungierter Operator
In der Funktionalanalysis kann zu jedem dicht definierten linearen Operator ein adjungierter Operator (manchmal auch dualer Operator) definiert werden.
Lineare Operatoren können zwischen zwei Vektorräumen mit gemeinsamem Grundkörper definiert werden. Adjungierte Operatoren werden allerdings häufig nur auf Hilberträumen betrachtet, also beispielsweise (endlichdimensionalen) euklidischen Räumen. Auf endlichdimensionalen Räumen entspricht der adjungierte Operator der adjungierten Matrix. In der Matrizenrechnung mit reellen Einträgen entspricht die Bildung des adjungierten Operators dem Transponieren, bei komplexen Einträgen dem (komplex) Konjugieren und Transponieren der Ausgangsmatrix. In der Physik und den Ingenieurwissenschaften wird daher, in Analogie zur Matrixtheorie, der adjungierte Operator in der Regel nicht mit , sondern mit bezeichnet.
Definition
In diesem Abschnitt wird die Adjungierte eines Operators zwischen Hilberträumen definiert. Der erste Unterabschnitt beschränkt sich auf beschränkte Operatoren. Im zweiten Abschnitt wird das Konzept auf unbeschränkte Operatoren erweitert.
Beschränkte Operatoren
Seien und
Hilberträume und
ein linearer beschränkter Operator. Der adjungierte Operator
ist durch die Gleichung
definiert.
Alternativ kann für jedes die Abbildung
betrachtet werden. Dies ist ein auf dem ganzen Hilbertraum definiertes, lineares stetiges Funktional. Der Darstellungssatz von Fréchet-Riesz besagt, dass für jedes stetige lineare Funktional ein eindeutig bestimmtes Element
existiert, sodass
für alle
gilt. Also insgesamt existiert für jedes
genau ein Element
mit
. Nun wird
gesetzt. Diese Konstruktion ist äquivalent zu obiger Definition.[1]
Unbeschränkte Operatoren
Seien und
Hilberträume. Mit
wird der Definitionsbereich des linearen unbeschränkten Operators
bezeichnet. Die Operatoren
und
heißen zueinander formal adjungiert, falls
für alle und
gilt. Unter diesen Voraussetzungen ist
im Allgemeinen nicht eindeutig durch
gegeben. Ist
dicht definiert, so existiert ein zu
maximaler, formal adjungierter Operator
. Diesen nennt man den adjungierten Operator von
.
Beispiele
- Wählt man als Hilbertraum den endlichdimensionalen unitären Vektorraum
, so kann ein stetiger linearer Operator
auf diesem Hilbertraum durch eine Matrix dargestellt werden. Der dazu adjungierte Operator
wird dann durch die entsprechende adjungierte Matrix dargestellt. Daher ist der adjungierte Operator eine Verallgemeinerung der adjungierten Matrix.
- In diesem Beispiel wird der Hilbertraum der quadratintegrierbaren Funktionen
betrachtet. Mit einer entsprechenden Funktion
(beispielsweise
) ist der Integraloperator
- stetig auf
. Sein adjungierter Operator
lautet
.
- Dabei ist
das komplex Konjugierte von
.
Eigenschaften
Sei dicht definiert. Dann gilt:
- Ist
dicht, so ist
, das heißt
und
auf
. Dabei steht Ker für den Kern des Operators und Ran (für Range) für den Bildraum.
ist genau dann beschränkt, wenn
beschränkt ist. In diesem Fall gilt
- Ist
beschränkt, so ist
die eindeutige Fortsetzung von
auf
Sei dicht definiert. Der Operator
ist definiert durch
für
. Ist
dicht definiert, so ist
. Ist
beschränkt, so gilt sogar die Gleichheit.
Seien ein Hilbertraum und
. Dann wird die Hintereinanderausführung beziehungsweise Komposition
von
und
definiert durch
für
. Ist
dicht definiert, so gilt
. Ist
beschränkt, erhält man
.
Symmetrische und selbstadjungierte Operatoren
Ein linearer Operator heißt
- symmetrisch oder formal selbstadjungiert, falls
für alle
gilt.
- wesentlich selbstadjungiert, falls
symmetrisch, dicht definiert und seine Abschließung selbstadjungiert ist.
- selbstadjungiert, falls
dicht definiert und
gilt.
Außerdem gibt es noch den Begriff des hermiteschen Operators. Dieser wird vor allem in der Physik verwendet, jedoch nicht einheitlich definiert.
Verallgemeinerung auf Banachräume
Adjungierte Operatoren können auch allgemeiner auf Banachräumen definiert werden. Für einen Banachraum bezeichnet
den topologischen Dualraum. Im Folgenden wird mittels
für
und
die duale Paarung bezeichnet. Seien
und
Banachräume und sei
ein stetiger, linearer Operator. Der adjungierte Operator
wird definiert durch
Um diesen adjungierten Operator von den adjungierten Operatoren auf Hilberträumen zu unterscheiden, werden diese oft mit einem statt mit einem
notiert.
Ist der Operator jedoch nicht stetig aber dicht definiert, so definiert man den adjungierten Operator
durch
Der Operator ist stets abgeschlossen, wobei
möglich ist. Ist
ein reflexiver Banachraum und
, dann ist
genau dann dicht definiert, wenn
abschließbar ist. Insbesondere gilt dann
.
Abweichende Konventionen
Insbesondere im linearen komplexen Fall wird für den dualen Operator statt auch
(Transposition und Übergang zum Konjugiert-Komplexen) genutzt, um eine Verwechslung mit
für die komplex konjugierte Matrix zu vermeiden. Letztere wird auch mit
beschrieben, was aber von Physikern eher für die Mittelwertbildung reserviert ist.
Literatur
- Dirk Werner: Funktionalanalysis. 6., korrigierte Auflage. Springer, Berlin u. a. 2007, ISBN 978-3-540-72533-6.