Benutzer:DieBuche/Wasserversorgung im Römischen Reich

Der Pont du Gard, der Nîmes mit Wasser versorgte.

Die Wasserleitungen (Aquädukte) waren eine der Voraussetzungen, dadür dass die Stadt Rom zum Zentrum der antiken Welt aufstieg. Sie führten Wasser bis zu 100 km weit (z.B. Eifelwasserleitung) meist unterirdisch, teilweise aber auch über Brücken in größere Städte. In vielen Städten, wie Rom oder Köln, wurde das Wasser durch eine Kanalisation auch wieder entsorgt.

Übersicht

Versinterte Eifelwasserleitung

Der erste Aquädukt Roms, Aqua Appia, wurde 312 v. Chr. durch Appius Claudius Caecus erbaut. Er begann an der Via Praenestina, floss ca. 17 km unterirdisch und wurde über die Porta Capena in die Stadt zum Campus Martius geleitet.

Besonders in Rom ermöglichten die Leitungen einen gigantischen Trinkwasserverbrauch: Nach einer Zählung um das Jahr 400 n. Chr [1] gab es allein in Rom 11 Aquädukte, 11 Thermen, 856 Privatbäder und 1352 Brunnen. Anhand von Ablagerungen (Sinter) an den Wänden der Wasserleitungen und andere archäologischer Befunde kam man auf den Pro-Kopf-Vebrauch schätzen: Nach Lamprecht [2] lag dieser zwischen 370 und 450 Liter täglich (in Deutschland betrug er 126 Liter/Tag im Jahr 2005). Auch heute sind in Rom noch drei Aquädukte in Betrieb: Die Aqua Virgo (speist den Trevibrunnen), die Aqua Claudia (speist den Mosesbrunnen) und die Alsietina (sie versorgt die Wasserfälle der Villa Aldobrandini). Auch zahlreiche andere Städte wurden mit Aquädukten versorgt, wie Trier, Mainz, Lyon, Aspendos oder Segovia. Im Deutschen werden mit Aquädukt meist nur die über Bogenkonstruktionen geleiteten Röhren gemeint, im Latein bezeichnet das Wort jede Wasserleitung, unabhängig davon ob sie unter- oder oberirdisch verläuft.

Sextus Iulius Frontinus, der 94 Curator aquarum gewesen ist, berichtet über folgende nach Rom fließende Aquädukte:

NameBaujahrLänge (m)Höhe der Quelle
über NN
LängeQuerschnitt im
Unterlauf (BxH in m) [3]
Wasserqualität [4]
Appia312 v. Chr.16.44530200,7x1,7ausgezeichnet
Anio Vetus272-269 v. Chr.63.705280480,9x2,3schlechtes, trübes Wasser
Marcia144-140 v. Chr.91.424318591,5x2,6ausgezeichnet
Tepula125 v. Chr.17.745151610,8x1,1warmes Quellwasser
Julia33 v. Chr.22.854350640,6x1,5ausgezeichnet
Virgo19 v. Chr.20.69724200,6x1,8ausgezeichnet
Alsietina (Augusta)10-2 v. Chr. (nach [5])32.848209171,8x2,6Nur als Brauchwasser benutzt
Claudia38-52 n. Chr.68.751320670,9x2,0ausgezeichnet
Anio Novus38-52 n. Chr.86.964400701,2x2,7schlechtes, trübes Wasser

Wasserleitungen

Während in der Frühzeit des Römischen Reiches vorwiegend nahe Flüsse und Quellen für die Wasserversorgung dienten, sank wegen der wachsenden Bevölkerung jedoch die Qualität und auch die Menge genügte nicht mehr. Zu diesem Zeitpunkt wäre eine natürliche Wachstumsgrenze erreicht worden, so dass man nun Wasser aus anderen Quellen nach Rom leiten musste.

Leitungen außerhalb der Stadt

Eine Druckrohrleitung (Siphon)

Vitruv beschreibt in seinem Buch de architectura wie man Wasserquellen suchen sollte:

Man lege sich vor Sonnenaufgang mit dem Gesicht auf die Erde und stützte das Kinn auf und beschaue die Umgebung [...] erblickt man sich kräuselnde und die Luft aufsteigende feuchte Dünste, sollte man dort graben.

Die Quellen wurden meist mit wasserdurchlässigen Mauern, durch die das Wasser sickerte und damit auch leicht gereinigt wurde, eingefasst. Die größte Wegstrecke von der Quelle legt das Wasser unterirdisch in Freispiegelleitungen aus Ziegeln oder opus caementitium zurück (Ungefähr 430 km von 504 km Wasserleitung nach Rom verliefen unterirdisch, das sind 85 %). Dadurch blieb das Wasser im Sommer kühl und im Winter frostfrei. Die Steigung dabei war erstaunlich gering: Beim Pont du Gard beträgt sie 0,3‰, d.h. 30 cm auf 1 km.

Aquädukt in Segovia

In regelmäßigen Abständen waren Belüftungs- und Inspektionsschächte eingebaut. Die Kanäle waren meist rechteckig und oft von einem gemauertem Gewölbe umgeben. Je nach der Wassermenge waren sie zwischen 0,5 und 2 m breit. Innen waren sie wasserundurchlässig mit Kalk verputzt.

Wenn eine unterirdische Verlegung nicht möglich war, wie z.B. bei Taleinschnitten, wurde das Wasser meist über ein oft mehrstöckiges Brückenbauwerk geleitet. Bei Taltiefen über 50 m wurde eine Druckrohrleitung (Siphon), die auf dem Prinzip der kommunizierenden Röhren beruhte, gebaut (wie z.B. in Aspendos).

Wenn die Leitung einen Hügel schnitt, der nicht umgangen werden konnte, wurde ein Stollen mit Belüftungsschächten gegraben. Ein Beispiel aus vorrömischer Zeit ist der 1 km lange Tunnel von Samos. Der Stollen wurde von beiden Seiten gleichzeitig nach den Plänen von Eupalinos in den Berg getrieben.

Innerstädtische Leitungen

In der Stadt angekommen wurde das Wasser meist zentral in das castellum (auch Wasserschlößchen genannt) geleitet. Dies war ein großes Bassin, in dem alles Wasser gesammelt, gereinigt und an die verschiedenen Abnehmer verteilt wurde. Besonders in trockneren Gebieten wurde das Wasser in riesigen Zisternen, wie der Fildami Zisterne in der Nähe Istanbuls, die ca. 100.000 m3 fasste, für Trockenzeiten gespeichert.

castellum in Nimes; alle Abflüsse liegen auf gleicher Höhe.

Sextus Iulius Frontinus, der im Jahr 94 Curator aquarum war, empfiehlt von dem Bassin aus drei Abflüsse in unterschiedlicher Höhe anzulegen: Einen unten, wo fast immer Wasser fließt, für die öffentlichen Brunnen, einen zweiten höher für andere öffentliche Gebäude wie die Thermen oder die Nymphäen und den dritten höchsten, durch den öfters kein Wasser kommen konnte, für die Privatabnehmer, die dafür ein festgelegtes Wassergeld zahlen. Dieses System wurde aber nur selten angewandt, wie z.B. in Pompeii. Meist lagen die Abflüsse auf gleicher Höhe.

Innerhalb der Stadt wurde das Wasser dann mittels Ton- oder Bleidruckrohren (fistulae) verteilt, teilweise wurden sogar Betonfertigteile verwendet. Besonders in größeren Städten, wie in Pompeji, wurden, um den Wasserdruck hochzuhalten und damit auch während Reparaturen die Wasserversorgung nicht erliegt, ca. 7 m hohe Wassertürme dazwischen verteilt. Für die Rohre wurden sehr große Mengen Blei benötigt: Ein Bleirohr, das Wasser von einem Sammelbecken zum Forum Romanum leitete war 1750 m lang und bestand aus 232.750 kg Blei.

Wasserdiebstahl

Die meisten Römer mussten ihr Wasser an den öffentlichen Brunnen holen, vielfach wurde aber die Leitung "angestochen", um damit die eigenen Felder zu bewässern. Frontinus schreibt dazu:

...eine Vielzahl der Grundbesitzer, an deren Feldern die Aquädukte vorbeiführen, zapfen die Leitungen an; daher kommt es, dass tatsächlich die öffentliche Wasserversorgung durch Privatleute zum Erliegen kommt, nur damit diese ihre Gärten bewässern können.

Da die Leitung für Privatleute öfters kein Wasser führte, wurden teilweises sogar innerhalb der Stadt unterirdisch illegale Leitungen verlegt und damit die Leitung für die öffentlichen Brunnen angezapft.

In weiten Gebieten verlaufen an verschiedenen Plätzen verborgene Leitungen unter dem Straßenpflaster. Ich fand heraus, dass diese Rohre durch spezielle Abzweigungen Wasser an all diejenigen lieferten, die Geschäftshäuser in den betreffenden Gegenden hatten, wobei die öffentlichen Rohre zu diesem Zweck hier und dort durch "Anstiche" angebohrt wurden. Wie viel Wasser auf diese Weise gestohlen wurde, kann ich nur anhand der Tatsache abschätzen, dass eine beträchtliche Menge Blei durch die Entfernung derartiger Abzweige eingebracht wurde.

Wasserqualität

Die Qualität des nach Rom geleiteten Wassers unterschied sich stark in Hinsicht auf die Reinheit und Geschmack; Das schlechtere Wasser wurde nur als Brauchwasser verwendet.

Eine Quelle, die Anio Novus, velor bei jedem Regen ihre vorherige Qualität. Nachdem der Versuch das Wasser mit anderem zu mischen misslang, versuchte man es in ein Bassin zu leiten, wo sich die Verunreinigungen absetzen sollten. Die schlug allerdings auch fehl: Schließlichlößte man das Problem indem man das Wasser in den dafür angelegten Stausee von Subiaco leitete. Dort setzte sich der Dreck ab und das Wasser gewan wesentlich an Reinheit.

Für die Wasserqualitäten einzelner Leitungen, siehe die Tabelle oben.

Unterhalt/Verwaltung

Die Aqua Claudia am Palatin

Während in der Republik noch vor allem die Censoren für den Bau und die Instandhaltung der Leitungen verantwortlich waren, gab es seit der Kaiserzeit das Amt des curator aquarum. Nach Frontinus unterstanden ihm außerdem ein freigelassenen, später ritterständischen Procurator aquarum und verschiedene Aufsichts- und Verwaltungsbeamte sowie eine Gruppe von staatlichen Monteuren ( aquarii). Teilweise kamen dazu auch selbständige Firmen, die mit der Behörde Verträge zum Bau oder Unterhalt geschlossen hatten. Besonders beim Unterhalt gab es des öfteren Probleme, besonders bei den Abschnitten, die über Brücken führten. Archäologische Befunde und schriftliche Quellen bezeugen, dass des öfteren die Bauausführung nicht sorgfältig genug von statten ging und daher oft Reparaturen erforderlich machten, so z.B. bei der Aqua Claudia. Schon 10 Jahre nach Fertigstellung mussten grundlegende Mängel beseitigt werden. Allein diese Reparatur dauerte 9 Jahre, aber schon nach vier weiteren Jahren mussten die Reperaturen erneut ausgebessert werden. An den erhaltenen Resten des Aquädukts finden sich Hinweise darauf, dass sowohl bei der Bauausführung als auch bei den Reparaturen gepfuscht wurde.

Staudämme

Im gesamten Römischen Reich gab es mehrere hunderte Staumauern, meist zum Sammeln von Brauchwasser und eher selten für die Gewinnung von Frischwasser. Die meisten Staumauern waren sog. Gewichtsstaumauern, d.h. die Mauer hält den Wasserdruck nur mittels ihres Eigengewichts. Es gibt aber auch Anfänge von Bogenstaumauern, bei den der Druck auf die Talflanken abgeleitet wird. Beispiele dafür sind die Sperre Esparragalejo bei Merida, die immer noch zur Feldbewässerung benutzt wird, oder die Staumauer bei Vallon de Baume in Frankreich.

Einer der größten erhaltenen Dämme ist der Proserpina-Damm in Merida. Dieser ist 427 m lang und hat eine Höhe von 15 m, ist aber, im Gegensatz zu dem kleineren Esparragalejo, ein Gewichtsstaudamm. Die erste von den Römern gebaute Staumauer war die von Subiaco

Abwasserentsorgung

Die bekannteste Abwasseranlage des Römischen Reiches ist die Cloaca Maxima in Rom. Ursprünglich war sie ein offener Kanal, in der Kaiserzeit hatte sie dann aber schon Breiten von 3 m und Höhen von 4 m. Sie kommt vom Forum Augustum und mündet bei der Ponte Palatino im Tiber.

Aber auch in anderen Städten sind Kanalisationen gefunden worden: In Köln sind zehn Hauptsammler nachgewiesen; die Breite geht bis 1,5 m und die Höhe bis 2,45 m; alle mündeten im Rhein. Auch in Trier und in Lorch [6] gibt es Reste von Abwasserkanälen.

Viele römische Häuser verfügten über Abwasserleitungen und teilweise auch über Toiletten. Auch zu den meisten römischen Straßen gehörte eine Entwässerung: Staatsstraßen wölbten sich zur Mitte hin nach oben und in vielen Stadtstraßen wurde das Wasser durch Abflussöffnungen in die Kanalisation geleitet. Eine königlich-britische Kommission hielt 1842 nach einer Besichtigung der Abwasseranlagen in Rom diese für hygienischer als die im damaligen Großbritannien.

Anmerkungen

Literatur

Weblinks