Bernburg (Saale)
Bernburg (Saale) ist die Kreisstadt des Salzlandkreises in der Mitte Sachsen-Anhalts. Bernburg liegt an der Saale etwa 40 Kilometer südlich von Magdeburg und 35 Kilometer nördlich von Halle (Saale). Bernburg ist historisch ein Teil von Anhalt und war Residenzstadt der askanischen Nebenlinie Anhalt-Bernburg.
Wappen | Deutschlandkarte | |
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Basisdaten | ||
Koordinaten: | , 11° 45′ O51° 48′ N, 11° 45′ O | |
Bundesland: | Sachsen-Anhalt | |
Landkreis: | Salzlandkreis | |
Höhe: | 85 m ü. NHN | |
Fläche: | 113,51 km2 | |
Einwohner: | 32.261 (31. Dez. 2022)[1] | |
Bevölkerungsdichte: | 284 Einwohner je km2 | |
Postleitzahlen: | 06406, 06392 | |
Vorwahl: | 03471 | |
Kfz-Kennzeichen: | SLK, ASL, BBG, SBK, SFT | |
Gemeindeschlüssel: | 15 0 89 030 | |
LOCODE: | DE BEQ | |
NUTS: | DEE0C | |
Stadtgliederung: | 8 Ortsteile | |
Adresse der Stadtverwaltung: | Schlossgartenstraße 16 06406 Bernburg (Saale) | |
Website: | ||
Oberbürgermeisterin: | Silvia Ristow (Die Linke) | |
Lage der Stadt Bernburg (Saale) im Salzlandkreis | ||
Geografie
Geografische Lage
Bernburg liegt an der Saale südlich der sachsen-anhaltischen Hauptstadt Magdeburg und nördlich von Halle (Saale). Seine Lage südlich der Gletschervorstöße der letzten Eiszeit (vor etwa 12.000 Jahren) mitten im Schwarzerdegebiet der Magdeburger Börde bietet landwirtschaftlich gute Voraussetzungen. Im Gletschergarten am Stadtrand befinden sich noch Gesteinsplatten mit eiszeitlichen Schrammen.
Stadtgliederung
Die Stadt Bernburg setzt sich zusammen aus der Berg- und der Talstadt (Zusammenschluss der beiden Städte am 21. März 1825). Die Talstadt Bernburg wiederum ist in die Alt- und die Neustadt Bernburg gegliedert. Hinzu kommen noch weitere Wohngebiete, wie z. B.:
- Anton-Saefkow-Siedlung. Die von Architekt Leopold Fischer geplante Gartenstadt zwischen John-Schehr- und Horst-Heilmann-Straße wurde Ende der 1920er-Jahre erbaut. Sie wird im Volksmund „Zickzackhausen“ genannt, da die um 90 Grad gedrehten einzelnen Reihenhäuser in ihren Fronten versetzt sind.
- Friedenshall (früher Solvayhall)
- Harnack-Siedlung (früher Friedhofssiedlung)
- Schulze-Boysen-Siedlung (früher Junkerssiedlung; Kopernikus-, Galilei-, Bunsen- und Nernststraße) Die meisten Mehrfamilienhäuser aus den 1930er-Jahren wurden ab 2010 abgerissen. Der verbleibende Rest wird saniert und modernisiert.
Zu Bernburg gehören die acht Ortsteile:
Ortschaft | Einwohner | Ortsteile | Die Ortschaften von Bernburg (Saale) (anklickbare Karte) |
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Aderstedt | 491 | Aderstedt | |
Baalberge | 1.209 | Baalberge, Kleinwirschleben | |
Biendorf | 687 | Biendorf | |
Gröna | 519 | Gröna | |
Peißen | 1.110 | Peißen | |
Poley | 551 | Weddegast, Poley | |
Preußlitz | 619 | Leau, Plömnitz, Preußlitz | |
Wohlsdorf | 416 | Crüchern, Wohlsdorf |
Die fünf Stadtteile sind:
- Dröbel
- Neuborna (Baubeginn: Anfang 1933)
- Roschwitz
- Strenzfeld
- Waldau
Weitere Wohnplätze sind:
- Vorwerk Gnetsch
- Vorwerk Zepzig mit Mülldeponie Zepzig
Klima
Bernburg liegt inmitten des Mitteldeutschen Trockengebietes im Regenschatten des Harzes und ist dem Klimaraum des östlichen Harzvorlandes zugeordnet, dem trockensten Gebiet Deutschlands. Auf der Basis von Daten des Deutschen Wetterdienstes befindet sich Bernburg in einer Rangliste von 50 untersuchten deutschen Städten mit einer mittleren jährlichen Niederschlagsmenge von nur 469 Millimeter (Regenschatten des Harzes) auf dem letzten Platz. Die Lage in diesem Klimaraum bedingt auch höhere Sommertemperaturen, so wurde am 31. Juli 2018 mit 39,5 °C die höchste Jahrestemperatur in Deutschland gemessen. Die durchschnittliche Lufttemperatur in Bernburg beträgt 9,2 °C.
Durchschnittliche Klimadaten der Stadt Bernburg (1991–2020)
Quelle: Bernburg / Saale (Nord). In: Meteostat (Datenbasis: 1991–2020) |
Geschichte
Von der Vorgeschichte bis 1600
Bernburg ist namengebender Fundort für Siedlungsbelege der Bernburger Kultur, einer Untergruppe der jungsteinzeitlichen Trichterbecherkultur.
Das 2010 zu Bernburg eingemeindete Baalberge ist namengebender Fundort für Siedlungsbelege der Baalberger Kultur, einer weiteren Untergruppe der Trichterbecherkultur, deren fundreichste Erscheinung sie in Deutschland ist. Sie wurde benannt nach dem Erstfund im Schneiderberg von Baalberge.
Die Häufung von jungsteinzeitlichen Siedlungsbelegen beweist, dass der Raum Bernburg damals ein Zentrum der Trichterbecherkultur war. Dies lag daran, dass um die Elbe-Saale-Mündung die größte frühgeschichtliche Siedlungsfläche Mitteldeutschlands existierte.
Auf bronzezeitliche Spuren weist das Depot von Bernburg/Köthen aus der Aunjetitzer Kultur.
Das Gebiet um Bernburg ist durch fruchtbare Lössböden gekennzeichnet und zählte daher schon in früher Zeit zu den bevorzugten Siedlungsgebieten. Forschungsergebnisse von 2010 verorten die Siedlung Luppia, die Ptolemäus um das Jahr 150 n. Chr. in seinem Atlas Geographia verzeichnet hatte, im Raum Bernburg.[4][5] Im Frühmittelalter trennte die Saale die Wohngebiete der Germanen von denen der Slawen. Im Bereich der heutigen Stadt Bernburg lag einst ein günstiger Flussübergang. Die Saale machte allerdings damals einen Bogen und floss etwas weiter westlich, zwischen der heutigen Neustadt und dem Stadtteil Waldau.[6]
Der jetzige Stadtteil Waldau wurde im Jahre 782[7] erstmals und 806[8] als „Waladala“ in der Chronik von Moissac des gleichnamigen Klosters Moissac (heute in der Bibliothèque nationale de France in Paris) erwähnt. 782 wurde auf dem Reichstag zu Lippspringe das damalige Sachsen in fränkische Grafschaften aufgeteilt und damit Teil des Frankenreichs. 806 hielt König Karl (der Jüngere), der Sohn Karl des Großen, einen Heertag (= eine Heerschau) ab, rückte von dort aus über die Saale in das Gebiet der Sorben vor und schickte Heerscharen auch über die Elbe. Im Verlaufe dieses Feldzuges wurden auf Befehl König Karls zwei fränkische Burgen errichtet, die eine 40 km nördlich an der Elbe gegenüber von Magdeburg (805 ersterwähnt) und die andere 40 km südlich von Waladala östlich der Saale bei Giebichenstein (Ersterwähnung von Halle).
Am 29. Juli 961 erscheint in einer Schenkungsurkunde des späteren Kaisers Otto I. eine „civitas Brandanburg“.[9] Es war lange Zeit fraglich, ob es sich dabei um Bernburg handelt. Erst im Jahre 1960 fand der Heimatforscher Franz Stieler eine Abschrift der Urkunde von 961 in einem Copiar des 15. Jahrhunderts, welches für „Brandanburg“ die erläuternde Randglosse „Berneburg“ enthält.[10]
Die nächste sichere Erwähnung einer Bernburger Burg erfolgte zum Jahre 1138: Zwei Chroniken – die des Annalista Saxo und die Magdeburger Annalen – berichteten, dass die Feinde Albrechts des Bären die „Berneburch“ ansteckten, auf der seine Mutter Eilika residierte.
Neben dieser Burg bestand vermutlich auch auf dem Westufer der Saale eine weitere frühmittelalterliche Befestigungsanlage, die aus dem in der zweiten Hälfte des 10. Jahrhunderts zum Gernroder Klosterhof gewordenen ehemals fränkischen Königshof „Waladala“ hervorgegangen sein könnte. Zuvor gehörte das Klostergut zum Reichskloster Fulda, welches auch in Magdeburg und Alsleben über weitere Klostergüter direkt an der damaligen Ostgrenze des fränkischen Reiches (der Elbe-Saale-Linie) verfügte.[11]
Auf dem Gebiet der Talstadt kann im Bereich der Neustädter Pfarrkirche St. Nikolai eine frühstädtische Fernhandelskaufmannssiedlung angenommen werden. Nach der Zurückdrängung des Einflusses der Askanier auf das Kloster Nienburg und den dort befindlichen bedeutenden Saaleübergang im Jahr 1166 kam der Errichtung eines sicheren Flussüberganges in Bernburg eine erhöhte Bedeutung zu.
Gemeinsam mit dem Wiederaufbau der Burg ab der zweiten Hälfte des 12. Jahrhunderts wurde auch die Bergstädter Pfarrkirche St. Aegidien neu errichtet. Das Aegidien-Patrozinium und der aufwändige Bautyp dieser Kirche als romanische Basilika mit Vierungsturm deuten darauf hin, dass der Bau der Bergstädter Pfarrkirche Teil eines Ansiedlungsprojektes für Neusiedler aus den westlichen Teilen des Reiches war, die sich nun zur Intensivierung des askanischen Landesausbaus im Bereich der Bernburger Burg niederlassen sollten. Gleichzeitig entstand vor der Burg, im Bereich der heutigen Fischergasse, eine slawische Kietz-Siedlung. Der Verkauf landwirtschaftlicher Produkte an Fernhandelskaufleute schuf die Grundlage für die Entstehung einer Nahmarkt- und Dienstleistungssiedlung auf dem Gebiet der Bernburger Altstadt im Saaletal. Diese entwickelte sich dann in der ersten Hälfte des 13. Jahrhunderts durch die gezielte Ansiedlung von Handwerkern und Kaufleuten und die Einbeziehung von ortsfest gewordenen Händlern der Nikolaisiedlung – die nun in einer untergeordneten, aber selbstständigen Neustadt aufging – zur gotischen Marktstadt weiter.
Der erste Beleg für eine Mühle an der Saale stammt aus dem Jahre 1219. Das Gefälle der Bernburger Saalestufe war für den Mühlenbetrieb gut geeignet. Die erste Saalebrücke wurde 1239 erwähnt. Sie wurde bis ins 20. Jahrhundert immer wieder zerstört und erneuert. 1278 erhielten Altstadt und Neustadt durch Bernhard I. von Anhalt-Bernburg das Stadtrecht. 1293 wird auf Betreiben des Abtes des Klosters Nienburg das Slawische als Gerichtssprache in Anhalt-Bernburg verboten. 1308 wurde das Bernburger Kloster (heute St. Johannes-Hospital) erstmals erwähnt, 1326 die Bergstadt. Die regionale Legende bringt den Handlungsort jener Historie, in der sich Till Eulenspiegel als Turmbläser beim Grafen von Anhalt verdingt, mit dem Bergfried des Bernburger Schlosses in Verbindung. Da aber auf der Burg Bernburg im 15. Jahrhundert zwei Bergfriede vorhanden waren und der Eulenspiegelturm im Jahr 1497 noch als „keulichter thorm“ bezeichnet wurde, kann davon ausgegangen werden, dass diese Übertragung erst als Reaktion auf die Rezeption des Eulenspiegelstoffes am Bernburger Fürstenhof erfolgte. Im Jahr 1640 ist der Name „Eulenspiegel“ für den heute erhaltenen runden Bergfried der Kernburg erstmals im Bernburger Salbuch belegt. Wegen der Einfuhr unverzollter Waren auf dem Wasserweg kam es 1426 zum Heringskrieg, einem bewaffneten Zollstreit mit der Hansestadt Magdeburg. 1526 erfolgte die Einführung der Reformation in Anhalt-Bernburg als drittem Staat der Welt, nach Kursachsen und Anhalt-Köthen. Am 21. Oktober 1530 erhielt das Erzstift Magdeburg ein Privileg des katholischen Kaisers Karl V. zur freien Saaleschifffahrt mit gleichzeitiger Erlaubnis, das Flussbett auszubauen. Als erste Maßnahme hierzu wurde noch im gleichen Jahr mit dem Bau des Wehres in Bernburg begonnen. 1559 kam es auf Initiative des begünstigten Erzstiftes zu einem Vertrag zwischen Erzbischof Sigismund und Fürst Wolfgang von Anhalt zwecks Ausbau und Sicherung der Saaleschifffahrt. Auf dieser Grundlage begann 1560 der Bau der ersten noch hölzernen Schleuse in Bernburg. Der Bereich flussabwärts der Schleuse bis zur Saalebrücke wurde seitdem als Klein-Venedig bezeichnet, der Hang oberhalb dieses Hafens als Schöner Winkel. Schon 1605 mussten wegen des damaligen Niederganges der Saaleschifffahrt Abgaben zum Unterhalt der Schleusen erhoben werden.
In den Hexenverfolgungen wurden 1555–1664 in Stadt und Amt Bernburg mindestens 46 Personen angeklagt.[12] Bekannt wurde der Hexenprozess 1617–1619 gegen die Frau des Bürgermeisters Meyhen, Barbara Meyhe.[13] Am 9. Dezember 2015 fand am ehemaligen Pfarrhaus der Kirche St. Marien (Altstädter Kirchhof 10) die Enthüllung einer Gedenktafel für die Opfer der Hexenverfolgung in Bernburg (Saale) statt.[14]
1600 bis 1900
1595 zerstörte eine Überschwemmung 160 Häuser der Talstadt. 1603 wurde Bernburg Residenz- und Garnisonsstadt des Fürstentums (ab 1807 Herzogtums) Anhalt-Bernburg. Im Dreißigjährigen Krieg eroberten und plünderte im Jahre 1630 Heinrich von Holk mit seinen „Holk'schen Reitern“ die Stadt, eine Pestepidemie forderte in dieser Zeit 1700 Opfer. 1666 wütete eine Feuersbrunst in der Altstadt. Die letzte Pestepidemie suchte Bernburg 1682 heim. 1697 wurde die erste steinerne Saale-Schleuse eingeweiht.
1745 wurde in Bernburg die erste Dampfmaschine für den Bergbau konstruiert. 1757 und nochmals von 1807 bis 1813 stand Bernburg unter französischer Besatzung. Tal- und Bergstadt wurden 1825 zur Stadt Bernburg vereinigt. Die Anhalt-Cöthen-Bernburger Eisenbahn-Gesellschaft eröffnete 1846 Köthens dritten Bahnhof und damit Bernburgs erste Bahnverbindung zu den Stationen der Magdeburg-Köthen-Halle-Leipziger Eisenbahn-Gesellschaft (1840) sowie der Berlin-Anhaltischen Eisenbahn (1841).
Im Schloss wurde 1860 ein Bärenzwinger gebaut, um den ersten 1858 aus Russland eingetroffenen Braunbären zu halten. Der Zwinger wurde 1996 nach tierschutzgerechten Prinzipien erneuert.
1863 endete das Herzogtum Anhalt-Bernburg mit dem Tod des letzten Herzogs Alexander Carl. 1883 wurden die Solvay-Werke eröffnet, 1884 begann der Salzbergbau, wodurch Bernburg für kurze Zeit die größte Stadt in Anhalt war. 1891 wurde die erste Stahlbrücke über die Saale errichtet. 1895 ließ der Kreis Bernburg durch die Firma Gropius & Schmieden ein neues Krankenhaus im Pavillonstil errichten.[15]
1900 bis zur Gegenwart
1902 wurde die Stadt Solbad und bekam ein Kurhaus. 1913 wurde der Keßlerturm eingeweiht,[16][17][18] benannt nach seinem Stifter, Kommerzienrat Theodor Keßler (1839–1917), Teilhaber der Bernburger Zinngießerei L. Keßler & Sohn. 1913 begannen die Bernburger Kaliwerke (Wintershall AG) mit der Förderung. Nach dem Ende des Ersten Weltkriegs verlor Bernburg durch den V. Teil des Friedensvertrags von Versailles seine Garnison. Die Stadt Bernburg erwarb 1919 die Karlskaserne und baute sie zum Rathaus um. Ab dem 1. Januar 1924 war in Bernburg kein Militär mehr stationiert. In die Franz-Kaserne zog daraufhin die Landespolizei ein.
1933 wurde die Stadt Bernburg kreisfrei.
1935 wurde die neue Marktbrücke eingeweiht. Im Zuge der Aufrüstung der Wehrmacht während der Zeit des Nationalsozialismus wurde Bernburg ab 1935 wieder Garnisonsstadt. Neu erbaut wurden eine Infanterie-Kaserne an der Ilberstedter Straße und ein Fliegerhorst nordwestlich der Stadt. In Bernburg standen Teile eines Infanterie-Regiments sowie mehrere Ersatz- und Luftwaffen-Einheiten.
In dieser Zeit wurde nördlich von Strenzfeld das Werk Bernburg der Dessauer Junkers-Flugzeugwerke errichtet, wo Ju 88 montiert und auf dem anliegenden Flugplatz von der Luftwaffe übernommen wurden. 1939 bis 1940 wurde die Junkers-Siedlung gebaut.
Im November 1940 wurde in der damaligen Landes-Heil- und Pflegeanstalt Bernburg (heute Salus Fachklinikum Bernburg) die NS-Tötungsanstalt Bernburg eingerichtet und betrieben. Zwischen 1940 und 1943 wurden dort über 14.000 Menschen im Rahmen der NS-Krankenmorde (Aktion T4 und Aktion 14f13) vergast.[19] Die 1989 neu eröffnete Gedenkstätte Bernburg für die Opfer der NS-Euthanasie befindet sich in der ehemaligen Heil- und Pflegeanstalt bzw. im heutigen Salus Fachklinikum Bernburg.[20]
Das Gedenkbuch des Bundesarchivs für die Opfer der nationalsozialistischen Judenverfolgung in Deutschland (1933–1945) verzeichnet namentlich 75 jüdische Einwohner Bernburgs, die deportiert und größtenteils ermordet wurden.[21] Zu ihrer Erinnerung wurden zwischen 2017 und 2020 insgesamt 35 Stolpersteine an 14 Adressen verlegt.[22]
Im Zweiten Weltkrieg wurde besonders das Junkerswerk, aber auch die Stadt Bernburg selbst ab 1940 mehrfach bombardiert (→ Big Week). Der schwerste Angriff auf Bernburg erfolgte am 11. April 1945 durch 85 Bomber der 9. US-Luftflotte. Dabei wurden 49 Wohnhäuser zerstört oder schwer beschädigt, 456 leicht beschädigt. An diesem Tag kamen 84 Einwohner ums Leben, insgesamt bei den Bombenangriffen auf Bernburg 112 Menschen.[23] Am 12. und 13. April 1945 wurden die Saale-Brücken gesprengt.
Am 16. und 17. April 1945 wurde Bernburg durch US-Truppen besetzt. Vom 1. bis 5. Juli 1945 löste die Rote Armee die US-Armee ab. Bernburg wurde Garnisonsstadt der Gruppe der Sowjetischen Streitkräfte in Deutschland und blieb dies bis zum Abzug der Truppen am 22. November 1990.[25] Die Solvay GmbH (Soda-, Ätznatron- und Zementherstellung) verfiel der Demontage mit Abtransport in die Sowjetunion.[26] 1950 begann unter Vorsitz der gebürtigen Bernburgerin Hilde Benjamin ein Prozess gegen die Solvay-Werkleitung. 1952 konnte ein neu aufgebauter Betrieb wieder mit der Produktion von Soda beginnen. Beim Aufstand vom 17. Juni 1953 kam es im Soda-Werk zu Streiks mit der Forderung nach Auflösung der SED.[27] 1962 begann ein neues Zementwerk mit seiner Produktion.
1961 wurde im Stadtteil Strenzfeld die Hochschule Bernburg gegründet, die seit 1991 Teil der Hochschule Anhalt ist. Die Landesanstalt für Landwirtschaft, Forsten und Gartenbau Sachsen-Anhalt hat dort ebenfalls ihren Sitz.
Am 30. Oktober 1989 kam es im Rahmen der Friedlichen Revolution in der DDR zur ersten Montagsdemonstration mit 3000 Teilnehmern.
1991 konnte die an den Konzern rückübertragene Solvay Alkali Bernburg GmbH mit 950 Beschäftigten ihre Tätigkeit aufnehmen/weiterführen. Im Jahr 2011 feierte die Stadt ihr 1050-jähriges Jubiläum. In Vorbereitung dieses Ereignisses brachte die Stadt das Buch 1050 Jahre Bernburg (Saale) in Anhalt – Ein Jubiläumsbuch heraus. Am 4. Dezember 2015 wurde Bernburg als 44. Stadt der Ehrentitel Reformationsstadt Europas durch die Gemeinschaft Evangelischer Kirchen in Europa verliehen.[28]
Eingemeindungen
Die Eingemeindungen nach Bernburg fanden in den Jahren 1871 (Waldau), 1926 (Dröbel), 1927 (Roschwitz), 2003 (Aderstedt)[29] und 2010 (sieben Gemeinden)[30] statt.
Eingemeindungen in jetzige Ortsteile von Bernburg fanden hauptsächlich 1950 statt.[31]
Ehemalige Gemeinde | Datum | Anmerkung |
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Aderstedt | 1. Januar 2003 | |
Baalberge | 1. Januar 2010 | |
Biendorf | 1. Januar 2010 | |
Crüchern | 1. Juli 1950 | Eingemeindung nach Wohlsdorf |
Dröbel | 1. Oktober 1926 | |
Gröna | 1. Januar 2010 | |
Kleinwirschleben | 1. Juli 1950 | Eingemeindung nach Baalberge |
Leau | 1. Januar 1957 | Eingemeindung nach Preußlitz |
Oberpeißen | 1. Juli 1950 | Zusammenschluss mit Unterpeißen zu Peißen |
Peißen | 1. Januar 2010 | |
Plömnitz | 1. Juli 1950 | Eingemeindung nach Preußlitz |
Poley | 1. Januar 2010 | |
Preußlitz | 1. Januar 2010 | |
Roschwitz | 1. Oktober 1927 | |
Unterpeißen | 1. Juli 1950 | Zusammenschluss mit Oberpeißen zu Peißen |
Waldau | 1. Januar 1871 | |
Wohlsdorf | 1. Januar 2010 |
Einwohnerentwicklung
Entwicklung der Einwohnerzahl (ab 1960 jeweils am 31. Dezember):
- 1817: ca. 7.000 a
- 1830: 5.995
- 1880: 18.602
- 1889: 27.893
- 1890: 34.418
- 1910: 33.695
- 1919: 33.028
- 1925: 34.631
- 1928: 37.200 b
- 1945: 55.000 c
- 1946: 53.367 d
- 1950: 49.000 e
- 1960: 44.464
- 1965: 45.799
- 1970: 45.367
- 1975: 43.861
- 1980: 42.262
- 1981: 41.232
- 1984: 40.882
- 1985: 40.786
- 1990: 39.901
- 1995: 35.902
- 2000: 33.825
- 2001: 33.244
- 2002: 32.599
- 2003: 32.618 c
- 2004: 32.202
- 2005: 32.618
- 2006: 32.202
- 2007: 31.883
- 2008: 31.329
- 2009: 30.329
- 2010: 35.516 c
- 2011: 35.224
- 2012: 34.481
- 2013: 34.121
- 2015: 33.920
- 2016: 33.536 f
- 2017: 32.876 f
- 2018: 32.674 f
- 2019: 32.573 f
- 2020: 32.257 f
(Kernstadt: 27.487) - 2021: 32.000 f
- 2022: 32.261 f
Datenquelle (sofern nichts anderes angegeben): Webseite Stadt Bernburg; maßgeblich sind die Angaben des Statistischen Landesamtes Sachsen-Anhalt