Dora Diamant

polnische Jüdin, letzte Lebensgefährtin von Franz Kafka

Dora Diamant (Dworja Diament, jiddisch Dora Dymant); verheiratete Lask (* 4. März 1898 in Pabianice, Kongresspolen; † 15. August 1952 in London) war eine politische Aktivistin und Schauspielerin. Sie war die letzte Lebensgefährtin von Franz Kafka.

Dora Diamant, Fotografie vor 1930

Leben

Familie

Dora Dymant war die Tochter von Hersz Aron Diament, einem erfolgreichen Kleinunternehmer und chassidischen Anhänger des Gerrer Rebbe. Ihre Mutter Frajda Fridl Diament starb 1912; die Familie zog nach Będzin in der Nähe der deutschen Grenze.[1] Nach einer kurzen Ausbildung als Kindergärtnerin in Krakau[2] zog Dora Dymant mit 21 Jahren nach Berlin, wo sie beim Berliner Jüdischen Volksheim arbeitete.

Die Zeit mit Franz Kafka

Dora Dymant lernte als 25-Jährige im Juli 1923 den damals 40-jährigen Franz Kafka im Ostseebad Graal-Müritz kennen,[3][4] wo sie als Betreuerin einer Ferienkolonie des Volksheims arbeitete.[2] Im September des Jahres bezogen sie zusammen eine Wohnung in Berlin-Steglitz, Grunewaldstraße 13. Da in Deutschland zu dieser Zeit die Inflation ihren Höhepunkt erreichte, mussten sie aufgrund finanzieller Probleme zweimal umziehen. Franz Kafka hatte sich nun endgültig von Prag und seiner Familie gelöst; er betrachtete dies als größte Leistung seines Lebens. In ihren späteren Aufzeichnungen widersprach Dora Dymant dem Bild vom neurotischen, sexuell anormalen Dichter.[5] Sie bezeichnete Franz Kafka als sinnesfreudig wie ein Tier (oder wie ein Kind) und beschrieb seine Heiterkeit, Spielfreude und Lebenslust.[6] In dieser Zeit entstand seine Erzählung Eine kleine Frau.[7]

Heiratspläne scheiterten an dem Widerstand von Dymants Vater. Franz Kafkas Gesundheitszustand wurde in Folge seiner Lungentuberkulose zunehmend schlechter. Im April 1924 begab er sich in ein Sanatorium in Kierling bei Klosterneuburg (Niederösterreich). Dora Dymant pflegte ihn dort bis zu dessen Tod am 3. Juni 1924. Ihre Hingabe an Franz Kafka bewog dessen Eltern, Vorurteile ihr gegenüber zu überwinden. Als es um die Bestattung Franz Kafkas ging, telegrafierte Hermann Kafka: „Dora entscheidet“.[6]

Dora Dymant behielt, gegen Franz Kafkas Absicht, von seinen Notizheften eine unbekannte Anzahl – und unbekannten Inhalts – in ihrem Besitz. Diese wurden zusammen mit ihren übrigen Papieren bei einer Razzia der Gestapo im Jahre 1933 aus ihrer Wohnung gestohlen und sind bis heute wohl im Bundesarchiv verschollen,[8] ebenso wie Franz Kafkas Briefe an Dora Dymant.[9]

Späteres Leben

Dora Dymant zog nach Franz Kafkas Tod zunächst nach Berlin, wurde ab 1926 Schauspielerin in Düsseldorf, wo sie von 1927 bis 1930 in verschiedenen Produktionen auftrat.[2] Sie trat 1930 nach abermaligem Umzug nach Berlin der KPD bei. 1932 heiratete sie den Ökonomen und Redakteur der Roten Fahne Lutz Lask (1903–1973). Am 1. März 1934 kam die gemeinsame Tochter Franziska Marianne († 12. Oktober 1982[10]) zur Welt.

1936 floh Dora Dymant mit ihren Schwiegereltern Louis Jacobsohn und Berta Lask vor den Nationalsozialisten in die Sowjetunion. Hier wurde ihr dorthin schon geflohener Mann im Zuge der Stalinschen Säuberungen inhaftiert, während sie 1938 mit ihrer Tochter ins westliche Ausland fliehen konnte. Als sie 1940 Großbritannien erreichte, wurde sie zunächst als Enemy Alien auf der Isle of Man interniert, danach lebte sie in London. Sie starb 1952 an den Folgen eines Nierenversagens. Im Jahr darauf wurde Lutz Lask, zu dem jeder Kontakt abgebrochen war, aus der sowjetischen Lagerhaft entlassen.

Literatur

  • Kathi Diamant: Kafkas letzte Liebe: die Biographie von Dora Diamant. Aus dem Amerikanischen von Wiebke Mönning und Christoph Moors. Mit einem Vorwort von Reiner Stach, onomato-Verlag, Düsseldorf 2013, ISBN 978-3-942864-23-7.
  • Florian Kraiczi: Der Einfluss der Frauen auf Kafkas Werk: Eine Einführung. University of Bamberg Press, Bamberg 2008. (Online-Text)
  • Dieter Lamping: Anders leben. Franz Kafka und Dora Diamant. Mit Grafiken von Simone Frieling. Ebersbach & Simon, Köln 2023, ISBN 978-3-86915-289-9
  • Roland Reuss: "Kafkas letzte Geliebte. Graphische Spur von Ja und Nein: Dora Dymants Widmung" (Memento vom 7. August 2007 im Internet Archive). In: Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 10. April 2006, S. 37 (Geschichte einer handschriftlichen Widmung Dora Diamants in einer Ausgabe des Landarzt-Erzählbandes)
Roman
Podcast

Weblinks

Commons: Dora Diamant – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise