Geschlechtsspezifische und sexuelle Gewalt durch die Hamas während des Terrorangriffs am 7. Oktober 2023

Geschlechtspezifische und sexuelle Gewalt während des Terrorangriffs auf Israel, die sich gezielt und systematisch gegen Frauen richtete

Am 7. Oktober 2023 führte die Terrormiliz Hamas einen lange geplanten Terroranschlag gegen Israel durch. Dabei töteten palästinensische Terroristen der Hamas und anderer Gruppen an einem Tag mehr als 1.200 Menschen und entführten 240 Geiseln in den Gazastreifen. Während dieses Terrorangriffs setzten Hamas-Terroristen gezielt geschlechtsspezifische und sexuelle Gewalt gegen Frauen ein. Die Taten umfassen Vergewaltigungen und andere Gräueltaten, die die terroristischen Täter selbst mit Bodycams filmten und in sozialen Medien teilten.

Videoaufzeichnungen, Mitschnitte von Zeugenaussagen und weitere Indizien wurden seit dem Tag des Angriffs gesammelt und von israelischen Ermittlungsbehörden und zivilgesellschaftlichen Organisationen ausgewertet. Die israelische Polizei und das Nationale Zentrum für Forensische Medizin führten umfassende Untersuchungen und forensische Analysen durch, um die Verbrechen aufzuklären. Bislang ist der Abschluss der Ermittlungen nicht erfolgt. (Stand: Januar 2024)

Erste Berichterstattungen vom 7. Oktober

Am 7. Oktober 2023 führten die Terroristen der Hamas und anderer Gruppen einen lang geplanten Überrumpelungsangriff durch und töteten dabei etwa 1.200 Menschen in Israel. Mehrere hundert Menschen wurden als Geiseln in den Gazastreifen entführt. Im Verlauf des Terrorangriffs häuften sich Berichte über sexuelle Gewalt durch Hamas-Terroristen. Unmittelbar nach dem Angriff entstanden Aufnahmen, die sexualisierte Gewalt und andere Gräueltaten zeigten. Die Terroristen filmten ihre Taten, darunter Vergewaltigungen, mit dem Ziel, die entstandenen Videos als Mittel der psychologischen Kriegführung zu verwenden. Einige Aufnahmen verbreiteten sie in sozialen Medien, teils direkt an Familienangehörige der Opfer.[1][2]

Verschiedene Aufzeichnungen vom 7. Oktober 2023 zeigen Shani Louk, die am Nova-Musikfestival teilnahm und wenig bekleidet, regungslos auf einem Pick-Up liegt. Das Video, das die Hamas-Terroristen via Soziale Medien verbreiteten, ging um die Welt. Erst 23 Tage später wurde bekannt, dass Louk mutmaßlich bereits am 7. Oktober ermordet wurde.[3] Andere Aufnahmen zeigten eine junge Frau, die als Geisel genommen wurde. Ihre Hände sind gefesselt und ihre Kleidung in Schritthöhe blutdurchtränkt.[4][5] Dokumentierte Aussagen von Zeugen und Ersthelfern bestätigten die Ausübung von sexualisierter Gewalt.[2][6]

Ermittlungen und Zeugenaussagen

Seit dem 7. Oktober hat die israelische Polizei mehr als 1.500 Zeugenaussagen gesammelt und Ermittlungen eingeleitet. Es wurden Fälle eröffnet, die sich mit Massenmord, Vergewaltigung, Folter und Körperverletzung befassen.[2] Meni Binyamin, der Leiter der internationalen Kriminalermittlungseinheit der israelischen Polizei, gab bekannt, dass am 7. Oktober Mitglieder der Hamas eine nicht näher genannte Anzahl von Frauen und einige Männer zu Opfern sexueller Gewalt machten.[7] Nach Angaben einer Ermittlerin zeigte sich bereits vor Abschluss der Ermittlungen, dass Hamas sexualisierte Gewalt systematisch als Kriegswaffe einsetzte. Bei den Ermittlungen handle es sich um die größte Polizeiermittlung dieser Art in der Geschichte Israels.[8][5]

Für eine juristisch eindeutige Sicherung von Beweisen, die nach sexualisierter Gewalt üblicherweise erfolgt, waren die Bedingungen zu Beginn der Ermittlungen sehr schlecht; Ersthelfende waren vorerst damit beschäftigt, Verletzte und Leichen zu bergen. Eine Erfassung von Beweismaterial, durch forensische Spezialisten, die u. a. das Sichern von Körperflüssigkeiten, DNA-Spuren und Kleidung innerhalb von 48 Stunden gewährleisteten, war nicht möglich. Der Zustand vieler Leichen, die stark verbrannt waren, hat eine Spurensicherung ebenso verunmöglicht.[4][9]

Die Hamas-Terroristen ließen die Mehrheit der Opfer ihrer sexualisierten Gewalt nicht am Leben.[8][10][11] Die Hamas wies jegliche Vorwürfe, systematische sexuelle Gewalt gegen Frauen als Kriegsmittel zu nutzen, zurück. Anschuldigungen wegen sexualisierter Gewalt bezeichnete die Terrororganisation als „Teil einer zionistischen Kampagne“, die Lügen verbreiten würde, um den „palästinensischen Widerstand zu dämonisieren“.[12] Hamas-Beamte behaupteten, dass die Gräueltaten von anderen bewaffneten Gruppierungen begangen worden seien, nachdem die Hamas-Terroristen Barrierezäune rund um Gaza durchbrochen hätten.[7] Ein Hamas-Funktionär betonte, dass sexuelle Gewalt den islamischen Grundsätzen widerspreche. Die Terrorgruppierung betrachte jede sexuelle Beziehung außerhalb der Ehe als vollständig verboten im Islam.[2] Verhör-Ausschnitte mit Hamas-Terroristen belegen eine militärische Anweisung zur Vergewaltigung von Frauen.[6] Das Verschleppen von Geiseln nach Gaza sollte mit einer Wohnung und 10.000 Dollar belohnt werden. Opfer der Hamas waren nicht nur jüdische Frauen, sondern auch arabisch-israelische Beduininnen und andere palästinensische Israelinnen, die mehrheitlich selbst muslimisch, in kleinerer Zahl aber auch christlichen Glaubens sind. Die Islamisten betrachten arabische Israelis per se als „Verräter“, den sie gemeinsame Sache mit dem „Feind“ unterstellen.[1]

Gegenüber der New York Times berichtete eine inzwischen frei gelassene israelische Geisel über erfahrene sexuelle Gewalt durch die palästinensischen Entführer und über andere Gewaltakte ihr gegenüber.[13]

Kommission zur Aufklärung der Straftaten der Hamas

Die Rechtsanwältin und Völkerrechtlerin Cochav Elkayam-Levy, deren Spezialgebiete an der Hebräischen Universität in Jerusalem internationale Beziehungen und Menschenrechte sind, gründete acht Tage nach dem Terrorangriff der Hamas eine zivilgesellschaftliche Kommission: Civil Commission on Oct. 7th Crimes by Hamas against Women and Children (Zivilkommission für Verbrechen der Hamas gegen Frauen und Kinder vom 7. Oktober). Diese Kommission erfasst und dokumentiert datenbankorientiert Beweise für Straftaten an Frauen und Kindern, die am 7. Oktober begangen wurden. Dazu gehören Zeugenaussagen von Überlebenden, Zeugen, Gerichtsmedizinern, Ersthelfern, Polizei und von den Terroristen selbst. Die Dokumentationen erfolgen parallel zu den Ermittlungen der israelischen Polizei und in Zusammenarbeit mit dem Militär.[2][4] Elkayam-Levy geht auf die Bedeutung von geschlechtsspezifischer Gewalt ein, bei der es sich nicht ausschließlich nur um sexualisierte Verbrechen handle: „Die Organe von Frauen herauszuschneiden, eine Granate im Körper einer Frau zu verstecken, ein Baby vor den Augen seiner Mutter zu töten, oder Mütter vor ihren Kindern, Frauen und Kinder zu entführen - all dies ist geschlechtsspezifische Gewalt.“[4]

Die Präsidentin und Juraprofessorin des Achva Academic College Yifʿat Bitton ist Teil der Kommission und bestätigte die Auffassung der Kommission, dass die Verbrechen der Hamas als systematische Kriegsverbrechen gegen Frauen und Kinder in Israel eingeordnet werden.[11]

Die Kommission informierte unverzüglich nach dem Terroranschlag die Botschaften verschiedener Länder, um auch international auf die Verbrechen der Hamas gegen Frauen, insbesondere sexualisierte Gewalt, aufmerksam zu machen. Anfang November 2023 wurden während einer Pressekonferenz in Berlin Videoauschnitte gezeigt, die von Mitgliedern der Kommission ausgewählt wurden und in denen Überlebende in Interviews über geschlechtsspezifische Gewalt sprachen. Dabei berichteten Überlebende und Zeugen Gruppenvergewaltigungen, das Abtrennen von Geschlechtsteilen, Verstümmelungen im Intimbereich und weitere Grausamkeiten.[14]

Strafrechtliche Einordnung

Israelische Polizisten begannen damit, gegen Terroristen aus Gaza, die an den Massakern beteiligt waren, wegen mehrerer Fälle sexueller Übergriffe zu ermitteln, damit die Staatsanwalt sie wegen Vergewaltigung anklagen kann.[15] Autopsien und forensische Beweise und Geständnisse verhafteter Hamas-Terroristen bestätigen, dass es zu Sexualverbrechen gekommen sei.[7]

Die Juraprofessorin Ruth Halperin-Kaddari an der israelischen Bar-Ilan-Universität ordnet die Taten der Hamas als Völkermord ein: „Was am 7. Oktober geschah - die Hamas beging Verbrechen gegen die Menschlichkeit, die einem Völkermord gleichkommen. Der Einsatz von Frauenkörpern als Kriegswaffe – der Einsatz von Frauenkörpern, um die grausamsten Verbrechen zu begehen – an Frauen selbst. Und an Israelis und Juden. Mit Absicht. Dies geschah vorsätzlich.“[16]

Die israelische Anwältin und Menschenrechtsaktivistin Nitsana Darschan-Leitner reichte Anfang November 2023 eine Beschwerde gegen führende Mitglieder der Terrormiliz Hamas beim Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag ein. Im Völkerstrafrecht sind Kriegsverbrechen beschrieben, die Tötung, Folter, Vergewaltigung und Geiselnahme von Zivilisten, umfassen. Systematische Angriffe auf die Zivilbevölkerung und Hinweise zu solchen Verbrechen sind im Artikel 7 des Römischen Statuts des Internationalen Strafgerichtshofs geregelt. In diesem Artikel sind die Bedingungen festgelegt, die erfüllt sein müssen, um von einem Verbrechen gegen die Menschlichkeit zu sprechen.[17]

Die israelische Anwältin Yaʿel Vias Gvirsman wertete das Videomaterial als Beweis für sexualisierte Gewalt und erstattete Anzeige bei französischen und deutschen Gerichten sowie beim Internationalen Strafgerichtshof.[18]

In Deutschland nahm der Generalbundesanwalt Ermittlungen im Fall der ermordeten deutsch-israelischen Staatsbürgerin Shani Louk auf. Die Strafanzeige stützt sich auf das in Deutschland verankerte Weltrechtsprinzip. Die Verfolgung schwerster Verbrechen ist auch dann möglich, wenn die Straftaten in anderen Ländern begangen wurden.[19] Am 1. November 2023 verabschiedete die Bundesregierung in ihrer Kabinettssitzung den Entwurf für ein Gesetz zur Weiterentwicklung des Völkerstrafrechts. Dieser Gesetzentwurf sieht die Einführung neuer Straftatbestände im Völkerstrafgesetzbuch (VStGB) vor und stärkt die Rechte von Betroffenen im Strafverfahren. Ziel ist es, einen verbesserten Schutz für Opfer sexualisierter Gewalt zu gewährleisten.[20]

Internationale Reaktionen

Am 30. November 2023 schrieb UN-Generalsekretär António Guterres auf X (ehemals Twitter): „Geschlechtsspezifische Gewalt muss verurteilt werden. Jederzeit. Überall.“ und: „Es gibt zahlreiche Berichte über sexuelle Gewalt während der abscheulichen Terroranschläge der Hamas am 7. Oktober, die energisch untersucht und strafrechtlich verfolgt werden müssen.“[15] Die verspätete Reaktion der Vereinten Nationen, insbesondere von UN Women, wurde stark kritisiert.[21] Die Juraprofessorin Cochav Elkayam Levy, die am 1. November einen von Wissenschaftlern unterzeichneten Brief an UN Women schrieb, sowie der israelische Botschafter Gilad Erdan, der zwei Briefe an die Exekutivdirektorin von UN Women schickte, um über die geschlechtsspezifischen Gräueltaten durch die Hamas-Terroristen zu berichten, erhielten keine Rückmeldungen auf ihre Nachrichten und Briefe. Am 25. November 2023 griff UN Women das Thema erstmals in den sozialen Medien auf, ohne dabei die Hamas zu erwähnen. Am 1. Dezember 2023 verurteilte UN Women „die verabscheuungswürdigen [„brutal“] Angriffe der Hamas gegen Israel“.[22][23]

Am 3. Dezember 2023 fand in London eine Demonstration unter dem Titel UN Women – Your Silence Is Loud statt. Am 4. Dezember fand eine Protestaktion vor dem Hauptsitz der Vereinten Nationen in New York statt, um das Schweigen der UN zu geschlechtsspezifischer Gewalt anzuprangern.[24] Sie verwendeten u. a. Plakate mit der Aufschrift: „#MeToo. UNless you are a Jew“ (deutsch: „Ich auch, es sei denn, du bist Jude“).[25]

Die Konferenz vom 4. Dezember 2023 am Hauptsitz der Vereinten Nationen in New York, organisiert von israelischen und jüdischen Gruppierungen, bot die Möglichkeit, Gewalt gegen Frauen durch die Hamas zu thematisieren. Insbesondere wurde die Kritik an der Handlungsunfähigkeit von UN Women und anderen Frauenrechtsorganisationen diskutiert. Zu den Hauptrednerinnen gehörten u. a. Sheryl Sandberg, Hillary Clinton und Kirsten Gillibrand. Auch Augenzeugen und ehrenamtlich Helfende, darunter medizinisches Personal, die ihre Zeugenaussagen vom 7. Oktober wiederholten, waren vor Ort. Alle sprachen vor einem internationalen Publikum.[11][26]

Am 4. März 2024 legten die Vereinten Nationen einen Bericht über den Einsatz sexueller Gewalt durch die Hamas vor.[27] Israels Präsident Jitzchak Herzog äußerte sich positiv zu dem Bericht und wies auf die „systematische, vorsätzliche und anhaltende sexuelle Gewalt durch die Hamas“ hin.[28]

Weblinks

Einzelnachweise