Geschwend (Todtnau)

Ortsteil von Todtnau

Geschwend ist seit dem 1. April 1974 ein Stadtteil der Stadt Todtnau im baden-württembergischen Landkreis Lörrach.

Geschwend
Stadt Todtnau
Wappen von Geschwend
Koordinaten:, 7° 56′ O47° 48′ 16″ N, 7° 56′ 27″ O
Höhe: 459 m
Fläche:11,34 km²
Einwohner:375 (2. Jan. 2020)
Bevölkerungsdichte:33 Einwohner/km²
Eingemeindung:1. April 1974
Postleitzahl:79674
Vorwahl:07671
Karte
Lage von Geschwend
Blick auf Todtnau-Geschwend mit der St. Wendelins Kirche
Blick auf Todtnau-Geschwend mit der St. Wendelins Kirche

Geographie

Geographische Lage

Der Ort liegt am Unterlauf des Prägbaches und auf der linken Talseite des Wiesentals. Auf der Gemarkung mündet der Prägbach in die Wiese. Nördlich der Dorfsiedlung liegt der Staldenkopf (1135 Meter NN) und nördlich der Elsberg (1029 Meter NN).

Ortsgliederung

Zum Stadtteil Geschwend gehören der Wohnplatz Gisiboden[1] und der aufgegangene Ort Grafenmatte[2].

Nachbarorte

Der Ort grenzt im Norden an die Gemarkungen der Kernstadt Todtnau und des Todtnauer Stadtteils Schlechtnau; im Westen an die Gemeinde Utzenfeld; im Süden und Osten an die Stadt Schönau im Schwarzwald, sowie im Osten an den Todtnauer Stadtteil Präg.

Geologie

Geschwender Halde mit Teilen der Hangsicherung (Oktober 2020)

Am 7. März 2019 löste sich 180 Höhenmeter über der Bebauung aus dem Randgranit der Geschwender Halde, oberhalb der Gisibodenstraße ein 5,5 Tonnen schwerer Felsblock mit einer Größe von 2,2 Kubikmetern. Der Felsblock wurde durch eine Buche abgeleitet und traf daher nur auf einem Hof und nicht auf einem Haus auf. Steinschlag dieser Größenordnung wird Blockschlag genannt.[3] Am 23. Oktober 2019 wurden etwa 70 Bewohner von 15 Häuser evakuiert. Nach Sicherungsarbeiten zur Beseitigung der akuten Gefahr im Oktober und November durften die letzten Anwohner Mitte Dezember 2019 in ihre Häuser zurückkehren.[4]

Im Herbst 2020 sollen durch Sicherungsarbeiten weitere sieben Felsblöcke speziell gesichert werden und zusätzlich ein 820 Meter langer und vier Meter hoher Hochenergiezaun die Wohnhäuser dauerhaft sichern. Die Arbeiten werde durch die Sachtleben Mining Services GmbH, Wolfach ausgeführt.[5] Hierfür erfolgte am 19. Oktober 2020 eine erneute Evakuierung, die bis 4. Dezember 2020 andauerte. 2021 sollen noch einzelne Felsen zusätzlich gesichert werden und auch oberhalb der Bundesstraße 317 ein Hochenergiezaun errichtet werden.[6]

Geschichte

Gemarkungsplan Geschwend; Stand 1902

Die älteste bekannte Nennung des Namens ist in einem Berain des Klosters Sankt Blasien zu finden und datiert von 1352. Die Bezeichnung zem Geswende ist vom althochdeutschen Wort swentan abgeleitet,[7] was Rodung durch schälen der Baumrinde bedeutet. Es wird allerdings angenommen, dass der Ort schon deutlich früher (um 1000) besiedelt war.[8]Das Dorf gehörte zur Grundherrschaft des Klosters Sankt Blasien und wurde durch dessen Talvogtei Schönau verwaltet und gehörte auch kirchlich zur Pfarrei Schönau.Im Gewann Dürracker südlich des Dorfkerns fanden ab 1511 die gemeinsamen Versammlungen der Talvogteien Schönau und Todtnau statt.[8]Die Landeshoheit hatten die Habsburger und Geschwend war mit der Talvogtei Schönau der Grafschaft Hauenstein und dem vorderösterreichischen Waldvogt zugeordnet und war Teil des vorderösterreichischen Breisgaus.

Durch den Reichsdeputationshauptschluss kam der vorderösterreichische Breisgau an das kurzlebige Herzogtum Modena-Breisgau, das alsbald wieder an das Haus Habsburg vererbt wurde. Durch den Frieden von Pressburg kam dieses Herzogtum 1806[9] an das Kurfürstentum Baden, das noch im gleichen Jahr von Napoleon zum Großherzogtum Baden gemacht wurde.In badischer Zeit kam Geschwend als selbständige Gemeinde zum Bezirksamt Schönau und nach dessen Auflösung 1924 zum Bezirksamt Schopfheim. Seit auch dieses Amt 1938 tatsächlich aufgelöst wurde gehört der Ort zum Bezirksamt Lörrach und verblieb auch bei dem 1939 neu gebildeten Landkreis Lörrach.

1895 zerstörte ein Großbrand die Dorfmitte fast vollständig, so dass alte Schwarzwaldbauernhöfe aus dem 18. Jahrhundert hauptsächlich im Unterdorf stehen geblieben sind und heute unter Denkmalschutz stehen.

Politik

Eingemeindung

Im Zuge der Gebietsreform in Baden-Württemberg hat der Gemeinderat der ehemals selbständigen Gemeinde Geschwend am 20./27. Februar 1974 mit der Stadt Todtnau eine Eingliederungsvereinbarung getroffen, nachdem der Stichtag für eine freiwillige Eingemeindung am 1. Januar 1973 verflossen war. In dieser Vereinbarung ließ sich Geschwend auch die Erhaltung einer eigenen Feuerwehrabteilung zusichern. Am 31. Juli 2003 beschloss der Stadtrat von Todtnau gleichwohl die Feuerwehrabteilung von Geschwend im Rahmen einer Neuorganisation der gesamten Feuerwehr der Stadt aufzulösen und mit den anderen Abteilungen zusammenzuführen. Der Ortschaftsrat von Geschwend klagte gegen diesen Beschluss und dasVerwaltungsgericht Freiburg entschied am 12. Februar 2005, dass die Zusagen aus der Eingliederungsvereinbarung weiterhin einzuhalten seien.[10] Die Stadt erklärte daraufhin, dass die Feuerwehrabteilung Geschwend das eigentlich zum Ersatz anstehende Fahrzeug weiter nutzen könne, aber keine Neuanschaffung erfolge. Daraufhin löste sich die Abteilung vollständig auf und die Aufgaben wurden von der Abteilung Todtnau übernommen.[11]

Ortschaftsrat

Die Gemeindeordnung (GeO) Baden-Württemberg[12] regelt die Ortschaftsverfassung in den §§ 67–76.[13]Die Stadt Todtnau hat auf dieser Grundlage eine Ortschaftsverfassung eingeführt. Geschwend hat einen Ortschaftsrat mit sechs Mitgliedern.[14] Ortsvorsteher ist Alfred Zielinski.

Gesamtanlage „Schwarzwalddorf Geschwend“

Schwarzwaldhaus in Geschwend

Im Unterdorf von Geschwend befinden sich eine Anzahl Objekte (Schwarzwaldhäuser, Bogenbrücke, Feldkreuz, Brunnen) die seit längerem als Kulturdenkmale eingestuft sind. Zwischen den Hofanlagen sind teilweise große Freiflächen. Im Oktober 2016 beantragte ein Grundstückseigentümer einen Bauvorbescheid für sein Grundstück. Der Stadtrat der Stadt Todtnau diskutierte daraufhin im Dezember 2016 Möglichkeiten zum Schutz des gesamten Ortsbildes und beschritt den Weg eine Gesamtanlagenschutzsatzung nach § 19 Denkmalschutzgesetz zu erstellen. Hierzu wurde zunächst eine Historische Ortsanalyse in Auftrag gegeben die dann im April vorgelegt wurde. Am 13. Juli 2017 beschloss der Stadtrat eine Satzung über den Schutz der Gesamtanlage „Schwarzwalddorf Geschwend“ mit einer Veränderungssperre für das definierte Gebiet – weite Teile des Unterdorfes. Der Grundstückseigentümer beschritt gegen diese Beschränkung seines Eigentumsrechts den Rechtsweg. Im weiteren Verlauf wurde offenkundig, dass die Satzung rechtliche Mängel aufwies und der Stadtrat besserte am 9. Oktober 2019 mit einer überarbeiteten Satzung nach,[15] die im März 2020 ebenfalls rechtlich angefochten wurde. Am 23. Juli hat der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg nach einem Ortstermin die Satzungen wegen Rechtsmängeln für rechtswidrig (13. Juli 2017) bzw. unwirksam (9. Oktober 2019) erklärt.[16] Gleichzeitig wurde festgestellt, dass die Stadt das Recht hat eine solche Satzung für das Unterdorf Geschwend aufzustellen, da aus wissenschaftlichen und heimatgeschichtlichen Gründen ein öffentliches Interesse besteht. Eine solche Satzung kann jedoch kein Bauverbot aussprechen, sondern nur ein Veränderungsverbot mit Erlaubnisvorbehalt. In jedem konkreten Fall hat die zuständige Denkmalschutzbehörde das öffentliche Denkmalschutzinteresse gegen die Interessen des Grundstückseigentümers abzuwägen. Die Beurteilung des konkreten Falls war nicht Gegenstand des Urteils, aber das Gericht ließ erkennen, dass eine verhältnismäßige Einschränkung des Eigentumsrechtes wohl in Vorgaben zur Fläche, Höhe, Kubatur und Bauform eines Gebäudes liegen könnte.Die Stadt betrieb nach dem Urteil zügig die Erstellung einer von Rechtsmängeln freien Satzung. Im Ortschaftsrat von Geschwend wurde am 6. Oktober 2020 der Entwurf mit großer Mehrheit befürwortet.[17] Am 8. Oktober 2020 hat der Stadtrat die neue Satzung beschlossen.[18]

Wappen

Blasonierung: „In Blau auf breitem grünen Tafelberg ein stehendes silbernes Fohlen.“[19] Das Wappen wurde 1902 erstellt, die Wappenfarben erst 1935 festgelegt. Das Fohlen erinnert an die früher bedeutende Fohlenweide auf dem Gisiboden.

Bevölkerung und Religion

Einwohner

Die Zahl der Einwohner von Geschwend entwickelte sich wie folgt:[20]

JahrEinwohner
1852262
1871284
1880283
1890251
1900276
1910299
1925318
JahrEinwohner
1933282
1939282
1950327
1956308
1961338
1970364
2020375[21]

Religion

Katholische Kirche St. Wendelin in Todtnau-Geschwend

Aufgrund der historischen Zugehörigkeit zu Vorderösterreich war die katholische Konfession über Jahrhunderte dominierend und ist auch heute noch die weitaus stärkste Konfession. In Geschwend steht die katholische Filialkirche St. Wendelin, die zur Seelsorgeeinheit Oberes Wiesental[22] gehört.

Die Evangelischen Bewohner werden durch die evangelische Kirchengemeinde Todtnau betreut.[23]

Die Zugehörigkeit zu den Religionsgemeinschaften verteilte sich in der Vergangenheit wie folgt:[24][25]

Religionszugehörigkeit in Geschwend
JahrReligion
evangelischkatholischsonstige
18580,4 %99,6 %0,0 %
19255,7 %94,3 %0,0 %
19507,6 %92,0 %0,3 %
196110,7 %88,5 %0,9 %
197012,4 %83,2 %4,4 %

Kultur und Sehenswürdigkeiten

Bauwerke

Bogenbrücke in Todtnau-Geschwend

St. Wendelin ist eine katholische Filialkirche im Todtnauer Stadtteil Geschwend. Sie entstand Anfang des 20. Jahrhunderts im neuromanischen Stil. Eine 1860 erbaute steinerne Bogenbrücke mit zinnenartiger Brüstung verbindet im Süden des Ortes die L 149 mit der Mättlestraße – sie ist als Kulturdenkmal eingestuft.[26]

Dorfgasthaus dasrößle

Eine Besonderheit stellt der Kulturverein „dasrößle“ e. V.[27] dar, der das im Bestand gefährdete alte Dorfgasthaus Rößle – ein historisches Baudenkmal aus dem Jahre 1773 – erworben hat und nach umfassender Renovierung seit Januar 2013 auf genossenschaftlicher Basis (Genossenschaft dasrößle eG) betreibt. Neben dem Wirtshausbetrieb der auch über sieben Gästezimmern verfügt, wird auch ein Kulturprogramm angeboten.Das Gasthaus diente auch als Kulisse für die SWR-Familienserie „Die Fallers“ wie auch für den 2012 uraufgeführten Kinofilm „Ende der Schonzeit“. Das Projekt wurde mit Mitteln aus dem europäischen LEADER-Programm gefördert.[28]

Schwarzwaldhäuser

Im Unterdorf und im Gewann Dürracker sind eine Anzahl von Schwarzwaldhäusern erhalten geblieben, die trotz der teilweisen neueren Umgestaltung noch einen guten Eindruck von einem früheren Schwarzwalddorf mit den typischen Eindachhöfen geben. Der Blasihof im Unterdorf von Geschwend diente 1956 als Kulisse für den Heimatfilm Schwarzwaldmelodie.

Gisiboden

Der Berggasthof Gisiboden Alm[29] (1183 Meter über NN) mit der Jungviehweide ist ein beliebter Anlaufpunkt für Wanderer.[30]

Wasserfall

Wasserfall der Wiese in Geschwend

Die Wiese bildet zwischen Schlechtnau und Geschwend einen Wasserfall mit einer Fallhöhe von mehreren Metern. Da er vom Wanderweg je nach Vegetation nur schlecht zu sehen ist und es in Todtnau mit dem Fahler Wasserfall und dem Todtnauberger Wasserfall weit eindrücklichere Fälle gibt, wird er wenig beachtet.

Bannwald

Der Bannwald „Geschwender Halde“ stellt seit 2015 50,2 Hektar der Gemarkung des Ortsteils unter Schutz.[31][32]

Vereine

Neben dem Musikverein Geschwend e. V.[33] gibt es die Sportfreunde Geschwend.

Wirtschaft und Infrastruktur

Schulen

Die Grundschule Geschwend[34] ist Teil der Gemeinschaftsschule Oberes Wiesental. Die Schule ist in einem Baukörper mit der Elsberghalle untergebracht, die als Veranstaltungsort dient.

Unternehmen

Größter Arbeitgeber im Ort ist die Zahoransky AG,[35] ein Unternehmen, das als Weltmarktführer auf dem Gebiet von Maschinen zur Bürstenherstellung gilt.[36]

In Geschwend werden an der Wiese zwei kleine Wasserkraftwerke betrieben.

Verkehr

Im Wiesental – auf der Westseite des Ortes – verläuft die Bundesstraße 317, die Weil am Rhein mit Titisee-Neustadt verbindet. Beim Ort zweigt die Landesstraße L 149 nach Sankt Blasien von der B 317 ab. Vom Ortskern führt eine sieben Kilometer lange Bergstraße zum Gisiboden.

Auf Gemeindegebiet befinden sich drei Haltestellen der Regionalbuslinie 7300 (Basel-Titisee) der SBG Südbadenbus GmbH. Außerdem gibt es zwei Haltestellen der Regionalbuslinie 7321 (Todtnau-Todtmoos), die ebenfalls von Südbadenbus betrieben wird.

Bis 1967 hatte der Ort eine Bahnstation der dann stillgelegten Bahnstrecke Zell im Wiesental–Todtnau.

Literatur

  • Geschwend. In: Helmut Vocke (Herausgeber): Die Chronik des Kreises Lörrach, Waldshut 1966, S. 105–106
  • Geschwend. In: Abteilung Landesbeschreibung des Staatsarchivs Freiburg im Breisgau (Bearbeiter): Kreisbeschreibungen des Landes Baden-Württemberg. Der Landkreis Lörrach. Band II. B. Gemeindebeschreibungen Kandern bis Zell im Wiesental. Herausgegeben von der Landesarchivdirektion Baden-Württemberg in Verbindung mit dem Landkreis Lörrach. Jan Thorbecke Verlag, Sigmaringen 1994, ISBN 3-7995-1354-X. S. 675–676, S. 703–704
  • Harald Huber: Wappenbuch Landkreis Lörrach. Südkurier, Konstanz 1984, ISBN 3-87799-046-0. S. 124
  • Todtnau-Geschwend. Landkreis Lörrach. Historische Ortsanalyse. pdf; abgerufen am 11. Januar 2020

Weblinks

Commons: Geschwend – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise