Humanitarismus

wohltätigem, selbstlosem, großherzigem usw. Verhalten gegenüber Armen und Hilfsbedürftigen

Mit dem Begriff „humanitär“ verbindet sich heute fast immer der Sinn von „wohltätigem, selbstlosem, großherzigem usw. Verhalten gegenüber Armen und Hilfsbedürftigen“[1] (→ humanitäre Hilfe). Im völkerrechtlichen Sprachgebrauch bezeichnet er den „Schutz des Menschen vor existentieller Bedrohung“[2] (→ humanitäre Intervention).

Mit dem Wort Humanitarismus wird eine „menschenfreundliche Gesinnung, Denkhaltung“ beschrieben. Im deutschen Sprachraum besitzt der Begriff jedoch eher eine negative Einfärbung.[3]

Humanitarismus in der Debatte

Jean Pictet gilt der Humanitarismus als „eine entwickelte, rationalisierte Form der Liebe und der Gerechtigkeit“. Konstantinos Delikostantis verwies darauf, dass der Humanitarismus im Sinne Pictets für das Verständnis von Humanität und Menschenrechten fatale Folgen haben könne. Für ihn liegt in Pictets Erhebung des Humanitarismus zur Grundlage einer internationalisierten Humanität schlechthin die Gefahr, dass das enthaltene sozialeudämonistische Bestreben alle anderen positiven Absichten des humanitären Denkens überschatte und verzerre.[4] Auch Arnold Gehlen sah im Humanitarismus eine Gefahr, nämlich dann, wenn dieser eine ethische Alleinherrschaft beanspruche und andere Ethosformen verdränge. Der Vorwurf von Gehlen an den Humanitarismus bezieht sich im Wesentlichen auf die Verknüpfung von Humanitarismus mit Masseneudämonismus und hypertrophem Moralisieren. Außerdem kritisierte Gehlen, im Gewand des Humanitarismus würden partikulare Interessen als weltweite Anliegen ausgegeben.[5] Vilfredo Pareto deutete den Humanitarismus als ein Anzeichen des Niedergangs der jeweils herrschenden Elite, auch Raymond Aron meinte im Humanitarismus ein mögliches Anzeichen für den Niedergang der westlichen Gesellschaft zu erkennen. Einige linke Theoretiker (darin Gehlen verwandt) kritisieren am Humanitarismus wiederum gerade den Aspekt, dass er als Instrument des Imperialismus eingesetzt werde und die Hilfe nicht das Problem bei der Wurzel fasse.

Literatur

  • Johannes Paulmann (Hrsg.): Dilemmas of Humanitarian Aid in the Twentieth Century. (= Studies of the German Historical Institute London). Oxford University Press: Oxford 2016. ISBN 978-0-19-877897-4; Rezension auf h-soz-kult

Siehe auch

Weblinks

Einzelnachweise