Minocyclin

chemische Verbindung

Minocyclin ist ein Antibiotikum aus der Klasse der Tetracycline. Es besitzt ein breites Wirkspektrum und zeigt eine bakteriostatische Wirksamkeit auf grampositive, gramnegative und zellwandlose Keime. Minocyclin wird zur Behandlung von Infektionen der Atemwege und des Hals-Nasen-Ohren-Bereiches, bestimmter Formen der Lungenentzündung, von Infektionen der Harnwege, der Geschlechtsorgane und des Magen-Darm-Traktes sowie bei Hauterkrankungen, schweren Formen der Akne, Bindehautentzündungen und Borreliosen eingesetzt.

Strukturformel
Strukturformel von Minocyclin
Allgemeines
FreinameMinocyclin
Andere Namen

4β,7-Bis(dimethylamino)-1,4,4a,5,5a,6,11,12a-octahydro-3,10,12,12a-tetrahydroxy-1,11-dioxo-2-naphthacencarboxamid (IUPAC)

SummenformelC23H27N3O7
Kurzbeschreibung

gelbes, kristallines Pulver (Monohydrochlorid)[1]

Externe Identifikatoren/Datenbanken
CAS-Nummer
EG-Nummer (Listennummer)800-277-5
ECHA-InfoCard100.226.626
PubChem54675783
ChemSpider16735907
DrugBankDB01017
WikidataQ415336
Arzneistoffangaben
ATC-Code

J01AA08, A01AB23

Wirkstoffklasse

Tetracycline

Eigenschaften
Molare Masse457,48 g·mol−1
Schmelzpunkt

>175 °C (Zersetzung) (Monohydrochlorid)[1]

Sicherheitshinweise
Bitte die Befreiung von der Kennzeichnungspflicht für Arzneimittel, Medizinprodukte, Kosmetika, Lebensmittel und Futtermittel beachten
GHS-Gefahrstoffkennzeichnung[2]

Achtung

H- und P-SätzeH: 315​‐​319​‐​335
P: 261​‐​305+351+338[2]
Toxikologische Daten

140 mg·kg−1 (LD50Mausi.v.)[1]

Soweit möglich und gebräuchlich, werden SI-Einheiten verwendet. Wenn nicht anders vermerkt, gelten die angegebenen Daten bei Standardbedingungen.

Unabhängig von der antibakteriellen Wirkung von Minocyclin wurden seit dem Jahre 2000 auch Schutzeffekte für Nervenzellen nachgewiesen sowie für die Nieren bei Diabetes mellitus.[3][4][5]

Herstellung

Die vielstufige Synthese des Wirkstoffes ist in der Literatur beschrieben.[6] Dabei wird ausgehend von fermentativ und partialsynthetisch gewonnenem 6-Demethyltetracyclin zunächst hydrogenolytisch eine benzylische Hydroxygruppe abgespalten. Anschließend wird eine Nitrogruppe durch Umsetzung mit Kaliumnitrat/Flusssäure in der ortho-Position zur phenolischen Hydroxygruppe eingeführt. Durch Reduktion dieser Nitrogruppe wird das entsprechende Anilin-Derivat erhalten. Mit Nitriersäure wird eine Nitrogruppe am aromatischen Ring in para-Stellung zur phenolischen Hydroxygruppe eingeführt. Die Diazotierung des Anilin-Derivates liefert das Diazoniumsalz. Durch katalytische Reduktion wird der Stickstoff des Diazonium-Salzes abgespalten und zugleich die zweite Nitrogruppe (in para-Stellung des Phenols) zur Aminogruppe reduziert. Diese Aminogruppe wird nun mit Formaldehyd zweifach methyliert, so dass Minocyclin resultiert. Der Arzneistoff enthält somit zwei Dimethylamino-Funktionen (siehe Box).

Forschung

Die aktuelle Forschung untersucht die mögliche neuroprotektive und entzündungshemmende Wirkung von Minocyclin gegen das Fortschreiten einer Gruppe von neurodegenerativen Erkrankungen wie Multiple Sklerose,[4] Chorea Huntington, Parkinson-Krankheit[7] und weiteren dieser Art[5][8][9] sowie bei rheumatoider Arthritis[10] und Schlaganfall.[11] Auch der Nutzen von Minocyclin bei therapieresistenten Depression wird evaluiert.[12][13]

Bei der Behandlung von Akne und Lyme-Borreliose sowohl im Früh- als auch in späteren Stadien wird Minocyclin ebenfalls eingesetzt. Da es sowohl intrazellulär wirkt, als auch die Blut-Hirn-Schranke gut durchdringen kann, ist es gerade in der Spätmanifestation bei Beteiligung des Zentralnervensystems für die Therapie von Neuroborreliose sehr gut geeignet.[14]

Eine Studie zur Anwendung von Minocyclin bei Amyotropher Lateralsklerose enttäuschte jedoch und zeigte indessen, dass der Wirkstoff bei dieser Krankheit destruktive, krankheitsbeschleunigende Wirkung zeigen kann.[15]

Im Tiermodell orofazialer Schmerzen hat Minocyclin eine signifikant abschwächende Wirkung bei tiefer entzündungsbedingter Hyperalgesie des Musculus masseter gezeigt, nicht aber bei der Hyperalgesie der Unterhaut.[16] Es wird vermutet, dass die neuroprotektive Wirkung von Minocyclin unabhängig von den entzündungshemmenden Eigenschaften ist.[3]

Handelsnamen

Monopräparate

Aknefug Mino (D), Aknoral (CH), Aknosan (D), Minakne (D), Skid (D), Skinocyclin (D), Udima (D, A), zahlreiche Generika (D, A, CH), Cyclin (Taiwan)

Literatur

  • Wang, J. et al. Minocycline up-regulates Bcl-2 and protects against cell death in mitochondria. In: J Biol Chem, 279, 19948–19954 (2004).
  • Kelly, K.J. et al. Minocycline inhibits apoptosis and inflammation in a rat model of ischemic renal injury. In: Am J Physiol Renal Physiol, 287, F760–F766 (2004).
  • Chen, M. et al. Minocycline inhibits caspase-1 and caspase-3 expression and delays mortality in a transgenic mouse model of Huntington disease. In: Nat Med, 6, 797–801 (2000).
  • Hayakawa, K. et al. Delayed treatment with minocycline ameliorates neurologic impairment through activated microglia expressing a high-mobility group box1 inhibiting mechanism. In: Stroke, 39(3), 951–958 (2008).

Weblinks

  • Eintrag zu Minocyclin bei Vetpharm, abgerufen am 11. August 2012.

Einzelnachweise