Nakba

im arabischen Sprachgebrauch die Flucht und Vertreibung von etwa 700.000 arabischen Palästinensern aus dem früheren britischen Mandatsgebiet Palästina

Als Nakba (arabisch النكبة, DMG an-Nakba ‚Katastrophe‘ oder ‚Unglück‘, hebräisch הַנַּכְּבָּה haNakbah) wird im arabischen Sprachgebrauch die Flucht und Vertreibung von etwa 700.000 arabischen Palästinensern aus dem früheren britischen Mandatsgebiet Palästina bezeichnet. Sie vollzog sich zwischen dem UN-Teilungsplan für Palästina von 1947 und dem Waffenstillstand von 1949 nach dem Palästinakrieg, den die sechs arabischen Staaten Ägypten, Irak, Libanon, Saudi-Arabien, Syrien und Transjordanien gegen den am 14. Mai 1948 gegründeten Staat Israel führten.

Palästinensische Flüchtlinge verlassen Galiläa, Oktober 1948

Im Geschichtsbild von Palästinensern, anderen Arabern und Antizionisten wird die Nakba meist als von vornherein geplante ethnische Säuberung durch das Militär Israels beschrieben, im Geschichtsbild Israels meist als eine freiwillige und auf arabische Aufrufe reagierende Flucht. Die Geschichtswissenschaft, besonders Neue israelische Historiker, haben beide Bilder durch genaue Untersuchungen korrigiert und differenziert.

Vereinzelt wird die Vertreibung von Juden aus arabischen und islamischen Ländern als jüdische Nakba bezeichnet.

Hintergrund

Bei der Zwangsumsiedlung Juli 1948 geleitet israelisches Militär einige der 3.000 arabischen Nichtjuden Haifas, die das bei Einnahme der Stadt am 22. April 1948 von der Hagana garantierte Bleiberecht wahrnahmen,[1] mit Habe ins Viertel Wadi Nisnas

Der 1947 veröffentlichte UN-Teilungsplan für Palästina sah die Gründung eines arabischen und eines jüdischen Staates vor, der unter Einschluss der weithin unbewohnten Wüste Negev (1949 mehr als 60 % von Israels Territorium) mehr als die Hälfte des Mandatsgebiets ausmachen sollte. Der Exodus der arabischen Bevölkerung begann während des arabisch-jüdischen Bürgerkriegs, der sich entspann, nachdem im November 1947 die UNO-Mitglieder den UN-Teilungsplan mit großer Mehrheit angenommen hatten. Er setzte sich im unmittelbar nach der Erklärung der Unabhängigkeit des Staates Israel von den arabischen Staaten begonnenen arabisch-israelischen Krieg fort. Aus israelischer Sicht, der sich die meisten westlichen Staaten angeschlossen haben, werden die Kriege um Israels Unabhängigkeit als „israelischer Unabhängigkeitskrieg“ bezeichnet.

Die Gründe, die zur Flucht von etwa 700.000 arabischsprechenden Nichtjuden des seinerzeitigen britischen Mandatsgebietes Palästina[2] führten, sind umstritten,[3] in ihren politischen Folgen nach Ansicht des französischen Historikers Henry Laurens jedoch letztlich irrelevant: Das Wesentliche sei nicht, dass die Palästinenser gegangen sind, „sondern dass sie nicht zurückkehren durften“, wie ja auch Geflüchtete und Vertriebene aus den deutschen Ostgebieten 1945–1950 nicht in ihre angestammten Wohnorte dort zurückdurften. Die Rückkehr palästinensischer Flüchtlinge sei auf Anweisung verhindert worden: „Die Dörfer wurden mit Planierraupen zerstört oder in die Luft gesprengt und die Ernten in Brand gesteckt. Flüchtlinge, die versuchten zurückzukehren, wurden erschossen.“ Dabei seien die damaligen Zionisten davon ausgegangen, dass die Palästinenser kein eigenes Volk seien, sondern Araber und damit Teil eines größeren Volkes.[4]

Im Rahmen der Waffenstillstände von 1949 mit Ägypten, Libanon, Syrien und Transjordanien vereinbarte Israel mit diesen im Wege der Familienzusammenführung getrennte Flüchtlinge am Aufenthaltsort des männlichen Familienoberhaupts zusammenzubringen. Dabei ließ Israel, wenn auch sehr widerstrebend, palästinensische Frauen und Kinder, die sich vor dem Krieg in Sicherheit gebracht hatten, zurückziehen zu ihren männlichen Familienoberhäuptern, die in der umkämpften Heimat ausgeharrt hatten.[5] Nach 1949 verweigerten die arabischen Aufnahmeländer der palästinensischen Flüchtlinge jahrzehntelang, teils bis heute, jedes Gespräch, geschweige denn Verhandlungen mit Israel. So kam es zu keinem Abkommen mit Israel, das palästinensischen Geflüchteten Erleichterung hätte bringen können, z. B. Entschädigungen für verlorenes Vermögen oder die Anerkennung erlittenen Leides. Das pauschal geforderte Recht auf Rückkehr verweigert Israel den betagten geflüchteten Palästinensern auch heute, die mehr als 75 Jahre nach diesem Exodus ebenso alt und älter sind. Den Nachkommen palästinensischer Geflüchteter und Vertriebener gewährt Israel nicht die Einwanderung, während propalästinensische Vertreter sogar für sie, die außerhalb des Gebiets, das heute Israels Territorium ist, geboren wurden, ein Recht auf ‹Rückkehr› fordern.

Als „jüdische Nakba“ haben einzelne Autoren die Flucht und Vertreibung von 850.000 Mizrachim aus arabischen und islamisch geprägten Ländern seit dem israelischen Unabhängigkeitskrieg von 1948 bis heute bezeichnet.[6][7][8]

Begriff

Demonstration am „Tag der Nakba“, Hebron, Westjordanland, 2010

Geprägt wurde der Ausdruck Nakba von dem arabischen Nationalisten Constantin Zureik, einem Geschichtsprofessor an der Amerikanischen Universität Beirut. Er verwendete ihn erstmals in seinem 1948 erschienenen Buch Maʿnā an-Nakba, deutsch: die Bedeutung des Unglücks. Im Kontext der Flucht und Vertreibung der Palästinenser lässt der Begriff sich bereits im Juli 1948 erstmals nachweisen auf einem arabischsprachigen Flugblatt der Hagana an arabische Bewohner von al-Tira bei Haifa (heute Tirat Carmel).[9] Zusammen mit Naji al-Alis Hanzala (dem barfußlaufenden Kind, das immer von hinten gezeichnet ist) und dem symbolischen Schlüssel zum Haus in ihrer alten Heimat, den viele der betagten palästinensische Geflüchteten bzw. zumeist deren Nachkommen noch immer aufbewahren, ist die Nakba vielleicht das wichtigste Symbol des palästinensischen Diskurses.[10]

Nach Angaben der UNRWA von 2010 machen die betagten palästinensischen Geflüchteten und vorwiegend deren Nachkommen etwa 40 % der gesamten Bevölkerung der israelisch besetzten Gebiete sowie 2/3 der Bewohner Gazas aus. Angenommen unter den etwa 45.000 Palästinensern (2013), die 1949 und davor geboren wurden (1,04 Prozent aller Palästinenser in Gazastreifen und Westbank), verteilen sich die betagten palästinensischen Geflüchteten wie im Durchschnitt der Gesamtbevölkerung, dann lebten 2013 etwa 14.600 Geflüchtete im Gazastreifen (2/3 der dortigen Altersgruppe der vor 1949 Geborenen) und 13.000 in der Westbank (40 % der dortigen Altersgruppe der vor 1949 Geborenen).[11] Da der Exodus mehr als 75 Jahre zurückliegt sind sie ebenso alt und älter und ihre Zahl der Sterblichkeit entsprechend stark rückläufig. Unter den Palästinensern seien Geflüchtete und ihre Nachkommen im stärkeren Ausmaß von Armut, Unsicherheit bei der Lebensmittelversorgung und ihre arbeitsfähigen Nachkommen stärker von Arbeitslosigkeit betroffen.[12] Die ausbleibende Integration der Nachkommen palästinensischer Geflüchteter ins palästinensische Arbeitsleben und die Gesellschaft federt die UNRWA ab, einzigartig für die Geflüchteten weltweit und deren jeweilige Nachkommen, die nicht nur die eigentlichen palästinensischen Geflüchteten, sondern all ihre Nachkommen in den palästinensischen Gebieten versorgt.

Nakba-Diskurs bei Palästinensern

Nakba-Tag

Palästinenser gedenken der Nakba jährlich am 15. Mai, dem Tag nach der Verlesung der Unabhängigkeitserklärung Israels gemäß dem gregorianischen Kalender, als „Tag der Nakba“, während viele in Israel und in jüdischen Gemeinden der Diaspora die Gründung Israels nach dem jüdischen Kalender am 5. Ijjar (oder, falls er auf Schabbat fällt, an Nachbartagen) als „Jom haʿAtzmaʾut“, als Nationalfeiertag der Unabhängigkeit Israels, gefeiert wird, wobei beide Kalender sich wegen unterschiedlicher Schaltregeln gegeneinander verschieben. 2004 hatte der damalige Präsident der palästinensischen Autonomiegebiete Jassir Arafat den Tag eingeführt, der in vielen Ländern begangen wird. In den Autonomiegebieten kommt es dabei zu häufig gewaltsamen Protesten.[13] Der „Tag der Nakba“ hat im palästinensischen Kalender eine besondere Stellung als Gedenktag. An ihm soll die Geschichte Palästinas thematisiert und vergegenwärtigt werden und der historischen Ereignisse gedacht werden.[14]

Nakba-Diskurs in Israel

Israelische Gesetzgebung

2008 verbot das israelische Ministerium für Kultur und Sport die Verwendung des Wortes Nakba in arabischsprachigen israelischen Schulbüchern. Minister Gidʿon Saʿar erklärte, es gebe keinen Grund, die Gründung des Staates Israel in offiziellen Unterrichtsprogrammen als Katastrophe darzustellen.[15] Rechtsgerichteten Israelis sind die Gedenkfeiern arabischer Israelis ein Dorn im Auge, da diese des Nakba-Tages am israelischen Unabhängigkeitstag gedenken. Im März 2011 beschloss die Knesset daher ein kontroverses Gesetz, das zwar nicht das Gedenken verbietet, aber das Finanzministerium kann staatlich geförderten Institutionen, die solche Gedenkfeiern abhalten oder unterstützen, die Zuschüsse kürzen. Im Januar 2012 bestätigte Israels Oberste Gericht das Nakba-Gesetz. Kürzungen drohen auch jenen staatlich geförderten Einrichtungen, die Israel nicht als jüdischen Staat anerkennen wollen.[16]

Nakba als Kampfbegriff der israelischen Rechten

Seitens der israelischen Rechten wird der Begriff Nakba als Drohung einer ethnischen Säuberung gegen Palästinenser und palästinensisch stämmige Israelis genutzt. Beim national-religiösen, rechtsextremen Flaggenmarsch am Jerusalemtag kommt es regelmäßig insbesondere zu rassistischen Äußerungen gegen Araber und arabische Muslime.[17] 2021 riefen Teilnehmer des Marsches Slogans wie „Tod den Arabern“, „Ein toter Araber ist ein guter Araber“ und „Die zweite Nakba [Vertreibung der Palästinenser] kommt bald“.[18] Nach dem Angriff der Terrorgruppe Hamas auf Israel im Oktober 2023, mit hunderten israelischen Toten, forderte der Knesset-Abgeordnete Ariel Kallner (Likud) die ethnische Säuberung des Gazastreifens und umschrieb diese mit dem Wort Nakba:

„Im Moment gibt es nur ein Ziel: Nakba! Eine Nakba, die die Nakba von 1948 in den Schatten stellen wird. Nakba in Gaza und Nakba für jeden, der es wagt, sich anzuschließen! Ihre Nakba, denn wie damals 1948 ist die Alternative klar.“[19]

Im November 2023 sprach sich sein Parteifreund, Landwirtschaftsminister Avi Dichter, in einem Interview für eine „Gaza-Nakba“ aus: „So wird es enden.“[20]

Initiativen

Im Jahre 2002 wurde in Israel ein Verein mit dem Namen „Zochrot“ (hebräisch זוֹכְרוֹת ‚Erinnernde‘ in weiblicher Pluralform) gegründet, der sich zum Ziel gesetzt hat, jüdischen Israelis die Problematik der Nakba näherzubringen. Hierzu gibt der Verein eine Zeitschrift mit dem Titel „Sedek“ (hebräisch סֶדֶק Sedeq, deutsch ‚Riss‘) heraus, veranstaltet Führungen zu Wüstungen an Stellen ehemals palästinensischer Dörfer und zu ehemals vorwiegend arabischen Stadtquartieren und informiert mit Veranstaltungen zum Thema der Nakba.[21] Des Weiteren verteilt er Unterrichtsmaterial über die Nakba an interessierte Lehrer und Hochschulreferenten.[22]

Einordnung

Ethnische Säuberung

Die Nakba wird von mehrere Journalisten[23] und Wissenschaftlern[24] als ethnische Säuberung eingestuft. Zu ihnen gehören:

Andere Wissenschaftler wie Yoav Gelber[42], Benny Morris[43], und Seth J. Frantzman[44], sind nicht der Meinung, dass die Nakba eine ethnische Säuberung darstellt. Morris lehnte 2016 die Beschreibung "ethnische Säuberung" für 1948 ab, während er auch aussagte, dass man vielleicht von einer teilweisen ethnischen Säuberung sprechen könne, wenn Lod und Ramle berücksichtigt werden.[45] Im Jahr 2004 rechtfertigte Morris die Flucht und Vertreibung als moralisch vertretbar und erklärte:

„A Jewish state would not have come into being without the uprooting of 700,000 Palestinians. Therefore it was necessary to uproot them. There was no choice but to expel that population. It was necessary to cleanse the hinterland and cleanse the border areas and cleanse the main roads. It was necessary to cleanse the villages from which our convoys and our settlements were fired on.

[Journalist: The term `to cleanse' is terrible.]

I know it doesn't sound nice but that's the term they used at the time. I adopted it from all the 1948 documents in which I am immersed.“

„Ein jüdischer Staat wäre ohne die Vertreibung von 700.000 Palästinensern nicht entstanden. Daher war es notwendig, sie zu vertreiben. Es gab keine andere Wahl, als diese Bevölkerung zu vertreiben. Es war notwendig, das Hinterland zu säubern und die Grenzgebiete sowie die Hauptverkehrswege zu säubern. Es war notwendig, die Dörfer zu säubern, von denen aus unsere Konvois und unsere Siedlungen beschossen wurden.

[Journalist: Der Begriff `säubern' ist schrecklich.]

Ich weiß, es klingt nicht schön, aber das ist der Begriff, der damals verwendet wurde. Ich habe ihn aus allen Dokumenten von 1948 übernommen, in denen ich vertieft bin.“

Benny Morris: Haaretz[46]

Der kanadische Menschenrechtsanwalt David Matas weist diese Einordnung zurück, da angesichts des erheblichen Anteils von Arabern an der israelischen Bevölkerung von einer „Säuberung“ keine Rede sein könne; die, die gegangen seien, seien vor dem Krieg geflohen; zudem habe ja der UN-Teilungsplan für Palästina von 1947 ethnisch getrennte Siedlungsgebiete vorgesehen.[47] Dennoch zeigen Dokumente des UN-Unterausschusses, dass gemäß dem Plan 44 % der Bürger des jüdischen Staates Araber sein sollten.[48]

Freiwillige Auswanderung

In der Jewish Virtual Library wird der Exodus der palästinensischen Bevölkerung als großenteils freiwillig dargestellt: Sie sei vor dem Krieg geflohen oder weil sie von den arabischen Führern dazu aufgefordert wurden. Von Vertreibungen sei nur eine kleine Minderheit betroffen gewesen.[49] Efraim Karsh gehört zu den wenigen Historikern, die immer noch der Meinung sind, dass die meisten der geflohenen Araber aus eigenem Antrieb gingen oder von ihren arabischen Mitbürgern dazu gedrängt wurden, trotz israelischer Versuche, sie zum Bleiben zu bewegen. Er sagt, dass die Vertreibungen in Lod und Ramle aus militärischer Notwendigkeit heraus erfolgten.[50][51][52]

Völkermord und der Vergleich mit dem Holocaust

Von dem britischen Soziologen Martin Shaw und von der Webseite des Center for Constitutional Rights, einer amerikanischen Menschenrechtsorganisation, wird die Nakba als Völkermord bezeichnet.[53] Auch im Postkolonialismus findet sich diese Deutung.[54] Eine Gleichsetzung der Nakba mit dem Holocaust findet sich gehäuft im deutschen Rechtsextremismus.[55] Der israelische Historiker Omer Bartov hält die Beschreibung der Nakba als Völkermord für unzulässig: Zum einen werde der Begriff Völkermord dadurch so weit ausgedehnt, dass er bedeutungslos werde; vielmehr gelte es, zwischen Völkermorden und ethnischen Säuberungen zu differenzieren. Zum anderen sei die These, der Staat Israel sei 1948 mit einem Völkermord gegründet worden, nicht durch eine historische Beweisführung motiviert, sondern von dem „Drang, die bloße Existenz des Staates Israel zu delegitimieren.“[56]

Vergleich mit der „jüdischen Nakba“

In Israel ist die Ansicht verbreitet, dass die Nakba und die Vertreibung von Juden aus arabischen und islamischen Ländern, von der 850.000 Mizrachim betroffen waren, beide Teil eines Bevölkerungsaustauschs waren, wie er nach dem Zweiten Weltkrieg in mehreren Konfliktregionen stattfand. Doch während die israelische Regierung die aus den arabischen Ländern und dem Iran vertriebenen Juden integriert habe, sei dies mit den Palästinensern in den sie aufnehmenden Staaten nicht geschehen: Ihr Flüchtlingsstatus wurde im arabischen Ausland (Libanon, Syrien) wie in den palästinensischen Gebieten unter arabischer Regierung von 1948 bis 1967 weitervererbt und sie wie ihre Nachkommen mussten und müssen unter ärmlichen Bedingungen in Flüchtlingslagern leben, was dann die israelische Besatzungsverwaltung (1967 bis 1995) unverändert ließ wie auch die seither zuständige Palästinensische Autonomiebehörde nichts daran ändere. Auch bestehe Israel, anders als die arabischen Staaten, nicht auf einem Rückkehrrecht der vertriebenen jüdischen Araber,[57] geschweige denn auf ein Recht auf Einwanderung ihrer Nachkommen in die Herkunftsländer ihrer Vorfahren, während propalästinensische Vertreter sogar für Nachkommen palästinensischer Geflüchteter und Vertriebener, die außerhalb des Gebiets, das heute Israels Territorium ist, geboren wurden, ein Recht auf ‹Rückkehr› verlangen.

Der israelische Historiker Yehoshua Porath hat den Vergleich abgelehnt und argumentiert, dass die ideologische und historische Bedeutung der beiden Bevölkerungsbewegungen völlig unterschiedlich ist und dass jegliche Ähnlichkeit oberflächlich ist. Porath sagt, dass die Einwanderung von Juden aus arabischen Ländern nach Israel, ob vertrieben oder nicht, aus einer jüdisch-zionistischen Perspektive die Erfüllung eines "nationalen Traums" und der israelischen nationalen Politik in Form des Ein-Millionen-Plans war. Er weist auf die Bemühungen israelischer Agenten hin, die in arabischen Ländern arbeiteten, einschließlich derjenigen der Jewish Agency in verschiedenen arabischen Ländern seit den 1930er Jahren, um eine jüdische "Alija" zu unterstützen. Porath stellt dies dem gegenüber, was er als "nationale Katastrophe" und "endlose persönliche Tragödien" bezeichnet, die von den Palästinensern erlitten wurden und zu "dem Zusammenbruch der palästinensischen Gemeinschaft, der Fragmentierung eines Volkes und dem Verlust eines Landes, das in der Vergangenheit größtenteils arabischsprachig und islamisch war", führten.[58]

Shlomo Hillel, ein Regierungsminister und aktiver Zionist im Irak, lehnte die Analogie vehement ab: "Ich betrachte den Abgang der Juden aus den arabischen Ländern nicht als den von Flüchtlingen. Sie kamen hierher, weil sie wollten, als Zionisten."[59] In einer Knesset-Anhörung erklärte Ran Cohen nachdrücklich: "Ich sage dies: Ich bin kein Flüchtling." Er fügte hinzu: "Ich kam auf Befehl des Zionismus, wegen der Anziehungskraft, die dieses Land ausübt, und wegen der Idee der Erlösung. Niemand wird mich als Flüchtling definieren."[60]

Literatur

  • Bashir Bashir, Amos Goldberg (Hrsg.): The Holocaust and the Nakba: A New Grammar of Trauma and History. Columbia University Press, New York 2018, ISBN 978-0-231-54448-1.
  • Benny Morris: The Birth of the Palestinian Refugee Problem Revisited. Cambridge University Press, Cambridge 2003, ISBN 0-521-00967-7.
  • Katharina Kretzschmar: Identitäten im Konflikt. Palästinensische Erinnerung an die Nakba 1948 und deren Wirkung auf die dritte Generation. Transcript Verlag, Histoire Band 154, Bielefeld 2019, ISBN 978-3-8376-4787-7.
  • Ilan Pappe: Die ethnische Säuberung Palästinas. Aus dem Englischen von Ulrike Bischoff. Zweitausendeins, Frankfurt am Main 2007, 6. Auflage Februar 2009, ISBN 978-3-86150-791-8.
  • Marlène Schnieper: Nakba – die offene Wunde. Die Vertreibung der Palästinenser 1948 und die Folgen. Rotpunktverlag, Zürich 2012, ISBN 978-3-85869-444-7.

Filme

  • Die Söhne von Eilaboun, ein Dokumentarfilm über den Exodus in Eilaboun von Hisham Zreiq
  • Tantura, von Alon Schwarz, über das Tantura-Massaker, 1948
  • On the Side of the Road, von Lia Tarachansky. Über der kollektiven Amnesie der Israelis in Bezug auf die schicksalhaften Ereignisse von 1948, als der Staat Israel entstand und die meisten Palästinenser zu Flüchtlingen wurden.
  • The First 54 Years: An Abbreviated Manual for Military Occupation, von Avi Mograbi. Indem sie ihre Befehle, ihre Missionen und ihre Handlungen beschreiben, berichten israelische Soldaten als Zeugen über die Mechanismen der Unterdrückung der Palästinenser von 1967 bis zum heutigen Tag. Mit diesen Zeugenaussagen enthüllen sie die Fabrik der Besatzungsmaschinerie.

Weblinks

Commons: Nakba – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise