Parlamentarische Versammlung des Europarates

Die Parlamentarische Versammlung des Europarates – bis 1974 Beratende Versammlung des Europarates (englisch Parliamentary Assembly of the Council of Europe (PACE), französisch Assemblée parlementaire du Conseil de l'Europe) – mit Sitz in Straßburg ist eines der zwei im Statut des Europarates verankerten Organe. Vertreter von 46 nationalen Parlamenten des europäischen Kontinents unterschiedlicher Struktur arbeiten im Rahmen der Versammlung zusammen. Die Parlamentarische Versammlung war das erste parlamentarische Gremium auf europäischer Ebene nach dem Zweiten Weltkrieg.

Parlamentarische Versammlung des Europarates
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Basisdaten
Sitz:Europapalast, Straßburg,
Frankreich Frankreich
Erste Sitzung:1949
Abgeordnete:306
Aktuelle Legislaturperiode
Vorsitz:Niederlande Tiny Kox
35
155
93
142
115
62
35 155 93 142 115 62 
Sitzverteilung:
  • SOZ 155
  • EVP-CD 142
  • EK-DA 115
  • ALDE 93
  • UEL 35
  • fraktionslos 62
  • Aufgaben

    Die Parlamentarische Versammlung des Europarats hat statutarische Rechte, zu denen insbesondere die Wahl des Generalsekretärs und des stellvertretenden Generalsekretärs des Europarats, die Wahl des Menschenrechtskommissars des Europarats sowie die Wahl der Richter des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte zählen. Daneben können neue Mitgliedsstaaten nur nach einem positiven Votum der Parlamentarischen Versammlung vom Ministerkomitee aufgenommen werden.

    Die wichtigste politische Aufgabe besteht jedoch in der Schaffung eines politischen Dialogs zwischen den Parlamentariern der Mitgliedsstaaten sowie mit den Beobachter-Delegationen. Die von ihr verabschiedeten Texte dienen als Orientierungshilfen für das Ministerkomitee des Europarats und für die nationalen Regierungen und Parlamente. Zudem haben die Initiativen der Parlamentarischen Versammlung zu einer Reihe von internationalen Verträgen (europäischen Konventionen) sowie anderen Rechtsinstrumenten geführt. Die bekannteste ist die Europäische Menschenrechtskonvention, die 1950 verabschiedet wurde. Konventionsentwürfe werden vor ihrer Annahme durch das Ministerkomitee jeweils der Versammlung zur Stellungnahme vorgelegt.

    Tritt ein Staat dem Europarat bei, beobachtet die Parlamentarische Versammlung, wie die beim Beitritt eingegangenen Verpflichtungen eingehalten werden. Der zuständige Monitoring-Ausschuss beobachtet zudem, wie Mitgliedstaaten die Verpflichtungen einhalten, die sie nach dem Beitritt eingehen. Einmal jährlich legt der Monitoring-Ausschuss der Versammlung einen Bericht über die Ergebnisse seiner Tätigkeit vor.

    Zusammensetzung

    Nationale Delegationen

    Die Versammlung zählt 306 Mitglieder und 306 Stellvertreter. Dabei hat jeder Mitgliedstaat des Europarats eine feste Anzahl an Vertretern, die von der jeweiligen Bevölkerungszahl abhängt. Kleinere Staaten haben dabei nach dem Prinzip der degressiven Proportionalität jedoch mehr Vertreter pro Einwohner als große. Deutschland, Frankreich, Italien, die Türkei und das Vereinigte Königreich bilden mit je 18 Abgeordneten (und entsprechend vielen Stellvertretern) die größten nationalen Delegationen; die kleinsten sind die von Andorra, Liechtenstein, Monaco und San Marino mit je zwei Mitgliedern. Die Parlamente von Kanada, Israel und Mexiko, die nicht dem Europarat angehören, haben einen Beobachterstatus bei der Parlamentarischen Versammlung.

    Die Mitglieder der Versammlung werden nicht direkt gewählt, sondern von den nationalen Parlamenten aus ihren eigenen Reihen heraus benannt. Das Gleichgewicht der politischen Parteien in jeder nationalen Delegation muss in fairer Weise demjenigen im nationalen Parlament entsprechen.

    Der 18-köpfigen Delegation des Deutschen Bundestags etwa gehören in der 20. Wahlperiode fünf Mitglieder der CDU/CSU, fünf der SPD, drei der Grünen, je zwei der AfD und FDP und ein Mitglied der Linken an. Leiter der Delegation ist Frank Schwabe (SPD).[1]


    Die folgende Tabelle führt die Mitgliedstaaten und die Zahl ihrer jeweiligen Vertreter auf.

    StaatVertreter
    Albanien  Albanien4
    Andorra  Andorra2
    Armenien  Armenien4
    Aserbaidschan  Aserbaidschan6
    Belgien  Belgien7
    Bosnien und Herzegowina  Bosnien und Herzegowina5
    Bulgarien  Bulgarien6
    Danemark  Dänemark5
    Deutschland  Deutschland18
    Estland  Estland3
    Finnland  Finnland5
    Frankreich  Frankreich18
    Georgien  Georgien5
    Griechenland  Griechenland7
    Irland  Irland4
    Island  Island3
    Italien  Italien18
    Kroatien  Kroatien5
    Lettland  Lettland3
    Liechtenstein  Liechtenstein2
    Litauen  Litauen4
    Luxemburg  Luxemburg3
    Malta  Malta3
    Moldau Republik  Moldau5
    Monaco  Monaco2
    Montenegro  Montenegro3
    Niederlande  Niederlande7
    Nordmazedonien  Nordmazedonien3
    Norwegen  Norwegen5
    Osterreich  Österreich6
    Polen  Polen12
    Portugal  Portugal7
    Rumänien  Rumänien10
    San Marino  San Marino2
    Schweden  Schweden6
    Schweiz  Schweiz6
    Serbien  Serbien7
    Slowakei  Slowakei5
    Slowenien  Slowenien3
    Spanien  Spanien12
    Tschechien  Tschechien7
    Turkei  Türkei18
    Ukraine Ukraine12
    Ungarn  Ungarn7
    Vereinigtes Konigreich  Vereinigtes Königreich18
    Zypern Republik  Zypern3

    Russische Delegation

    Von 1996 bis 2022 war Russland mit einer Delegation von 18 Mitgliedern in der Parlamentarischen Versammlung des Europarats (PV) vertreten.

    Nachdem das russische Parlament die Annexion der Krim und den russischen Krieg in der Ukraine unterstützt hatte, beschloss die PV im April 2014, das Stimmrecht der russischen Delegation auszusetzen. Die russische Delegation blieb allerdings Mitglied der Versammlung. Die Sanktion wurde im Januar 2015 um ein Jahr verlängert. Die russische Parlamentsdelegation setzte daraufhin im Juni 2014 ihre Zusammenarbeit mit der PV aus. Im Januar 2016 beschloss das russische Parlament (trotz des Endes der Sanktionen), die Mandate seiner Delegation nicht zur Ratifizierung vorzulegen; ihre Sitze blieben leer. Gleiches geschah im Januar 2017, im Januar 2018 und im Januar 2019.

    Am 25. Juni 2019 stimmte die PV nach einer langen Debatte dafür, ihre Regeln zu ändern. Wenige Stunden später legte das russische Parlament die Mandate einer neuen Delegation vor; diese wurden gebilligt. Die ukrainische Delegation protestierte und verließ die PV. Im Januar 2020 kehrte sie zur PV zurück.[2]

    Die Vergiftung und Verhaftung des russischen Politikers Alexei Nawalny, wie auch die massenhaften Verhaftungen bei Demonstrationen, sind aus Sicht der PV keine nationalen Angelegenheiten Russlands, sondern haben völkerrechtliche Dimensionen, die auch den Europarat betreffen. Für schnellere Reaktionen auf Verstöße wurden zum 21. Januar 2021 die Regeländerungen für das sogenannte „Joint-Procedure“ in Kraft gesetzt.[3]

    Am 25. Februar 2022 wurde der russischen Delegation nach dem russischen Überfall auf die Ukraine erneut das Stimmrecht entzogen. Russland schied am 16. März 2022 vollständig aus dem Gremium aus, nachdem der Europarat in einer Abstimmung am Vortag den Ausschluss Russlands beschlossen hatte. Seither gibt es nur noch 46 im Europarat vertretene nationale Parlamente.

    Beobachter-Delegationen

    Bevor Staaten Mitglieder des Europarats werden, werden sie eingeladen, eine Gast-Delegation zur Parlamentarischen Versammlung zu entsenden. Belarus hatte diesen Status bis zu dessen Aberkennung durch die Parlamentarische Versammlung nach der Beschneidung der parlamentarischen Rechte der Nationalversammlung von Belarus und des Beharrens auf der Todesstrafe auf Initiative von Präsident Lukaschenko 1997.

    Daneben gibt es den Status als Beobachter-Delegation. Dieser Status wurde der Knesset von Israel 1957 als erstem nicht-europäischen Parlament gewährt. Inzwischen haben auch die Parlamente von Kanada und Mexiko Beobachterstatus. Die weiteren Beobachterstaaten Japan und USA entsenden parlamentarische Delegationen zu den OECD-Debatten der „erweiterten Versammlung“.

    Der Palästinensische Gesetzgebende Rat (Palestinian Legislative Council) kann ebenfalls Beobachter entsenden.

    Seit 2011 hat das Parlament von Marokko den Status des „Partners für Demokratie“ und kann somit an den Arbeiten der Parlamentarischen Versammlung teilnehmen. Mit Stand von 2011 wurden parlamentarische Delegationen aus Kasachstan, Marokko, Tunesien und Algerien zu einzelnen Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung eingeladen. Mit Stand von 2022 genossen Delegationen aus Marokko, Jordanien, Kirgisistan und Palästina den Status „Partner für Demokratie“.[4]

    Fraktionen

    Die Arbeit in der Parlamentarischen Versammlung erfolgt nicht nur im Rahmen der nationalen Delegationen, sondern auch in Fraktionen, in denen sich staatenübergreifend die Abgeordneten mit ähnlicher Weltanschauung zusammenschließen. Zur Bildung einer Fraktion sind mindestens zwanzig Mitglieder aus mindestens sechs verschiedenen Mitgliedstaaten erforderlich.[5] Derzeit gibt es sechs Fraktionen, die grob den politischen Parteien auf europäischer Ebene und den Fraktionen im Europäischen Parlament entsprechen. Allerdings ist der Organisationsgrad der Fraktionen in der Parlamentarischen Versammlung sehr viel niedriger als etwa im Europäischen Parlament: Nationale Parteien und auch einzelne Abgeordnete wechseln häufiger die Fraktionen, und auch Abstimmungen erfolgen häufiger entlang nationaler statt weltanschaulicher Linien. Dies liegt nicht zuletzt daran, dass die Parteiensysteme der Europaratsmitglieder untereinander unterschiedlicher sind als die Parteiensysteme der EU-Mitgliedstaaten. Zum anderen ist die Zusammenarbeit in den Fraktionen auch deshalb weniger konstant, weil sich die Zusammensetzung der Parlamentarischen Versammlung bei jeder nationalen Wahl verändert.

    Die folgende Liste führt die Fraktionen der Parlamentarischen Versammlung im Einzelnen auf (Stand: 12. Juli 2023).[6]

    FraktionVorsitzende(r)MitgliederEuropäische Parteien
    Europäische Volkspartei
    (EVP-CD)[7]
    Aleksander Pociej142EVP
    Fraktion der Sozialisten, Demokraten und Grünen
    (SOC)[8]
    Frank Schwabe155SPE, (EGP)
    Fraktion der Europäischen Konservativen und Demokratische Allianz
    (EC-DA)[9]
    Ian Liddell-Grainger115EKR, ID
    Allianz der Liberalen und Demokraten für Europa
    (ALDE)[10]
    Hendrik Daems093ALDE, (EDP)
    Fraktion der Vereinigten Europäischen Linken
    (UEL)[11]
    Tiny Kox035EL
    fraktionslos[12]062EFA

    Ausschüsse

    Die wichtigsten Arbeiten der Parlamentarischen Versammlung werden im Rahmen folgender Fachausschüsse erledigt:

    • Gemischter Ausschuss
    • Ständiger Ausschuss
    • Politischer Ausschuss
    • Ausschuss für Recht und Menschenrechte
    • Ausschuss für Wirtschaft und Entwicklung
    • Ausschuss für Sozialordnung, Gesundheit und Familie
    • Ausschuss für Migration, Flüchtlinge und Vertriebene
    • Ausschuss für Kultur, Wissenschaft und Bildung
    • Ausschuss für Umwelt und Landwirtschaft, kommunale und regionale Angelegenheiten
    • Ausschuss für die Gleichstellung von Frauen und Männern
    • Ausschuss für die Geschäftsordnung und Immunitäten
    • Ausschuss für die Einhaltung der von den Mitgliedstaaten des Europarates eingegangenen Verpflichtungen (Monitoring-Ausschuss)

    Präsidenten

    PeriodeNameLebensdatenStaatPartei
    1949Édouard Herriot (interim)1872–1957Frankreich  FrankreichParti républicain, radical et radical-socialiste
    1949–1951Paul-Henri Spaak1899–1972Belgien  BelgienBelgische Arbeiterpartei
    1952–1954François de Menthon1900–1984Frankreich  FrankreichMouvement républicain populaire
    1954–1956Guy Mollet1905–1975Frankreich  FrankreichSection française de l’Internationale ouvrière
    1956–1959Fernand Dehousse1906–1976Belgien  BelgienBelgische Socialistische Partij
    1959John Edwards1904–1959 Vereinigtes Konigreich  Vereinigtes KönigreichLabour Party
    1960–1963Per Federspiel1905–1994Danemark  DänemarkVenstre
    1963–1966Pierre Pflimlin1907–2000Frankreich  FrankreichMouvement républicain populaire
    1966–1969Geoffrey Stanley de Freitas1913–1982Vereinigtes Konigreich  Vereinigtes KönigreichLabour Party
    1969–1972Olivier Reverdin1913–2000Schweiz  SchweizLiberale Partei der Schweiz
    1972–1975Giuseppe Vedovato1912–2012Italien  ItalienDemocrazia Cristiana
    1975–1978Karl Czernetz1910–1978Osterreich  ÖsterreichSozialdemokratische Partei Österreichs
    1978–1981Hans de Koster1914–1992Niederlande  NiederlandeVolkspartij voor Vrijheid en Democratie
    1981–1982José María de Areilza1909–1998Spanien  SpanienUnión de Centro Democrático
    1983–1986Karl Ahrens1924–2015Deutschland Bundesrepublik  BR DeutschlandSozialdemokratische Partei Deutschlands
    1986–1989Louis Jung1917–2015Frankreich  FrankreichCentre des démocrates sociaux
    1989–1992Anders Björck* 1944Schweden  SchwedenModerata samlingspartiet
    1992Geoffrey Finsberg1926–1996Vereinigtes Konigreich  Vereinigtes KönigreichConservative Party
    1992–1995Miguel Ángel Martínez Martínez* 1940Spanien  SpanienPartido Socialista Obrero Español
    1996–1999Leni Fischer1935–2022Deutschland  DeutschlandChristlich Demokratische Union Deutschlands
    1999–2002David Russell Johnston1932–2008Vereinigtes Konigreich  Vereinigtes KönigreichLiberal Democrats
    2002–2004Peter Schieder1941–2013Osterreich  ÖsterreichSozialdemokratische Partei Österreichs
    2005–2008René van der Linden* 1943Niederlande  NiederlandeChristen-Democratisch Appèl
    2008–2010Lluís Maria de Puig1945–2012Spanien  SpanienPartido Socialista Obrero Español
    2010–2012Mevlüt Çavuşoğlu* 1968Turkei  TürkeiAdalet ve Kalkınma Partisi
    2012–2014Jean-Claude Mignon* 1950Frankreich  FrankreichUnion pour un mouvement populaire
    2014–2016Anne Brasseur* 1950Luxemburg  LuxemburgDemokratesch Partei
    2016–2017[13]Pedro Agramunt* 1951Spanien  SpanienPartido Popular[14]
    2017Roger Gale (interim)* 1943Vereinigtes Konigreich  Vereinigtes KönigreichConservative Party
    2017Stella Kyriakides (interim)* 1956Zypern Republik  ZypernDimokratikos Synagermos
    2018Michele Nicoletti (interim)* 1956Italien  ItalienPartito Democratico
    2018–2020Liliane Maury Pasquier* 1956Schweiz  SchweizSozialdemokratische Partei der Schweiz
    2020–2022Rik Daems[15]* 1959Belgien  BelgienOpen VLD
    2022–Tiny Kox[16]* 1953Niederlande  NiederlandeSocialistische Partij

    Kritik

    Versuchte Einflussnahme

    Das Nachrichtenmagazin Der Spiegel beschrieb Anfang 2012 die Strategien der Regierung von Aserbaidschan, mit denen diese das Abstimmungsverhalten einzelner Mitglieder der parlamentarischen Versammlung habe beeinflussen wollten.[17]

    Der Vorgänger Axel Fischers, Luca Volontè, hatte während seiner Zeit als Fraktionschef der Europäischen Volkspartei bis 2014 Zuwendungen von 2,39 Millionen Euro aus Aserbaidschan erhalten, die auf das Firmenkonto seiner Frau überwiesen wurden. Gegen Volontè wurde in Italien ein Verfahren wegen Geldwäsche eingeleitet. Fischer wird vorgeworfen, die Ermittlungen in dem Fall nicht unterstützt zu haben. Beobachter und politische Gegner befürchten, dass aus Aserbaidschan große Summen Geldes und Geschenke an Mitglieder der Parlamentarischen Versammlung geflossen sind, und dass so erfolgreich negative Berichte zur Menschenrechtslage im Land unterdrückt wurden.[18][19]

    2013 berichtete auch die New York Times über einige Abgeordnete, insbesondere aus den zentralasiatischen Staaten und Russland, die versucht haben sollen, andere Abgeordnete durch größere Geschenke und Einladungen zu Flugreisen im Sinne ihrer Herkunftsstaaten zu beeinflussen.[20] Laut diesem Zeitungsartikel engagierten dieselben Mitgliedsstaaten Lobbyisten, um die Kritik an der bei ihnen herrschenden Menschenrechtslage abzuwehren.[21]

    Nachdem viele Mitglieder der parlamentarischen Versammlung sowie Nichtregierungsorganisationen ihre Besorgnis über diese Vorgänge ausgedrückt hatten, veröffentlichte das Büro der parlamentarischen Versammlung im Januar 2017 eine Stellungnahme zu den Anschuldigungen.[22] Darin wurde unter anderem eine Überarbeitung des Verhaltenskodex für Abgeordnete sowie eine unabhängige, externe Untersuchung der Vorgänge angeregt.

    Kulturelle Divergenzen

    Obwohl sich der Europarat als Aufsichtsorgan und Hüterin der Menschenrechte und gegen Diskriminierung versteht, zeigt er sich in weltanschaulichen Fragen zunehmend gespalten. 2007 etwa wurde ein Bericht der liberalen Abgeordneten Anne Brasseur, der alle Bestrebungen verurteilt, anstelle der Evolutionstheorie den Kreationismus an Schulen zu unterrichten, mit nur 48 Ja-Stimmen angenommen; dagegen votierten 25 Mitglieder.[23] Grund für diese Spaltung sind die zunehmend gesellschaftlich konservativen, autoritären und reaktionären Tendenzen in einigen Mitgliedsstaaten, darunter die Türkei, Russland und eine Anzahl osteuropäischer Staaten.

    Am 22. Januar 2019 verabschiedete die Parlamentarische Versammlung des Europarats eine Resolution mit dem Titel „Die Scharia – Die Erklärung von Kairo und die Europäische Menschenrechtskonvention“[24]. Die Parlamentarische Versammlung des Europarats zeigt sich in der Resolution „hochbesorgt“ darüber, „dass die Scharia, inklusive der Bestimmungen, die der Europäischen Menschenrechtserklärung (EMRK) klar widersprechenden, in mehreren Mitgliedländern des Europarats offiziell oder offiziös angewendet werden, entweder im ganzen Land oder in Teilen des Landes“.[25] Obwohl die Resolution keinen zwingenden Charakter besitze, sei sie „von höchster politischer Bedeutung“, schrieb das „European Center for Law and Justice“ (ECLJ[26]) in einer Pressemitteilung.[27] Während 69 Abgeordnete für die Resolution stimmten, votierten die 14 türkischen und aserbaidschanischen Abgeordneten geschlossen dagegen.[28]

    Weblinks

    Einzelnachweise