Präsidentschafts- und Parlamentswahl in Liberia 1997

Wahl

Die Präsidentschafts- und Parlamentswahl in Liberia 1997 fand am 19. Juli statt. Bei ihr wurden der Präsident der Republik und die Mitglieder des Parlaments (64 Mandate im Repräsentantenhaus und 26 Mandate im Senat) gewählt.

Präsidentschaftswahl 1997
StaatLiberia Liberia
Datum19. Juli
KandidatenCharles TaylorEllen Johnson Sirleaf
ParteienNPPUP
Stimmen468.443
75,3 %
59.557
9,6 %
Zusammenfassung der Stimmen
Charles Taylor (NPP)
75,3 %
Ellen Johnson Sirleaf (UP)
9,6 %
G. V. Kromah (ALCOP)
4,0 %
Sonstige < 3 %
11,1 %
Präsident vor der Wahl
Ruth Perry
← 1985 2005

Die Wahlbeteiligung lag bei etwa 89 Prozent.[1]

Die Wahlen waren Teil der Friedensvereinbarung von 1996, durch die der Erste Liberianische Bürgerkrieg beendet wurde. Der ehemalige Anführer der Rebellengruppe National Patriotic Front of Liberia, Charles Taylor, der als Kandidat seiner Partei National Patriotic Party (NPP) antrat, gewann die Wahlen mit 75,3 Prozent der Stimmen. Auf Grundlage der Verhältniswahl gewann die NPP so drei Viertel der Sitze des Repräsentantenhauses.[2]

Am 2. August 1997 wurde Taylor als Präsident Liberias vereidigt.

Hintergrund

Im Jahr 1984 war ein neuer Entwurf der liberianischen Verfassung in einem Referendum angenommen worden. Diese Änderung sah eine aus 58 Zivilisten und Militärs bestehende interimsweise Nationalversammlung mit dem damaligen Präsidenten Samuel Doe als Kopf vor.Das Verbot von politischen Parteien wurde aufgehoben und 1985 fanden Wahlen statt.[3][4] Am 29. Oktober wurde bekannt gegeben, dass die NDPL den Präsidenten sowie die meisten Mitglieder von Senat und Repräsentantenhaus stellen werde. Samuel Doe wurde am 6. Januar als Präsident vereidigt und am 15. Januar wurde ein ziviles Kabinett gebildet.[1]Im Nachgang der Wahlen kam es zu Vorwürfen wegen Wahlbetrugs und anderen Unregelmäßigkeiten. Darüber hinaus nahmen Menschenrechtsverletzungen, Korruption und ethnische Spannungen deutlich zu. Diese gipfelten 1989 schließlich im Ersten Liberianischen Bürgerkrieg, in dessen Verlauf Samuel Doe 1990 entmachtet und ermordet wurde.[4]

Im Verlauf des Bürgerkrieges starben über 200.000 Menschen. Dazu wurde ein Drittel der Bevölkerung durch den Krieg vertrieben. Die Westafrikanische Wirtschaftsgemeinschaft (ECOWAS) bemühte sich um Friedensverhandlungen, die von einem Komitee der Organisation überwacht wurden. Der Krieg wurde durch den Kopf der National Patriotic Front of Liberia, Charles Taylor, angeführt. Es kam zu mehreren Friedensvereinbarungen, darunter der „Cotonou Accord“ am 25. Juli 1993, und die Vereinbarung „Akosombo Agreement“ am 12. August 1994. Eine der letzten Friedensvereinbarungen war das Abkommen von Abuja, das am 19. August 1995 in Nigeria unterzeichnet wurde. Charles Taylor stimmte zu, die NPFL aufzulösen und eine zivile Partei zu gründen. Aus dieser Partei entwickelte sich anschließend die National Patriotic Party.[5]

Am 14. Februar 1997 wurden Wahlen für den 30. Mai 1997 angekündigt, der Termin wurde allerdings später auf den 19. Juli 1997 verschoben.

Wahlsystem

Die Gesetzgebung Liberias ist der Gesetzgebung der Vereinigten Staaten nachempfunden. Es besteht ein Zweikammersystem mit Senat und Repräsentantenhaus. Liberia ist administrativ in 13 Counties gegliedert, die entsprechend ihrer Bevölkerung Sitze im Parlament erhalten (mindestens jedoch zwei). Insgesamt besteht das Repräsentantenhaus aus 64 Mitgliedern, darunter ein Sprecher. Jedes Mitglied vertritt einen Wahlbezirk und wird per Volksabstimmung für sechs Jahre gewählt.Der Senat hat 26 Mitglieder (zwei pro County), die für neun Jahre gewählt werden (seit 2011 gibt es 15 Counties). Senatoren werden, ebenso wie die Mitglieder des Repräsentantenhauses, per Mehrheitsabstimmung gewählt. Der Vizepräsident Liberias stellt das Oberhaupt des Senats dar und handelt in der Abwesenheit des Präsidenten als Präsident.[6]

Alle Liberianer, die mindestens 18 Jahre alt und im Wählerverzeichnis registriert waren, besaßen das Wahlrecht. Personen ohne liberianische Staatsangehörigkeit, verurteilte Verbrecher und psychisch kranke Personen waren von den Wahlen generell ausgeschlossen.Als Kandidaten für eine politische Partei für das Repräsentantenhaus durften nur Liberianer antreten, die mindestens 25 Jahre alt waren, wenn sie zuvor mindestens ein Jahr in Liberia wohnhaft waren und Steuern zahlten. Kandidaten für den Senat mussten mindestens 30 Jahre alt sein, Steuern zahlen und seit mindestens einem Jahr durchgängig in Liberia wohnen.[1]

Ablauf der Wahl

Für die Wahlkommission erwies es sich als Herausforderung, die Öffentlichkeit über die Wahlen und das Wahlgeheimnis aufzuklären. Hierbei lag die größte Hürde in der hohen Analphabetenrate von 70 bis 90 Prozent der Bevölkerung. Durch die historische Dominanz der True Whig Party existierte außerdem keine pluralistische politische Kultur.[7]Die Friedensvereinbarung sah unverzügliche Wahlen vor, deren Umsetzung sich aufgrund der durch den Bürgerkrieg beschädigten und zerstörten Infrastrukturen als schwierig erwies. Die Wahl wurde von Soldaten der Beobachtermission der Vereinten Nationen in Liberia (UNOMIL) und der westafrikanischen Wirtschaftsgemeinschaft (ECOWAS) beaufsichtigt.[8]

Wahlergebnisse

Die Ergebnisse der Wahl wurden im August verkündet. Die National Patriotic Party wurde mit einer deutlichen Mehrheit ins Repräsentantenhaus und in den Senat gewählt. Charles Taylor gewann die Präsidentschaftswahlen mit einem Erdrutschsieg von 75 Prozent der Stimmen. Ellen Johnson Sirleaf, Taylors stärkste Konkurrentin, lag mit 10 Prozent der Stimmen deutlich hinter ihm.[6] Taylor wurde am 6. August als Präsident Liberias vereidigt und die Zusammenstellung des Kabinetts wurde in den folgenden Wochen verkündet.[1]

PräsidentschaftskandidatParteiStimmenStimmen in %Sitze im RepräsentantenhausSitze im Senat
Charles TaylorNational Patriotic Party468.44375,334921
Ellen Johnson SirleafUnity Party59.5579,5873
G. V. KromahAll Liberia Coalition Party25.0594,0332
Cletus WotorsonAlliance of Political Parties15.9692,5720
Gabriel Baccus MatthewsUnited People’s Party15.6042,5120
Togba-Nah TipotehLiberian People’s Party10.0101,6110
George BoleyNational Democratic Party of Liberia7.8431,2600
Henry Fumba MonibaLiberia National Union6.7081,0800
George T. WashingtonPeople’s Democratic Party of Liberia3.4970,5600
Martin SheriffNational Reformation Party2.9650,4800
Chea CheapooProgressive People’s Party2.1420,3400
Henry FahnbullehReformation Alliance Party2.0670,3300
Fayah GbollieFree Democratic Party2.0160,3200
Gesamt621.880100,006426
Registrierte Wähler und Wahlbeteiligung751.43082,76
Quelle: African Elections Database

Siehe auch

Einzelnachweise