Rio de Janeiro (Bundesstaat)

brasilianischer Bundesstaat

Rio de Janeiro (amtlich portugiesisch Estado do Rio de Janeiro) ist ein Bundesstaat in der Südostregion von Brasilien. Die Hauptstadt heißt ebenfalls Rio de Janeiro und ist der zentrale Ausgangspunkt der Metropolregion Rio de Janeiro. Die Bewohner des Bundesstaates werden als Fluminenses bezeichnet, während sich die Bewohner der Hauptstadt Cariocas nennen.

Rio de Janeiro
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Lage
Symbole
Flagge
Flagge
Wappen
Wappen
Basisdaten
StaatBrasilien
HauptstadtRio de Janeiro
Fläche43.909,7 km²
Einwohner15.993.583 (2010[1])
Dichte364 Einwohner pro km²
ISO 3166-2BR-RJ
Webauftrittwww.rj.gov.br
Politik
GouverneurCláudio Castro
vakant: Vizegouverneur
Senatoren: 3
Bundesabgeordnete: 46
Landesabgeordnete: 70
ParteiPSC
Wirtschaft
BIP640.186 Mio. R$
38.482 R$ pro Kopf
(2016[2])

Gouverneur war seit 1. Januar 2019 Wilson Witzel vom rechtsreligiösen Partido Social Cristão (PSC).[3] Am 28. August 2020 wurde er wegen des Verdachts der Korruption amtsenthoben.[4] Sein Amt übernahm interimistisch Vizegouverneur Cláudio Castro, ebenfalls PSC, seit 1. Mai 2021 ist Castro offiziell Gouverneur.[5]

Geographie

Satellitenbild des Landes
Mata Atlântica mit Gebirgszug

Mit einer Fläche von nur rund 43.750,4 km² (Stand 2018) gehört Rio de Janeiro zu den kleineren Staaten Brasiliens und ist in etwa so groß wie Dänemark und etwas kleiner als das deutsche Bundesland Niedersachsen. Es ist mit 17.264.943 Einwohnern, geschätzt zum 1. Juli 2019,[1] der drittbevölkerungsreichste Bundesstaat nach São Paulo und Minas Gerais. Die Einwohnerdichte beträgt etwa 365 EW/km².[6]

Die höchste Erhebung des überwiegend bergigen Bundesstaates ist der Pico das Agulhas Negras in der Serra da Mantiqueira mit 2.789 m. Die wichtigsten Flüsse sind der Paraíba do Sul, Macaé, Muriaé, Piraí und der Rio Grande. Das größte Binnengewässer ist mit einer Fläche von 220 km² die Laguna de Araruama, im Osten des Bundesstaates. Er hat mit etwa 635 km Ausdehnung am Südatlantik die drittgrößte Küstenlänge nach den Küsten von Bahia (rund 1183 km) und Maranhão (rund 640 km). Die Küstenregion wird Baixada Fluminense genannt und bildet mit der sich anschließenden Baixada Santista im Bundesstaat São Paulo die Region Costa Verde.

Der Bundesstaat grenzt (von Südwesten im Uhrzeigersinn) an die Bundesstaaten São Paulo, Minas Gerais und Espírito Santo, die zusammen die statistische Großregion Região Sudeste bilden.

Die Hauptstadt und größte Stadt ist Rio de Janeiro. Ihre Nachbarstadt Niterói war bis 1975 die Hauptstadt des Bundesstaates und ist mit ca. 500.000 Einwohnern dessen fünftgrößte Stadt. Zwischen beiden Städten verläuft die 1974 gebaute, 14 km lange und die Bucht von Guanabara überquerende Rio-Niterói-Brücke.

Entsprechend ihrer wirtschaftlichen Bedeutung sind die nächstwichtigen Städte des Bundesstaates Rio de Janeiro, in alphabetischer Reihenfolge:Angra dos Reis, Araruama, Arraial do Cabo, Barra Mansa, Búzios, Cabo Frio, Campos, Duque de Caxias, Macaé, Mauá, Nova Friburgo, Nova Iguaçu, Paraty, Petrópolis, Rio das Ostras, São Gonçalo, Saquarema, Teresópolis und Volta Redonda.

Geschichte

Der Bundesstaat Rio de Janeiro hat seinen Ursprung in der nach der Unabhängigkeit Brasiliens 1822 gegründeten kaiserlichen Provinz Rio de Janeiro. Die Stadt Rio de Janeiro war sowohl die Kapitale der Provinz wie auch die des Kaiserreichs. Um ihrer Hauptstadtfunktion gerecht zu werden, ist die Stadt im Jahr 1834 als „neutrale Stadt“ (Município Neutro) administrativ von ihrem provinziellen Umland abgetrennt worden, worauf Stadt und Provinz von nun an zwei Gebietskörperschaften mit gleichen Namen darstellten. Neue Hauptstadt der Provinz wurde Niterói. Nach dem Ende des Kaiserreichs und der Proklamation der Republik 1889 ist die Provinz in einen Bundesstaat eingerichtet worden. Seine Hauptstadt wurde 1894 von Niterói nach Petrópolis verlegt, nur um 1903 wieder nach Niterói zurückverlegt zu werden.

Mit dem Ergänzungsgesetz Lei complementar número 20 vom 1. Juli 1974[7] hat die brasilianische Militärregierung unter Präsident Ernesto Geisel die Wiedervereinigung des Bundesstaates Rio de Janeiro mit dem Stadtstaat von Rio de Janeiro verfügt, der seit 1960 als Bundesstaat Guanabara bestanden hat. Das Gesetz ist am 15. März 1975 wirksam geworden, worauf der heutige Bundesstaat entstand, dessen Hauptstadt nun wieder Rio de Janeiro ist.

Politik

Exekutive

Palácio Guanabara, Sitz des Gouverneurs
Palácio Tiradentes, Sitz der Legislativversammlung

Sitz der Regierung ist der Palácio Guanabara.

Der Teilstaat wird im Bundessenat des Nationalkongresses (56. Legislaturperiode) von drei Senatoren vertreten: Arolde de Oliveira (PSD), Flávio Bolsonaro (Republicanos) und dem ehemaligen Fußballspieler Romário (PODE). In die Abgeordnetenkammer des Nationalkongresses wurden 46 Bundesabgeordnete gewählt.

Gouverneure waren seit 1974 in der Übergangszeit von der Militärdiktatur Brasiliens und seit der Sechsten Republik:

  • Floriano P. Faria Lima (1974–1979), ernannt
  • Antônio Chagas Freitas (1979–1983) PDS, indirekt gewählt
  • Leonel Brizola (1983–1987) PDT
  • Moreira Franco (1987–1991) PMDB
  • Leonel Brizola (1991–1994) PDT
  • Nilo Batista (1994–1995) PDT
  • Marcello Alencar (1995–1999) PSDB
  • Anthony Garotinho (1999–2002) PDT
  • Benedita da Silva (2002–2003) PT, Gouverneurin
  • Rosinha Garotinho (2003–2007) PSB, Gouverneurin
  • Sérgio Cabral Filho (2007–2010) PMDB
  • Sérgio Cabral Filho (2011–2014) PMDB
  • Luiz Fernando Pezão (2014–2016) PMDB
  • Francisco Dornelles (März–Oktober 2016, interimistisch) PP
  • Luiz Fernando Pezão (2016–2018) PMDB
  • Wilson Witzel (2019–2020) PSC
  • Cláudio Castro (2021–) PSC, zuvor ab August 2020 interimistisch

Im November 2016 erklärte der Bundesstaat den finanziellen Notstand, Krankenhäuser und Schulen blieben teils geschlossen und die Polizei arbeitete im Halbstreik, alleine im Januar 2017 wurden 18 Beamte ermordet. Gleichzeitig war der frühere Gouverneur Sérgio Cabral in Untersuchungshaft mit dem Vorwurf, Hunderte von Millionen Dollar veruntreut zu haben.[8]

Im Februar 2018 nannte die Neue Zürcher Zeitung den zu der Zeit amtierenden Gouverneur ein „wandelndes Desaster“: Er gehöre zur Clique von Sérgio Cabral Filho, der den Bundesstaat „um hunderte Millionen Dollar erleichterte“. Der Staatspräsident Brasiliens, Michel Temer, wollte dem Gouverneur die Kontrolle entziehen, stattdessen wurde ihm durch Dekret Nr. 9.288[9] nur die Kontrolle über den Sicherheitsapparat entzogen, sodass ab Februar 2018 für ein Jahr der Armeegeneral Walter Souza Braga Netto, Militärkommandant des Ostens, die Polizei befehligt.[10] Die Ernennung eines Bundesinterventors ist verfassungsrechtlich umstritten.

Legislative

Die aktuell von 2019 bis 2023 laufende 12. Legislativversammlung Assembleia Legislativa do Estado do Rio de Janeiro (ALERJ) besteht aus 70 Abgeordneten.[11][12] Sie hat ihren Sitz im Palácio Tiradentes im Zentrum der Hauptstadt.

Judikative

Oberstes Organ der Rechtsprechung einschließlich der staatlichen Militärjustiz ist das Tribunal de Justiça do Estado do Rio de Janeiro (TJERJ), der Gerichtshof des Staates Rio de Janeiro. Präsident für die Zeit von 2017 bis 2018 ist Richter Milton Fernandes de Souza.[13]

Demografie

Ethnische Gruppen

Anteile der ethnischen Gruppen nach einer Erhebung von 2009 (aus Gesamtzahl 15.801.000):[14]

GruppeAnteil in %Anmerkung
Brancos (Weiße, Nachfahren von Europäern)55,8meist portugiesisch-, italienisch-, deutsch-, schweiz-, spanischstämmig
Pardos (Mischrassige)32,6meist Mulatten und Mestizen
Pretos (Schwarze)11,1meist Bantu- und Yorubastämmige
Indigene und Amarelos (Asienstämmige)0,4
ohne Angaben0,1

Wirtschaft und Landwirtschaft

Der Anteil Rio de Janeiros am brasilianischen Bruttoinlandsprodukt (BIP) lag im Jahr 2011 bei 11,2 %, er ist neben dem von São Paulo der Zweithöchste des Landes.[2] Insgesamt betrug das BIP 462.376 Mio. R$, pro Kopf 28.696 R$ als Dritthöchstes des Landes im Jahr 2011.

Dabei wird der überwiegende Teil (ca. 58 %) im Dienstleistungssektor erwirtschaftet.Die wichtigsten Industrien sind chemische Industrie, Erdöl- und -gasförderung und Metallindustrie. Der Tourismus spielt eine sehr bedeutende Rolle. Denn insbesondere für ausländische Touristen ist die Stadt Rio de Janeiro Brasiliens populärster Zielort, während der kleine Badeort Armação dos Búzios im Bundesstaat den zweiten, in ganz Brasilien den achten Platz einnimmt.

Städte

Rio de Janeiro
Niterói
Campos
Petrópolis

Städte über 100.000 Einwohner laut Volkszählung 2010 des IBGE mit Schätzungen der Einwohnerzahlen zum 1. Juli 2020.[15]

GemeindeCensus
2010
Schätzung
1. Juli 2020
01Rio de Janeiro 6.320.446 6.747.815
02São Gonçalo 999.728 1.091.737
03Duque de Caxias 855.048 924.624
04Nova Iguaçu 796.257 
(2000: 920.599)
823.302
05Niterói 487.562 515.317
06 (7)Campos dos Goytacazes 463.731 511.168
07 (6)Belford Roxo 469.332 513.118
08São João de Meriti 458.673 472.906
09Petrópolis 295.917 306.678
10Volta Redonda 257.803 273.988
11 (12)Magé 227.322 246.433
12 (13)Itaboraí 218.008 242.543
13 (11)Macaé 206.728 261.501
14Cabo Frio 186.227 230.378
15 (16)Nova Friburgo 182.082 191.158
16 (17)Barra Mansa 177.813 184.833
17 (15)Angra dos Reis 169.511 207.044
18 (19)Mesquita 168.376 176.569
19 (18)Teresópolis 163.746 184.240
20 (21)Nilópolis 157.425 162.693
21 (23)Queimados 137.962 151.335
22 (20)Maricá 127.461 164.504
23 (24)Resende 119.769 132.312
24 (25)Araruama 112.008 134.293
25 (24)Itaguaí 109.091 134.819
26Rio das Ostras 105.676 155.193

Weblinks

Commons: Rio de Janeiro (Bundesstaat) – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise