United Nations Interim Force in Lebanon

Beobachtermission der Vereinten Nationen im Libanon

United Nations Interim Force in Lebanon (UNIFIL, deutsch Interimstruppe der Vereinten Nationen im Libanon) ist eine Beobachtermission der Vereinten Nationen im Libanon. Die UNIFIL-Mission wurde 1978 ins Leben gerufen und ist eine der ältesten aktiven UN-Beobachtermissionen. Das Hauptquartier ist seit 1978 in Naqura stationiert.

UNIFIL/FINUL
EinsatzgebietLibanon Libanon
Deutsche BezeichnungInterimstruppe der Vereinten Nationen im Libanon
Englische BezeichnungUnited Nations Interim Force in Lebanon
Französische BezeichnungForce intérimaire des Nations Unies au Liban
Basierend auf UN-Resolution425 und 426 (19. März 1978)
Weitere UN-Resolutionen
  • 1701 (2006)
  • 2373 (2017)
Art der MissionFriedensmission
BeginnMärz 1978
Statusandauernd
LeitungSpanienSpanien Generalmajor Aroldo Lázaro Sáenz (seit 28. Februar 2022)
Einsatzstärke (min.)ca. 11.300, davon
ca. 10.500 Soldaten
Einsatzstärke (max.)15.000
Militär ausArmenien Bangladesch Belarus Brasilien Brunei China Volksrepublik Deutschland El Salvador Estland Fidschi Finnland FrankreichFrankreich Ghana Griechenland Guatemala Indien Indonesien Irland ItalienItalien Kambodscha Kasachstan Katar Kenia Kolumbien Kroatien Malaysia Malta Nepal NiederlandeNiederlande Nigeria Nordmazedonien OsterreichÖsterreich Peru Polen Sambia Serbien Sierra Leone Slowenien SpanienSpanien Sri Lanka Korea Sud Tansania Turkei Ungarn Uruguay Zypern Republik
Todesfälle333 (Stand Nov. 2023)
Kosten483 Mio. USD (Juli 2017 bis Juni 2018)
Lage des Einsatzgebietes
Kartenübersicht
Aktuelle Verteilung der Kräfte
Sisu XA-180 der UNIFIL im Südlibanon (1998)

Mit ihrer Aufstellung im Jahre 1978 wurden die Resolutionen 425 und 426 vom 19. März 1978 umgesetzt. Die Beobachtermission hatte ursprünglich die Aufgabe, den Abzug der israelischen Truppen zu bestätigen, den die Resolution 425 einforderte. Außerdem sollte sie dazu dienen, den Frieden und die Sicherheit im südlichen Libanon wiederherzustellen und schließlich der libanesischen Regierung helfen, die Souveränität und ihre Autorität in dem Gebiet wieder zu erlangen. Die Aufgaben des UNIFIL wurden in den folgenden Jahren mehrfach der veränderten Lage angepasst und das Mandat wiederholt verlängert.

Während des Libanonkrieges 2006 wurde am 11. August 2006 die UN-Resolution 1701 verabschiedet, durch die das UNIFIL-Mandat grundlegend erweitert wurde. Im Gegensatz zu bisher ist die Mission jetzt auf Kapitel VII der Charta der Vereinten Nationen begründet. Es handelt sich damit um eine bewaffnete Blauhelmmission, was bedeutet, dass die UNIFIL-Truppen ihre Aufgaben im Rahmen des Mandats mit Gewalt durchsetzen können. (In der Presse wurde dies als Robustes Mandat bezeichnet.) Im Rahmen dieses Auftrages soll die von 2.000 auf 15.000 Mann vergrößerte UN-Friedenstruppe im Süden des Libanon gemeinsam mit einem gleich großen Kontingent der regulären Armee die von Israel während des Libanonkrieges 2006 besetzten Stellungen übernehmen und sicherstellen, dass in dem Gebiet keine bewaffnete Miliz herumstreift. Erstmals wurden die Blauhelmsoldaten durch Marineeinheiten ergänzt. Der Marineeinsatzverband soll Libanons 225 km lange Küste überwachen und den Schmuggel von Waffen unterbinden. Aufgrund der Resolution stimmten die Konfliktparteien, Hisbollah und Israel, dem Waffenstillstand zu, der am 14. August 2006 in Kraft trat.

Seit dem 28. Februar 2022 ist der spanische Generalmajor Aroldo Lázaro Sáenz Kommandeur von UNIFIL.[1]

Hintergrund

Nach dem „Schwarzen September“ 1970 waren die Palästinensische Befreiungsorganisation (PLO) und ihre Anhänger aus Jordanien vertrieben worden. Die PLO hatte im südlichen Libanon ihre neue Hauptbasis für den Kampf gegen Israel im Libanon etabliert. Die Organisation hatte dann im südlichen Libanon eigene Strukturen geschaffen und unterhielt öffentliche Einrichtungen wie Krankenhäuser und Schulen. Die palästinensische Präsenz und das durch die Ankunft von hunderttausenden Palästinensern verursachte demographische Ungleichgewicht war ein Mitauslöser des libanesischen Bürgerkriegs, der von 1975 bis 1990 andauerte.

Am 11. März 1978 landete ein elfköpfiges bewaffnetes Kommando der Fatah an einem Strand nördlich von Tel Aviv. Das Kommando entführte einen Linienbus und eröffnete das Feuer auf israelische Militäreinrichtungen. Bei der anschließenden Verfolgungsjagd und Schießerei starben alle Mitglieder des Kommandos und 36 Israelis. Am 14. März, drei Tage nach dem als Küstenstraßenmassaker bekannt gewordenen Zwischenfall, marschierte die israelische Armee (Tzahal) mit 25.000 Soldaten in den Libanon ein und besetzte das Gebiet südlich des Flusses Litani (siehe Operation Litani). Dabei wurden zwischen 1.000 und 2.000 Palästinenser getötet und rund 280.000 vertrieben.

Die libanesische Regierung, die sich zu dem Zeitpunkt mit dem Bürgerkrieg konfrontiert sah, protestierte gegen das israelische Vorgehen und wandte sich an den Sicherheitsrat der Vereinten Nationen, der in seinen Resolutionen 425 und 426 vom 19. März 1978 die Einstellung der Kampfhandlungen und den Abzug der israelischen Truppen forderte. Gleichzeitig wurde die Entsendung einer Eingreiftruppe – der UNIFIL – beschlossen. Die ersten UNIFIL-Einheiten, die von der im benachbarten Syrien stationierten Beobachtertruppe der Vereinten Nationen für die Truppenentflechtung (UNDOF) abgezogen wurden, erreichten das Gebiet im Südlibanon am 23. März 1978. Auch die deutsche Luftwaffe beteiligte sich mit einer Transall C-160 an der UN-Mission und flog norwegische Soldaten zum UNIFIL-Einsatz in den Südlibanon.

UNIFIL-Mission von 1978 bis 2006

Zwar zog Israel seine Truppen 1978 aus dem Libanon ab, ihre Positionen wurden jedoch durch die von Israel unterstützte Südlibanesische Armee (SLA) gehalten. In den Folgejahren fanden Kämpfe zwischen der SLA und PLO-Truppen sowie Artillerieduelle über die Grenze zu Israel statt.

1982 marschierte die Tzahal erneut in den Libanon ein (siehe Libanonkrieg 1982) und besetzte weite Teile des Landes. Durch diesen Krieg wurden die bisherigen Aufgaben der Truppe praktisch unmöglich gemacht. Die UNIFIL begann deswegen, humanitäre Hilfe für die Bevölkerung zu leisten. Im Laufe dieses Krieges wurde zwar die PLO aus dem Libanon vertrieben, aber 1983 wurde die schiitische Miliz „Hisbollah“ gegründet, die durch den Iran und später auch Syrien unterstützt wurde. 1985 zog sich die Tzahal weitgehend zurück, behielt aber weiterhin einen Landstreifen im Südlibanon besetzt. Um diesen als Sicherheitszone benannten Streifen führte die Tzahal und auch die SLA, die eigentlich nur eine Miliz war, Gefechte mit der Hisbollah. In deren Verlauf kam es auch wiederholt zu Aktionen der Hisbollah in Israel.

Im Jahre 1993 kam es im Verlauf der Operation Verantwortlichkeit zu einem Einmarsch der Tzahal-Truppen in den Libanon.

Während dieser und der nachfolgenden israelischen Militäroperation „Früchte des Zorns“ wurden die UN-Truppen praktisch überrannt und konnten nur humanitäre Hilfe leisten. Am 18. April 1996 wurde eine Einrichtung der UNIFIL in dem Dorf Kana von israelischer Artillerie getroffen. Dabei wurden von den rund 800 Flüchtlingen, die dort Schutz gesucht haben, über 100 getötet und etwa 300 verletzt. Der Vorfall wurde als Artillerieangriff auf Kana bekannt.

Als im Jahr 2000 Israel seine restlichen Truppen aus dem Libanon abzog, brach die SLA zusammen. Aufgrund der geänderten Sicherheitslage wurde die Mission vorübergehend von 4.500 auf rund 8.000 Mann aufgestockt. Die UNIFIL-Mission ist bis heute im Libanon stationiert. Zu den Aufgaben der UNIFIL zählen unter anderem die Überwachung des Waffenstillstands sowie die Minenräumung.

Sie war auch an der Dokumentierung der sogenannten Blauen Linie beteiligt. Diese ist eine Demarkationslinie, die im Wesentlichen der Waffenstillstandslinie von 1947 folgt, formal jedoch keine internationale Grenze darstellt.

Das UNIFIL-Mandat wurde seit dem israelischen Abzug halbjährlich verlängert. Gründe dafür sind unter anderem die fortbestehenden Gebietsstreitigkeiten um die Schebaa-Farmen. Zwar haben die Vereinten Nationen festgestellt, dass das Gebiet zu den israelisch besetzten Golanhöhen gehört, aber diese werden vom Libanon trotzdem beansprucht. (Daraus resultiert auch der Anspruch der Hisbollah, ihrer Entwaffnung nicht zuzustimmen, solange libanesisches Gebiet durch israelische Truppen besetzt ist.)

Nachfolgend hat es die libanesische Regierung bisher versäumt, ihre Autorität und Souveränität, sowie die Einhaltung der öffentlichen Sicherheit und des Friedens im südlichen Libanon effektiv durchzusetzen.

Während des Libanonkrieges 2006 wurde am 25. Juli 2006 durch einen israelischen Bombenangriff ein UNIFIL-Bunker zerstört. Bei dem Zwischenfall wurden vier unbewaffnete Militärbeobachter der UNTSO aus China, Finnland, Kanada und Österreich getötet.

Der damalige Generalsekretär der Vereinten Nationen, Kofi Annan, schlug daraufhin nur eine Verlängerung des Mandates von UNIFIL um nur einen Monat vor. Damit sollte ermöglicht werden, flexibler auf die aktuelle Entwicklung zu reagieren. Am 31. Juli verabschiedete der Sicherheitsrat die Resolution 1697, der das Mandat der Blauhelme bis zum 31. August 2006 verlängerte.

ResolutionDatumGegenstand
Resolution 42519. März 1978Aufstellung der UNFIL-Beobachtermission
Resolution 42619. März 1978„technische“ Regelungen
Resolution 131027. Juli 2000Verlängerung des UNIFIL-Mandats bis 31. Januar 2001
Resolution 133730. Januar 2001Verlängerung des UNIFIL-Mandats bis 31. Juli 2001
Resolution 136531. Juli 2001Verlängerung des UNIFIL-Mandats bis 31. Januar 2002
Resolution 139128. Januar 2002Verlängerung des UNIFIL-Mandats bis 31. Juli 2002
Resolution 142830. Juli 2002Verlängerung des UNIFIL-Mandats bis 31. Januar 2003
Resolution 146130. Januar 2003Verlängerung des UNIFIL-Mandats bis 31. Juli 2003
Resolution 149631. Juli 2003Verlängerung des UNIFIL-Mandats bis 31. Januar 2004
Resolution 152530. Januar 2004Verlängerung des UNIFIL-Mandats bis 31. Juli 2004
Resolution 155329. Juli 2004Verlängerung des UNIFIL-Mandats bis 31. Januar 2005
Resolution 158328. Januar 2005Verlängerung des UNIFIL-Mandats bis 31. Juli 2005
Resolution 161429. Juli 2005Verlängerung des UNIFIL-Mandats bis 31. Januar 2006
Resolution 165531. Januar 2006Verlängerung des UNIFIL-Mandats bis 31. Juli 2006
Resolution 169731. Juli 2006Verlängerung des UNIFIL-Mandats bis 31. August 2006
Resolution 170111. August 2006Verlängerung des UNIFIL-Mandats bis 31. August 2007
Resolution 177324. August 2007Verlängerung des UNIFIL-Mandats bis 31. August 2008
Resolution 183227. August 2008Verlängerung des UNIFIL-Mandats bis 31. August 2009
Resolution 188427. August 2009Verlängerung des UNIFIL-Mandats bis 31. August 2010
Resolution 193730. August 2010Verlängerung des UNIFIL-Mandats bis 31. August 2011
Resolution 200430. August 2010Verlängerung des UNIFIL-Mandats bis 31. August 2012
Resolution 206430. August 2012Verlängerung des UNIFIL-Mandats bis 31. August 2013
Resolution 211529. August 2013Verlängerung des UNIFIL-Mandats bis 31. August 2014
Resolution 217226. August 2014Verlängerung des UNIFIL-Mandats bis 31. August 2015
Resolution 223621. August 2015Verlängerung des UNIFIL-Mandats bis 31. August 2016
Resolution 230530. August 2016Verlängerung des UNIFIL-Mandats bis 31. August 2017
Resolution 237330. August 2017Verlängerung des UNIFIL-Mandats bis 31. August 2018
Resolution 243330. August 2018Verlängerung des UNIFIL-Mandats bis 31. August 2019
Resolution 248530. August 2019Verlängerung des UNIFIL-Mandats bis 31. August 2020
Resolution 253928. August 2020Verlängerung des UNIFIL-Mandats bis 31. August 2021
Resolution 259130. August 2021Verlängerung des UNIFIL-Mandats bis 31. August 2022
Resolution 265031. August 2022Verlängerung des UNIFIL-Mandats bis 31. August 2023
Resolution 269531. August 2023Verlängerung des UNIFIL-Mandats bis 31. August 2024

Zwischenfälle und Kritik

Über die Jahre ihres Bestehens sind die Blauhelmsoldaten der UNIFIL-Mission wiederholt ins Kreuzfeuer geraten, sowohl übertragen im Sinne von Kritik als auch buchstäblich, da die Beobachtungsposten bei den verschiedenen bewaffneten Auseinandersetzungen in dem Gebiet oftmals im Zentrum der Kampfhandlungen stationiert waren. Durch Unfälle oder infolge von Kampfhandlungen wurden seit der erstmaligen Stationierung der Truppe 258 Uno-Soldaten oder zivile Uno-Mitarbeiter getötet.

Im Verlauf des Libanonkrieges selbst kam es zu wiederholten Angriffen auf UN-Personal, wobei der Angriff auf einen Beobachterposten der UNTSO-Mission in Chiyam besondere Aufmerksamkeit erweckte. Insgesamt kamen zwischen dem 12. Juli, als die Kämpfe im Grenzgebiet begannen, und dem Tag des Waffenstillstands am 14. August sieben UN-Mitarbeiter ums Leben und 12 wurden verletzt.

Erweitertes UNIFIL-Mandat nach dem Libanonkrieg 2006

Mit der Annahme der Resolution 1701 des UN-Sicherheitsrates wurde die Mission sowohl hinsichtlich ihres Mandats als auch ihrer Stärke grundlegend erweitert. Die Mission wird deswegen informell auch als UNIFIL II oder UNIFIL Plus bezeichnet. Im Gegensatz zu dem ursprünglichen Auftrag der Beobachtertruppe sind die Soldaten jetzt mit einem „robusten Mandat“ nach Kapitel VII der UN-Charta ausgestattet. Die von Frankreich und den Vereinigten Staaten eingebrachte Resolution basiert im Wesentlichen auf dem Siebenpunkteplan des libanesischen Ministerpräsidenten Fouad Siniora, der informell auch Siniora-Plan genannt wird. Eine neue Aufgabe der Friedenstruppen ist nun, Waffenlieferungen an die Hisbollah zu unterbinden. Allerdings schließt das die Entwaffnung der Hisbollah nicht mit ein. Laut einem spanischen Presseoffizier sind nachts auch keine Patrouillen unterwegs.[2]

Der UN-Sicherheitsrat beschloss am 27. August 2008 eine Verlängerung der Mission bis Ende August 2009.

Stationierung von Blauhelmsoldaten im südlichen Libanon

Zug um Zug mit der Stationierung der aufgestockten UNIFIL-Truppen und von Soldaten der regulären libanesischen Streitkräfte hat Israel seine Einheiten aus dem südlichen Libanon zurückgezogen. Am 1. Oktober 2006 meldete die israelische Armee, dass alle ihre Soldaten den Libanon verlassen hätten, musste allerdings einem Bericht von UNIFIL folgend zugeben, dass in dem geteilten Grenzort Ghadschar noch Soldaten nördlich der Grenze anwesend waren.

Frankreich und Italien waren die ersten Staaten, die zusätzliche Blauhelmsoldaten stationiert haben.

Italien hatte am 3. September 2006 bereits 480 Soldaten des San-Marco-Regiments in Tyros, der viertgrößten Stadt im Libanon, stationiert. Insgesamt wird Italien mit voraussichtlich 2.450 Soldaten die meisten Soldaten stellen.[3] Die französischen Truppen werden um bis zu 1.600 Soldaten auf 2.000 Soldaten erweitert und führen mit sich: 13 Leclerc-Panzer, 30 Transportpanzer vom Typ AMX-10P, vier 155 mm Panzerhaubitzen vom Typ AMX-30 AuF1 und zwei auf Lastwagen montiertes Hochleistungsradare Cobra zum Erfassen feindlicher Artillerie.[4]

Überwachung der Küste des Libanon durch den Marineeinsatzverband

Aufgaben und Zusammensetzung des Verbandes

UN-Seestreitkräfte zu Beginn der Operation[5]
NationSchiffePersonal
Danemark  Dänemark117
Deutschland  Deutschland7636
Griechenland  Griechenland1189
Niederlande  Niederlande1154
Schweden  Schweden140
Turkei  Türkei4779

Die libanesische Regierung ersuchte am 9. September 2006 die UNIFIL um Unterstützung bei der Sicherung der seeseitigen libanesischen Grenzen und Einreisepunkte. UNIFIL übernahm diese Aufgabe sofort mit einer Interim Maritime Task Force mit Schiffen aus Italien, Frankreich, Griechenland und Großbritannien unter Führung des italienischen Admirals Giuseppe de Georgi auf dem Flugzeugträger Giuseppe Garibaldi.

UNIFIL MAROPS-Abzeichen (Task Force 448)

Seit 16. Oktober 2006 besteht der Marineeinsatzverband Maritime Task Force (MTF) 448 aus wechselnden Schiffen verschiedener Nationen. Ziel des Einsatzes ist die Aufklärung und Kontrolle der Seewege innerhalb der libanesischen Hoheitsgewässer und die Umleitung der Schiffe im Verdachtsfall. Weitere Aufgaben sind humanitäre Hilfe, Ausbildungshilfe für die libanesischen Sicherheitskräfte und die militärische Beratung des Libanon.

Überwachungsgebiet der maritimen Komponente von UNIFIL
UNIFIL Marineeinsatzverband im Hafen von Limassol am 3. Juli 2011

Das Überwachungsgebiet ist in vier Zonen aufgeteilt:[6]

  • Zone 1: Entlang der libanesischen Küste auf einer Tiefe von 12 sm bis 50 sm.
  • Zone 2: Die Zwölf-Seemeilen-Zone von der Höhe des Litani-Flusses bis zur Grenze mit Israel.
  • Zone 3: Von der Grenze zu Syrien bis zur Höhe des Litani-Flusses auf einer Tiefe von 6 sm bis 12 sm.
  • Zone 4: Die Sechs-Seemeilen-Zone von der Grenze zu Syrien bis zur Höhe des Litani-Flusses.

In den Zonen zwei, drei und vier sind Einsätze des Marineeinsatzverbandes nur auf Anforderung des Libanon und bei der Verfolgung eines Schiffes möglich. Allerdings bestehen Vereinbarungen mit der libanesischen Regierung, dass die UNIFIL bis auf weiteres den kompletten Schiffsverkehr auch ohne Anforderung durch die libanesische Regierung eigenständig überwachen darf.[7] So übergab beispielsweise am 1. November die libanesische Regierung der UN auch in der Zone vier die Kontrolle des Schiffsverkehrs.

Auf Bitte der Vereinten Nationen führte Deutschland die MTF bis 29. Februar 2008. Danach ging die Führung auf die European Maritime Force (EUROMARFOR) über, zunächst unter italienischer Führung.

Deutsche Beteiligung an der Maritime Task Force (MTF) 448

Fregatte Mecklenburg-Vorpommern, 15. Oktober bis 15. November 2006 Flaggschiff des UNIFIL-Marineeinsatzverbandes

Nachdem die deutsche Bundesregierung sich bereits am 13. September 2006 für eine Beteiligung von bis zu 2.400 Soldaten an der UNIFIL-Mission im Libanon entschieden hatte, stimmte der Deutsche Bundestag am 20. September 2006 ebenfalls dafür. Der Einsatz sollte zunächst bis zum 31. August 2007 dauern. Durch Beschluss des Deutschen Bundestages, zuletzt vom 14. Juni 2018, wurde der Einsatz bis zum 30. Juni 2019 verlängert. Das Mandat bleibt im Kern dabei unverändert. Für den Mandatszeitraum 2017/2018 werden ähnlich wie bereits für 2016/2017 einsatzbedingte Zusatzausgaben von rund 28 Millionen Euro prognostiziert.

Die Marine entsandte zunächst zwei Fregatten der Bremen- und Brandenburg-Klasse, vier Schnellboote der Gepard-Klasse und zwei Versorgungsschiffe (1 Einsatzgruppenversorger der Berlin-Klasse und 1 Tender der Elbe-Klasse). Ein Flottendienstboot unterstützte den Verband als nationaler Beitrag außerhalb des UN-Unterstellung. Zur Landabstützung richteten die Bundeswehr und andere beteiligte Streitkräfte eine logistische Basis in Limassol auf Zypern ein, mehrere Sea King-Hubschrauber wurden im westzyprischen Pafos stationiert. Zur Sicherung des in Limassol errichteten logistischen Abstützpunkts und zur Unterstützung der Eigensicherung der Schiffe und Boote in See wurden Einheiten der Marineschutzkräfte entsandt.

Die deutschen Einheiten wurden nicht als ganze Kontingente, sondern im überschlagenden Wechsel ausgetauscht. Die Schnellboote wurden durch Minenabwehrboote (Hohlstablenkboote und Minenjagdboote) ersetzt. Dabei tauschte die Deutsche Marine ganze Besatzungen komplett aus,[8] um die mögliche Stehzeit der Boote im Einsatzgebiet ohne unnötige Überführungen voll auszunutzen. Aktuell und auf absehbare Zeit ist die Deutsche Marine mit Korvetten der Braunschweig-Klasse und einer Besatzung von etwa 60 Soldaten bei UNIFIL beteiligt.

Zwischenfälle

  • Am 28. September 2006 wurden israelische Truppen von französischen UNIFIL-Truppen vor dem libanesischen Dorf Marwahin gestoppt.[9]
  • Am 19. Oktober äußerte Alain Pellegrini in einer Pressekonferenz seinen Wunsch die rules of engagement der UNIFIL zu ändern, um israelische Überflüge des Libanon zu unterbinden. Israel begründete seine Militärflüge über dem Libanon damit, dass die libanesische Hisbollah nicht entwaffnet werde und es Hinweise auf Waffenlieferungen an sie gebe.[10]
  • Am 24. Oktober gaben mehrere israelische F-16 über dem deutschen Flottendienstboot Alster zwei Schüsse in die Luft ab und feuerten Täuschkörper ab. Das Schiff lag in internationalem Gewässer, etwa 100 Kilometer von der Küste entfernt.[11] Außerdem wurde ein Helikopter mit Admiral Andreas Krause an Bord auf seinem Flug zum UN-Hauptquartier von israelischen Kampfflugzeugen angesteuert.[12] Die beiden zuständigen Verteidigungsminister Franz Josef Jung und Amir Peretz sollen darauf ein Telefongespräch in scharfem Ton geführt haben.
  • In der Nacht vom 26. auf den 27. Oktober kam es zu einem erneuten Zwischenfall, bei dem israelische Jagdbomber vom Typ F-16 einem deutschen Marinehubschrauber gefährlich nahe kamen.[13]
  • Am 9. November 2006 gab die französische Verteidigungsministerin Michèle Alliot-Marie in der Nationalversammlung bekannt, dass am 31. Oktober mehrere israelische F-15 gezielt französische Unifil-Stellungen „im Sturzflug“ angeflogen hätten. Der israelische Botschafter wurde ins Außenministerium einbestellt. Er erklärte den Zwischenfall als eine Fehlinterpretation der Absichten der israelischen Piloten. Amir Peretz ergänzte, dass erst die Rückkehr der entführten israelischen Soldaten zum Ende der Flüge über dem Libanon führen werde.[14] Die französische Führung gab ihren Truppen aber seit dem 23. November die direkte Erlaubnis, auf israelische Kampfflugzeuge mit Gewalt zu reagieren, wenn sich Soldaten der Unifil-Schutztruppe bedroht fühlen würden. Zudem brachte das französische Kontingent die seit Anfang des Einsatzes mitgebrachte Luftabwehr in Stellung, um 'die illegalen Überflüge zu unterbinden'. Eine Einigung Frankreichs und Israels scheint es daher nicht gegeben zu haben.[15]
  • Es gibt auch Berichte von einem Zwischenfall mit der Hisbollah. So soll ein spanischer Minenräumer-Trupp, einige Zeit vor dem 25. Oktober 2006, von der Hisbollah an der Weiterfahrt gehindert worden sein.[16]
  • Ein israelisches Schnellboot steuerte am 30. April 2007 mit hoher Geschwindigkeit die Fregatte Niedersachsen an. Einen Tag zuvor näherte sich eine israelische Drohne einem schwedischen Schnellboot. Am 9. Mai 2007 flogen mehrere israelische Kampfflugzeuge die Fregatte Niedersachsen an. Alle drei Zwischenfälle wurden vom Einsatzführungskommando der Bundeswehr bestätigt.[17]
  • Am 17. Juni 2007 wurden vom libanesischen Ort Taibeh aus vier Katjuscha-Raketen abgeschossen, von denen eine auf libanesisches Gebiet und zwei oder drei auf Kirjat Schmona fielen. Bei dem Angriff, dessen Urheber unbekannt sind, wurde niemand verletzt.[18]
  • Drei Spanier und drei in spanischen Diensten stehende Kolumbianer wurden in der Nähe von Chiyam bei einer ferngesteuerten Explosion getötet, als am 24. Juni 2007 das gepanzerte Fahrzeug der Patrouille vorbeifuhr.[19][20]
  • Am 15. Oktober 2023 wurde das UN-Hauptquartier in Naqura durch eine Rakete getroffen. Die Herkunft der Rakete ist unklar, bei dem Angriff wurde niemand verletzt.[21]

Kulturgüterschutz

Im April 2019 gab es im Libanon einen Kulturgutschutz-Einsatz der United Nations Interim Force in Lebanon mit Blue Shield International. Den Zusammenhang zwischen Kulturgutzerstörung und Fluchtursachen erläuterte dabei der Präsident von Blue Shield International, Karl Habsburg: „Kulturgüter sind ein Teil der Identität der Menschen, die an einem bestimmten Ort leben. Zerstört man ihre Kultur, so zerstört man damit auch ihre Identität. Viele Menschen werden entwurzelt, haben oft keine Perspektiven mehr und flüchten in der Folge aus ihrer Heimat.“[22][23]

Statistiken

Kommandeure der UNIFIL
Nr.NameNationalitätBeginn der BerufungEnde der BerufungBemerkungen
01.Generalmajor Emmanuel A. ErskineGhana  GhanaMärz 1978Februar 1981Ebenso zweimalig Commander UNTSO.
02.Generalleutnant William CallaghanIrland  IrlandFebruar 1981Mai 1986Zuvor auch Commander UNTSO.
03.Generalmajor Gustav HägglundFinnland  FinnlandJuni 1986Juni 1988Später Vorsitzender des Militärausschusses der Europäischen Union.
04.Generalmajor Lars-Eric WahlgrenSchweden  SchwedenJuli 1988Februar 1993Später auch Force Commander UNPROFOR.
05.Generalmajor Trond FuruhovdeNorwegen  NorwegenFebruar 1993Februar 1995
06.Brigadegeneral Stanisław Franciszek WoźniakPolen  PolenApril 1995Oktober 1997
07.Generalmajor Jioje Konousi KoronteFidschi  FidschiFebruar 1997September 1999Zuvor bereits Deputy Force Commander.
08.Interim: Brigadegeneral James SreenanIrland  Irland30. September 19991. Dezember 1999Deputy Force Commander.
09.Generalmajor Seth Kofi ObengGhana  Ghana16. November 199915. Mai 2001Zuvor bereits Deputy Force Commander ECOMOG Liberia und Force Commander MONUA.
10.Brigadegeneral Ganesan AthmanathanIndien  Indien15. Mai 200117. August 2001
11.Generalmajor Lalit Mohan TewariIndien  Indien17. August 200117. Februar 2004Zuvor bereits Chief Military Observer ONUCA.
12.Generalmajor Alain PellegriniFrankreich  Frankreich17. Februar 20042. Februar 2007
13.Generalmajor Claudio GrazianoItalien  Italien2. Februar 200728. Januar 2010Später Vorsitzender des Militärausschusses der Europäischen Union.
14.Generalmajor Alberto Asarta CuevasSpanien  Spanien28. Januar 201028. Januar 2012
15.Generalmajor Paolo SerraItalien  Italien28. Januar 201224. Juli 2014
16.Generalmajor Luciano PortolanoItalien  Italien24. Juli 201419. Juli 2016
17.Generalmajor Michael BearyIrland  Irland19. Juli 20167. August 2018Zuvor auch Force Commander EUTM Somalia.
18.Generalmajor Stefano Del ColItalien  Italien7. August 201828. Februar 2022Zuvor 2014–2015 bereits Sector West Commander bei UNIFIL.
19.Generalmajor Aroldo Lázaro SáenzSpanien  Spanien28. Februar 2022amtierendZuvor bereits Sector East Commander bei UNIFIL.
Kommandeure der Maritime Task Force 448
Nr.NameNationalitätBeginnEnde
01.Ammiraglio di Divisione Giuseppe De GiorgiItalien  Italien9. September 200616. Oktober 2006
02.Flottillenadmiral Andreas KrauseDeutschland  Deutschland16. Oktober 200618. März 2007
03.Flottillenadmiral Karl-Wilhelm BollowDeutschland  Deutschland18. März 200725. September 2007
04.Flottillenadmiral Hans-Christian LutherDeutschland  Deutschland25. September 200729. Februar 2008
05.Contrammiraglio Ruggiero di BiaseItalien  Italien29. Februar 2008September 2008
06.Contre-amiral Alain HindenFrankreich  FrankreichSeptember 200815. November 2008
07.Contre-amiral KérignardFrankreich  Frankreich15. November 20081. März 2009
08.Contre-amiral Jean-Thierry PynooBelgien  Belgien1. März 200930. Mai 2009
09.Contrammiraglio Ruggiero di BiaseItalien  Italien30. Mai 20091. September 2009
10.Flottillenadmiral Jürgen MannhardtDeutschland  Deutschland1. September 20091. Dezember 2009
11.Contrammiraglio Paolo SandaliItalien  Italien1. Dezember 20091. Februar 2011
12.Contra-almirante Luiz Henrique CaroliBrasilien  Brasilien1. Februar 2011Februar 2012
13.Contra-almirante Wagner Lopes de Moraes ZamithBrasilien  BrasilienFebruar 2012Februar 2013
14.Contra-almirante Joese de Andrade Bandeira LeandroBrasilien  BrasilienFebruar 2013Februar 2014
15.Contra-almirante Walter Eduardo BombardaBrasilien  BrasilienFebruar 2014Februar 2015
16.Contra-almirante Flavio Macedo BrasilBrasilien  Brasilien26. Februar 2015Februar 2016
17.Contra-almirante Claudio Henrique Mello de AlmeidaBrasilien  BrasilienFebruar 201627. Februar 2017
18.Contra-almirante Sergio Fernando de Amaral Chaves Jr.Brasilien  Brasilien27. Februar 2017Februar 2018
19.Contra-almirante Eduardo Machado VazquezBrasilien  BrasilienFebruar 201828. Februar 2019
20.Contra-almirante Eduardo Augusto WielandBrasilien  Brasilien28. Februar 201928. Februar 2019
21.Contra-almirante Sergio Renato Berna SalgueirinhoBrasilien  Brasilien29. Februar 202015. Januar 2021
22.Flottillenadmiral Axel SchulzDeutschland  Deutschland15. Januar 2021September 2021
23.Flottillenadmiral Andreas MüggeDeutschland  DeutschlandSeptember 202115. August 2022
24.Flottillenadmiral Michael BusseDeutschland  Deutschland15. August 2022Juni 2023
25.Flottillenadmiral Dirk Gärtner[25]Deutschland  DeutschlandJuni 2023amtierend

Verweise

Weblinks

 Wikinews: UNIFIL-Portal – in den Nachrichten

Literatur

  • Sebastian Bruns: UNIFIL’s Maritime Task Force and Germany’s Contribution. In: Bernhard Chiari (Hrsg.): Auftrag Auslandseinsatz. Neueste Militärgeschichte an der Schnittstelle von Geschichtswissenschaft, Politik, Öffentlichkeit und Streitkräften (= Neueste Militärgeschichte. Analysen und Studien). Band 1. Rombach, Freiburg i.Br., Berlin, Wien 2012, ISBN 978-3-7930-9694-8 (Herausgegeben im Auftrag des Militärgeschichtlichen Forschungsamtes).
  • Sebastian Bruns, Jasna Makdissi: Maritime Task Farce? Das UNIFIL-Engagement auf dem Prüfstand. In: Europäische Sicherheit. April 2010, S. 82–84.
  • Bernhard Chiari, Dieter H. Kollmer (Hrsg.): Wegweiser zur Geschichte: Naher Osten. Ferdinand Schöningh, Paderborn, München, Wien, Zürich 2007, ISBN 978-3-506-76371-6, S. 264 (Herausgegeben im Auftrag des Militärgeschichtlichen Forschungsamtes).
  • Franz Hammerbacher: Naqoura. Miniaturen. Edition Korrespondenzen, Wien 2018, ISBN 978-3-902951-22-9.[26][27]
  • Ron de Vos: Nur Kinder weinen. Lemmens, Valkenburg aan de Geul 2007, ISBN 978-90-77490-16-7.
  • Erwin A. Schmidl: Im Dienste des Friedens – Die österreichische Teilnahme an Friedensoperationen seit 1960, austria medien service, Graz, 2001. ISBN 3-85333-066-5. S. 59 f. Onlineversion

Einzelnachweise