Urkundenfälschung (Deutschland)

Straftatbestand

Die Urkundenfälschung stellt im Strafrecht Deutschlands einen Straftatbestand dar, der im 23. Abschnitt des Besonderen Teils des Strafgesetzbuchs (StGB) in § 267 geregelt ist. Sie stellt den praxisrelevantesten Tatbestand der Urkundsdelikte dar. Die Vorschrift verbietet mehrere Verhaltensweisen, die das Potential haben, das Vertrauen des Rechtsverkehrs in die Echtheit von Urkunden zu enttäuschen: das Herstellen einer unechten Urkunde, das Verfälschen einer echten Urkunde sowie das bewusste Gebrauchen einer unechten oder verfälschten Urkunde, jeweils mit Täuschungsabsicht. Die Vorschrift soll das Vertrauen darauf schützen, dass der scheinbare Aussteller einer Urkunde auch deren tatsächlicher Aussteller ist.

Der Begriff Urkunde wird im materiellen Strafrecht weiter verstanden als im allgemeinen Sprachgebrauch. Als Urkunden gelten verkörperte, allgemein oder für Eingeweihte verständliche Gedankenerklärungen, die zum Beweis im Rechtsverkehr geeignet und bestimmt sind und ihren Aussteller erkennen lassen. Der Rechtsverkehr umfasst den gesamten Lebensbereich, in dem geschäftliche und geschäftsähnliche Handlungen vorgenommen werden.

Für die Urkundenfälschung können grundsätzlich eine Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder eine Geldstrafe verhängt werden. Damit handelt es sich gemäß § 12 Abs. 2 StGB um ein Vergehen. In schweren Fällen sind indes bis zu zehn Jahren Freiheitsstrafe möglich.

Die Urkundsdelikte machen etwa ein Prozent aller polizeilich registrierten Straftaten aus. Für das Jahr 2021 verzeichnet die Polizeiliche Kriminalstatistik 90.799 Fälle. Die Aufklärungsquote dieser Taten liegt mit 80 bis 90 Prozent im Vergleich zu anderen Deliktsgruppen auf überdurchschnittlich hohem Niveau.

Normierung und Schutzzweck

§ 267 StGB lautet seit seiner letzten Änderung vom 26. November 2015[1] wie folgt:

(1) Wer zur Täuschung im Rechtsverkehr eine unechte Urkunde herstellt, eine echte Urkunde verfälscht oder eine unechte oder verfälschte Urkunde gebraucht, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Der Versuch ist strafbar.

(3) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter

1. gewerbsmäßig oder als Mitglied einer Bande handelt, die sich zur fortgesetzten Begehung von Betrug oder Urkundenfälschung verbunden hat,
2. einen Vermögensverlust großen Ausmaßes herbeiführt,
3. durch eine große Zahl von unechten oder verfälschten Urkunden die Sicherheit des Rechtsverkehrs erheblich gefährdet oder
4. seine Befugnisse oder seine Stellung als Amtsträger oder Europäischer Amtsträger mißbraucht.

(4) Mit Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren, in minder schweren Fällen mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren wird bestraft, wer die Urkundenfälschung als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung von Straftaten nach den §§ 263 bis 264 oder 267 bis 269 verbunden hat, gewerbsmäßig begeht.

§ 267 StGB ist eine Schlüsselnorm der Urkundsdelikte. Zu den Urkundsdelikten zählen Straftatbestände, die dem Schutz von Urkunden dienen. Die Urkundsdelikte des StGB schützen Urkunden in dreifacher Hinsicht: Sie gewährleisten deren Wahrheit, deren Bestand und deren Authentizität. § 267 StGB dient zu letzterem. Die Norm soll gewährleisten, dass derjenige, der als Aussteller einer Urkunde erscheint, die darin enthaltene Rechtserklärunge abgegeben hat. Dieser Schutz knüpft an den spezifischen Beweiswert an, den Urkunden aufweisen: Indem der Aussteller seine Erklärung in einer Urkunde fixiert, bekräftigt er in einer besonders förmlichen und zuverlässigen Weise, dass er zu seinem Wort stehen wird. Die Urkunde fungiert daher sowohl als Mittel zur Erklärung als auch als Beweismittel. Derjenige, der eine Urkundenfälschung begeht, fälscht daher zum einen ein Beweismittel, zum anderen den Beweisgegenstand.[2]

Umstritten ist, worin das Schutzgut der Urkundenfälschung besteht. Nach verbreiteter Sichtweise schützt § 267 StGB die Sicherheit und Zuverlässigkeit des Rechtsverkehrs, mithin Interessen der Allgemeinheit.[3] Diese Schutzgutbestimmung halten einige Stimmen aus dem Schrifttum für zu vage.[4] Überdies berühre eine Urkundenmanipulation im Ausgangspunkt lediglich die Interessen desjenigen, der mit der Urkunde in Kontakt kommt; das Sicherheitsinteresse der Allgemeinheit werde nicht anders als bei anderen Straftaten lediglich reflexhaft berührt.[5] Deshalb geht diese Sichtweise davon aus, dass § 267 StGB nicht den Rechtsverkehr in seiner abstrakten Gesamtheit schützt, sondern die einzelnen Teilnehmer des Rechtsverkehrs: diese sollen davor bewahrt werden, durch unechte Erklärungen zu nachteiligen Handlungen veranlasst zu werden.[6] Der Streit über die Frage, ob § 267 StGB individual- oder allgemeinschützenden Charakter hat, ist für die zivilrechtliche Haftung von Bedeutung: Bei Annahme eines individualschützenden Charakters handelt es sich um ein Schutzgesetz im Sinne des § 823 Abs. 2 BGB, dessen Verletzung eine Schadensersatzhaftung begründet.[7]

Entstehungsgeschichte

Crimina falsi des römischen Rechts

Bereits im römischen Recht wurden Urkunden verwendet. Insbesondere bei Übereignungsgeschäften im Rahmen der mancipatio, aber auch außerhalb dieser, dienten Urkunden regelmäßig allein der rein privatrechtlichen Beweissicherung, indem das Zeugnis von Personen schriftlich niedergelegt wurde (Zeugenurkunde: testatio). In republikanischer und klassischer Zeit wurden hierfür Holztäfelchen (tabulae) verwendet, die tryptichal miteinander verbunden waren und das in Wachs gepresste Zeugensiegel aufnahmen. Selbiges wurde nach innen gefaltet, durch Schnur und Siegel gesichert und aufbewahrt. Unter hellenistischem Einfluss wandelte sich der Urkundeninhalt zur Quittungsurkunde, von der aus es kein weiter Weg mehr zur heute verwendeten Schriftform war.[8]

Strafrechtlichen Schutz erfuhren Urkunden durch die crimina falsi des römischen Rechts. Dieser Oberbegriff umfasste eine Vielzahl von Vorschriften, die ausgewählte Manipulationshandlungen unter Strafe stellten. Hierzu zählten etwa das Fälschen von Geld und Testamenten, ferner Betrugshandlungen und Delikte gegen die Rechtspflege. Zahlreiche crimina falsi enthielt die Lex Cornelia testamentaria nummaria, die 81 v. Chr. von Sulla erlassen wurde.[9] Auch in der Folgezeit wurden zahlreiche weitere Fälschungsdelikte normiert, die u. a. das Verfälschen weiterer öffentlicher und in zunehmendem Maß auch privater Urkunden unter Strafe stellten.[10] Auch hierbei verfestigten sich Urkundsstraftaten indessen noch nicht zu einer eigenständigen Deliktsgruppe. Vielmehr blieb es bei der Vermengung der Urkundenfälschung mit anderen Delikten, die Bezüge zum Fälschen und Täuschen aufwiesen.[11]

Strafbarkeit der Urkundenfälschung im Mittelalter

Titelblatt einer in Spanien erschienenen Ausgabe des Liber Iudicum aus dem Jahre 1600 mit den Leges Visigothorum

In den germanischen Stammesrechten, die das römische Recht weitgehend ablösten, spielten Urkundsdelikte keine nennenswerte Rolle; nur vereinzelt existierten entsprechende Strafvorschriften, etwa bei den Leges Visigothorum. Soweit strafrechtlicher Schutz bestand, beschränkte sich dieser in aller Regel auf öffentliche Urkunden. Einen weiterreichenden Schutz vor Urkundenfälschungen hielt man für entbehrlich, nicht zuletzt deshalb, weil ein Großteil der Bevölkerung weder schreiben noch lesen konnte und daher kaum Kontakt mit Urkunden hatte.[12] Dementsprechend richtete sich ein Urkundendelikt des um ca. 1275 entstanden Schwabenspiegels lediglich an berufsmäßige Schreiber.[13]

CCC. Imprint: Frankfurt am Main, Johann Schmidt. Verlegung Sigmund Feyerabends, 1577

Größere Aufmerksamkeit erfuhr die Urkundenfälschung im Zuge der Rezeption des römischen Rechts. Diese veranlasste viele Gesetzgeber dazu, Fälschungsdelikte, darunter auch einzelne Formen der Urkundenfälschung, nach dem Vorbild der römischen crimina falsi zu regeln. Allerdings begann man allmählich damit, diesen vagen Oberbegriff in einzelne, konkreter gefasste Deliktsgruppen aufzuspalten. Hierdurch entstand die Vorstellung eines eigenständigen crimen falsum, dessen Kern in der vorsätzlichen Täuschung eines anderen in Schädigungsabsicht bestand. Hierunter fielen sowohl Betrugs- als auch Fälschungsdelikte.

Anders ging die Constitutio Criminalis Carolina (CCC) von 1532 vor. Diese trennte die Urkundenfälschung gemeinsam mit der Geldfälschung von den Betrugsdelikten ab und formulierte sie in Art. 112 als eigenständigen Tatbestand. Im Unterschied zu den Betrugsdelikten setzte Art. 112 CCC keinen Vermögensschaden voraus.[14] Damit blieb die Vorstellung vorherrschend, dass die Urkundenfälschung ebenso wie der Betrug eine Ausprägung des falsum war.[15]

Weiterentwicklung der Urkundenfälschung zu einer eigenständigen Deliktsgruppe

Der Ansatz der Carolina blieb zunächst vereinzelt. Erst in der Neuzeit setzte sich die in dort angelegte Sichtweise durch, dass es sich bei den Betrugs- und den Urkundsdelikten um unterschiedliche Deliktsgruppen handelte. Man bemühte sich also darum, das falsum in einzelne, präziser gefasste Tatbestände aufzuspalten. Dieser Prozess warf die Frage auf, wie genau sich das Verhältnis von Urkundenfälschung zum Betrug gestaltete.[16]

In der Lehre wurde teilweise vertreten, dass die Urkundenfälschung eine spezielle Erscheinungsform des Betrugs war, bei der die Tathandlung darin bestand, eine inhaltlich richtige Urkunde zu verfälschen. Andere erblickten in Betrug und Urkundenfälschung voneinander unabhängige Delikte, deren Gemeinsamkeit in einer Verletzung des Rechts auf Wahrheit lag, das jedermann hatte. Der Unterschied beider Delikte liege in deren Unrechtsvorwurf: Während das Unrecht des Betrugs in der Schädigung eines anderen bestehe, die aus der Verletzung des Rechts auf Wahrheit herrührt, liege das Unrecht der Urkundenfälschung darin, dass der Täter durch Verletzung des Rechts auf Wahrheit die Gefahr einer solchen Schädigung schafft. Wiederum andere begriffen die Urkundenfälschung als Missbrauch des öffentlichen Vertrauens auf die Aussagekraft einer Beurkundung (publica fides).[17]

Diese unterschiedlichen Sichtweisen spiegelten sich in der Gesetzgebung wieder. Das Preußische Allgemeine Landrecht (ALR) von 1794 stellte sich auf den Standpunkt, dass das Fälschen einer Urkunde eine Sonderform des Betrugs war. Als Betrug galt dabei – deutlich weitergehend als heute[18] – gemäß § 1256 II 20 ALR das Veranlassen eines Irrtums, um die Rechte eines anderen zu verkürzen. An diesen äußerst allgemein gehaltenen Tatbestand knüpften zahlreiche Urkundsdelikte an, die das ALR als spezielle Betrugsdelikte einordnete. Der Grundtatbestand der Urkundenfälschung, § 1380 II 20 ALR, setzte voraus, dass die Urkundenfälschung zur Begehung eines Betrugs begangen wurde. Der Tatbestand schützte gleichermaßen die Echtheit und die Wahrheit von Urkunden.[19]

Im 19. Jahrhundert wurden die Urkundenstraftaten weiter verselbstständigt und entwickelten sich zu einer eigenständigen, zunehmend vom Betrug losgelösten Deliktsgruppe. Das bayerische Strafgesetzbuch von 1813 unterschied zwischen öffentlichen und privaten Urkunden. Nur bei letzteren sah es eine Nähe zum Betrug, also zu einem Angriff auf das Vermögen. Die Verfälschung öffentlicher Urkunden hielt es demgegenüber primär für einen Angriff auf das öffentliche Vertrauen in die Richtigkeit.[20] Noch stärker grenzte das preußische Strafgesetzbuch von 1851 zwischen Urkundenfälschung und Betrug ab, das in § 247 StGB den Tatbestand der Urkundenfälschung definierte. Diese Vorschrift lautete:

Wer in der Absicht, sich oder Anderen Gewinn zu verschaffen oder Anderen Schaden zuzufügen, eine Urkunde verfälscht oder fälschlich anfertigt, und von derselben zum Zwecke der Täuschung Gebrauch macht, begeht eine Urkundenfälschung. Unter Urkunde ist jede Schrift zu verstehen, welche zum Beweise von Verträgen, Verfügungen, Verpflichtungen, Befreiungen oder überhaupt von Rechten oder Rechtsverhältnissen von Erheblichkeit ist.

Öffentliche und private Urkunden wurden also gleichermaßen durch eine eigenständige Strafvorschrift geschützt, die von den Betrugsdelikten losgelöst war. Schutzgut war dabei in Anlehnung an den Code pénal von 1810 die Echtheit von Urkunden. Deren inhaltliche Richtigkeit wurde in begrenztem Maß durch andere Urkundsdelikte geschützt.[21]

Die Urkundenfälschung nach § 267 RStGB vom 1. Januar 1872

Auf den Regelungen des preußischen Strafgesetzbuchs baute das am 1. Januar 1872 in Kraft getretene Strafgesetzbuch des Deutschen Kaiserreichs auf. Dementsprechend war der preußische Tatbestand der Urkundenfälschung Vorbild für den neuen § 267 RStGB. Dieser war wie folgt formuliert:

Wer in rechtswidriger Absicht eine inländische oder ausländische öffentliche Urkunde oder eine solche Privaturkunde, welche zum Beweise von Rechten oder Rechtsverhältnissen von Erheblichkeit ist, verfälscht oder fälschlich anfertigt und von derselben zum Zwecke einer Täuschung Gebrauch macht, wird wegen Urkundenfälschung mit Gefängniß bestraft.

§ 267 RStGB benannte zwei Formen von Urkunden, die er gleichermaßen schützte: Solche, die von einer hoheitlichen Stelle ausgestellt wurden, und solche, die von Privaten zur Beweisführung im Rechtsverkehr hergestellt wurden. Diese Unterscheidung beruhte auf der seit langem bestehenden Uneinigkeit darüber, welche Merkmale eine Urkunde aufweisen musste. Das Reichsgericht ging davon aus, dass sich Urkunden maßgeblich dadurch auszeichneten, dass sie zur Beweisführung bestimmt waren. Deshalb subsumierte öffentliche und private Urkunden gleichermaßen nur dann unter den Tatbestand, wenn sie der Beweisführung dienten. Daher wurde die Unterscheidung zwischen beiden Kategorien in der Gerichtspraxis auf Tatbestandsebene gegenstandslos.[22]

Als Tathandlungen nannte § 267 RStGB das Verfälschen einer echten und das Herstellen einer unechten Urkunde. Zur Vollendung des Delikts musste der Täter im Anschluss an seine Handlung von der manipulierten Urkunde zum Zweck der Täuschung eines anderen Gebrauch machen.[23]

Da § 267 RStGB keine Vorgaben zur Bemessung der Gefängnisstrafe enthielt, durfte diese gemäß der Grundregel des § 16 RStGB grundsätzlich zwischen einem Tag und fünf Jahren betragen. Beging der Täter die Urkundenfälschung, um sich oder einem anderen einen Vermögensvorteil zu verschaffen oder einem anderen Schaden zuzufügen, drohte dem Täter gemäß § 268 RStGB eine Zuchthausstrafe. Deren Dauer lag zwischen einem und fünf Jahren bei Fälschung einer Privaturkunde, zwischen einem und zehn Jahren bei Fälschung einer öffentlichen Urkunde.

Reform des § 267 RStGB vom 15. Juni 1943

Erstmals reformiert wurde § 267 RStGB mit Wirkung zum 15. Juni 1943.[24] Hierdurch erhielt er seine heutige Struktur.

Die umfassendste Änderung betraf die Tathandlungen: Der Gesetzgeber strich den bislang erforderlichen Taterfolg, das Gebrauchen der Urkunde, ersatzlos aus der Vorschrift. Infolgedessen galt die Urkundenfälschung bereits durch die Vornahme einer Tathandlung als vollendet. Hierdurch kam es zu einer Vorverlagerung der Strafbarkeit: Während nach der alten Fassung der Täter die Urkunde nutzen musste, genügte nach der neuen Fassung bereits das Bearbeiten der Urkunde.[23] Damit wurde der Schutzzweck des Tatbestands auf die Gefährlichkeit fokussiert, die Manipulationshandlungen für den Rechtsverkehr typischerweise mit sich bringen. Die Reform verlieh § 267 RStGB also in weiten Teilen die Struktur eines abstrakten Gefährdungsdelikts.[25] Das Merkmal Gebrauchen verschwand allerdings nicht vollständig aus dem Tatbestand, sondern verblieb als zusätzliche Tathandlung. § 267 RStGB konnte infolgedessen durch drei Handlungen verwirklicht werden: Das Herstellen einer unechten Urkunde, das Verfälschen einer echten Urkunde sowie das Gebrauchen einer unechten oder verfälschten Urkunde.

Der Gesetzgeber zudem die Unterscheidung zwischen öffentlichen und privaten Urkunden, weil diese aufgrund der Rechtsprechung des Reichsgerichts weitgehend irrelevant wurde.[26] Die Qualifikation des § 268 RStGB, die nach Urkundentyp differenzierte, hob er auf. Schließlich ordnete er in § 267 Abs. 2 RStGB die Strafbarkeit des Versuchs an.[27]

Entwicklung nach 1945

Nach dem Zusammenbruch des Deutschen Reichs galt die Neufassung des § 267 StGB zunächst sowohl in der DDR als auch in der Bundesrepublik Deutschland weiter. Die DDR löste das frühere StGB durch ein eigenständiges Strafgesetzbuch ab. Dessen § 240 drohte für die Urkundenfälschung Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder Geldstrafe an. Inhaltlich entsprach diese Vorschrift im Wesentlichen dem § 267 StGB der Bundesrepublik.

In der Bundesrepublik blieb § 267 StGB die maßgebliche Vorschrift für die Urkundenfälschung, die in der Folgezeit zunächst nur punktuell verändert wurde. Ihre erste Änderung erfuhr die Vorschrift durch das erste Strafrechtsreformgesetz vom 25. Juni 1969, das unter anderem die Zuchthausstrafe abschaffte. Dementsprechend wurde in § 267 StGB mit Wirkung zum 1. September 1969[28] die Androhung des Zuchthauses für schwere Fälle durch die Androhung einer Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu fünfzehn Jahren ersetzt. Für den einfachen Fall der Urkundenfälschung trat anstelle der Gefängnisstrafe eine Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren. Am 1. Januar 1975[29] trat eine weitere Änderung des § 267 StGB in Kraft. Hierdurch ermöglichte es der Gesetzgeber den Gerichten, die Urkundenfälschung statt mit Freiheitsstrafe mit einer Geldstrafe zu sanktionieren.

Weitere Änderungen brachte das sechste Strafrechtsreformgesetz mit sich, das am 1. April 1998[30] in Kraft trat: Zum einen konkretisierte der Gesetzgeber bei § 267 StGB den bis dahin unbenannten qualifizierte Fall der Urkundenfälschung durch Tatbestandsvoraussetzungen. Zum anderen ergänzte er mehrere Regelbeispiele. Hierbei handelt es sich um Strafschärfungsgründe, die anders als Qualifikationen nicht verbindlich sind. Bei Vorliegen eines Regelbeispiels empfiehlt das Gesetz dem Richter lediglich, eine gegenüber der einfachen Urkundenfälschung erhöhte Strafe zu verhängen.[31] Schließlich senkte er die Höchststrafe auf zehn Jahre Freiheitsstrafe ab.

Die bislang letzte Änderung des § 267 StGB erfolgte mit Wirkung zum 26. November 2015.[32] Hierbei wurde ein strafschärfendes Regelbeispiel, das Missbrauchen einer Amtsträgerstellung zur Begehung der Tat, dahingehend erweitert, dass es auch europäische Amtsträger erfasst. Hierdurch wollte der Gesetzgeber Korruption innerhalb von EU-Organen vorbeugen, um die finanziellen Interessen der Union zu schützen.[33]

Tatbestand

Urkunde

Vorbemerkung

Tatobjekt des § 267 StGB ist eine Urkunde. Der Begriff der Urkunde wird im allgemeinen Sprachgebrauch in zahlreichen unterschiedlichen Kontexten genutzt. Dies erschwert das Finden einer klaren rechtlichen Definition, die den Anforderungen des strafrechtlichen Bestimmtheitsgebots (Art. 103 Abs. 2 GG) genügt. Da das Verbot der Urkundenfälschung den Rechtsverkehr vor Täuschungen schützen soll, definiert die Rechtswissenschaft den Begriff Urkunde ausgehend vom Zweck, den Urkunden im Rechtsverkehr haben.[34] Dort dienen sie dazu, rechtserhebliche Erklärungen in zuverlässiger Weise wiederzugeben. Präziser gefasst zeichnen sich Urkunden durch drei Funktionen aus: Garantie, Perpetuierung und Beweis.[35]

Garantiefunktion

Das Blatt eines Fahrtenschreibers ist mangels Gedankenerklärung keine Urkunde.

Um der Garantiefunktion zu genügen, muss die Erklärung zumindest für Eingeweihte erkennen lassen, dass eine bestimmte Person, der Aussteller, für den Inhalt der Erklärung rechtlich einstehen will.[36]

Nach mittlerweile allgemeiner Auffassung, der sog. Geistigkeitstheorie, gilt derjenige als Aussteller, dem der Inhalt der Erklärung zuzurechnen ist.[37] Früher stand dieser Auffassung die Körperlichkeitstheorie gegenüber, die als Aussteller denjenigen ansah, der die Urkunde eigenhändig verfasst hat.[38] Diese Sichtweise gilt inzwischen als überholt, da rechtserhebliche Dokumente oft nicht von ihren geistigen Urhebern hergestellt werden, sondern von Dritten. So verhält es sich beispielsweise, wenn die Urkunde von Hilfskräften oder Automaten erzeugt wird. Nach der Körperlichkeitstheorie entstünden in diesen Fällen regelmäßig keine Urkunden, da diese oft nicht ihren Hersteller erkennen lassen, sondern die Person, die für den Erklärungsinhalt einstehen will.[39]

An der Garantiefunktion fehlt es bei Erklärungen, die anonym verfasst sind. Solche Erklärungen lassen keine Person erkennen, die für ihren Inhalt in rechtsverbindlicher Weise eintreten will.[40] Gleiches gilt für Dokumente, die als Aussteller erkennbar eine erfundene Person angeben. An der Garantiefunktion fehlt es ebenfalls bei nicht ausgefüllten Dokumentvorlagen.[41]

Maschinelle Aufzeichnungen stellen grundsätzlich keine Urkunden dar. So werden etwa bei den Blättern eines Fahrtenschreibers oder automatisierten Kostenabrechnungen lediglich Vorgänge maschinell protokolliert, wodurch es an einer Gedankenerklärung fehlt. Ein Mensch kann solche technischen Aufzeichnungen jedoch zu einer Urkunde erheben, indem er sie mit einer eigenen Erklärung verbindet. Auf die computergenerierte Kostenabrechnung trifft dies beispielsweise zu, wenn sie vom Gläubiger an den Schuldner mit der Aufforderung verschickt wird, den angegebenen Betrag zu entrichten.[42]

Ebenfalls nicht um Urkunden handelt es sich bei Augenscheinsobjekten. Ein solches Objekt besitzt zwar einen Beweiswert, enthält jedoch keine eigenständigen Erklärung, für die ein Aussteller eintreten will. Der Beweiswert des Augenscheinsobjekts ergibt sich also erst daraus, dass es Dritten das Ziehen von Schlussfolgerungen erlaubt. Ein Augenscheinsobjekt stellt daher beispielsweise ein blutverschmiertes Messer am Tatort eines Mordes dar: Das Messer enthält zwar keine eigenständige rechtserhebliche Erklärung, es ermöglicht jedoch Dritten den Schluss darauf, dass es die Tatwaffe darstellt.[43] Wird dieses Messer vom Tatort entfernt oder manipuliert, handelt es sich daher nicht um eine Urkundenfälschung, möglicherweise allerdings um ein Delikt gegen die Rechtspflege, etwa eine Strafvereitelung (§ 258 StGB).

Perpetuierungsfunktion

Neben der Zuordnung zu einem Aussteller erfüllt eine Urkunde den Zweck, eine Erklärung dauerhaft festzuhalten. Dies wird als Perpetuierungsfunktion (lateinisch perpetuus ‚dauerhaft‘) bezeichnet. Um dieser zu genügen, muss die Erklärung visuell wahrnehmbar sein und eine hinreichende Körperlichkeit aufweisen. Dies trifft etwa zu, wenn sie in Schriftform auf Papier festgehalten ist. Nicht erfüllt ist diese Voraussetzung demgegenüber bei elektronischen Dokumenten. Diese erlangen erst durch Ausdrucken die Qualität einer Urkunde.[44]

Ein Verkehrsschild stellt in Kombination mit einem Wegeabschnitt eine Urkunde dar.

Inwiefern Vervielfältigungen einer Urkunde selbst Urkundenqualität besitzen, beurteilt sich im Wesentlichen danach, zu welchem Zweck sie angefertigt werden. Soll die Vervielfältigung lediglich zeigen, dass eine Urkunde mit bestimmtem Inhalt ausgestellt wurde, verkörpert sie keine eigenständige Erklärung. Dies trifft beispielsweise auf Abschriften zu.[45] Dient die Vervielfältigung jedoch dazu, anstelle der Urkunde verwendet zu werden, besitzt sie einen eigenständigen Erklärungsinhalt. So verhält es sich etwa bei Durchschriften oder mehrfachen Ausfertigungen eines Vertrags.[46] Strittig ist die Behandlung von Fotokopien.[47] Die vorherrschende Auffassung stellt Kopien, die als solche erkennbar sind, Abschriften gleich.[48] Die Gegenauffassung betrachtet Kopien als Urkunden, da sie im Rechtsverkehr regelmäßig anstelle des fotokopierten Dokuments als Beweismittel dienen und damit wie Urkunden genutzt werden. Dem Schutzzweck des § 267 StGB entspreche es daher, Kopien als Urkunden anzusehen.[49] Unstrittig als Urkunden gelten demgegenüber Kopien, die optisch wie Originalurkunden wirken, da der Rechtsverkehr diesen oft das gleiche Vertrauen wie dem Original entgegenbringt, da sie sich nur schwer vom Original unterscheiden lassen.[50] Gleiches gilt für Telefaxe.[51]

Sofern sich eine Gedankenerklärung auf ein Augenscheinsobjekt bezieht, ist die Perpetuierungsfunktion erfüllt, wenn Erklärung und Augenscheinsobjekt miteinander fest verbunden sind. Um eine solche zusammengesetzte Urkunde handelt es sich beispielsweise bei einem Kleidungsstück, das in einer Folie mit Preisaufdruck verschweißt ist. Diese Kombination enthält die Aussage, dass die Ware den aufgedruckten Preis kostet. Keine hinreichende Verbindung liegt dagegen vor, wenn das Kleidungsstück lediglich in eine Folie hineingelegt worden ist, sodass es sich mit geringfügigem Aufwand von seinem Preisschild trennen lässt.[52] Ebenfalls um eine zusammengesetzte Urkunde handelt es sich nach vorherrschender Auffassung bei Verkehrszeichen, etwa einer Geschwindigkeitsbegrenzung. Dieses enthält die rechtsverbindliche Erklärung, dass auf einem bestimmten Streckenabschnitt eine Geschwindigkeit nicht überschritten werden darf.[53]

Mehrere Einzelurkunden können für sich genommen eine neue Urkunde darstellen, wenn ihre einzelnen Bestandteile hinreichend eng miteinander verbunden sind und die Gesamtheit der Urkunden eine eigenständige Erklärung enthält. Um eine solche Gesamturkunde handelt es sich beispielsweise bei kaufmännischen Handelsbüchern, die für sich in Anspruch nehmen, den gesamten Geschäftsverkehr eines Kaufmanns abzubilden.[54]

Beweisfunktion

Ein Bierdeckel, der als Abrechnungsgrundlage dient, ist eine Urkunde.

Eine Urkunde dient schließlich als Beweismittel im Rechtsverkehr. Daher muss sich die beurkundete Erklärung zunächst dazu eignen, über einen Sachverhalt Beweis zu führen. So eignen sich beispielsweise Prüfungsklausuren zum Nachweis der Fähigkeiten des Prüflings.[55] An der Beweiseignung fehlt es demgegenüber, wenn die Erklärung offensichtlich falsch oder rechtlich gegenstandslos ist. Dies nahm die Rechtsprechung etwa im Fall einer Kennkarte Deutsches Reich an, deren Gestaltung erheblich von der eines Personalausweises abwich.[56]

Das an einem Fahrzeug befestigte, amtlich gestempelte Kfz-Kennzeichen erbringt Beweis über eine rechtserhebliche Tatsache.

Ferner muss die Erklärung zur Beweisführung nicht nur geeignet, sondern auch bestimmt sein. Eine solche Bestimmung kann bereits bei Herstellung der Urkunde als auch später getroffen werden. Im erstgenannten Fall liegt eine Absichtsurkunde vor, im letztgenannten eine Zufallsurkunde. Eine beurkundete Erklärung, die in einem Strafprozess als Beweismittel verwendet wird, etwa ein Schriftstück, das eine Beleidigung (§ 185 StGB) enthält, lässt sich beiden Urkundsformen zuordnen: Sofern der Täter bereits bei Anfertigung der Urkunde bezweckt, den Adressaten zu rechtserheblichem Handeln zu veranlassen, handelt es sich um eine Absichtsurkunde. Dies trifft beispielsweise zu, wenn der Täter ein beleidigendes Schriftstück im Namen eines Dritten anfertigt, um den Empfänger dazu zu bewegen, einen Strafantrag gegen den Dritten zu stellen. Andernfalls erfolgt die Beweisbestimmung nachträglich durch die Staatsanwaltschaft im Prozess, weswegen das Dokument eine Zufallsurkunde darstellt.[57] Nicht zur Beweisführung bestimmt sind demgegenüber Kopiervorlagen und Dokumentenentwürfe.[58]

Dem Beweis können neben Schriftstücken auch Zeichen und Symbole dienen. So erbringt beispielsweise die an einem montierten Kfz-Kennzeichen angebrachte TÜV-Plakette den Beweis, dass das Fahrzeug die TÜV-Prüfung bestanden hat. Hierbei handelt es sich um eine zusammengesetzte Urkunde.[59] Gleiches gilt für die Signatur, mit der ein Künstler sein Gemälde versieht.[60] An der Beweisfunktion fehlt es demgegenüber bei anderen Kennzeichen, etwa Signaturen in einer Bibliothek, Eigentümerstempeln oder Markenzeichen. Diese sind nicht dazu bestimmt, eine rechtserhebliche Erklärung nachzuweisen, sondern dienen anderen Zwecken, zum Beispiel der Individualisierung oder der Herkunftsangabe. Daher stellen sie keine Urkunden dar.[61] Nicht wegen Urkundenfälschung macht sich daher zum Beispiel strafbar, wer Fälschungen von Produkten herstellt und hierbei das Markenzeichen eines anderen Herstellers nutzt.[62]

Tathandlungen

Herstellen einer unechten Urkunde

§ 267 StGB nennt drei mögliche Begehungsformen einer Urkundenfälschung: Das Herstellen einer unechten Urkunde, das Verfälschen einer echten sowie das Gebrauchen einer unechten oder verfälschten Urkunde.

Eine Urkunde ist unecht, wenn sie von einem anderen als dem stammt, der als ihr Aussteller erscheint. Eine unechte Urkunde täuscht also über die Identität ihres Urhebers.[63] Dies ist beispielsweise regelmäßig gegeben, wenn jemand ein Dokument mit dem Namen eines anderen unterzeichnet.[64] Zulässig ist dies jedoch, wenn der Namensträger durch den Unterzeichnenden vertreten wird. Das setzt voraus, dass der Erklärende einen anderen vertreten will, der Vertretene sich vertreten lassen will und die Stellvertretung rechtlich möglich ist.[65] Das Verwenden eines fremden Namens ist ebenfalls nicht tatbestandsmäßig, wenn die Urkunde trotz Angabe eines falschen Namens auf die wahre Identität des Unterzeichners schließen lässt. In diesem Fall liegt keine Identitäts-, sondern lediglich eine Namenstäuschung vor.[66] Dies trifft etwa zu, wenn jemand von einem Künstlernamen Gebrauch macht.[67]

Füllt jemand ein unausgefülltes Formular im Namen eines anderen aus, stellt er eine unechte Urkunde her, wenn er hierbei gegen die Weisungen des anderen verstößt oder ohne Erlaubnis handelt.[68] Eine unechte Urkunde wird ferner dadurch hergestellt, dass an einem Fahrzeug ein anderes als das amtlich vorgesehene Nummernschild befestigt wird.[69]

Kein Herstellen einer unechten Urkunde liegt demgegenüber vor, wenn jemand eine fremde Erklärung als eigene ausgibt. Hierbei weist der Täter niemandem einen Erklärungsinhalt zu, den er nicht abgegeben hat. Vielmehr verhält es sich umgekehrt, indem sich der Täter eine fremde Erklärung zu eigen macht. Keine Urkundenfälschung stellt es daher etwa dar, eine fremde Prüfungsarbeit als eigene auszugeben.[70] Ebenfalls keine unechte Urkunde stellt das Niederschreiben einer unwahren Aussage dar. Bei einer solchen schriftlichen Lüge fehlt es an der Täuschung des Rechtsverkehrs über den Urheber einer Erklärung, betroffen ist lediglich die inhaltliche Richtigkeit des Dokuments. Diese wird jedoch nicht durch § 267 StGB geschützt.[71]

Verfälschen einer echten Urkunde

Eine TÜV-Plakette stellt in Kombination mit einem Fahrzeug eine Urkunde dar.

Sofern die Urkunde denjenigen als Aussteller erkennen lässt, der sich den Inhalt der beurkundeten Erklärung zurechnen lassen will, ist sie echt. Eine solche Urkunde wird durch Änderung ihres Inhalts verfälscht, der für die Beweisführung im Rechtsverkehr erheblich ist. Diese Handlungsvariante erfasst demnach Fälle, in denen der unzutreffende Anschein erweckt wird, der Aussteller habe die Urkunde mit ihrem veränderten Inhalt abgegeben.[72] Dies trifft zum Beispiel zu, wenn jemand TÜV-Plaketten manipuliert, um den Eindruck zu erwecken, am Fahrzeug seien alle erforderlichen Untersuchungen vorgenommen.[73] Kein Verfälschen liegt demgegenüber vor, wenn jemand ein Kfz-Kennzeichen mit reflektierender Folie überklebt, um eine Identifizierung des Fahrzeugs auf dem Radarfoto zu verhindern: Das Überkleben lässt den Inhalt der aus Kfz-Kennzeichen und Fahrzeug bestehenden Urkunde unberührt.[74]

Nach vorherrschender Auffassung kann eine Urkunde auch durch ihren Aussteller verfälscht werden. Zwar darf dieser grundsätzlich seine Erklärung jederzeit verändern, rechtlichen Beschränkungen unterliegt dies jedoch, wenn die Urkunde nicht seiner alleinigen Dispositionsbefugnis unterliegt.[75] So begeht etwa eine Urkundenfälschung, wer seine Prüfungsleistung nach deren Abgabe verändert[76] oder sein Kunstwerk nach dessen Veräußerung eigenmächtig verändert.[77]

Gebrauchen einer unechten oder verfälschten Urkunde

Von einer unechten oder verfälschten Urkunde macht Gebrauch, wer sie einem anderen derart zugänglich macht, dass er sie wahrnehmen kann.[78] Diesen Tatbestand erfüllt beispielsweise, wer ein Dokument, das unberechtigt in fremdem Namen unterschrieben wurde, einem Dritten vorlegt. Hierbei genügt es nach Auffassung der Rechtsprechung, eine Kopie einer manipulierten Urkunde zu verwenden.[79] Ebenfalls tatbestandsmäßig ist die Teilnahme am Straßenverkehr mit einem Fahrzeug, an dem sich ein falsches Kfz-Kennzeichen befindet.[69] Eine Urkunde wird ferner gebraucht, indem ein manipulierter Parkschein aus einem Automaten so ausgelegt wird, dass er von Kontrolleuren abgelesen werden kann.[80]

Vorsatz

Eine Strafbarkeit wegen Urkundenfälschung erfordert gemäß § 15 StGB, dass der Täter hinsichtlich der objektiven Tatbestandsmerkmale mit zumindest bedingtem Vorsatz handelt,[81] er also billigend in Kauf nimmt, dass er die Tatbestandsmerkmale verwirklicht.[82] In Bezug auf das Vorliegen eines tauglichen Tatobjekts muss der Täter die Umstände erkennen, aus denen sich die Urkundeneigenschaft der von ihm manipulierten oder Erklärung ergibt. Nicht erforderlich ist hingegen, dass der Täter aus diesen Umständen die Schlussfolgerung zieht, dass eine Urkunde vorliegt.[83]

Handeln zur Täuschung im Rechtsverkehr

Zusätzlich setzt § 267 StGB voraus, dass der Täter die Urkundenfälschung zur Täuschung im Rechtsverkehr begeht. Der Täter muss also mit seinem Handeln bezwecken, dass Dritte auf die Echtheit der Urkunde vertrauen und sich dadurch zu einem rechtserheblichen Verhalten veranlasst sehen.[84] Nach vorherrschender Auffassung muss der Täter diesbezüglich mit direktem Vorsatz handeln.[85] Am Täuschungswillen fehlt es beispielsweise, wenn der Täter die Fälschung lediglich deshalb begeht, um einen anderen zu beeindrucken.[86]

Gemäß § 270 StGB steht es dem Handeln zur Täuschung im Rechtsverkehr gleich, wenn der Täter eine Datenverarbeitung beeinflussen will, ohne dass also ein Mensch getäuscht würde. Hierdurch werden Situationen erfasst, in denen die Urkunde nicht durch einen Menschen ausgewertet wird, sondern durch einen Computer.

Versuch, Vollendung und Beendigung

Die versuchte Urkundenfälschung ist nach § 267 Abs. 2 StGB strafbar. Der Täter überschreitet die Schwelle zum Versuchsstadium, wenn er mit der Handlung beginnt, die nach seiner Vorstellung ohne wesentliche Zwischenschritte zur Verwirklichung des Tatbestands führen soll. In Bezug auf das Herstellen kommt dies etwa in Betracht, wenn der Täter unmittelbar vor dem Druck des Falsifikats einen Vordruck produziert.[87] Ein Versuch des Gebrauchens liegt demgegenüber vor, wenn der Täter dazu ansetzt, einem anderen die Kenntnisnahme des Falsifikats zu ermöglichen. So verhält es sich etwa, wenn der Täter eine Fotokopie, die als solche erkennbar ist und damit keine Urkunde darstellt, im Rechtsverkehr verwendet, um jemanden zu täuschen.[88]

Auch der Zeitpunkt der Vollendung des Delikts variiert je nach Tathandlung: Das Herstellen und das Verfälschen einer Urkunde vollendet der Täter nach überwiegender Ansicht, indem er die jeweilige Manipulationshandlung abschließt.[89] Das Gebrauchen vollendet er hingegen, indem er einem Dritten die Gelegenheit dazu gibt, den Inhalt der Urkunde wahrzunehmen.

Der Zeitpunkt der Deliktsvollendung stimmt regelmäßig mit dem der Beendigung überein. Sofern der Täter allerdings entlang eines Tatplans mehrere Handlungen des § 267 StGB vornimmt, beendet der Täter das Delikt erst, wenn er die letzten Handlungen vornimmt. Dies trifft beispielsweise zu, wenn der Täter eine unechte Urkunde herstellt, um sie anschließend zu gebrauchen.[90]

Prozessuales und Strafzumessung

Strafrahmen und Verfolgbarkeit

Für die Urkundenfälschung kann grundsätzlich eine Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder eine Geldstrafe verhängt werden. Die Urkundenfälschung stellt ein Offizialdelikt dar. Die Strafverfolgungsbehörden verfolgen sie daher von Amts wegen. Sobald das Delikt beendet ist, beginnt gemäß § 78a StGB die Verfolgungsverjährung. Diese beträgt gemäß § 78 Abs. 3 Nr. 4 StGB fünf Jahre.

Regelbeispiele

§ 267 Abs. 3 StGB regelt den besonders schweren Fall der Urkundenfälschung. Dieser weist einen gegenüber der einfachen Urkundenfälschung erhöhten Strafrahmen von sechs Monaten bis zu zehn Jahren Freiheitsstrafe auf. Das Vorliegen eines besonders schweren Falls wird durch mehrere Regelbeispiele indiziert. Hierbei handelt es sich um Fallgruppen, bei denen der Gesetzgeber annimmt, dass sie regelmäßig mit höherem Unrecht verbunden sind. Viele Regelbeispiele des § 267 StGB ähneln den Regelbeispielen des Betrugs.

Mehrere Regelbeispiele knüpfen an die Art und Weise der Tatbegehung an: So liegt ein besonders schwerer Fall der Urkundenfälschung in der Regel zunächst dann vor, wenn der Täter gewerbsmäßig handelt. Gewerbsmäßig handelt, wer sich durch mehrfache Urkundenfälschung eine Einnahmequelle von einiger Dauer und einigem Umfang erschließen will. Dabei ist nicht erforderlich, dass sich der Täter unmittelbar durch die Urkundenfälschung bereichert; es genügt, wenn er die Urkundenfälschung nutzt, um sich aus nachfolgenden Taten, etwa Betrugsdelikten, zu bereichern.[91] Besonders schwer wiegt ebenfalls die bandenmäßige Begehung. Bei einer Bande handelt es sich um einen Zusammenschluss von mindestens drei Personen zur Begehung mehrerer Taten nach § 267 StGB oder § 263 StGB.[92] Schließlich liegt ein schwerer Fall vor, wenn der Täter seine Befugnisse oder seine Stellung als Amtsträger missbraucht. Als Amtsträger gelten nach § 11 Abs. 1 Nr. 2 StGB Beamte, Richter und andere Personen, die ein Amt bekleiden, sowie Personen, die im Auftrag der öffentlichen Hand öffentliche Aufgaben wahrnehmen.

Die zweite Gruppe an Regelbeispielen knüpft an die Schwere des Taterfolgs an: So liegt ein besonders schweren Fall in der Regel vor, wenn der Täter einen großen Vermögensverlust herbeiführt. Ein solcher liegt nach Auffassung der Rechtsprechung ab einer Schadenssumme 50.000 € vor.[93] Ferner liegt ein besonders schwerer Fall in der Regel vor, wenn der Täter die Sicherheit des Rechtsverkehrs durch eine große Anzahl unechter oder verfälschter Urkunden in erheblichem Ausmaß gefährdet. Die Rechtsprechung geht von einer großen Anzahl aus, wenn der Täter mindestens 25 Urkunden im Rahmen einer Tat nutzt.[94]

Qualifikation

Handelt der Täter sowohl gewerbs- als auch bandenmäßig, erfüllt er die Qualifikation des § 267 Abs. 4 StGB. Hierdurch erhöht sich der Strafrahmen auf ein bis zehn Jahre Freiheitsstrafe, weshalb die Qualifikation Verbrechensqualität aufweist. Anders als beim Regelbeispiel ist der Tatbestand auch dann erfüllt, wenn die Bande der Begehung von Taten nach § 263a StGB (Computerbetrug), § 264 StGB (Subventionsbetrug), § 268 StGB (Fälschung technischer Aufzeichnungen) oder § 269 StGB (Fälschung beweiserheblicher Daten) dient.

Die Qualifikation sieht allerdings für minder schwere Fälle einen Strafrahmen von einem halben bis zu fünf Jahren Freiheitsstrafe vor. Ein minder schwer Fall liegt vor, wenn die Tat eine außergewöhnlich geringe Schuld aufweist.

Gesetzeskonkurrenzen

Werden im Zusammenhang mit einer Tat nach § 267 StGB weitere Delikte verwirklicht, können diese zur Urkundenfälschung in Gesetzeskonkurrenz stehen. Regelmäßig konkurriert die Urkundenfälschung mit Vermögensdelikten, da sie oft zu deren Vorbereitung dient.[95] Sofern die Urkunde zwecks Durchführung eines Betrugs (§ 263 StGB) oder einer Steuerhinterziehung (§ 370 AO) begangen wird, stehen beide Delikte aufgrund ihrer unterschiedlichen Schutzzwecke zumeist in Tateinheit (§ 52 StGB) zueinander. Gleiches kann auch für Delikte gelten, die mithilfe der gefälschten Urkunde begangen werden, etwa die Verleumdung (§ 187 StGB) und die falsche Verdächtigung (§ 164 StGB).[96]

Eine Gesetzeskonkurrenz besteht ebenfalls, wenn der Täter mehrere Handlungsvarianten des § 267 StGB verwirklicht. Die Beurteilung der Konkurrenzen richtet sich nach dem Tatplan des Täters: Plant dieser bereits bei Vornahme seiner Manipulationshandlung den Gebrauch der manipulierten Urkunde, werden beide Begehungen zu einer einheitlichen Urkundenfälschung verbunden (sog. tatbestandliche Handlungseinheit, § 52 StGB). Fasst der Täter die Absicht zum Gebrauch der Urkunde hingegen erst nach Vornahme seiner Manipulationshandlung, liegt Tatmehrheit (§ 53 StGB) vor.[97] Eine einheitliche Urkundenfälschung liegt ebenfalls vor, wenn der Täter auf der Grundlage eines einheitlichen Tatplans mehrere Urkunden manipuliert.[98]

In der Corona-Pandemie kam die Frage auf, ob § 267 StGB in Fällen Anwendung findet, in denen der Täter gefälschter Impfausweis in einer Apotheke vorlegt, um an ein digitales COVID-Zertifikat der EU zu gelangen. Nach teilweise vertretener Ansicht ist dies zu verneinen, weil eine solche Tat abschließend durch die milderen § 277-§ 279 StGB (Unbefugtes Ausstellen von Gesundheitszeugnissen, Ausstellen unrichtiger Gesundheitszeugnisse, Gebrauch unrichtiger Gesundheitszeugnisse) als leges speciales geregelt werde; diese Vorschriften entfalten daher eine Sperrwirkung für die Manipulation von Gesundheitszeugnissen.[99] Nach anderer Ansicht schließen diese Delikte einen Rückgriff auf § 267 StGB nicht aus, weil es nicht im Sinne des Gesetzgebers gewesen sei, Gesundheitszeugnisse schwächer als andere Urkunden zu schützen.[100] Weitere leges speciales zu § 267 StGB finden sich im Nebenstrafrecht, etwa in § 402 AktG, § 107 UrhG, § 22 StVG. Diese Delikte treten jedoch häufig aufgrund formeller Subsidiarität hinter § 267 StGB zurück.

Kriminologie

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Erfasste Fälle der Urkundsdelikte in den Jahren 1987–2021.[101]

Das Bundeskriminalamt gibt jährlich eine Statistik über alle in Deutschland gemeldeten Straftaten heraus, die Polizeiliche Kriminalstatistik (PKS).[102] Seit 1993 wird das gesamte Bundesgebiet erfasst. In den Statistiken von 1991 und 1992 wurden die alten Bundesländer und das gesamte Berlin erfasst. Frühere Statistiken erfassen lediglich die alten Bundesländer.

Die PKS-Zeitreihe, die alle Fälle seit 1987 erfasst, weist § 267 StGB nicht isoliert aus, sondern fasst ihn mit den übrigen Urkundsdelikten (§ 268 bis § 282 StGB) unter dem Schlüssel 540000 zusammen. Rechtswissenschaftler gehen davon aus, dass etwa zwei Drittel aller gemeldeten Urkundsdelikte auf § 267 StGB entfallen.[103]

Bei den Urkundsdelikten wird ein großes Dunkelfeld vermutet, weshalb die Aussagekraft der Kriminalstatistik begrenzt ist.[103] Der Anteil der Urkundsdelikte an allen gemeldeten Straftaten beträgt ungefähr 1,1 %.[104] Die absolute Zahl der Begehungen verdoppelte sich zwischen 1987 und 1993 und entwickelt sich seit dem im Wesentlichen rückläufig. Zwischen 2020 und 2021 kam es allerdings wieder zu einem Anstieg; dort verzeichnet die PKS mit 90.799 Fällen ihren bisherigen Höchstwert.[101]

Die Urkundsdelikte weisen im Vergleich zu anderen Delikten eine überdurchschnittlich hohe Aufklärungsquote auf. Als Ursache vermuten Rechtswissenschaftler, dass der Kreis der potentiellen Täter gering ist, sobald eine manipulierte Urkunde entdeckt wird.[105] Allerdings entwickelt sich die Aufklärungsquote rückläufig: Lag sie zwischen 1987 und 2005 durchgängig bei über 90 %, verringerte sie sich bis 2021 auf 77,6 %.[101] Etwa bei einem Drittel der Tatverdächtigen handelt es sich um Ausländer,[101] was im Vergleich zu anderen Deliktsgruppen einen überdurchschnittlich hohen Anteil darstellt. Der mit etwa einem Fünftel größte Anteil der ausländischen Verdächtigen entfällt auf Personen, die sich illegal in Deutschland aufhalten. Vermutet wird, dass diese oft Urkundenfälschungen begehen, um ihren illegalen Aufenthalt zu verschleiern.[106]

Polizeiliche Kriminalstatistik für Urkundsdelikte in der Bundesrepublik Deutschland[101]
Erfasste Fälle
JahrInsgesamtPro 100.000 EinwohnerAnteil der versuchten Taten

(absolut/relativ)

Aufklärungsquote
198740.05265,5609 (1,5 %)93,4 %
198842.95970,2662 (1,5 %)94,5 %
198949.80980,7706 (1,4 %)95,4 %
199044.00570,2726 (1,6 %)94,6 %
199150.42977,6699 (1,4 %)94,2 %
199257.00386,7944 (1,7 %)93,5 %
199381.519100,71.300 (1,6 %)94,4 %
199477.75795,61.448 (1,9 %)94,2 %
199581.07799,41.070 (1,3 %)94,1 %
199682.396100,71.081 (1,3 %)93,8 %
199780.30197,91.119 (1,4 %)93,1 %
199875.26991,72.050 (2,7 %)94,5 %
199972.81988,81.507 (2,1 %)94,6 %
200071.79687,41.302 (1,8, %)93,8 %
200174.22390,21.389 (1,9 %)93,5 %
200269.39784,21.345 (1,9 %)92,5 %
200369.09783,71.270 (1,8 %)91,9 %
200465.51179,4966 (1,5 %)90,4 %
200564.43078,11.086 (1,7 %)90,3 %
200659.23971,91.012 (1,7 %)88,8 %
200762.99376,51.312 (2,1 %)87,2 %
200866.46180,81.542 (2,3 %)86,6 %
200962.13775,81.338 (2,2 %)86,2 %
201067.62782,71.779 (2,6 %)86,3 %
201168.08783,31.511 (2,2 %)85,0 %
201265.71780,31.437 (2,2 %)82,9 %
201365.41681,21.426 (2,2 %)80,9 %
201463.39878,51.447 (2,3 %)80,8 %
201561.95576,31.291 (2,1 %)81,6 %
201670.19185,41.296 (1,8 %)83,6 %
201774.91290,81.361 (1,8 %)84,0 %
201876.17692,01.340 (1,8 %)83,1 %
201973.56088,61.345 (1,8 %)81,4 %
202078.25294,11.482 (1,9 %)78,8 %
202190.799109,21.581 (1,7 %)77,6 %

Verwandte Tatbestände

Fälschung technischer Aufzeichnungen (§ 268 StGB) und beweiserheblicher Daten (§ 269 StGB)

Der Echtheitsschutz, den die Urkundenfälschung gewährleistet, wird durch § 268, § 269 StGB ergänzt. Beide Vorschriften wurden vom Gesetzgeber nachträglich ins StGB eingefügt, um dem Umstand gerecht zu werden, dass rechtserhebliche Informationen in zunehmendem Maß durch technische Hilfsmitteln ermittelt und gespeichert werden. Wie § 267 StGB sollen sie Authentizitätsschutz bieten. § 268 StGB gewährleistet diesen für technische Aufzeichnungen. Weil die Merkmale der Urkunde auf von Menschen hergestellten Erklärungen zugeschnitten sind, stellen von Maschinen bewirke Aufzeichnungen, etwa ein Fahrtenschreiberblatt, keine Urkunden dar, sodass sie nicht durch § 267 StGB geschützt werden.[107] Diese Lücke schließt § 268 StGB, der strukturell weitgehend dem § 267 StGB nachempfunden ist. Tatbestandsmäßige Handlungen sind das Herstellen einer unechten technischen Aufzeichnung, das Verfälschen einer echten Aufzeichnung sowie das Gebrauchen einer verfälschten oder unechten Aufzeichnung. Den Tatbestand verwirklicht etwa, wer den Schreibstift eines Fahrtenschreibers verbiegt, um eine geringere als die tatsächlich gefahrene Geschwindigkeit aufzuzeichnen.[108]

§ 269 StGB gewährleistet demgegenüber Authentizitätsschutz für digitale Erklärungen. Er schließt eine Lücke, die sich aus der Perpetuierungsanforderung des Urkundenbegriffs ergibt: Diese Anforderung schließt Erklärungen aus, die lediglich in digitaler Form vorliegen, wie es etwa auf E-Mails zutrifft. Solche Erklärungen werden von § 269 StGB erfasst, der die Manipulation beweiserheblicher Daten verbietet. Den Tatbestand verwirklicht, wer Daten so manipuliert, dass sie eine unechte oder verfälschte Urkunde darstellten, würden sie ausgedruckt.[109] Die trifft beispielsweise zu auf das Versenden von Phishing-Mails,[110] auf das unbefugte Aufladen leerer Telefonkarten[111] sowie auf das Einrichten von Benutzerkonten im Internet unter falschem Namen.[112]

Unbefugtes Ausstellen von Gesundheitszeugnissen (§ 277 StGB)

Auch § 277 StGB dient dem Schutz der Echtheit von Urkunden. Hiernach macht sich strafbar, wer sich als Arzt oder andere approbierte Medizinalperson[113] ausgibt und dabei ein Zeugnis über den Gesundheitszustand einer Person herstellt oder verfälscht. Diese Vorschrift überschneidet sich weitgehend mit § 267, § 269 StGB, da es sich bei Gesundheitszeugnissen entweder um eine Urkunde oder um beweiserhebliche Daten handelt.[114] Eine strafbarkeitsbegründende Funktion hat diese Vorschrift lediglich in der Fallkonstellation, dass der Täter das Zeugnis in eigenem Namen anfertigt und sich dabei die Stellung einer Medizinalperson anmaßt, etwa durch das Führen des Zusatzes dr. med.[115] Dies entspricht einer nach § 267, § 269 StGB straflosen schriftlichen Lüge, kann allerdings als Missbrauch einer Berufsbezeichnung nach § 132a StGB strafbar sein.

Im Schwerpunkt entfaltet § 277 StGB daher privilegierende Wirkung für die Fälschung von Gesundheitszeugnissen, weil er als Höchststrafe eine Freiheitsstrafe von lediglich einem Jahr vorsieht.[116] Bis 2021 setzte er zudem voraus, dass die manipulierte Urkunde zur Täuschung einer Behörde oder einer Versicherungsgesellschaft gebraucht wurde. Zahlreiche Stimmen des Schrifttums empfinden diese Privilegierung als sinnwidrig, weil es keinen nachvollziehbaren Grund dafür gebe, Gesundheitszeugnisse schwächer zu schützen als andere Urkunden. Daher empfehlen sie die Streichung des § 277 StGB.[117] Diese Position konnte sich jedoch bislang nicht durchsetzen. Der Gesetzgeber glich im Gegenteil § 277 StGB erst kürzlich noch stärker an die Urkundenfälschung an, indem er das Erfordernis des Gebrauchens strich.[118]

Mittelbare Falschbeurkundung (§ 271 StGB), Ausstellen unrichtiger Gesundheitszeugnisse (§ 278 StGB) und Falschbeurkundung im Amt (§ 348 StGB)

§ 271, § 278 und § 348 StGB gewährleisten anders als die bislang angesprochenen Vorschriften einen punktuellen Schutz der inhaltlichen Richtigkeit von Urkunden. Dieser Schutz bezieht sich auf Urkunden, die im Rechtsverkehr ein besonderes Vertrauen für sich in Anspruch nehmen.[119]

Dies trifft zunächst auf Gesundheitszeugnisse zu. Gemäß § 278 StGB machen sich Ärzte und andere approbierte Medizinalpersonen[113] strafbar, die wissentlich ein unrichtiges Zeugnis über den Gesundheitszustand eines Menschen zum Gebrauch bei einer Behörde oder Versicherungsgesellschaft ausstellen. Eine ähnliche Tatbestandsstruktur weist § 348 StGB auf, wonach sich Amtsträger strafbar machen, die wissentlich unwahre öffentliche Urkunden erstellen. Bei beiden Vorschriften handelt es sich um Sonderdelikte, weshalb eine täterschaftliche Bestrafung von Personen, die keine Medizinalperson oder Amträger sind, ausschließt. § 271 StGB schließt diese Lücke in Bezug auf die Falschbeurkundung durch Amtsträger: Hiernach macht sich strafbar, wer einen Beamten dazu bewegt, eine inhaltlich unwahre öffentliche Urkunde herzustellen.

Urkundenunterdrückung (§ 274 StGB)

§ 274 StGB dient demgegenüber dem Schutz des Bestands von Urkunden. Er verbietet es, fremde Urkunden zu zerstören, zu beschädigen oder zu unterdrücken.[120] Den Tatbestand verwirklicht etwa, wer in einem Ladengeschäft den mit einer Ware fest verbundenen Strichcode entfernt.[121]

Geld- und Wertzeichenfälschung (§§ 146–152b StGB)

Den Tatbestand der Geldfälschung (§ 146 StGB) verwirklicht, wer Geld verfälscht oder Falschgeld verbreitet. Damit handelt es sich um einen Spezialfall der Urkundenfälschung.[122] Die Vorschrift schützt die Sicherheit und Funktionsfähigkeit des Geldverkehrs sowie das Vertrauen der Allgemeinheit in diesen.[123] Entsprechendes gilt für die verwandten Delikte der Fälschung von Wertzeichen (§ 148 StGB), der Fälschung von Zahlungskarten, Schecks und Wechseln (§ 152a StGB) und der Fälschung von Zahlungskarten mit Garantiefunktion und Vordrucken für Euroschecks (§ 152b StGB).

Literatur

  • Christa Bettendorf: Der Irrtum bei den Urkundendelikten. Centaurus-Verlagsgesellschaft, Pfaffenweiler 1997, ISBN 3-8255-0120-5.
  • Carolin Dörfler: Urkundenfälschung und Zeichnen mit fremdem Namen. Lit, Münster / Hamburg / London 2000, ISBN 3-8258-4884-1.
  • Georg Freund: Urkundenstraftaten. 2. Auflage. Springer, Berlin 2010, ISBN 978-3-642-05361-0.
  • Günther Jakobs: Urkundenfälschung: Revision eines Täuschungsdelikts. Carl Heymanns, Köln 2000, ISBN 3-452-24384-2.
  • Diethelm Kienapfel: Urkunden im Strafrecht. Vittorio Klostermann, Frankfurt a. M. 1967, ISBN 3-465-00486-8.
  • Sandra Obermair: Die Abgrenzung der Beweiszeichen von den Kennzeichen: beim Urkundenbegriff des § 267 StGB. Peter Lang, Frankfurt am Main 2000, ISBN 3-631-35830-X.
  • Renate Rheineck: Fälschungsbegriff und Geistigkeitstheorie. Duncker & Humblot, Berlin 1979, ISBN 3-428-04502-5.
  • Bernd Steinmetz: Der Echtheitsbegriff im Tatbestand der Urkundenfälschung (§ 267 StGB). Duncker und Humblot, Berlin 1991, ISBN 3-428-07095-X.

Weblinks

Einzelnachweise