Barnim Grüneberg

deutscher Orgelbauer

Karl Barnim Theodor Grüneberg (* 27. Dezember 1828 in Stettin; † 22. August 1907 in Stettin) war ein deutscher Orgelbauer.

Barnim Grüneberg

Leben

Barnim Grüneberg entstammte einer Orgelbauerfamilie, die in Brandenburg an der Havel, Magdeburg und in Stettin wirkte. Sein Vater August Wilhelm Grüneberg war dort Orgelbauer. Der Bruder Hermann Grüneberg war ein bedeutender Chemiker und Unternehmer.

Nach dem frühen Tod des Vaters 1837 ruhte der Betrieb zunächst. Barnim Grüneberg lernte von 1843 bis 1847 bei Carl August Buchholz in Berlin, einem entfernten Verwandten. Danach ging er 1848 zu Friedrich Haas nach Luzern, zu Kyburz nach Solothurn, nach Salzburg, dann zum berühmten Aristide Cavaillé-Coll in Paris, nach Wien und London. Von 1849 bis 1853 war er Geselle bei Eberhard Friedrich Walcker in Ludwigsburg.[1]

1854 kam Barnim Grüneberg nach Stettin zurück, wo er die väterliche Orgelbauwerkstatt in der Großen Domstraße 24 (heute ul. Farna) neu eröffnete.[2] Er machte sie zu einer der bedeutendsten und produktivsten deutschen Orgelwerkstätten seiner Zeit.

Großherzog Friedrich Wilhelm II. von Mecklenburg-Strelitz verlieh ihm 1893 den Titel Hoforgelbauer. Barnim Grüneberg war Gründungsmitglied des Bundes Deutscher Orgelbaumeister und Mitglied der Johannisloge „Friedrich Wilhelm zur Liebe und Treue“ in Demmin.[3]

1905 übernahm sein Sohn Felix (Johannes) Grüneberg mit seinem Bruder Georg die väterliche Werkstatt und verlegte sie 1906 nach Finkenwalde. Dort wohnte Felix von 1910 bis 1945 in der Grüneberg-Villa. 1933 wurde das Opus 1000 gefeiert. 1945 wurde die Produktion beendet.

Orgelbau

Barnim Grüneberg war der bedeutendste Orgelbauer in Pommern im 19. Jahrhundert. Seine Orgelbau-Anstalt war eine der produktivsten in seiner Zeit. Die Instrumente wurden bis nach Mecklenburg und Brandenburg geliefert, unter seinen Söhnen bis nach Russland und Afrika.

Die Instrumente besaßen zunächst Schleifladen und mechanische Traktur, später Kegelladen und zum Schluss pneumatische Traktur. Erstmals baute er in die Orgel in Neustrelitz „einen Rollenschweller, mit dem sich jenes stufenlose Crescendo und Diminuendo bewirken lässt, das zu einem Merkmal der symphonischen Orchesterorgel der deutschen Spätromantik gehört“.[4]

Barnim Grüneberg baute in Libau die größte Orgel seiner Zeit, mit 131 Registern auf vier Manualen und Pedal. Sie ist damit die bis heute die größte mechanisch traktierte Orgel weltweit. Sein 450. Werk (Opus) war 1902 die Domorgel in Ratzeburg.

Werk (Auswahl)

Barnim Grüneberg schuf über 450 Neu- und Umbauten von Orgeln, vor allem in Pommern, aber auch in Mecklenburg, Brandenburg und in weiteren Orten. Aufgeführt sind größere und einige kleinere Orgeln bis 1906. Eine ausführliche Liste enthält weitere Instrumente. Spätere Bauten von Orgelbau-Anstalt B. Grüneberg sind bei Felix Grüneberg angegeben. Nicht mehr vorhandene Orgeln sind kursiv gesetzt.

Orgelneubauten

JahrOpusOrtKircheBildManualeRegisterBemerkungen
18541BoninDorfkircheI/p4leeres Gehäuse erhalten[5]
18542KummerowDorfkirche I/P51855 Prospekt fertiggestellt, 1992 Restaurierung und Prospekteinbau durch Wolter[6][7]
18543Vellin, heute WielinDorfkircheI/P4erhalten[8]
1854GörminSt. Marienkirche I/P7auf Weltausstellung 1855 in Paris gezeigt, eine der ältesten erhaltenen Kegelladen-Orgeln in Pommern, 2001 restauriert
185520FlemendorfMarienkircheI/P7+1Pedal als Transmissionsregister, 2003 restauriert durch Mecklenburger Orgelbau[9]
1856KröslinKircheI/P92002 Restaurierung durch Wolter[10]
1859NeustrelitzSchlosskirche II/P16erheblich beschädigt, nicht spielbar → Orgel
186251Tempelburg, jetzt CzaplinekKirche, jetzt Heilig-Kreuz-Kirche II/P20erhalten[11]
186260Finkenwalde bei Stettin, heute ZdrojeKirche, heute Heilig-Geist-KircheII/P101895 Reparaturen, dabei oder später pneumatischer Umbau, Register Gedackt 8' wahrscheinlich auch später eingesetzt, 2015 Restaurierung durch Karl Schuke (in Opusverzeichnis Nr. 60 für Greifenberg/Gryfino, vgl. 1865)[12][13]
1862/63Groß Jestin, heute GościnoKirche, heute Kirche des heiligen Andrzej BobolaII/P12für neue Kirche (1865 eingeweiht), wahrscheinlich erhalten[14]
1863PenkunStadtkircheII/P131959 restauriert durch Barnin Grüneberg jun.[15][16]
186367Bärwalde, jetzt BarwiceKirche, heute St. StefanII/P13erhalten[17]
186470Stettin, jetzt SzczecinSchlosskirche II/P23nach 1909/10 durch einen fast Neubau Grünebergs ersetzt
186474Groß Zicker auf RügenDorfkirche I/P51999 Generalüberholung durch Wolter[18]
1865Greifenberg, heute GryfinoKirche, heute Kirche Mariä Geburt II/P30im Opusverzeichnis Nr. 60 angegeben (siehe oben); 2009 restauriert durch Kaczmarek[19][20]
1866Lauenburg, heute LęborkSt. Salvator, heute Maria Königin von PolenII/P201945 beschädigt, 1958 Reparatur, spielbar[21]
1868112Massow, heute MaszewoKirche, heute Kirche der Gottesmutter von TschenstochauII/P21nicht konzertangemessen spielbar[22]
1869114SelmsdorfSt. MarienII/P132009 Restaurierung durch W. Sauer[23]
1870KartlowSt. Johannis

1872 Grünebergorgel in der Fachwerkkirche Leopoldshagen bei Anklam

I/P10erhalten[24]
1874157FeldbergStadtkircheII/P18[25]
1875161GrischowKircheII/P102011 restauriert durch Mecklenburger Orgelbau[26]
1877178BagemühlKirche
I/P62011 teilweise restauriert im Baltischen Orgelcentrum Stralsund, Pedalregister und Flöte 4' nicht spielbar[27]
1877182FürstenwerderStadtkirche FürstenwerderII/P111997 restauriert durch Ulrich Fahlberg[28]
1879203LangenhanshagenKirche Langenhanshagen
I/P7+1Pedal ist Transmissionsregister, jetzt im Mecklenburgischen Orgelmuseum in Malchow[29]
1879Ketzin, HavelKirche St. Petri
II/P14in Barockgehäuse von 1753, möglicherweise von Gottlieb Scholtze[30]
1879204MellenthinKirche
I/p4[31]
1880208GültzKircheII/P11[32]
1880Krieschow, NiederlausitzKircheI/P9[33]
1881Bad Polzin, heute Połczyn-ZdrójMarienkirche, heute Kirche der Unbefleckten Empfängnis MariensII/P28?später Umbauten, heute pneumatisch mit elektrischem Spieltisch, II/P, 28[34]
1881VerchenKlosterkirche
erhalten, auch spielbar?[35]
1882227Lauenburg, heute LęborkSt. JakobiII/P19erhalten[36]
1884255StettinKonzert- und Vereinshaus1929 ersetzt durch Grüneberg-Orgel, diese 1944 zerstört[37]
1884257BeggerowEv. KircheI/P9
1882230Haarlem, SüdafrikaEvangelisch-Lutherische KircheI/P6erhalten?[38]
1885265Humansdorp, SüdafrikaNiederdeutsche reformierte GemeindeI/P61886 aufgebaut, 1939 umgesetzt nach Clarkson, Südafrika in die Herrnhuter Brüdergemeine (Moravian Church), 1964 restauriert, erhalten?[39]
1886Bublitz, heute BoboliceKirche, heute Mariä HimmelfahrtII/P21erhalten[40][41][42]
1886Klein Schwarzsee, heute Czarne MałeKirche, heute Mariä HimmelfahrtI/P9erhalten
1888Cammin, heute Kamień PomorskiDom
III/P44im Barockprospekt von 1672, 2004 ersetzt durch Rekonstruktion der Barockorgel → Orgel#Neubau von Barnim Grüneberg 1888
1891Groß NemerowKircheI/P10erhalten[43]
1891Alt KäbelichDorfkircheI/P9erhalten[44]
1892Putbus, RügenSchlosskirche Putbus II/P141995 Generalüberholung durch Wolter
1893NeustrelitzStadtkirche III/P45größter Orgelneubau von Barnim Grüneberg, 2001 Teilsanierung durch Mecklenburger Orgelbau und Sauer, 2005 Fertigstellung durch Christian Scheffler und Mecklenburger Orgelbau.[45][46]
1895381AhlbeckKirche II/P15[47]
1896386GanschendorfKirche
I/P9erhalten[48]
1896387Stettin ?, heute SzczecinKirche, heute Kirche Mariae von der immerwährenden HilfeI/P10erhalten, Opus 387 auf Firmenschild, in Opusverzeichnis wurde diese aber in Grenz, Uckermark aufgebaut (also entweder von dort nach Stettin umgesetzt oder Irrtum im Opusverzeichnis)[49]
1897Koserow, UsedomKirche
I/P91994 Generalüberholung durch Wolter[50]
1899BartowKircheII/P11erhalten
1901BerlinFranzösische KircheII/P131945 zerstört
1902Kasnevitz, RügenSt. Jacobi
II/P121999 Restaurierung durch Wolter
1904UsedomSt. Marien
II/P14weitgehend erhalten
1905Atterwasch, NiederlausitzDorfkirche
I/P7erhalten
1905505GehrenKircheII/P8erhalten[51]
1906AnklamKatholische Pfarrkirche St. SalvatorII/P12wahrscheinlich durch Felix Grüneberg gebaut, 2006 Restaurierung durch Wolter
1906StralsundSt. Marien
I/P5wahrscheinlich durch Felix Grüneberg gebaut → Kleine Orgel
1906Burg StargardStadtkircheII/P13wahrscheinlich schon durch Felix Grüneberg, erhalten[52][53]

Weitere Arbeiten

JahrOpusOrtKircheBildManualeRegisterBemerkungen
186580AltentreptowSt.-Peter-Kirche
II/P31Erweiterung der Orgel von Johann Simon Buchholz von 1812, 2002–2003 Restaurierung durch SchefflerOrgel[54][55]
1865KrumminSt. Michael I/P9Einbau eines Pedals einer Buchholz-Orgel von etwa 1850, 1993 Restaurierung durch Wolter[56]
1866DemminSt. Bartholomaei
IV/P52Umbau und Erweiterung einer Buchholz-Orgel von 1819 bei Beibehaltung der Pfeifen → Orgel
1868–1870112Stettin, heute SzczecinSt. JakobiUmbau/Erneuerung der bestehenden Orgel, danach zweimal erweitert auf IV/P, 69, 1944 zerstört[57]
1881Bobbin, RügenSt.-Pauli-Kirche I/P6Einbau von zwei Pedalregistern in Buchholz-Orgel von 1842 (vorher I/4), 2007 Restaurierung und Prospekteinbau durch Wolter
1885Libau, heute LiepājaDreifaltigkeitskathedrale
IV/P131Erweiterung zur damals größten Orgel der Welt, heute größte mechanisch traktierte Orgel → Orgel
1901UserinKircheI/P9Aufbau einer Orgel von 1870 von einem nicht bekannten Orgelbauer aus Westpreußen[58]
1902450RatzeburgDomIII/P41Umbau einer Orgel von Friedrich Albert Mehmel von 1881; nicht erhalten → Orgelgeschichte

Literatur

  • Uwe Pape: Grüneberg, Barnim. In: Uwe Pape, Wolfram Hackel, Christhard Kirchner (Hrsg.): Lexikon norddeutscher Orgelbauer. Band 4: Berlin, Brandenburg und Umgebung einschließlich Mecklenburg-Vorpommern. Pape Verlag, Berlin 2017, S. 192f.
  • Matthias Schneider: Grüneberg, Barnim (1828–1907). In: Dirk Alvermann, Nils Jörn (Hrsg.): Biographisches Lexikon für Pommern. Band 1. (= Veröffentlichungen der Historischen Kommission für Pommern, Reihe V, Band 48,1.) Böhlau Verlag, Köln / Weimar / Wien 2013, ISBN 978-3-412-20936-0, S. 105–106. Online-Zugang

Weblinks

Commons: Orgeln von Barnim Grüneberg – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Geschichte

Orgellisten

Literatur

Einzelnachweise