Olympische Winterspiele 1960/Eiskunstlauf

Wettbewerb bei den Olympischen Winterspielen 1960

Bei den VIII. Olympischen Winterspielen 1960 in Squaw Valley fanden drei Wettbewerbe im Eiskunstlauf statt. Austragungsort war die Blyth Arena, die 9.000 Zuschauern Platz bot.

Eiskunstlauf bei den
Olympischen Winterspielen 1960
Information
AustragungsortVereinigte Staaten 49 Squaw Valley
WettkampfstätteBlyth Arena
Nationen14
Athleten71 (32 Marssymbol (männlich), 39 Venussymbol (weiblich))
Datum19.–26. Februar 1960
Entscheidungen3
Cortina 1956

Bilanz

Medaillenspiegel

PlatzLand Gesamt
1Vereinigte Staaten 49  Vereinigte Staaten224
2Kanada 1957  Kanada112
3Deutschland Mannschaft Gesamtdeutsch  Deutschland11
Niederlande  Niederlande11
Tschechoslowakei  Tschechoslowakei11

Medaillengewinner

KonkurrenzGoldSilberBronze
HerrenVereinigte Staaten 49 David JenkinsTschechoslowakei Karol DivínKanada 1957 Donald Jackson
DamenVereinigte Staaten 49 Carol HeissNiederlande Sjoukje DijkstraVereinigte Staaten 49 Barbara Roles
PaareKanada 1957 Barbara Wagner / Robert PaulDeutschland Mannschaft Gesamtdeutsch Marika Kilius / Hans-Jürgen BäumlerVereinigte Staaten 49 Nancy Ludington / Ronald Ludington

Berichterstattung

Vorschau

Der «Sport Zürich» gab in seiner Ausgabe vom 19. Februar 1960 eine Vorschau auf die Eiskunstlauf-Bewerbe:[1]

Es seien bereits die jeweiligen nationalen und auch die Europameisterschaften durchgeführt worden. Nun werden über die gesamten Olympiatage die verschiedenen Sparten ununterbrochen andauern, wobei bereits am ersten Tag das Paarlaufen entschieden werde und danach für jeweils drei Tage das Pflichtlaufen mit der abschließenden Kür als Höhepunkt anberaumt seien. Eine gewisse Absteckung der Kräfteverhältnisse hätten die Europameisterschaften zwar gebracht, jedoch müssten Einschränkungen angebracht werden, weil der letztjährige Europameister Karol Divín wegen Verletzung gefehlt habe und neue Bewertungsregeln gelten würden. Es dürfe auch nicht verschwiegen werden, dass auch ein absichtliches Jonglieren mit den Noten unverkennbar war.

Im Detail würden im Paarlaufen die europäischen Spitzenpaare auf harte Konkurrenz, vornehmlich das kanadische Weltmeisterpaar Barbara Wagner und Robert Paul, treffen, und auch das zweite kanadische Paar sei sehr stark. Die USA habe gleich drei Paare delegiert. Marika Kilius und Hans-Jürgen Bäumler würden große Mühe haben, ihren zweiten Rang von der WM 1959 in Colorado Springs erfolgreich zu bestätigen. Bei den Einzelkonkurrenzen seien die Erfolgsaussichten für die überseeischen Athleten gar noch größer, speziell bei den Herren. Da trete das Gastgeberland mit vier Assen an, wobei zu Weltmeister David Jenkins anzumerken sei, dass er die nationalen Meisterschaften nur durch eine großartige Kür (nach Rückstand nach der Pflicht gegenüber Tim Brown) gewonnen habe. Auch der Kanadier Donald Jackson sei zu beachten, so dass für die Europäer kaum ein Medaillengewinn zu erwarten sei. Etwas besser stünden die Chancen bei den Damen, wo zwar die USA mit der vierfachen Weltmeisterin Carol Heiss die klare Favoritin stelle und auch Barbara Roles zur Spitzenklasse zähle, aber Wendy Griner (CAN) müsste schon eine große Überraschung bringen, um die neue Europameisterin Sjoukje Dijkstra aus den Medaillenrängen fallen zu lassen.

Nachbetrachtung

In einer Nachbetrachtung zu den Eiskunstlaufbewerben vertrat Sport Zürich in der Ausgabe vom 2. März 1960 die Meinung, dass bei den Herren die Vergabe der Zweitnote für den «sportlichen Wert» gepasst habe, doch sollte das Verhältnis Pflicht zur Kür von 60:40 auf 50:50 abgeändert werden. Zudem seien die besten Kürläufer wegen der deutlich unterschiedlichen Bewegungsabläufe nicht die besten Pflichtläufer und umgekehrt. Bei den Damen seien die Schweizerinnen unterbewertet worden und man habe sich überhaupt fragen müssen, ob diese Konkurrenz noch mit Sport etwas zu tun hatte, und zwar hauptsächlich wegen der «absolut unsportlichen, einseitigen, voreingenommenen und nach Blockbildung diktierten Bewertung durch die Preisgerichte». Vor allem gäbe es seit längerem den allgemeinen Trend, dass Läuferinnen, die schon im Vorjahr bei Europa- und Weltmeisterschaften eine gute Pflicht hatten leisten können und nun auch nach der Pflicht geführt haben, automatisch um 0,3 höhere Noten erhalten. Die Diskrepanz bei der Bewertung für Carol Heiss (bis 5,9) und den Schweizerinnen (Schnitt 4,5) sei bedenklich gewesen. Allerdings sei schon deren Pflichtbewertung bei den Europameisterschaften in Garmisch-Partenkirchen skandalös gewesen.[2]

Ergebnisse

  • K = Kür
  • P = Pflicht
  • Pz = Platzziffer
  • Pkt. = Punkte

Herren

PlatzLandSportlerPKPzPkt.
1Vereinigte Staaten 49  USADavid Jenkins02010101440,2
2Tschechoslowakei  TCHKarol Divín01050221414,3
3Kanada 1957  CANDonald Jackson04020311401,0
4Frankreich  FRAAlain Giletti03030311399,2
5Vereinigte Staaten 49  USATim Brown05040431374,1
6Frankreich  FRAAlain Calmat08060541340,3
7Vereinigte Staaten 49  USARobert Brewer07080661320,3
8Deutschland Mannschaft Gesamtdeutsch  EUAManfred Schnelldorfer09090751303,3
9Deutschland Mannschaft Gesamtdeutsch  EUATilo Gutzeit10100861274,0
10Kanada 1957  CANDonald McPherson13070831279,7
11Schweiz  SUIHubert Köpfler12141141217,0
12Vereinigtes Konigreich  GBRRobin Jones15121131220,4
13Osterreich  AUTPeter Jonas14151151213,2
14Japan 1870  JPNNobuo Satō11171201206,8
15Vereinigtes Konigreich  GBRDavid Clements16131351174,7
16Deutschland Mannschaft Gesamtdeutsch  EUABodo Bockenauer17161371161,2
17Australien  AUSTim Spencer18111421171,2
18Australien  AUSBill Cherrell19181621042,2
Osterreich  AUTNorbert Felsinger06zurückgezogen

Pflicht: 24. und 25. Februar, 07:00 bis 11:30 Uhr
Kür: 26. Februar, 12:30 Uhr bis 15:15 Uhr[3][4]

Die Leistungen wurden von neun Wertungsrichtern beurteilt. Bei nur 19 Anmeldungen konnte die Pflicht an zwei Vormittagen mit je drei Figuren abgewickelt werden. Es gab eine überlegene Führung für Karol Divín mit Platzziffer 11,0 und 797,8 Punkten vor David Jenkins (19,0/775,2) und Alain Giletti (31,0/762,7).

Jenkins war nach den vorangegangenen Olympischen Spielen, bei denen er die Bronzemedaille gewonnen hatte, in die Fußstapfen seines Bruders, des amtierenden Olympiasiegers Hayes Alan Jenkins, getreten und ungeschlagen geblieben. Er wurde seiner Favoritenrolle gerecht und löste ihn als Olympiasieger ab, ein einmaliger Vorgang in der Eiskunstlaufgeschichte. Er zeigte die beste bis dahin je gelaufene Kür und verwandelte einen Rückstand von 22,6 Punkten aus der Pflicht noch in einen Vorsprung von 14,1 Punkten. Divín, der die Pflicht gewonnen, die Kür aber nur als Sechster abgeschlossen hatte, errang die Silbermedaille. Bronze ging an den Kanadier Donald Jackson mit der zweitbesten Kür (Notenschnitt 5,7). Alain Giletti verfehlte eine Medaille äußerst knapp und wurde wie vier Jahre zuvor Vierter. Der nach der Pflicht sechstplatzierte Österreicher Norbert Felsinger hatte nach einem Sturz im Kür-Training vom 25. Februar aufgeben müssen (Gehirnerschütterung/Bettruhe).

Der doch noch deutliche Sieg von Jenkins wurde auch durch Divíns Schwächeln ermöglicht. Offensichtlich war der Tschechoslowake zu nervös und auch durch die Anstrengungen des Trainings und des Pflichtlaufens belastet, denn die überwunden geglaubten Schmerzen seiner Verletzung (Muskelzerrung an der Hüfte) waren dadurch wieder zum Ausbruch gekommen. Er hatte sich vor der Kür eine schmerzstillende Injektion zukommen lassen müssen. Drei Sprünge gingen daneben, wenn er auch einen Sturz verhindern konnte. Mit 5,44 wurde er etwas unterbewertet. Giletti konnte schon beim ersten Sprung einen Sturz vermeiden, danach mit mehreren guten Figuren diverse Unsauberkeiten wettmachen, die 5,6 waren angemessen (Rang 3 in der Kür mit 636,3 Punkten), doch sie genügten nicht, denn Schlussläufer Jackson führte sein identisches Sprungprogramm höher aus. Vor allem die Sprünge, Pirouetten und Verbindungsschritte wusste er besser zu kombinieren (649,6 Punkte).[5][6]

Damen

PlatzLandSportlerinPKPzPkt.
1Vereinigte Staaten 49  USACarol Heiss01010091490,1
2Niederlande  NEDSjoukje Dijkstra02030201424,8
3Vereinigte Staaten 49  USABarbara Roles03020261414,9
4Tschechoslowakei  TCHJana Mrázková05050531338,7
5Niederlande  NEDJoan Haanappel04070521331,9
6Vereinigte Staaten 49  USALaurence Owen06060571343,0
7Osterreich  AUTRegine Heitzer07040581327,9
8Italien  ITAAnna Galmarini08100791295,0
9Osterreich  AUTKarin Frohner09110991266,0
10Kanada 1957  CANSandra Tewkesbury10090781296,1
11Frankreich  FRANicole Hassler12120971272,6
12Kanada 1957  CANWendy Griner13080981275,0
13Frankreich  FRADany Rigoulot11131071253,8
14Deutschland Mannschaft Gesamtdeutsch  EUABärbel Martin18141321219,8
15Vereinigtes Konigreich  GBRPatricia Pauley14161341213,8
16Italien  ITACarla Tichatschek16151431201,1
17Japan 1870  JPNJunko Ueno15201581176,5
18Deutschland Mannschaft Gesamtdeutsch  EUAUrsel Barkey20181661164,5
19Vereinigtes Konigreich  GBRCarolyn Krau17211681160,3
20Schweiz  SUILiliane Crosa22171711157,4
21Japan 1870  JPNMiwa Fukuhara19221881134,7
22Schweiz  SUIFranziska Schmidt21191841141,8
23Sudafrika 1928  RSAMarion Sage24232101000,9
24Australien  AUSAileen Shaw25242210965,7
25Sudafrika 1928  RSAPat Eastwood23252190970,8
26Australien  AUSMary Wilson26262320890,2

Pflicht: 20. bis 22. Februar jeweils 7:00 bis 11:30 Uhr
Kür: 23. Februar 12.30 bis 15:15 Uhr[3]

Die Leistungen wurden von neun Wertungsrichtern beurteilt. Siegerin Carol Heiss kam mit deutlichem Vorsprung aus der Pflicht, sodass ihr der Sieg nicht zu nehmen war. Im Bereich an der Spitze veränderte sich nichts an dem nach der Pflicht gegebenen Klassement.[7] Beinahe wäre Sjoukje Dijkstra im vorletzten Pflichtbewerb durch Barbara Roles überholt werden, dann konnte sie sich in der letzten Prüfung von ihr lösen. Für die Medaillen kamen aber nur mehr die drei Führenden in Frage, wobei angesichts des Vorsprungs von Heiss die Aussage geprägt wurde, dass sie „selbst bei drei Stürzen in der Kür ungefährdet“ sei.

Während das Pflichtprogramm vom Publikum ignoriert worden war, waren im Kürlauf zu Beginn bei 5.500 Zuschauer anwesend und nach einer halben Stunde war das Stadion mit 8.000 gefüllt. Bei der Notenvergabe zog sich der japanische Preisrichter das Missfallen der Besucher zu; er gab an alle Teilnehmerinnen, auch an die beiden Japanerinnen, beharrlich die mit Abstand tiefsten Noten. Jana Mrázková überbot das bisher Gesehene deutlich und schuf sich gute Chancen auf den vierten Platz. Heiss erreichte nicht ganz das Weltmeisterschaftsniveau von 1959. Ihr Programm war schwer und wurde mit Präzision durchexerziert, wobei sie kein Wagnis einging. Dijkstra führte ein sehr sportliches Programm mit den höchsten Sprüngen vor, erhielt aber diverse Abzüge wegen zweier nicht präzise gelungener Punkte. Den Abschluss bildete Roles als zweite Anwärterin auf Silber. Sie erhielt für ihr temporeich vorgetragenes Programm 5,65 – das war hinter Heiss (652,3) die zweitbeste Marke (642,0), Dijkstra kam auf Rang 3 (632,8) vor Heitzer (605,3).[8][9]

Paare

PlatzLandPaarPzPkt.
1Kanada 1957  CANBarbara Wagner / Robert Paul07,080,4
2Deutschland Mannschaft Gesamtdeutsch  EUAMarika Kilius / Hans-Jürgen Bäumler19,076,8
3Vereinigte Staaten 49  USANancy Ludington / Ronald Ludington27,576,2
4Kanada 1957  CANMaria Jelinek / Otto Jelinek26,075,9
5Deutschland Mannschaft Gesamtdeutsch  EUAMargret Göbl / Franz Ningel36,072,5
6Sowjetunion 1955  URSNina Schuk / Stanislaw Schuk38,072,3
7Deutschland Mannschaft Gesamtdeutsch  EUARita Blumenberg / Werner Mensching53,070,2
8Osterreich  AUTDiana Hinko / Heinz Döpfl54,569,8
9Sowjetunion 1955  URSLjudmila Beloussowa / Oleg Protopopow54,568,6
10Vereinigte Staaten 49  USAMaribel Owen / Dudley Richards69,067,5
11Vereinigte Staaten 49  USAIla Ray Hadley / Ray Hadley78,065,7
12Australien  AUSJacqueline Mason / Marvyn Bower83,063,7
13Sudafrika 1928  RSAMarcelle Matthews / Gwyn Jones85,563,6

Datum: 19. Februar, 10:30 Uhr

Die Leistungen wurden von sieben Wertungsrichtern beurteilt. Wagner/Paul, die Weltmeister der letzten drei Jahre, waren überlegen. Einige Paare, darunter Kilius/Bäumler und Blumenberg/Mensching, litten unter Atembeschwerden, letzteren musste Sauerstoff zugeführt werden. Das österreichische Paar Hinko/Döpfl musste bei keinesfalls einwandfreien Bedingungen (Sonneneinstrahlung) laufen.[10][11]

Wagner/Paul liefen eine von allen Experten als großartig bezeichnete Kür und erhielten die bestmögliche Platzziffer und 80,4 von 84 möglichen Wertungspunkten. Die Kür enthielt neben allen herkömmlichen Schwierigkeiten ausgefallene Schrittkombinationen und gewagte Hebefiguren. Eindeutig war auch die Silbermedaille (auch hier im Einklang mit der Platz- und Leistungsziffer), während die Entscheidung um Bronze knapp ausfiel und erst durch eine exakte Berechnung festgestellt werden konnte (letztlich entschied gegen die Viertplatzierten bei der Platzziffer die geringere Zahl an dritten Plätzen).

Das Siegerpaar musste auch gute Nerven beweisen, denn nach nur einer Minute ihrer Darbietung hatte die Nadel auf der Platte ein paar Takte übersprungen. Das Kampfgericht gestattete einen Neustart. Das Silberpaar lag punkto Ausgeglichenheit etwas zurück, doch imponierten hohe Sprünge und Sitzpirouetten. Viel Applaus gab es bei einer Figur, als Bäumler unter dem waagrecht ausgestreckten Bein seiner Partnerin durchtauchte. Sie wurden bei der Platzziffer viermal mit dem zweiten, einmal mit dem dritten und zweimal dem vierten Platz bedacht. Etwas enttäuscht war man vom Ehepaar Schuk, die Europameisterschafts-Zweiten, deren Programm zu wenig originell war.[12][13]

Einzelnachweise