Torgau
Torgau ist eine Große Kreisstadt mit etwa 20.000 Einwohnern und Verwaltungssitz des Landkreises Nordsachsen in Sachsen. Mit Dreiheide bildet Torgau die Verwaltungsgemeinschaft Torgau/Dreiheide.
Wappen | Deutschlandkarte | |
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Basisdaten | ||
Koordinaten: | , 13° 0′ O51° 33′ N, 13° 0′ O | |
Bundesland: | Sachsen | |
Landkreis: | Nordsachsen | |
Verwaltungsgemeinschaft: | Torgau/Dreiheide | |
Höhe: | 78 m ü. NHN | |
Fläche: | 102,82 km2 | |
Einwohner: | 19.802 (31. Dez. 2022)[1] | |
Bevölkerungsdichte: | 193 Einwohner je km2 | |
Postleitzahlen: | 04860, 04861, 04889 | |
Vorwahlen: | 03421, 034221 | |
Kfz-Kennzeichen: | TDO, DZ, EB, OZ, TG, TO | |
Gemeindeschlüssel: | 14 7 30 310 | |
Adresse der Stadtverwaltung: | Markt 1 04860 Torgau | |
Website: | ||
Oberbürgermeister: | Henrik Simon[2] (Parteilos) | |
Lage der Kreisstadt Torgau im Landkreis Nordsachsen | ||
Geographie
Geographische Lage
Die Stadt Torgau liegt im Norden des Freistaates Sachsen am westlichen Ufer der Elbe in einer Höhe von etwa 85 Metern über dem Meeresspiegel. Westlich von Torgau beginnt die Dübener Heide, die sich im Westen bis Eilenburg und im Norden bis Gräfenhainichen und Kemberg erstreckt. Südwestlich der Stadt liegt der Große Teich, der vom Schwarzen Graben, aus Richtung Audenhain kommend, gespeist wird. An den See schließt sich südlich der Torgauer Ratsforst an.
Die nächsten größeren Städte sind im Uhrzeigersinn beginnend im Westen: Eilenburg (27 Kilometer, weiter bis nach Leipzig 50 Kilometer), Bad Düben (28), Bad Schmiedeberg (22, weiter bis zur Lutherstadt Wittenberg 45), Herzberg (23), Bad Liebenwerda (28) und Riesa (37).
Stadtgliederung
Die Stadt gliedert sich in die Kernstadt sowie die Ortsteile:
Klima
Die durchschnittlich Lufttemperatur in Torgau beträgt 10,7 °C, der jährliche Niederschlag 541 Millimeter.
Geschichte
- Stich von Matthäus Merian um 1650
- Torgau aus nordwestlicher Richtung
- Schloss Hartenfels aus Nordwesten
Die Anfänge bis zur Leipziger Teilung
Erste urkundliche Erwähnung fand der Ort unter dem Namen Torgove in einem Dokument aus dem Jahr 973. Wann der Ort eine Stadt wurde, ist nicht datiert. Zumindest aus dem Jahr 1267 findet sich eine Notiz, die von der Stadt Torgau spricht.
1344 erfolgte die Ersterwähnung der Bürgerwehr Die Geharnischten im Städtebund Torgau, Oschatz und Grimma, die in der Wurzener Fehde 1542 Berühmtheit erlangte.
1485 fand die Leipziger Teilung zwischen den Brüdern Ernst und Albrecht statt.
Herkunft und Bedeutung des Namens der Stadt
Im Laufe der Jahre variierten die Schreibweisen des Namens von Torgau im Unterschied zu vielen anderen Ortsnamen nur geringfügig.[4] In zahlreichen Urkunden und Akten steht zum Beispiel:
- 973 Turguo
- 1004 Torgua, Turgua
- 1119 Thurgovve, es wird ein mercatus (mercatus ist Handel, Markt, Messe)[5] genannt.
- 1181 Thurugowe
- 1204 Ein Adelsgeschlecht nennt sich nach der Stadt, von Torgau
- 1234 Torgowe
- 1243 Turgowe
- 1350 Turggo, civitas Turgow (civitas ist Bürgerrecht oder Bürgerschaft)
- 1406 Thurgaw, Turgaw, Torgau
- seit 1791 wird Torgau wie in der Gegenwart geschrieben und gesprochen.
Der Name ist altsorbischer Herkunft; „torg“ bedeutet Markt (vgl. obersorbisch torhošćo). Torgow ist also ein Marktort.
Torgau in der Zeit der Reformation
Der sächsische Kurfürst Ernst machte Torgau zur Residenz seines Machtbereiches. Schloss Hartenfels wurde zur Hauptresidenz der ernestinischen Kurfürsten: Hier residierten Friedrich der Weise, Johann der Beständige und Johann Friedrich. Torgau war mit Schloss Hartenfels zu der Zeit das politische Zentrum der Reformation und ist heute eine wichtige Lutherstätte in Sachsen. Überliefert ist der Spruch: „Wittenberg ist die Mutter, Torgau die Amme der Reformation“. Im März 1530 verfasste Martin Luther hier gemeinsam mit Jonas, Melanchthon und Bugenhagen die Torgauer Artikel. Johann Walter, der Herausgeber des ersten evangelischen Chorgesangbuchs, arbeitete ab 1526 als Stadtkantor in Torgau.
Im Schmalkaldischen Krieg von 1546 bis 1547 unterlagen die protestantischen Landesfürsten Kaiser Karl V. Infolge der Wittenberger Kapitulation kam neben anderen Gebieten auch Torgau vom ernestinischen Sachsen unter Johann Friedrich zum albertinischen Sachsen unter seinem Vetter Moritz in Dresden. Durch den gleichzeitigen Wechsel der Kurwürde blieb es in Kursachsen. Schloss Hartenfels war fortan nur noch Nebenresidenz, verlor jedoch nie die symbolische Bedeutung für die reformatorische Bewegung.
1552 reiste Luthers Witwe Katharina von Bora nach Torgau, um sich vor der in Wittenberg ausgebrochenen Pest in Sicherheit zu bringen. Bei einem Kutschenunfall brach sie sich jedoch das Becken und starb am 20. Dezember 1552 in Torgau an den Folgen. In ihrem Sterbehaus befindet sich ein ihr gewidmetes Museum. Ihr Grabmal in der Kirche St. Marien ist eine der Torgauer Sehenswürdigkeiten.
Die Zeit bis zum Nationalsozialismus
Am 3. November 1760 fand mit der Schlacht bei Torgau auf den Süptitzer Höhen die letzte große Schlacht des Siebenjährigen Krieges statt.
Im Jahr 1811 wurde auf Befehl Napoleons die Festung Torgau ausgebaut, im Rahmen der Befreiungskriege aber schon Ende 1813 von Preußen nach vorheriger Belagerung erobert. Torgau fiel nach dem Willen der Sieger und den Beschlüssen des Wiener Kongresses 1815 auch dauerhaft an Preußen.
Ab 1854 gab es vorrangig für die katholischen Soldaten in preußischen Diensten eine katholische Kirche; sie brannte 1906 ab.[6] 1909 wurde an anderer Stelle der größere Nachfolgebau eingeweiht. 1927 nahm Villeroy & Boch das Steingutwerk Torgau in Betrieb.
Zur Zeit des Nationalsozialismus, in den Jahren von 1943 bis 1945, war Torgau Sitz des Reichskriegsgerichts. Im Wehrmachtgefängnis Torgau auf Fort Zinna wurden über 1000 Todesurteile verhängt und vollstreckt. Opfer der Hinrichtungen waren unter anderem Wehrdienstverweigerer, Zeugen Jehovas, Widerstandskämpfer und amerikanische Kriegsgefangene. Heute befindet sich hier ein von der Stiftung Sächsische Gedenkstätten betreutes Museum.
Torgau beherbergte von Februar 1941 bis April 1945 in einer ehemaligen Druckerei in der Naundorfer Straße den Sitz der Verwaltung des Kriegsgefangenenlagers Stalag IV D.[7] Während im Lager in Torgau etwa 800 Kriegsgefangene lebten, waren am 1. Oktober 1944 insgesamt 45.223 Kriegsgefangene im Stalag IV D in Torgau registriert.[8] Sie wurden fast alle auf Arbeitskommandos im Umland verteilt.
Das Gedenkbuch des Bundesarchivs für die Opfer der nationalsozialistischen Judenverfolgung in Deutschland (1933–1945) verzeichnet namentlich vier jüdische Einwohner Torgaus, die deportiert und ermordet wurden.[9]
Die Begegnung an der Elbe
Torgau erlangte Ende des Zweiten Weltkrieges internationale Berühmtheit, als sich am 25. April 1945 sowjetische und US-amerikanische Truppen an der Elbe bei der Stadt trafen und am 26. April 1945 diesen Elbe Day für die Kameras auf der zerstörten Elbebrücke in Szene setzten.[10]
Den ersten Kontakt hatten die beiden Armeen während des Krieges in Europa am 25. April 1945 an der Elbe bei Strehla, 30 Kilometer flussaufwärts von Torgau.[11] Der Gedenktag Elbe Day erinnert an dieses Ereignis.Einer der damals am Treffen teilnehmenden US-Soldaten, Joe Polowsky, setzte sich später für die Anerkennung des 25. April als „Weltfriedenstag“ ein. Gemäß seinem letzten Willen wurde er 1983 auf dem evangelischen Friedhof in Torgau begraben.
Nachkriegszeit bis 1989
Von September 1945 bis Oktober 1948 betrieb der NKWD in Torgau im früheren Wehrmachtgefängnis Fort Zinna und in der nahe gelegenen Seydlitz-Kaserne die Speziallager Nr. 8 und Nr. 10.
Zwischen 1964 und 1989 gab es in Torgau einen Geschlossenen Jugendwerkhof.[12]
Nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges wurde Torgau, das zuvor dem ehemaligen preußischen Regierungsbezirk Merseburg angehörte, Teil des neu gegründeten Landes Sachsen-Anhalt. 1952 folgte im Rahmen der Verwaltungsreform in der DDR die Zuordnung als Kreisstadt zum Bezirk Leipzig.
Torgau wird wieder sächsisch
Als mit der Wiedervereinigung 1990 die Grenzen der neuen Bundesländer festgelegt wurden, gelangte Torgau im Ergebnis einer Volksbefragung zusammen mit dem Großteil des Bezirks Leipzig zu Sachsen.
Zum 1. Januar 1994 wurde Torgau Verwaltungssitz des Landkreises Torgau-Oschatz und zum 1. August 2008 des Landkreises Nordsachsen. Die ehemalige Kreisstadt Delitzsch hat zwar deutlich mehr Einwohner, ist jedoch dezentral gelegen.
Zum 1. Januar 2009 erfolgte die Erhebung zur Großen Kreisstadt.
Eingemeindungen
Am 20. Juli 1950 wurden die bis dahin eigenständige Gemeinde Werdau und der Ortsteil Repitz der Gemeinde Döbern eingegliedert.[13] Am 1. Januar 1994 wurden Graditz und Melpitz eingemeindet. Am 1. Januar 2009 erfolgte die Eingemeindung der zuvor selbstständigen Gemeinde Pflückuff, die Stadtfläche wurde dadurch von 42,08 km² auf 90,33 km² mehr als verdoppelt. Mit der Eingemeindung von Zinna mit Wirkung zum 1. Januar 2013 stieg die Fläche der Stadt über 100 km².
Ehemalige Gemeinde bzw. Gutsbezirk | Datum | Anmerkung |
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Altenau | 9. Feb. 1857 | Teileingliederung (4,1 ha) der wüsten Mark in den Gutsbezirk Repitz |
Beckwitz | 1. Jan. 1994 | Zusammenschluss mit Loßwig, Mehderitzsch, Staupitz und Weßnig zu Pflückuff |
Bennewitz | 20. Juli 1950 | Eingemeindung nach Weßnig |
Borack (Boragk) | 24. Juni 1865 | Eingemeindung der wüsten Mark nach Mehderitzsch |
Eiserkuth | 30. Juli 1860 | Eingemeindung der wüsten Mark nach Staupitz |
Graditz | 1. Jan. 1994 | |
Graditz, Gutsbezirk | zwischen 1928 und 1930 | Eingemeindung nach Graditz |
Kranichau | 20. Juli 1950 | Eingemeindung nach Mehderitzsch |
Kranichau, Gutsbezirk Rittergut | zwischen 1928 und 1930 | Eingemeindung nach Kranichau |
Kunzwerda, Gutsbezirk Freigut | zwischen 1928 und 1930 | Eingemeindung nach Weßnig |
Loßwig | 1. Jan. 1994 | Zusammenschluss mit Beckwitz, Mehderitzsch, Staupitz und Weßnig zu Pflückuff |
Mahla, Gutsbezirk Freigut | zwischen 1928 und 1930 | |
Mehderitzsch | 1. Jan. 1994 | Zusammenschluss mit Beckwitz, Loßwig, Staupitz und Weßnig zu Pflückuff |
Melpitz | 1. Jan. 1994 | |
Obernaundorf | 30. Juli 1860 | Eingemeindung der wüsten Mark nach Staupitz |
Pflückuff | 1. Jan. 2009 | |
Repitz | 20. Juli 1950 | Umgliederung von der Gemeinde Döbern nach Torgau, (zwischen 1928 und 1930 Eingliederung des Gutsbezirks Repitz in die Gemeinde Döbern) |
Schloßwiesen | 30. Juli 1860 | Eingemeindung der gemeindefreien Grundstücke nach Staupitz |
Staupitz | 1. Jan. 1994 | Zusammenschluss mit Beckwitz, Loßwig, Mehderitzsch und Weßnig zu Pflückuff |
Welsau | 20. Juli 1950 | Eingemeindung nach Zinna |
Werdau | 20. Juli 1950 | |
Weßnig | 1. Jan. 1994 | Zusammenschluss mit Beckwitz, Loßwig, Mehderitzsch und Staupitz zu Pflückuff |
Weßnig, Gutsbezirk Rittergut | zwischen 1928 und 1930 | Eingemeindung nach Weßnig |
Zinna (Flur 5) | um 1980 | Umgliederung von ca. 36,5 ha (Teil der Gemarkung Zinna Flur 5) nach Torgau (Gemarkung Torgau Flur 41) |
Zinna (Flur 11 und 12) | 1. Jan. 1999 | Umgliederung von 190,0902 ha (Gemarkung Zinna Flur 11 und Zinna Flur 12) nach Torgau |
Zinna | 1. Jan. 2013 |
Einwohnerentwicklung
Entwicklung der Einwohnerzahl (ab 1960 jeweils zum 31. Dezember):
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