Ulla Hahn

deutsche Schriftstellerin

Ulla Hahn (* 30. April 1945[1] in Brachthausen, heute Kirchhundem im Sauerland) ist eine deutsche Schriftstellerin. Sie gilt als eine der wichtigsten Lyrikerinnen der Gegenwart.[2]

Ulla Hahn (2004)

Leben

Ulla Hahn wuchs mit ihrem Bruder in Monheim am Rhein auf. Nach dem Realschulabschluss und einer Ausbildung zur Bürokauffrau holte Hahn 1964 ihr Abitur nach. Anschließend studierte sie Germanistik, Soziologie und Geschichte an der Universität zu Köln.[3] 1978 wurde sie mit der Dissertation Die Entwicklungstendenzen in der westdeutschen und sozialistischen Literatur der sechziger Jahre[4][5] zum Dr. phil. promoviert. Hahn arbeitete als Journalistin – unter anderem im Ressort für Literatur von Radio Bremen[6] – und ab 1978 als Lehrbeauftragte an den Universitäten Bremen, Hamburg und Oldenburg.[3] Sie war zeitweise Mitglied in der Deutschen Kommunistischen Partei.[7]

Nachdem Hahn erste Gedichte bereits Anfang der 1970er Jahre veröffentlicht hatte, setzte sich Marcel Reich-Ranicki im Vorfeld der Frankfurter Buchmesse 1981 für ihre Werke ein.[3][8] Der Lyrikband Herz über Kopf wurde zum Bestseller[9], bis 1983 erreichte er eine Auflage von 18.000 Exemplaren.[10] Die Frankfurter Allgemeine Zeitung würdigte später das „artistische Furioso im Spiel mit der literarischen Tradition“ der Schriftstellerin, während Die Zeit einen „zu offensichtlichen Gestaltungswillen“ monierte.[3][11] Als Stipendiatin der Villa Massimo arbeitete sie an ihrem zweiten Band Spielende. In den folgenden Jahren veröffentlichte Hahn Freudenfeuer sowie Unerhörte Nähe, wobei insbesondere der letztgenannte Band von den Kritikern gemischt beurteilt wurde. 1991 legte sie ihren ersten Roman Ein Mann im Haus vor, den die Kritik überwiegend ablehnte.[3]

Hahn widmete sich anschließend wieder der Lyrik und gab erst zehn Jahre später ihren zweiten Roman mit dem Titel Das verborgene Wort heraus.[12] Dieser wurde von vielen Beobachtern positiv beurteilt,[3] unter anderem attestierte die Neue Zürcher Zeitung der Autorin ein „großes erzählerisches Talent“.[13] Im Gegensatz dazu kritisierte Marcel Reich-Ranicki das Werk im Literarischen Quartett, was Hahn als „Hasstirade“ und „offensichtlichen Vernichtungsversuch“ beurteilte.[14] Die Handlung des Romans dreht sich um ein Mädchen, das aus der Enge des Elternhauses in die Welt der Literatur flieht. Hier wie auch in den Fortsetzungen Aufbruch und Spiel der Zeit sind autobiografische Züge zu erkennen.[9] Mit dem 2017 erschienenen Buch Wir werden erwartet wurde der Romanzyklus abgeschlossen.[15]

Hahn ist seit 1987 Mitglied der Freien Akademie der Künste Hamburg und des PEN-Zentrums Deutschland. Sie unterzeichnete den sogenannten „Appell der 33“, der von der Zeitschrift EMMA nach der Bundestagswahl 2005 ins Leben gerufen wurde und einen fairen Umgang mit dem Wahlergebnis forderte.[16] Nach Hahn ist der seit 2012 alle zwei Jahre vergebene Ulla-Hahn-Autorenpreis der Stadt Monheim am Rhein benannt.[17][18][19] 2013 wurde in ihrem Elternhaus das Ulla-Hahn-Haus eröffnet, das sich der Kinder- und Jugendkultur mit Schwerpunkt der Sprach- und Leseförderung widmet.[20]

Hahn war mehrere Jahre mit dem Autor Peter Schütt liiert. Sie lebt in Hamburg und ist mit Klaus von Dohnanyi verheiratet.[21]

Auszeichnungen

Ulla Hahn auf dem Erlanger Poetenfest (2009)

Werke

So offen die Welt (2004)

Lyrik

Prosa

Herausgeberin

  • mit Michael Töteberg: Günter Wallraff. 1979.
  • Aufsätze, Reportagen, Reden, Interviews. Hrsg.: Ulla Hahn. Hanser, München, Wien 1980, ISBN 3-446-13001-2.
  • Gedichte. Hrsg.: Ulla Hahn. Suhrkamp, Frankfurt am Main 1983, ISBN 3-518-01815-9.
  • Ulla Hahn (Hrsg.): Stechäpfel – Gedichte von Frauen aus drei Jahrtausenden. Reclam, Stuttgart 1995, ISBN 3-15-058841-3.
  • Ulla Hahn (Hrsg.): Gedichte fürs Gedächtnis – Zum Inwendig-Lernen und Auswendig-Sagen. Deutsche Verlags-Anstalt, Stuttgart 1999, ISBN 3-421-05147-X (mit einem Nachwort Klaus von Dohnanyi).
  • Ulla Hahn (Hrsg.): In meinem Turm in den Wolken – Ein Else-Lasker-Schüler-Almanach. Hammer, Wuppertal 2002, ISBN 3-87294-921-7 (zusammen mit Hajo Jahn).
  • Ulla Hahn (Hrsg.): Stimmen im Kanon – Deutsche Gedichte. Reclam, Stuttgart 2003, ISBN 3-15-010536-6.
  • Ulla Hahn (Hrsg.): John Donne. Reclam-Verlag, Stuttgart 2011, ISBN 978-3-15-010816-1.
  • Ulla Hahn (Hrsg.): Johann Wolfgang von Goethe. Liebesgedichte. Reclam, Stuttgart 2011, ISBN 978-3-15-010809-3 (mehrteiliges Werk).
  • Ulla Hahn (Hrsg.): Heinrich Heine. Liebesgedichte. Reclam, Stuttgart 2011, ISBN 978-3-15-010749-2.
  • Stadtbibliothek Köln (Hrsg.): Ulla Hahn »…wie die Steine am Rhein«. Über Geborgenheit, Heimat und Sprache. Ausgewählt, zusammengestellt und bearbeitet von Gabriele Ewenz (lik Band 6), 2021.

Literatur

  • Susanne Baackmann: Erklär mir Liebe. Weibliche Schreibweisen von Liebe in der Gegenwartsliteratur. Argument, Hamburg/ München 1995, ISBN 3-88619-237-7 (Sonderband N.F., AS 237).
  • Boris Hoge: Deutsche Täter, russische Opfer und Strategien der Verunklärung in Ulla Hahns „Unscharfe Bilder“. In: Ders.: Schreiben über Russland. Die Konstruktion von Raum, Geschichte und kultureller Identität in deutschen Erzähltexten seit 1989. Winter, Heidelberg 2012, ISBN 978-3-8253-6133-4, S. 174–208.
  • Stefan Neuhaus (Hrsg.): Mit Haut und Haar. Die Lyrik und Poetik Ulla Hahns. (= Dynamiken der Vermittlung. Koblenzer Studien zur Germanistik. Band 7). Tectum, Baden-Baden 2023, ISBN 978-3-8288-4799-6.
  • Waltraud Nottbohm: Religiöse Bildwelten: Eine interpretationsphilosophische Untersuchung zur Lyrik Ulla Hahns. LIT Verlag, Berlin/Münster 2010, ISBN 978-3-643-10335-2. (zugl.: Hildesheim, Univ., Diss., 2009)

Vertonungen

  • Kunstkopf: Schön und unnütz. Lieder zu zeitgenössischer Lyrik. Aulos-Schallplattenverlag, Viersen-Dülken 1987, AUL 53599. Das Album des Herdecker Trios Heidrun Reymann (Gesang), Siegfried Hiltmann (Saxophon, Flöte, Klarinette) und Ulrich Heimann (Gitarre) enthält unter anderem Sonnenwind aus Freudenfeuer (Stuttgart 1985), Bildlich gesprochen, Vorm Abschied und Angstlied aus Herz über Kopf (Stuttgart 1981).

Weblinks

Commons: Ulla Hahn – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise