Koreanische Welle

ansteigende Popularität der südkoreanischen Pop-Kultur

Koreanische Welle, auch unter der koreanischen Bezeichnung „Hallyu“ bekannt, bezeichnet die weltweit ansteigende Popularität der zeitgenössischen südkoreanischen Pop-Kultur im 21. Jahrhundert. Dieses Phänomen zeigt sich ab den 1990er Jahren zunächst in Süd-, Südost- und Ostasien, breitete sich später aber auch weltweit aus[1][2] durch das Internet und dessen Videoplattformen wie Youtube.[3][4][5][6]

Psy bei einem Auftritt in Australien, 2013
Koreanische Welle
Koreanisches Alphabet:한류
Hanja:韓流
Revidierte Romanisierung:Hallyu
McCune-Reischauer:Hallyu

Die Koreanische Welle, die zu Beginn vor allem durch Dramen (K-Drama),[7] Filme[8], und Pop-Musik (K-Pop)[9] losgetreten wurde, umfasst heute viele weitere Gebiete wie Webtoons,[10] Essen,[11] Sprache,[1] Computerspiele,[5] Mode[12] und Kosmetik sowie Taekwondo.[13] Der chinesische Begriff lautet Hánliú韓流 / 韩流; er bedeutet so viel wie „Korea-Stil“ oder „Koreanischer Trend“ – wörtlich: „Koreanischer Strom“. Er wurde 1999 in China geprägt, indem Pekinger Journalisten über die rapide anwachsende Popularität südkoreanischer Güter in China schrieben.[14] Zu Beginn war der Erfolg weder beabsichtigt noch geplant. Erst nachdem der Erfolg sichtbar wurde, produzierte man strategisch und gezielt Fernsehserien und Musik für den asiatischen Markt.[15] Dieser zunehmende Kulturexport wird auch vom südkoreanischen Kulturministerium unterstützt. Dabei zielte man nicht mehr nur auf den asiatischen Raum ab, sondern auf den Weltmarkt.[16]

Ursachen

Als Ursachen für den Erfolg in China werden unter anderem die gemeinsame Kultur und Geschichte sowie der Konfuzianismus genannt.[17][18][19] Die Themen südkoreanischer Seifenopern handeln vorwiegend von Familie, Liebe und Moral und enthalten wenig Gewalt oder Sex.[4] Ein weiterer Grund für die Beliebtheit südkoreanischer Serien im asiatischen Raum soll die äußerliche Attraktivität der Darsteller sein.[17]

Der koreanische Musikmarkt war viele Jahrzehnte im Vergleich zum japanischen oder amerikanischen Musikmarkt sehr klein. Deshalb wählten viele koreanische Musikproduzenten den Weg des Exports und die Ausrichtung auf andere Märkte.[20] In den 2010er Jahren war der südkoreanische Musikmarkt erstmals der Markt mit dem weltweit stärksten Wachstum und der einzige Musikmarkt, der kontinuierlich wuchs, während die meisten anderen Musikmärkte schrumpften. Dadurch entwickelte sich der südkoreanische Musikmarkt Stand Anfang der 2020er Jahre zum sechstgrößten Musikmarkt der Welt.

Aktuelle Entwicklung

Südkorea gehört zu den zehn Nationen, die am meisten kulturelle Güter exportieren.[21] Der Begriff ist mittlerweile auch ein Akronym, das auf die schnellwachsende Wirtschaft Südkoreas verweist („Wunder am Han-Fluss“, kor. 한강의 기적, Hangangeui Kijeok).[14][22]

Der Tourismus Südkoreas wird durch den Erfolg der „Welle“ ebenfalls beflügelt. Viele Reiseveranstalter bieten Pauschalreisen zu den Drehorten südkoreanischer Seifenopern an.[15] Laut Fremdenverkehrsamt kämen jedes Jahr eine Million Touristen, um die Schauplätze zu besichtigen.[7][23]

Vor allem der Fernsehserie Winter Sonata gelang reißender Absatz in Japan und China und der Hauptdarsteller Bae Yong-joon avancierte zum „Traummann der Hausfrauen“.[24][14][1]

Auch auf das stalinistische Nordkorea soll die Koreanische Welle Einfluss haben, indem CDs und DVDs mit Musik und Fernsehserien über die Gebirge eingeschmuggelt werden.[24][18]

Die populäre Boygroup BTS

Im Hollywood Bowl in den USA findet jedes Jahr das Korean Music Festival statt, veranstaltet von der Korea Times, bei dem die bekanntesten Musiker Südkoreas auftreten.

Südkoreanische Schauspieler gehören zu den bestbezahlten Schauspielern außerhalb Hollywoods. Bae Yong-joon, Star des Dramas Winter Sonata, verdient etwa fünf Millionen US-Dollar für einen Film.[14] Die international populärsten Sänger und Musikgruppen sind Super Junior, Exo, TVXQ, Rain, Lee Hyori, BoA,[17] Se7en, Girls’ Generation, Kara, 2NE1, 2PM, SHINee, BTS, BLACKPINK und Big Bang.[25] Die Wonder Girls begannen im Juni 2010 ihre Amerika-Tournee. Sie erreichten schon zuvor im Oktober 2009 den 76. Platz der Billboard Hot 100 in den USA.[26]

Die Besetzung von Parasite

Während in den meisten asiatischen Ländern seit Anfang der 2000er Jahre Hallyustars bekannter sind als Hollywoodstars und K-Pop-Gruppen die Charts dominieren, etablierten sich koreanische Popmusik, Serie und Filme erst gegen Ende der 2010er Jahre auch im Westen im Mainstream. Zuvor existierte die koreanische Popkultur im Westen nur als Subkultur. 2018 erreichte mit BTS erstmals eine koreanische Gruppe die Spitze der US-Billboard-Album-Charts. Seitdem konnte dies mehrfach wiederholt werden. Der Film Parasite von Bong Joon-ho erhielt 2020 als erster nicht-englischsprachiger Film den Oscar für den besten Film, einen der prestigeträchtigsten Filmpreise des Westens. Die 2021 veröffentlichte Serie Squid Game von Hwang Dong-hyuk wurde zur erfolgreichsten nicht-englischsprachigen Serie auf Netflix und zu einer der erfolgreichsten Serien insgesamt. Auch kulturelle Trends aus Südkorea wie Mokbang und Dalgona Coffee hielten im Westen Einzug. Zudem kommt es zunehmend zur Veröffentlichung übersetzter Literatur aus Südkorea, wobei diese in der Folge mit einigen renommierten Preisen ausgezeichnet wurde. Die Vegetarierin von Han Kang erhielt 2016 den Man Booker Prize, Kim Young-ha erhielt 2020 für Aufzeichnungen eines Serienmörders den Deutschen Krimipreis und Yun Ko-eun wurde 2021 für The Disaster Tourist (Bam-ui Yeohaengjadeul) mit dem CWA Dagger Award ausgezeichnet. Des Weiteren erfreuen sich Webtoons wachsender Beliebtheit.

Durch den großen Erfolg auf kultureller Ebene steigerte Südkorea seine Soft Power und stärkt diese.[27] Das Ansehen und der Einfluss des Landes sind gestiegen und international wird südkoreanische Popkultur als Mittler bei Spannungen zwischen Ethnien oder politischen Lagern genutzt.[28][29][30]

Gegenreaktion

In einigen Staaten wie China, Thailand oder Japan stößt der Import koreanischer Kultur zunehmend auf eine ablehnende Haltung,[5][31] so dass Quotenregeln eingeführt worden sind.[17] Vor allem nach dem erfolgreichen Abschneiden der südkoreanischen Fußballnationalmannschaft bei der WM 2002, die Japan und Südkorea gemeinsam austrugen, stiegen antikoreanische Kommentare stark an. Aus Sicht vieler Japaner sei Japan für den wirtschaftlichen Aufstieg (Süd-)Koreas verantwortlich.[31]

Ken-Kanryū (japanisch 嫌韓流) bezeichnet die Gegenbewegung und Ablehnung der Koreanischen Welle in Japan. So stand Sharin Yamanos Manga Kenkanryū (jap. マンガ 嫌韓流 ‚Ablehnung der Koreanischen Welle: Der Manga) für über vier Monate in der japanischen Bestsellerliste.[15][31] 2011 sorgte der Manga K-POP Boom Netsuzō Setsu o Oe! (jap. K-POPブーム捏造説を追え! ‚Analyse der K-Pop-Boom-Lügen!‘) für Aufsehen, in dem die Umstände der südkoreanischen Unterhaltungsindustrie kritisiert werden. So geht der Comic auf den Fall Jang Ja-yeon ein, eine Schauspielerin, die Selbstmord beging, da sie von ihren Managern zum Sex gezwungen wurde. Auch die Gruppen Girls’ Generation und Kara, die Ende 2010 große Popularität in Japan erreichten, werden in diesem Kontext dargestellt.[32]

Die Regierungen Chinas[33] und der Türkei erlassen hin und wieder Maßnahmen, um den kulturellen Import aus Südkorea einzuschränken. Südkoreanische Kulturgüter würden zu sehr die einheimische Kultur verdrängen. In der Türkei warfen konservative und regierungsnahe Medien und Politiker der koreanischen Popkultur vor, sie würde „Geschlechtslosigkeit“ propagieren, türkische Familien auseinanderreißen und sei eine Gefahr für die türkischen Werte.[34]

Literatur

Siehe auch

Weblinks

Commons: Koreanische Welle – Sammlung von Bildern

Einzelnachweise