Anne-Sophie Mutter

deutsche Violinistin

Anne-Sophie Mutter (* 29. Juni 1963 in Rheinfelden (Baden)) ist eine deutsche Geigerin.

Anne-Sophie Mutter (2013)
Anne-Sophie Mutter mit Lambert Orkis (2021)

Leben und Wirken

Anne-Sophie Mutter wuchs im baden-württembergischen Wehr auf. Ihr Vater war der Zeitungsverleger (Alb-Bote) Karl-Wilhelm Mutter.[1] Bereits mit fünf Jahren hatte sie den Wunsch, Geigenunterricht zu erhalten, und schon nach einem halben Jahr gewann sie einen Wettbewerb. Aufgrund ihrer hohen Begabung wurde sie von der Schulpflicht entbunden und erhielt neben Klavier- und Geigenunterricht bei Erna Honigberger privaten Schulunterricht. Besonders geprägt wurde sie durch die Geigenvirtuosin Aida Stucki, von der sie in der Meisterklasse des damaligen Konservatoriums Winterthur (heute Zürcher Hochschule der Künste) unterrichtet wurde und die als ihre eigentliche Entdeckerin gilt.[2] Mutter war mehrmals erste Preisträgerin im Wettbewerb Jugend musiziert,[3] das erste Mal 1970 „mit besonderer Auszeichnung“.

1976 debütierte Anne-Sophie Mutter bei den Internationalen Musikfestwochen Luzern (heute Lucerne Festival)[4][5] und ein Jahr später bei den Salzburger Pfingstkonzerten mit Mozarts G-Dur-Konzert unter der Leitung von Herbert von Karajan. Anschließende Konzerte und Einspielungen mit den Berliner Philharmonikern unter Karajan in den 1980er-Jahren verhalfen ihr zu internationaler Bekanntheit. Seitdem konzertiert sie weltweit in Zusammenarbeit mit namhaften Dirigenten, Orchestern und Kammermusikpartnern in allen bedeutenden Musikzentren. 2019 gab sie mit dem Royal Philharmonic Orchestra auf dem Münchner Königsplatz den ersten Open-Air-Auftritt in ihrer Laufbahn.[6]

1986 erhielt sie einen Lehrstuhl für Violine an der Royal Academy of Music in London.[7] Zur Förderung junger Streicher gründete sie 1987 die Rudolf-Eberle-Stiftung sowie 1997 den Freundeskreis der Anne-Sophie Mutter-Stiftung. Sie ist zudem Mitglied des Kuratoriums des forum thomanum Leipzig e. V.[8]

Auf der Bühne trägt Mutter stets schulterfreie Kleider.[9][10] In einem Interview sagte sie dazu, die Abendkleider seien für sie „Arbeitskleider, die vor allem bequem“ sein sollten.[11]

Musikalische Zusammenarbeit mit Lambert Orkis

Mit einem gemeinsamen Konzert im Dezember 1988 begann die jahrzehntelange Zusammenarbeit mit dem amerikanischen Pianisten Lambert Orkis. Mutter bezeichnete diese Zusammenarbeit 2014 zum 25-jährigen Jubiläum als „Glücksfall in meinem Leben“.[12] Sie hatte Orkis bereits 1980 als 16-Jährige bei ihrem Debüt beim National Symphony Orchestra in Washington unter Mstislaw Rostropowitsch als Begleitpianisten für ein Vorspiel erlebt.[13] Orkis hatte Rostropowitsch bereits 11 Jahre lang als Pianist auf fast allen seinen Cello-Konzerten begleitet.[14] Rostropowitsch war es auch, der Orkis und Mutter 1988 erneut zusammenbrachte.[15][13] Bis heute ist Orkis Mutters Begleiter bei allen Konzerten mit kammermusikalischem Repertoire.[16] Zum 25-jährigen Jubiläum hatte das Duo bereits 10 CDs bei der Deutschen Grammophon veröffentlicht, und es feierte seine Zusammenarbeit in einer „Silber-Tournee“ mit Konzerten in zwölf Städten in Deutschland, Österreich, Frankreich und der Schweiz zwischen Mai und September 2014.[17] Die zum Jubiläum erschienene Doppel-CD „The Silver Album“ enthält unter anderem die Welt-Ersteinspielungen von Pendereckis „La Follia“ und Previns zweiter Violinsonate. Mutter und Orkis hatten die beiden Stücke im Dezember 2013 auf ihrem Jubiläumskonzert in der Carnegie Hall (New York) erstmals präsentiert, und sie gehörten auch zum Konzertprogramm der europäischen Jubiläumstournee.[17] Mit dem für den 2. Juni 2023 in Essen geplanten Triokonzert mit Anne-Sophie Mutter, Lambert Orkis und Maximilian Hornung (Violoncello), u. a. mit dem Klaviertrio D-Dur op. 70/1 „Geistertrio“ von Ludwig van Beethoven und Ghost Trio von Sebastian Currier geht diese Zusammenarbeit ins 35. Jahr.[14]

Engagement

2021 wurde Mutter in der Nachfolge von Fritz Pleitgen zur Präsidentin der Stiftung Deutsche Krebshilfe gewählt. Ihr erster Mann Detlef Wunderlich war 1995 an Lungenkrebs gestorben.[18]

Privates

Anne-Sophie Mutter war von 1989 bis zu seinem Tod 1995 mit dem fast 30 Jahre älteren Rechtsanwalt Detlef Wunderlich verheiratet. Aus dieser Ehe stammen zwei Kinder.

Von 2002 bis 2006 war sie in zweiter Ehe mit dem US-amerikanischen Komponisten, Pianisten und Dirigenten André Previn verheiratet, der 34 Jahre älter war als sie. Rückblickend sagte Mutter über ihre beiden Ehen, sie habe offenbar Männer „mit sehr viel mehr Lebenserfahrung gesucht“.[19] Laut Presseberichten erfolgte die Scheidung von Previn im Sommer 2006 aufgrund des großen Altersunterschiedes und des durch den vollen Terminkalender Mutters geprägten Lebens des Paares.[20] Previns 2002 von ihr uraufgeführtes Violinkonzert trägt ihren Namen. Es war sein Verlobungsgeschenk an Anne-Sophie Mutter.[21] Sie bezeichnet es als Previns „Reminiszenz an seine Zeit in Berlin“ (wo er bis zur Flucht vor der nationalsozialistischen Judenverfolgung seine Jugendjahre verbrachte) nicht zuletzt, weil es im letzten Satz das Thema seines Lieblingskinderliedes „Wenn ich ein Vöglein wär“ aufnimmt.[21]

Mutter lebt in München. Einer ihrer beiden älteren Brüder, Christoph Mutter (* 1961), ist Rechtsanwalt.

Instrumente

Anne-Sophie Mutter besitzt zwei Stradivari-Violinen, die Emiliani (gebaut 1703) und die Lord Dunn-Raven (gebaut 1710). Beide stammen somit aus der sogenannten „goldenen Periode“ Stradivaris. Die Emiliani spielte sie vor allem bei den Aufnahmen mit Karajan, die Lord Dunn-Raven ist ihre derzeit bevorzugte Konzertvioline.[22]

Diskografie (Auswahl)

Deutsche Grammophon:

  • Mozart Violin Concertos Nos. 3 & 5 (1978)
  • Beethoven Triple Concerto (1980)
  • Beethoven Violin Concerto (1980)
  • Mendelssohn Violin Concerto / Bruch Violin Concerto No. 1 (1981)
  • Brahms Violin Concerto (1982)
  • Brahms Double Concerto (1983)
  • Tchaikovsky Violin Concerto (1988)
  • Lutosławski Partita & Chain 2 / Stravinsky Violin Concerto (1988)
  • Beethoven: The String Trios (1989)
  • Bartok Violin Concerto No. 2 / Moret En Rêve (1991)
  • Berg Violin Concerto / Rihm Time Chant (1992)
  • Carmen-Fantasie (1993)
  • Romance (1995)
  • Sibelius Violin Concerto (1995)
  • The Berlin Recital (1996)
  • Brahms Violin Concerto / Schumann Fantasy for Violin and Orchestra (1997)
  • Penderecki Violin Concerto No. 2 / Bartok Sonata for Violin and Piano No. 2 (1997)
  • Beethoven The Violin Sonatas (1998)
  • Vivaldi The Four Seasons (1999)
  • Recital 2000 (2000)
  • Lutosławski Partita for Violin and Orchestra / Chain 2 (2002)
  • Beethoven Violin Concerto (2002)
  • Tango Song and Dance (2003)
  • Previn Violin Concerto / Bernstein Serenade (2003)
  • Tchaikovsky & Korngold Violin Concertos (2004)
  • Dutilleux Sur le même accord / Bartok Violin Concerto No. 2 / Stravinsky Concerto en ré (2005)
  • Mozart The Violin Concertos (2005)
  • Mozart Piano Trios K502, K542, K548 (2006)
  • Mozart The Violin Sonatas (August 2006)
  • Simply Anne-Sophie (2006)
  • Gubaidulina in tempus praesens (2008)
  • Mendelssohn Violin Concerto (2009)
  • Brahms Violin Sonatas (2010)
  • Rihm: Lichtes Spiel; Currier: Time Machines (2011)
  • The Complete Musician: Highlights (2011)
  • Asm 35: The Complete Musician (2011)
  • Dvořák: Violin Concerto (2013)
  • The Silver Album (2014)
  • Anne-Sophie Mutter Live: The Club Album from Yellow Lounge (2015)
  • (mit Daniil Trifonov, Maximilian Hornung, Hwayoon Lee, und Roman Patkaló) Franz Schubert: Forellenquintett (2017)
  • Hommage à Penderecki (2018)
  • Across the Stars (2019) (Werke von John Williams; Leitung: John Williams)
  • Williams: Violin Concerto No. 2 & Selected Film Themes (2022) (Werke von John Williams; Leitung: John Williams)


EMI Classics:

  • Mozart Violin Concertos Nos. 2 & 4 (1982)
  • Bach Violin Concertos / Concerto for Two Violins and Orchestra (1983)
  • Brahms Violin Sonatas (1983)
  • Vivaldi The Four Seasons (1984)
  • Lalo: Symphonie Espagnole / Sarasate: Zigeunerweisen (1985)
  • Mozart Violin Concerto No. 1, Sinfonia Concertante (1991)
  • Meditation: Vivaldi, Mozart, Massenet, Sarasate (1995)


Sony Classical:

  • mit Pablo Ferrández J. Brahms Doppelkonzert op.102 & C. Schumann Klaviertrio op.17 (2022)


Erato:

  • Glazunov Violin Concerto / Prokofiev Violin Concerto No. 1 (1989)

Chartplatzierungen

Alben

JahrTitelHöchstplatzierung, Gesamtwochen, AuszeichnungChartplatzierungenChartplatzierungen[23][24]
(Jahr, Titel, Plat­zie­rungen, Wo­chen, Aus­zeich­nungen, Anmer­kungen)
Anmerkungen
 DE  AT  CH
1989Mozart Violin-Konz. KV 216, 219DE
Gold
DE
1993Carmen-FantasieDE37
Gold

(10 Wo.)DE
1995RomanceDE31
(13 Wo.)DE
1996Jean Sibelius - Violin ConcertoDE66
(9 Wo.)DE
1997Brahms - Violinkonzert / Schumann – Fantasie op. 131DE88
(4 Wo.)DE
1999Die vier JahreszeitenDE38
Platin

(12 Wo.)DE
AT33
Gold

(5 Wo.)AT
2002Beethoven: Violin Concerto / RomancesDE50
(13 Wo.)DE
mit Kurt Masur & New York Philharmonic Orchestra
2003Tango Song And DanceDE71
(6 Wo.)DE
mit Lambert Orkis & André Previn
2005Mozart - The Violin Conciertos / Sinfonia concertanteDE25
Gold

(20 Wo.)DE
2006Mozart: Piano Trios KV 548, 542, 502DE24
(6 Wo.)DE
2008Bach / Gubaidulina - In tempus praesensDE45
(4 Wo.)DE
CH100
(1 Wo.)CH
2009MendelssohnDE71
(3 Wo.)DE
mit André Previn, Lynn Harrell, Gewandhausorchester Leipzig, Kurt Masur
2011The Best Of Anne-Sophie MutterDE60
(1 Wo.)DE
2013DvořákDE84
(2 Wo.)DE
2015The Club Album - Live From Yellow LoungeDE41
(2 Wo.)DE
2019John Williams: Across The StarsDE33
(6 Wo.)DE
CH73
(1 Wo.)CH
2020Beethoven: Triple Concerto & Symphony No. 7DE23
(2 Wo.)DE
CH80
(1 Wo.)CH
mit Yo-Yo Ma, Daniel Barenboim & Western Eastern Divan Orchestra
John Williams in ViennaDE6
Gold (Classical)

(18 Wo.)DE
AT6
(13 Wo.)AT
CH13
(2 Wo.)CH
2022Williams: Violin Concerto No. 2DE58
(1 Wo.)DE
CH57
(1 Wo.)CH
mit John Williams & Boston Symphony Orchestra

Auszeichnungen


Literatur

  • Peter Fuhrmann: Anne-Sophie Mutter: Mein Ideal ist mein Ideal geblieben. In: Alle Lügen hört man sofort. 24 Begegnungen mit großen Musikern. Dittrich, Weilerswist-Metternich 2016, ISBN 978-3-943941-65-4, S. 43–52.
  • Alfred Stenger: Anne-Sophie Mutter. Die Schönheit des Violinklanges. Noetzel, Wilhelmshaven 2001, ISBN 3-7959-0795-0.

Dokumentarfilm

Weblinks

Commons: Anne-Sophie Mutter – Sammlung von Bildern

Einzelnachweise